Bevor es Könige gab...
„Für unsere zivilisierte Denkweise enthält das Wort „Häuptling“ unbestreitbar Beiklänge von Macht, aber wir dürfen unsere Vorstellung von Führerschaft nicht mit der der Indianer verwechseln. Nicht Macht, sondern gemessene Würde kennzeichnet den Stammeshäuptling in erster Linie – ihn, der schon als Kind sein Leben abseits vom Spiel der Jungen führt.
Der Häuptling stellt nicht nur die Verbindung zur alten Geschichte her, sondern ist auch ein Bindeglied zwischen dem Pajé oder Schamanen und der Gemeinschaft. Er selbst braucht kein Pajé zu sein und braucht auch nicht den direkten Kontakt zur übernatürlichen Wirklichkeit; er muß lediglich den Angehörigen seiner Gemeinschaft diese Wirklichkeit vermitteln. Ein großer Häuptling ist auch ein großer Redner. Ein Häuptling muß reden können. Es geht für ihn nicht darum, zu befehlen, zu bestrafen, Gesetze zu erlassen oder irgendwelche Befehle zu geben. Er muß großzügig und verständnisvoll sein und Rat erteilen können – Rat und nicht Befehle. Er muß, mit unseren Begriffen, ein erfahrener Staatsmann sein, der sich des subtilen Gleichgewichts menschlicher Beziehungen stets bewußt ist. Er hält zwar die Eintracht in seinem Stamm aufrecht, muß aber nur selten in einer ernsthaften Auseinandersetzung vermitteln, da sich Angehörige einer Gemeinschaft nur selten streiten, sie würden damit nämlich den toten Seelen Mißvergnügen bereiten. Nicht der Häuptling garantiert den Frieden innerhalb seiner Gemeinschaft, sondern die immerwährende Gegenwart des Übernatürlichen, dem ein interner Streit unendliches Mißbehagen bereiten würde.“
Orlando/Claudio Villas-Bôas, Xingu, S. 17, München 1979
Theophrastisches
Warum darf denn einer über die Tugend schreiben, der nicht die Stunde der Tugend hinzusetzt?
Alles, was in der Zeit vor sich geht, ist dem Himmel unterworfen. Das verursacht die Fäulnis der Dinge. Denn sobald der Lauf um ist, und ein Ende hat, tritt auch der Untergang des betreffenden Dinges ein.
Nach einem jedem Untergang soll ein neuer Aszendent eingeführt werden und ein neuer Beginn.
Daraus folgt, daß oft x oder xx ein
befällt, so daß sein ganzer Himmel untergeht. So beginnen nun also neue und andere Konstellationen, nützlich dem Leben und schädlich der Gesundheit, wenn zwischen dem Ende und der Gesundheit ein solcher Gang eingefallen ist...
Es gibt kein Glück, das nicht seinen Grund hätte oder das der Erfahrene nicht vorhergewußt hätte. Was ist Glück anderes, als Ordnung halten, wie es die Naturweisheit erfordert? Was ist Unglück, als ein Eingriff wider die Ordnung der Natur?
Denn wir haben unsere Gesetze in der Natur. Wer im Licht wandelt, hat kein Unglück, der im Finsteren wandelt, hat auch kein Unglück, beide haben Recht. Der da nicht fällt, der hält die Ordnung ein, der da fällt hat sie gebrochen.
Glück und Unglück ist allein von Zweiflern und Hoffenden erdacht, die nichts als das Maul nach beiden Seiten aufreißen, ob etwas hineinfliegen wolle.
Das Feuer ist die Erde, der Mensch ist die Ordnung, die Dinge sind im Schoße des Samens.
So gibt es nun eine Zeit für die Sprößlein, eine für die Säfte, eine für die Blätter, eine für die Früchte und in jedem gibt es einen besonderen Anfang, eine besondere Mitte und ein besonderes Ende, die dementsprechend in drei Arten unterschieden werden: die laxativa, die styptica und die arcana.
Jelänger, desto mehr finde ich auch, daß nicht nur in der Medizin, sondern auch in der Philosophie und Astronomie nichts nach der rechten Weise behandelt werde...
Nun ist das Eidotter mit dem Gestirn zu vergleichen, es wird vom Eiklar getragen, das ist seine Luft. Nun ist aber das Eiklar sichtbar und greifbar. So ist es inder Natur eingerichtet, daß das Chaos im Ei sichtbar sein soll, im Gestirn unsichtbar.
Es muß etwas im Leibe sein, das die Gestirne annimmt, so sie im Leibe wirken.
...wie der Mensch ein Teilvon der Erde ist, er darum von der Erde essen muß. Desgleichen ist er ein Teil von dem Wasser, darum muß er von dem Wasser trinken. Und so er ist ein Teil der Luft, darum muß er sie haben und anziehen. Also wisset auch,, daß er so die anziehende Kraft in sich vom Himmel hat.
Ein jedes Ding, das der Zeit unterliegt, ist dem Himmel unterworfen. Daraus folgt nun die Fäule, das Vergehen und die Wiedergeburt. So faulen die Körper in der Konstellation, wenn der Himmel seinen Lauf beendet hat.
Ist dein Wirken wider den Himmel und flickst du nur mit der Kraft der Erde und nicht, nachdem du den Himmel betrachtet hast, so bricht all deine Arbeit wieder auf und ein Schneider macht deine Arbeit besser, als du. Darum hat man auch in einem Jahr mehr Glück zu heilen, als in einem anderen, darum hat eine Zeit mehr Bedeutung als die andere, darum ist eine Zeit nützlicher als die andere.
Paracelsus, Quelle nicht bekannt
Kind
„So wird eigentlich jedes Kind mit einer ungeheuren Inkongruenz geboren; einerseits ein sozusagen tierähnliches unbewußtes Wesen, andrerseits die letzte Verkörperung einer uralten und unendlich komplizierten Erbsumme.“ (C.G.Jung, Werke 8, §. 97)
Erlösend
„Die Natur des erlösenden Symbols ist die eines Kindes, d.h. die Kindlichkeit oder Voraussetzungslosigkeit der Einstellung gehört zum Symbol und dessen Funktion. Diese „kindliche“ Einstellung bringt es eo ipso mit sich, daß an Stelle der Eigenwilligkeit und rationalen Absichtlichkeit ein anderes Führungsprinzip tritt, dessen „Göttlichkeit“ gleichbedeutend ist mit „Übermacht“. Dieses Führungsprinzip ist irrationaler Natur, weshalb es in der Hülle des Wunderbaren erscheint...Jesaia (9,5) „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig- Vater, Friedefürst.“ (C.G.Jung, Werke 8, §. 491)
Symbol
„Das Kriterium der „göttlichen“ Wirkung ist die unwiderstehliche Kraft des unbewußten Impulses. Der Held ist immer die mit magischer Kraft ausgerüstete Figur, die das Unmögliche möglich macht. Das Symbol ist der mittlere Weg, auf dem sich die Gegensätze einen zu neuer Bewegung, ein Wasserlauf, der nach langer Dürre Fruchtbarkeit ergießt. Die Spannung vor der Lösung wird einer Schwangerschaft verglichen.“ (C.G.Jung, Werke 8, §. 492)
„Das erlösende Symbol ist eine Bahn, ein Weg, auf dem sich das Leben vorwärts bewegen kann, ohne Qual und Angst.“ (C.G.Jung, Werke 8, §. 502)
Angst
Verbannt, was Angst macht nicht ganz aus der Stadt!
Denn wer, den nichts mehr ängstet, bleibt im Recht?
(Äschylos, Eumeniden)
Die Polis, die mit der Stiftung des Gerichts ihre Verfassung erhielt, war also nicht in einem Gesellschaftsvertrag erklügelt, wächst aber auch nicht von selbst aus aus dem Boden oder dem Blute. Sie ist die TAT DES MENSCHEN, aber auf Geheiß der Gottheit und nach himmlischer Weisung; nicht also reines Machwerk männlichen Selbstbewußtseins oder bloß Wachstum aus weiblichen Schoße, sondern wahrhaft Schöpfung des Geistes, der zur Verantwortung im Ganzen, also zur Freiheit berufen ist, aber zugleich weiß, daß die Freiheit ihn vernichten muß, wenn er sich eigenmächtig gebärdet und vergißt, daß sie verliehen ist und sich vor der Macht verantworten muß, durch welche sie dem Menschen zugemessen wurde. Der F ist aus Erde gemacht, sein Gest bleibt ins Sterbliche verhaftet, mag er auch vermöge seiner Verwandtschaft mit dem Göttlichen immer ins Unbedingte trachten und dabei über seine Grenze hinauswollen. Aber nur in der Anerkennung beider Tatsachen, der Begrenztheit des Geisstes und seines Strebens ins Unbegrenzte, nur im unaufhebbaren Widerspruch, der er mit sich selbst ist, nur im tragischen Bewußtsein seiner selbst macht der Geist des Menschen sich wirklich wahr.“ (Weinstock (W) 53)
„Der Mensch ist sich seiner Fragekraft bewußt geworden und hat sich auf die Jagd nach allen Fragwürdigkeiten begeben; er hat die Bahn der Kritik betreten.“ (W 71)
Indem Sokrates nun aber in hartnäckiger Unerbittlichkeit so lange weiterfragt; bis die letzte Frage gestellt ist, die sich aber der Beantwortung druch das dialektische Verfahren entzieht, stellt sich heraus, daß das Fragewesen Mensch mit den Fragen nur ganz Ernst machen kann, um sich selbst überaus fragwürdig zu finden. Das heißt, Das fragende Wesen sieht sich selbst in die Frage gestellt.“ (W71)
Kind
„So wird eigentlich jedes Kind mit einer ungeheuren Inkongruenz geboren; einerseitsein sozusagen tierähnliches unbewußtes Wesen, andrerseits die letzte Verkörperung einer uralten und unendlich komplizierten Erbsumme.“ (C.G.Jung, Werke 8, §. 97)
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Das Bewußtsein dürfte ... als Beziehung zum Ich genügend verständlich sein. VIII/§. 623
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„...Zusammensetzung verschiedener „Sinnesbewußtseine“, wobei die Selbständigkeit des einzelnen Bewußtseis in der Einheit des übergeordneten Ich untergegangen ist.“ VIII/§ 614
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„ Die Tendenz zur möglichsten Trennung der Gegensätze, das heißt das Streben nach Eindeutigkeit ist absolut nötig, um ein klares Bewußtsein herzustellen...“XIV /2/135
„Es gibt keine Bewußtheit ohne Unterscheidung von Gegensätzen. Das ist das Vaterprinzip des Logos, der sich in unendlichem der Urwärme und der Urfinsternis des mütterlichen Schoßes, eben der Unbewußtheit entwindet. Keinen Konflikt, kein Leiden, keine Sünde scheuend, strebt die göttliche Neugier nach der Geburt. Unbewußtheit ist die Ursünde, das Böse schlechthin für den Logos. Seine weltschöpferische Befreiungstat aber ist der Muttermord...“IX/ 110
Das ist die Mutter, die Form, in die alles Erlebte gefaßt wird. Ihr gegenüber representiert der Vater die Dynamik des Archetypus, denn dieser ist beides, Form und Energie.“IX/115
Vom Unbewußten gehen determinierende Wirkungen aus, welche unabhängig von Übermittlung in jedem einzelnen Individuum Ähnlichkeit, ja sogar Gleichheit der Erfahrung sowohl wie der imaginativen Gestaltung gewährleisten. Einer der Hauptbeweise hiefür ist der sozusagen Parallelismus mythologischer Motive, die ich wegen ihrer urbildlichen Natur Archetypen genannt habe.“ IX/73
Projektion „ist nun ein unbewußter, automatischer Vorgang, durch welchen sich ein dem Subjekt unbewußter Inhalt auf ein Objekt überträgt, wodurch dieser erscheint, als ob er dem Objekt zugehöre.“ ... „ Die Projektion hört... in dem Augenblick auf, in welchem sie bewußt wird, das heißt wenn der Inhalt als dem Subjekt zugehörig gesehen wird.“IX/ 75
„...moralischen Konflikt . Ohne diesen aber gibt es keine Bewußtheit der Persönlichkeit. „Warum aber“, so wird man gewiß fragen,“ soll der Mensch à tort e à travers zu höherer Bewußtheit gelangen?“ Diese Frage trifft ins Schwarze des Problems...Ich kann ...nur eine Art von Glauben bekennen: Es scheint mir nämlich, als ob in den Tausenden von Jahren endlich jemand hätte wissen müssen, daß diese wundersame Welt der Berge, der Meere, der Sonnen und Monde, der Milchstraße, der Fixsternnebel, der Pflanzen und Tiere e x i s t i e r t. Als ich auf dem Athi Plains in Ost-Afrika auf einem kleinen Hügel stehend die vieltausendköpfigen Wildherden in lautloser Stille weiden sah, wie sie es immer seit unvorstellbaren Zeiträumen getan haben, da hatte ich das Gefühl, der erste Mensch zu sein, das erste Wesen, das allein wußte, daß dies alles i s t . Diese ganze Welt um mich war noch in der Anfangsstille und wußte nicht, daß sie war. Und eben in diesem Moment, da ich wußte, war die Welt geworden, und ohne diesen Moment wäre sie nie gewesen. Diesen Zweck sucht alle Natur und findet ihn erfüllt im Menschen, und zwar immer nur im bewußtesten Menschen. Jeder kleinste Schritt vorwärts auf dem Pfade der Bewußtwerdung schafft Welt.“ IX/109 f.
Wasser „heißt darum psychlogisch: Geist, der unbewußt geworden ist“. VIII/40
„ein Anscheinen des Objekts, wobei es dem Subjekt verborgen bleibt, daß es selber die Lichtquelle ist, welche das Katzenauge der Projektion zum Aufleuchten bringt“. XIV/!/133
„Der Mensch hat vermöge seiner Stellung zwischen den vier Prinzipien der Welt, ein Äquivalent in sich, in welchen die ungleichen Elemente verbunden sind...“XVI/530
„Die Entdeckung und ausführliche Formulierung der Relativität Gottes zum Menschen und seiner Seele scheint mir einer der wichtigsten Schritte auf dem Wege zu einer psychologischen Erfassung des religiösen Phänomens zu sein, und damit zur Möglichkeit einer Befreiung der religiösen Funktion aus den erdrückenden Schranken der ebenfalls daseinsberechtigten intellektuellen Kritik“. VI/§ 456.
göttliche Kraft: „es handelt sich also im Grunde genommen um Libido, die sich im Unbewußten des Subjekts befindet und die am Objekt wahrgenommen wird, weil alles aktivierte Unbewußte projiziert erscheint. Der Rückgriff auf Primitives ist insofern nicht erstaunlich, als jede wirklich lebendige Religionsform die eine oder andere primitive Tendenz kultisch oder ethisch organisiert, woraus ihr eben die geheimnisvollen Triebkräfte zufließen, welche jene Vollendung des Menschen im religiösen Prozeß erzeugen.“VI/§457
„...Gottesgeschenk der Vernunft, dieses höchste(n) menschliche(n) Vermögen(s)“ IX/1,174
und Tod „Von der Lebensmitte an bleibt nur der lebendig, der mit dem Leben sterben will. Denn das, was in der geheimen Stunde des Lebensmittags geschieht, ist die Umkehrun der Parabel, die Geburt des Todes. Das Leben der zweiten Lebenshälfte heißt nicht Aufstieg, Entfaltung, Vermehrung, Lebensüberschwang, sondern Tod, denn sein Ziel ist das Ende.“IIX§ 800
„Aufklärerische Meinungen geraten dasher unversehens in die unmittelbare Nachbarschaft neurótischer Symptome. Sie sind in der Tat, wie diese, verborgenens Denken, , das an Stelle psychologisch richtigern Denkens steht. Letzteres bleibt nämlich immer mit dem Herzen, der Tiefe der Seele, dem Stamme verbunden. Denn –Aufklärung oder nicht, Bewußtsein oder nicht – die Natur bereitet sich auf den Tod vor.“ IIX § 808
„Seine- Lebenshöhe- nicht- Wollen ist dasselbe wie sein- Ende-nicht-Wollen. Beides ist: Nicht-Leben-Wollen. Nicht-Leben-Wollen ist gleichbedeutend mit Nicht-sterben-Wollen. Werden und Vergehen ist diesebe Kurve. Diese ganz unzweifelhafte Wahrheit macht das Bewußtsein, wenn irgend möglich nicht mit...Ein Junger, der nicht kämpft und siegt, hat das Beste seiner Jugend verpaßt, und ein Alter, welcher auf das Geheimnis der Bäche, die von Gipfeln in Täler rauschen, nicht zu lauschen versteht, ist sinnlos, eine geistige Mumie, welche nicht ist, als erstarrte Vergangenheit. Er steht abseits von seinem Leben, maschinengleich sich wiederholend bis zur äußersten Abgedroschenheit. Was für eine Kultur, die solcher Schattengestalten bedarf.“ IIX § 801
„Subjektiv aber bedeutet es einen gewaltigen Unterschied, ob das Bewußtsein Schritt hält mit der Seele oder sich an Meinungen festhakt, welche das Herz nicht kennt.“IIX § 808
Widersprüche: „Wenn man Verstand hat, bedarf man ihrer; man findet keine Rose ohne Dornen." XIV/1/(119
„Alle Urwelten vor dem Menschen waren physisch vorhanden. Sie waren ein namenloses Geschehen, aber kein bestimmtes Sein, denn es gab jene minimale Konzentration des ebenfalls vorhandenen Psychischen noch nicht, welche das Wort aussprach, das die ganze Schöpfung aufwog: <> Das war der erste Tag der Welt, der erste Sonnenaufgang nach dem Urdunkel, als jener bewußtseinsfähige Komplex, der Sohn der Dunkelheit, das Ich, erkennend Subjekt und Objekt schied und damit der Welt und sich selber zum bestimmten Sein verhalf, denn er gab ihr und sich selber Stimme und Namen. Der lichstrahlende Sonnenkörper ist das Ich und sein Bewußtseinsfeld- <> - außen Licht und innen Dunkelheit. In der Quelle des Lichtes ist Dunkles genug, um daraus Projektionen zu bilden, denn die Basis des Ichs ist die Dunkelheit der Psyche.“ XIV/135
„Der König stellt die ausgezeichnete Persönlichkeit dar, die, weil sie aus der Beschränkung des Gewöhnlichen hinausgehoben ist, zur Trägerin des Mythus, das heißt der Aussage des kollektiven Unbewußten wird...“. XIV/2/9
„Anima als Stück Chaos, das die Natur unvollkommen gelassen hat...überall und doch verborgen...,...jenes Gefäß der Widersprüche und der vielen Farben;...Totalität in Form einer ungeordneten Zusammenhäufung, aber ein Stoff mit allen Qualitäten, in welchem die Fülle der geheimen Gottheit sich ausdrücken kann.“XIV/2 /64
„ Da nun aber echte Projektionen nie willkürlich gemacht werden, sondern als vorbewußte Gegebenheiten auftreten, so muß im Unbewußten des Alchemisten ein Tatbestand vorgelegen haben, der sich einerseits zur Projektion eignete, (das heißt eine energische Tendenz zur Bewußtwerdung besaß) und andererseit in den alchemischen Operationen eine anziehende Gelegenheit fand, um sich irgendwie auszudrücken.“XIV/2/105
„Von den vier animalia Jahwes hat nur eines ein Menschengesicht. Das wird wohl Satan sein, der Pate des geistigen Menschen“ XI/387
„Das Abweichen vom und das sich-Gegensatz –Setzen zum Instinkt schafft Bewußtsein. C.G.Jung, Seelenprobleme der Gegenwart , Zürich 1931, S. 249.
Instinkt ist Natur und will Natur. Bewußtsein hingegen kann nur Kultur oder deren Negation wollen...“ ebd. S. 250.
„Es wäre also vom seelenärztlichen Standpunkt gut, wenn wir denken könnten, daß der Tod nur ein Übergang sei, ein Teil eines unbekannt großen und langen Lebensprozesses.“ Ebd. S. 272.
„Wir verstehen bloß jenes Denken, das nichts ist als eine Gleichung, aus der nie mehr herauskommt, als wir hineingesteckt haben. Das ist der Intellekt: über ihn hinaus aber gibt es ein Denken in urtümlichen Bildern, in Symbolen, die älter sind, als der Mensch, ihn seit Urzeiten angeboren und alle Generationen überdauernd, ewig lebendig die Untergründe unserer Seele erfüllend. Völligstes Leben ist nur in Übereinstimmung mit ihnen möglich, Weisheit ist Rückkehr zu ihnen. Es handelt sich in Wirklichkeit weder um Glauben noch um Wissen, sondern um Übereinstimmung unseres Denkens mit den Urbildern unseres Unbewußten, welche die unvorstellbaren Mütter jedes Gedankens sind, welchen auch immer unser Bewußtsein zu ergrübeln vermag. Und einer dieser Urbilder ist die Idee vom Leben jenseits des Todes.“Ebd. IX S. 273.
„In der Regel wird all das aus künstlichen Motiven verhinderte Leben, welches die Eltern leben könnten, in umgekehrter Form auf die er vererbt, d.h. letztere werden unbewußt in eine Lebensrichtung gezwungen, welche das Unerfüllte im Leben der Eltern kompensieren soll.“ C.G.Jung, Die Ehe als psychologische Beziehung. S 278. Zürich 1931.
„Das Wesen des Bewußtseins ist Konzentration auf relativ wenige Inhalte, die möglichst zu völliger Klarheitshöhe gesteigert werden..."“IX/§276
„...Ich muß sagen, daß in der Astrologie eines Tages sehr wohl ein gutes Stück Wissens von Ahnungswegen, das an den Himmel geraten ist, entdeckt werden könnte. Es scheint z.B. daß die Tierkreisbilder Charakterbilder sind, d.h. Libidosymbole, welch die jeweiligen typischen Libidoeigenschaften schildern."“Briefe I 45
„Allen –ismen, die eine neue <> Welt versprechen, ist prinzipiell zu mißtrauen, denn diese Welt wird nur anders, aber nicht besser. Der Mensch hingegen kann in einem gewissen Maße vernünftiger oder unvernünftiger, besser oder schlechter eingestellt sein. Von den Grundübeln aller Existenz, äußeren und inneren, wird er nie befreit sein. Man täte besser daran, zu wissen, daß diese Welt ein Kampfplatz ist und nur eine kurze Spanne zwischen Geburt und Tod bedeutet.“ XVIII/2,635 Annm.
„Die Wissenschaft muß auch die unabsehbare seelische Katastrophe erkennen, die ihre Fortschritte mit sich gebracht haben.“ XVIII/2/636
„Wir wissen heute, daß im Unbewußten jedes Menschn instinktive Bereitschaften oder psychische Systeme mit bedeutender Spannung geladen vorhanden sind. Wenn ihnen auf irgendeine Weise zum Druchbruch ins Bewußtsein verholfen wird, ohne daß dieses die Möglichkeit hat, sie in entsprechendern höheren Formen aufzufangen, so reißen sie wie ein Wildbach alles zusammen und verwandeln die Menschen in Wesen, für die das Wort <> noch viel zu gut ist... Um in der Masse derartige Erscheinungen hervorzurufen, braucht es nur einen oder einige Besessene .“XVIII /2/640
„Jeder Archetypus enthält Tiefstes und Höchstes, Böses und Gutes, und ist darum der gegensätzlichsten Wirkungen fähig. Es ist darum nie von vornherein auszumachen, ob er sich positiv oder negativ auswirken wird.“ X/266
„...erzeugt die Masse automatisch zur Kompensation ihrer chaotischen Gestaltlosigkeit ihren „Führer“, der sozusagen zwangsläufig der Inflation seines Ichbewußtseins verfällt...“X/282
„es sind nicht noch so hohe ethische Leitsätze oder noch so hohe orthodoxe Bekenntnisse, welche die Autonomie und Freiheit des Individuums begründen, sondern es ist einzig und allein das empirische Bewußtsein, d.h. die unzweideutige Erfahrung einer allerpersönlichsten wechselseitigen Beziehung zwischen dem Menschen und einer extramundanen Instanz, welche der „Welt und ihrer Vernunft“ die Waage hält.“ X/ 286
„Die Religion als eine sorgsame Beobachtung und Inbetrachtziehung gewisser unsichtbarer und unkontrollierbarer Faktoren ist eine dem Menschen eigentümliche instinktive Haltung, deren Manifestation sich durch die ganze Geistesgeschichte hindurch verfolgen lassen.“ X/288
Glaube „eigentlich ein sekundäres Phänomen, welches darauf beruht, daß uns primär etwas zugestoßen ist, das uns <>>, d.h. Vertrauen und Loyalität einflößt. “X /294
„Sklave und Opfer jener Maschinen, die für ihn Raum und Zeit erobern“ X/296
„Psyche besitzt eine Eigenart, die sich auf nichts anderes oder Ähnliches reduzieren läßt. Sie stellt wie die Physiologie ein in sich relativ abgeschlossenes Erfahrungsgebiet dar, dem insofern eine ganz einzigartige Bedeutung zukommt, als es die eine der beiden unerläßlichen Bedingungen des Seins überhaupt in sich schließt, nämlich das Phänomen des Bewußtseins. Ohne dieses gibt es nämlich praktisch keine Welt, die als solche nur, insofern sie von einer Psyche bewußt reflektiert und ausgesprochen wird. Das Bewußtsein ist eine Bedingung des Seins. Damit kommt der Psyche die Würde eines kosmischen Prinzips zu, welches ihr – philosophisch und de facto- neben dem Prinzip des physischen Seins eine ebenbürtige Stellung anweist.
Träger dieses Bewußtseins ist das Individuum, welches die Psyche nicht willkürlich erzeugt, sondern umgekehrt von dieser vorgebildet und dem in der Kindheit allmählich erwachenden Bewußtsein zugeführt wird. Hat so die Psyche eine alles überragende empirische Bedeutung, so hat sie auch das Individuum, welches die alleinige unmittelbare Erscheinung der Psyche ist“.X/299
Christentum, das „im Unterschied zu anderen Religionen... ein Symbol lehrt, das die individuelle Lebensführung eines Menschen und Menschensohnes zum Inhalt hat und diesen Individuationsvorgang sogar als Inkarnation und Offenbarung Gottes selber auffaßt.“ X/300
„Damit fällt der Selbstwerdung des Menschen eine Bedeutung zu, deren Tragweite wohl kaum noch richtig eingeschätzt worden ist. Zu vieles Äußere eben verstellt der unmittelbaren inneren Erfahrung den Weg. Wäre die Selbstständigkeit des Individuums nicht die geheime Sehnsucht der Vielen, so hätte diese kaum eine Möglichkeit, die kollektive Unterdrückung geistig und moralisch zu überleben.“ X300
„ und da, wo die individuellen Antriebe doch die Ordnung in allzukühner und unbedachter Weise durchbrochen haben, muß der Arzt das Individuelle vor dem täglichen Zugriff der Kurzsichtigkeit, der Ruchlosigkeit und des Zynismus des Subjekts schützen.“X/303
„elementare Feststellung der Massenpsychologie, daß nämlich das Individuum in der Masse moralisch und geistig vermindert wird...“X/305
„...das Schönste aber ist das sanfte und schmerzlose Abgleiten ins Kinderland, in die Elternobhut, in die Sorg- und Verantwortungslosigkeit.“ X/306
„Widerstand gegen die organisierte Masse kann nur der leisten, der in seiner Individualität ebenso organisiert ist, wie die Masse...Die hilfreiche mittelalterliche Anschauung, daß der Mensch ein Mikrokosmos, sozusagen ein diminutives Abbild des großen Kosmos sei, ...Als psychisches Wesen ist ihm die Anschauung des Makrokosmos nicht nur eingeprägt, sondern der Mensch erschafft sie sich auch in immer umfänglicheren Maße. Er hat die Entsprechung zur großen Welt in sich vermöge seiner reflektiernde Bewußtseinstätigkeit einerseits und andererseits dank seiner hereditären, archetypischen Instinktnatur, welche ihn seiner Umwelt verbindet. Durch seinen Trieb ist er nicht nur dem Makrokosmos verhaftet, sondern auch in gewissem Sinne auseinandergerissen, insofern sein Begehren ihn in die verschiedensten Richtungen zieht. Er gerät dadurch in beständigen Widerspruch mit sich selber, und nur in den seltensten Fällen gelingt es ihm, seinem Leben ein einheitliches Ziel zu geben – was er aber in der Regel mit einer kostspieligen Verdrängung anderer Seiten seines Wesens bezahlen muß... der natürliche Zustand der menschlichen Psyche besteht in einem gewissen Gegeneinander ihrer Komponenten und einer gewissen Widersprüchlichkeit ihrer Verhaltensweise, also in einer gewissen Dissoziation. So empfindet wenigstens der ferne Osten die Verhaftung an die „zehntausend Dinge“. Ein derartiger Zustand verlangt nach Ordnung und Synthese.“X/308
Weltanschauung: „...wenn sich die Verhältnisse derart gewandelt haben, daß zwischen der äußeren Situation und den nunmehr antiquierten Vorstellungsformen eine unleidliche Kluft entsteht, dann erhebt sich das allgemeine Problem der prinzipiellen Weltanschauung, das heißt die Frage, wie die Vorstellungsformen, welche den Zufluß instinktiver Energie erhalten sollen, umzuorientieren bzw. anzupassen sind.“X/313
Symbole: „daß die Konfessionen eine Lehre verkünden, deren Symbole, trotz anfechtbarer Interpretation, um ihres archtypischen Charakters willen ein eigenes Leben besitzen.“ X/314
Logos: „Errungenschaft des christlichen Zeitalters... nämlich... der Herrschaft des Wortes, jenes Logos, der die Zentralfigur des Christlichen Glaubens darstellt.“X/315
Das Wort ist wortwörtlich zu unserem Gott geworden und ist es geblieben, auch, wenn wir das Christentum nur noch vom Hörensagen kennen...
...nötige gottliche Verehrung des Wortes eine gefährliche Schattenseite hat. Im Augenblick nämlich, wo das „Wort“ durch jahrhundertelange Erziehung allmählich Geltung erlangt, trennt es sich von seiner ursprünglichen Bindung an die göttliche Person... der Glaube an das Wort wird zur Wortgläubigkeit, und das Wort selber zum infernalischen Slogan der jedes Betrugs fähig ist.“X/317
„Wort, das ursprünglich eine Botschaft der Einheit der Menschen und ihrer Vereinigung in der Gestalt des einen großen Menschen war...“
„Triebwelt, welche unter dem Bewußtsein verborgen liegt...nämlich... der Sexualität und dem Machttrieb, das heißt der Selbstbehauptung, entsprechend den moralischen Begriffen AUGUSTINUS, der concupiscentia (Begehrlichkeit) und der superbia(Stolz). Der Zusammenstoß dieser beiden fundamentalen Triebe (Art- und Selbsterhaltung) im Individuum bildet die Quelle vieler Konflikte“ X/317
„Auf das Problem der religiösen Erfahrung gibt es nur dann eine positive Antwort, wenn der Mensch gewillt ist, die Forderung rigoroser Selbstprüfung und Selbsterkenntnis zu erfüllen. Führt er sein Vorhaben, das in Reichweite seines Willens liegt, durch, so kann er dadurch nicht nur ein erhebliches Stück Wahrheit über sich selbst entdecken, sondern darüberhinaus hat er noch einen psychologischen Vorteil gewonnen: es ist ihm gelungen, sich selber einer ernsthaften Aufmerksamkeit und eines anteilnehmenden Interesses zu würdigen. Damit hat er gewissermaßen vor sich selber eine Erklärung der Menschenwürde unterschrieben und wenigstens einen ersten Schritt zur Annäherung an die Grundlage seines Bewußtseins, an das Unbewußte, das die uns zunächst faßbare Quelle religiöser Erfahrung ist. Damit ist keineswegs gesagt, daß das, was als
Unbewußtes bezeichnet wird, sozusagen mit Gott identisch oder an Stelle Gottes gesetzt sei. Es ist das Medium, aus welchem für uns die religiöse Erfahrung zu entspringen scheint. Welches die fernere Ursache solcher Erfahrungen ist, dies zu beantworten liegt jenseits der menschlichen Erkenntnismöglichkeit. Die Erkenntnis Gottes ist ein transzendentalens Problem.“ X/323
„Der religiöse Mensch genießt einen großen Vorteil hinsichtlich der drohend über uns hängenden Zeitfrage: er hat wenigstens eine klare Idee von der Begründung seiner subjektiven Existenz in der Beziehung zu „Gott“. Ich setze das Wort Gott in Anführungszeichen, um damit anzudeuten, daß es sich um eine anthropomorphe Vorstellung handelt, deren Dynamik und Symbolik durch das Medium der unbewußten Psyche vermittelt ist.“X/324
„subjektiv überwältigende Numinosität des Erlebnisses. Wer solches erlebt , ist e r g r i f f e n und deshalb überhaupt nicht in der Lage, fruchtlose metaphysische oder erkenntnistheoretische Betrachtungen darüber anzustellen. Das Allergewisseste bringt seine Evidenz mit sich und bedarf keiner anthropomorphen Beweistümer.“X/324
„Das Grauen, das von den Diktaturstaaten neuerdings über die Menschheit gebracht worden ist, bildet nicht anderes als den Gipfelpunkt,all jener Scheußlichkeiten, deren sich unsere näheren und ferneren Ahnen schuldig gemacht haben. Angefangen mit den Grausamkeiten und Blutbädern unter christlichen Völkern, von denen die europäische Geschichte strotzt, hat der Europäer auch noch all das zu verantworten, was seine Koloniegründungen bei exotischen Völkern verbrochen haben. Wir sind in dieser Hinsicht aufs schwerste belastet. Daraus ergibt sich das Bild des allgemein menschlichen Schattens, das man nicht schwärzer malen kann. Das Böse, das sich im Menschen offenbart und ganz unzweifelhaft in ihm wohnt, ist von größtem Ausmaß...sind wir doch, kraft unseres Menschseins potentielle Verbrecher.“X/327
Wir leben im Kairos für den „Gestaltwandel der Götter“, das heißt der Grundlegenden Prinzipien und Symbole. Dieses Anliegen unserer Zeit, welches wir wahrhaftig nicht selber bewußt gewählt haben, bildet den Ausdruck des sich wandelnden inneren und unbewußten Menschen. Von dieser folgenschweren Veränderung werden sich die kommenden Generationen Rechenschaft geben müssen, wenn die Menschheit sich vor der drohenden Selbstzerstörung durch die Macht ihrer Technik und Wissenschaft retten will.“ X/335
Mythus: „...weiß er( der Mensch), daß er den lebenserhaltenden Mythus vom inneren Menschen, den das Christentum für ihn aufbewahrt hat, im Begriff steht, zu verlieren?“X/336
Einzelner...: „Wohl und Wehe des einzelnen Menschen, jener infinitesimalen Einheit, von der eine Welt abhängt, jenes individuellen Wesens, in dem – wenn wir den Sinn der christlichen Botschaft richtig vernehmen – sogar Gott sein Ziel sucht.“ X/336
Das Bewußtsein ist eine seltsame Sache. Es ist ein intermittierendes Phänomen. Ein Fünftel oder ein Drittel, oder vielleicht sogar die Hälfte des menschlichen Lebens spielt sich in einem unbewußt-bewußten Zustand ab.Unsere erste Kindheit verläuft unbewußt. Jede Nacht sinken wir ins Unbewußte, und nur zu bestimmten Zeiten zwischen Wachen und Schlaf besitzen wir ein mehr oder weniger klares Bewußtsein. Man kann sich sogar fragen, wie klar dieses Bewußtsein überhaupt ist. So könnte man z.B. annehmen, daß ein zehnjähriges Kind bereits bewußt ist, aber es wäre leicht zu zeigen, daß es sich dabei um ein Bewußtsein merkwürdiger Art handelt, nämlich vermutlich um ein Bewußtsein ohne jede Ichbewußtheit. Ich weiß von vielen Kindern, die mit elf, zwölf, vierzehn Jahren oder noch später plötzlich erleben:“Ich bin“. XVIII/24
Das Bewußtsein ist die Oberfläche oder wie eine Haut über einem ausgedehnten Gebiet, dessen Umfang wir nicht kennen. Ebd.
Das Bewußtsein ist überdies durch eine gewisse Enge charakterisiert. Es kann in einem gegebenem Augenblick immer nur einige wenige Inhalte gleichzeitig festhalten.Alles übrige ist dann unbewußt; die Vorstellung eines kontinuierlichen Zusammenhanges der bewußten Welt, das Wahrnehmen und Verstehen eines allgemeinen Zusammenhanges wird uns daher nur aufGrund des Ab- oder Aufeinanderfolgens solcher bewußter „Momentaufnahmen“ vermittelt.Es ist nicht möglich, die Ganzheit ins Bild zu bekommen – dafürist unsder Bewußtsein zu begrenzt; wir sehen jeweils nur das, was der Scheinwerfer gerade beleuchtet. Es ist, wie wenn wir die Welt durch einen schmalen Spalt beobachten würden, der nur die Sicht auf einen kleinen ausschnitt freigibt,; alles andere liegt im Dunkeln und ist unserer Wahrnehmung entzogen. Das Reich des Unbewußten ist riesengroß und kontinuierlich, während das Reich des Bewußtseins einem begrenzten Feld dauernd wechselnder, momentaner Einblicke gleicht.( C.G.Jung, Ges. Werke XVIII, S. 25)
Das Bewußtsein beruht weitgehend auf der Wahrnehmung und der Orientierung in der Außenwelt. Es ist vermutlich im Großhirn lokalisiert, das ektodermen Ursprungs ist und zur Zeitunserer frühesten Vorfahen wahrscheinlich ein Sinnesorgan der Haut war. Ebd. 25
Wesentlich am Bewußtsein ist, daß nichts bewußt sein kann ohne ein Ich, auf das es sich bezieht. Was nicht ans Ich angeschlossen ist, ist nicht bewußt. Daher kann man das Bewußtsein definieren als die Bezieheung psychischer Inhalte zum Ich. Was aber ist das Ich? Das Ich ist einen komplexe Gegebenheit, die vor allem aus der allgemeinen Wahrnehmung des Körpers, des <>, besteht, und sodann aus den Gedächtnisinhalten; man hat eine Vorstellung davon, gewesen zu sein, und besitzt eine lange Reihe von Erinnerungen. Diese zwei Faktoren sind die Hauptpfeiler dessen, was wir Ich nennen. Deshalb kann man das Ich einen Komplex psychischer Faktoren nennen. Dieser Komplex besitzt eine große Anziehungskraft, wie ein Magnet; er zieht Inhalte aus dem Unbewußten an, aus jenem dunklen Gebiet, von dem wir nichts wissen; er zieht auch Eindrücke aus der Außenwelt an, und was von all dem in Verbindung mit der Ich tritt, wird bewußt. Was keine solche Verbindung eingeht, wird nicht bewußt .ebd 27
Meiner Vorstellung nach ist das Ich demnach eine Art Komplex. Natürlich ist das Ich der uns nächstliegende und liebste Komplex. Es steht dauernd im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit und unserer Wünsche, und es ist das absolut unumgängliche Zentrum des Bewußtseins. Spaltet sich das Ich auf--- zum Beispiel in der Schizophrenie- so geht jede Wertrelation verloren; die Dinge können auch nicht mehr willentlich reproduziert werden, da das Zentrum gespalten ist und gewissen Inhalte der Psyche sich auf der einen, andere Inhalte sich auf einen anderen Teil des Ichs beziehen. Ebd.27
... daß es immer noch Teile unserer Persönlichkeit gibt, die unbewußt, die noch im Werden sind, wir sind unvollendet, wir wachsen und verändern uns. Und doch ist die Persönlichkeit, die wir im nächsten Jahr sein werden, heute schon anwesend, nur liegt sie noch im Schatten. XVIII/2/37
Das Bild der Welt ist eine Projektion der Welt durch das Selbt, so wie letztere eine Introjektion der Welt ist.XVIII/2/76
...daß die sogenannte Einheit des Bewußtseins eine Illusion ist. Sie ist effektiv ein Wunschtraum. Es tut uns wohl, zu denken, wir seien einheitlich; das sind wir aber ganz entschieden nicht. Wir sind tatsächlichnicht Herren im eigenen Haus....Nach meiner Auffassung besteht sowohl unser persönliches Unbewußtes wie auch das kollektive Unbewußte aus einer unbestimmten, da unbekannten, Anzahl von Komplexen oder Teilpersönlichkeiten. XVIII/2/90
Die Komplexe sind also Teilpersönlichkeiten. Wenn wir vom Ichkomplex sprechen, so nehmen wir als selbstverständlich an, daß er ein Bewußtsein besitzt, da die Bezieheung der verschiedenen Inhalte zum Zentrum, mit anderen Worten zum Ich, Bewußtsein genannt wird.XVIII/2/90
Eine sehr gute Familienharmonie, die auf Partizipation beruht, wird bald zu heftigen Versuchen von Seiten der Gatten führen, sich zu befreien und voneinander zu lösen; und dann erfinden sie aufreizende Diskussionsthemen, nur um einen Grund zu haben, sich mißverstanden zu fühlen. XVIII/2/93
Aber je mehr man über einen Fall weiß, desto heroischer sollte mn versuchen, nichts zu wissen, um dadurch dem Patienten selbst eine Chance zu geben. XVIII/2/95
...wir vergessen, daß unser Bewußtsein nur eine Oberfläche ist, die Vorhut unserer psychologischen Existenz. Unser Kopf ist nur das eine Ende, aber hinter unserem Bewußtsein liegt ein langer historischen <> von Zögern und Schwäche und Sen und Vorurteilen und Erbanlagen , und wir machen unsere Rechnung ohne sie. Wir glauben immer, wir könnten trotz unseren schwerwiegenden Mängeln geradeaus gehen, und daher springen wir oft aus den Schienen, bevor wir unser Ziel erreicht haben – eben, weil wir unsere <> nicht berücksichtigen. (C.G.Jung, Ges. Werke XVIII/2, S. 98)
Bevor ich an einen... Traum herangehe, versuche ich immer, eine Sequenz herzustellen, denn dieser Traum hat eine Vorgeschichte und wird eine Nachgeschichte haben. Er ist Teil eines psychischen Gewebes, das kontinuierlichen Charakter hat; wir haben keinen Grund, anzunehmen, die psychischen Abläufe hätten keine Kontinuität, sowenig wir Grund zu Annahme einer Lücke im Naturablauf haben. Die Natur ist ein Kontinuum, und daher ist sehr wahrscheinlich auch unsere Psyche ein Kontinuum. Der in Frage stehende Traum ist ein Aufblitzen der psychischen Kontinuität, die für einen Augenblick sichtbar geworden ist...XVIII/2/104
...Grund dafür darin, daß er das minderwertige Milieu in sich selbst auf das äußere Milieu projiziert und daher an jenen Dingen Anstoß nimmt, an denen er in sich selbst Anstoß nehmen sollte. Statt zu sagen: <>, würde er besser sagen:<> Er besitzt keine echten Werte, sein Gefühl ist minderwertig , das ist sein Problem.XVIII/2/106
Nach meiner Erfahrung sind die Träume so einfach oder so kompliziert, wie der Träumer, nur sind sie seinem Bewußtsein immer ein wenig voraus. Ich verstehe meine eigenen Träume nicht besser, als irgend jemand von ihnen, denn sie liegen immer ein wenig jenseits meiner Reichweite, und ich habe mit ihnen die gleiche Mühe, wie jemand, der überhaupt nichts von Traumdeutung weiß. Wissen nützt einem gar nichts, wenn es um die eigenen Träume geht.XVIII/2/126
...fragen sie den Patienten immer, was die Traumbilder für ihn bedeuten. Träume beziehen sich immer auf ein bestimmtes Problem des Träumers, das dieser vom Bewußtsein aus falsch beurteilt. Träume sind Reaktionen auf unsere bewußte Einstellung, so, wie der Körper reagiert, wenn wir zuviel oder zuwenig essen oder ihn sonstwie schlecht behandeln Träume sind die natürliche Reaktion des sich selbst regulierenden psychischen Systems. XVIII/2/127
In unseren Träumen sind wir so vielseitig wie im tägliche Leben, und sowenig, wie man eine Theorie über die vielen Aspekte der bewußten Persönlichkeit aufstellen kann, sowenig kann man eine allgemeine Traumtheorie formulieren. Wäre es anders, dann hätten wir ein fast göttliches Wissen um den Menschen...XVIII/2/127
Mythologischen oder kollektiven Träume sind so geartet, daß sie die Menschen instinktiv dazu treiben, sie zu erzählen. Dieser Instinkt ist sehr angebracht, denn solche Träume gehören nicht dem Einzelnen; sie haben vielmehr kollektive Bedeutung. Sie sind im allgemeinen wahr in sich selbst, und im besondern sind sie wahr für Menschen in bestimmten Situationen. Daher wurden im Altertum und im Mittelalter Träume sehr hoch geachtet. Man spürte, daß sie eine kollektive menschliche Wahrheit ausdrückten. XVIII/2/129
Es ist wichtig, im Auge zu behalten, daß in der klassischen Antike wie in anderen Kulturen die Schlange nicht nur Furcht und Gefahr bedeutete, sondern auch Heilung.XVIII/2/133
Die Schlange ist nicht nur der Heilgott; sie besitzt auch die Gabe der Weisheit und Prophetie.XVIII/2/133
Wir können nicht anders, als von unseren Vorfahren geprägt zu sein, die die Dinge in einer bestimmten Art sehen wollten, und daher sind uns instinktiv gewisse Gesichtspunkte eigen. Ich wäre neurotisch wenn ich die Dinge anders sehen würde, als mein Instinkt mich zu tun drängt; meine Schlange würde sich gegen mich wenden, wie die Primitiven sagen.XVIII/2/141
Der Erfolglose hat keine Zeit, über allfällige Wünsche nachzudenken. Er hat nur den einen Wunsch, ans Ziel zu kommen, und wird daher eine Adlersche Psychologie haben, denn jemand, der dauernd auf dem zweiten Platz steht, entwickelt bestimmt einen Machtkomplex.XVIII/2/142
Manchmal steht man wirklich vor der Frage, ob es einem erlaubt sei, jemanden vor einem Schicksal zu retten, das er im Interesse seiner späteren entwicklung auf sich nehmen muß.XVIII/2/147
Wir kommen zu einer psychologischen Entwicklung nur dadurch, daß wir uns selbst so annehmen, wie wir sind, und das Leben, das uns anvertraut ist, ernsthaft zu leben versuchen. Unsere Sünden und Irrtümer und Fehler sind für uns notwendig, da wir sonst der wertvollsten Entwicklungsanreize beraubt würden.XVIII/2/148
Wenn ich jemand behandle, muß ich außerordentlich aufpassen, daß ich ihn nicht mit meinen Anschauungen oder meiner Persönlichkeit überrenne, denn er muß´während seines ganzen Lebens seinen einsamen Kampf kämpfen, und er muß fähig sein, seinem vielleicht sehr unvollständigen Rüstzeug und seinem vielleicht sehr unvollkommenen Ziel zu vertrauen.XVIII/2/148
Da entdeckt er aber plötzlich, daß er eine sexuelle Phantasie über sie hat. Nun wünsche ich zwar den Analytikern nicht etwa, solche Phantasien zu haben, aber wenn sie sie haben, seien sie sich ihrer möglichst bewußt, denn sie bedeuten die wichtige Mitteilung ihres Unbewußten, daß ihr menschlicher Kontakt mit der Patientin nicht gut ist und eine störung des Rapports vorliegt.XVIII/2/161
Der allgemeine Grund für eine Projektion liegt immer in einem aktivierten Unbewußten, das nach Ausdruck sucht. Die Intensität der Übertragung entspricht der Bedeutsamkeit des projizierten Inhalts. Eine starke Übertragung heftiger Art entspricht einem feurigen Inhalt; sie enthält etwas Wichtiges, etwas für den Patienten höchst Wertvolles. Solange dies aber projiziert ist, scheint der Analytiker dies wertvolle und wichtige Etwas zu verkörpern. Er kann an dieser unglücklichen Situation nichts ändern, aber er muß diesen Wert dem Patienten zurückgeben, und die Analyse ist nicht beendet, solange der Patient den Schatz nicht integriert hat. Wenn daher der Patient einen Erlöserkomplex in Sie projiziert, müssen Sie ihm nicht weniger als einen Erlöser zurückgeben – was immer das heißen mag. Aber Sie sind nicht der Erlöser – ganz bestimmt nicht.
Projektionen archetypischer Natur sind für den Analytiker besonders schwierig. Jeder Beruf besitzt seine spezifische Gefährdung, und die Gefahr der Analyse besteht darin, sich durch Übertragungsprojektionen infizieren zu lassen, besonders durch solche archetyspischer Natur. Wenn der Patient findet, der Analytiker sei der Gipfel seiner Träume, er sei kein gewöhnlicher Arzt, sondern ein geistiger Held und eine Art Heiland, dann sagt sich der Arzt natürlich:<> Und doch – es schmeichelt ihm; es ist einfach zu schön. Und darüberhinaus trägt er den gleichen Archetyp in sich selbst. Daher schleicht sich der Gedanke in ihn ein:<, und er fällt darauf herein, zuerst zögernd, aber dann wird ihm immer klarer, daß er tatsächlich eine Art außerordentliches Individuum ist. Langsam wird er von der Idee fasziniert und sondert sich ab. Er wird äußerst empfindlich, mißtrauisch und macht sichvielleicht in ärztlichen Kreisen unmöglich. Er kann mit seinen Kollegen nicht mehr sprechen, weil er – ich weiß nicht was ist. Er wird sehr unangenehm oder zieht sich ganz zurück, isoliert sich, und schließlich wird es ihm immer klarer, daß er tatsächlich ein äußerst wichtiger Mensch ist, ein Mensch von großer geistiger Bedeutung, wahrscheinlich so etwas, wie die Mahatmas im Himalaja, und vermutlich gehört er auch zu der großen Bruderschaft. Und dann ist er für seinen Beruf verloren.
Wir haben höchst unglückselige Beispiele dieser Art. Ich kenne... Sie waren nicht fähig, dem dauernden Ansturm des kollektiven Unbewußten der Patienten standzuhalten – wenn einer nach dem anderen den Erlöserkomplex sowie religiöse Erwartungen und Hoffnungen projizierte, dieser analytiker besitze vielleicht in seinem >>Geheimwissen>> den Schlüssel, den die Kirche verloren hat, und er könne ihm vielleicht die erlösende Wahrheit offenbaren. All dies sind sehr subtile und einschmeichelnde Versuchungen, und jene Analytiker sind ihnen erlegen. Sie identifizieren sich mit dem Archtyp, sie entdecken eine eigene Religion, und da sie Jünger benötigen, die daran glauben, gründen sie eine Sekte.XVIII/2/170
Auf diese Weise ist das Paar im Fisch verbunden. Christus trennt und verbindet sie; Christus ist zwischen ihnen; er vertritt die Macht, die den Menschen von den rein natürlichen Kräften trennen soll. XVIII/2/174
In der Frau lebt stets das archetypische Bild eines Geliebten aus einem entfernten, unbekannten Land, eines Mannes, der über das Meer herkommt, ihr einmal begegnet und dann weiterzieht.XVIII/2/175
Daher ist die Beziehung des Menschen zum kollektiven Unbewußten immer in Normen gefaßt worden; es gibt eine charakteristische Form, in der die archetypischen Bilder ausgedrückt werdn. Denn das kollektive Unbewußte ist eine Funktion, die immer am Werk ist, und der Mensch muß die Fühlung mit ihr behalten. Seine psychische und geistige Gesundheit hängt von der Mitarbeit der unpersönlichen Bilder ab. Daher hatte der Mensch stets seine Religion... Deshalb ist Gott selbst ein Heiler; er ist arzt, er heilt die Kranken, und er befaßt sich mit den Störungen der Seele; und das ist genau, was wir Psychotherapie nennen..XVIII./2/S. 178.
...aber in den letzten dreißig Jahren hatte ich nicht mehr als vielleicht sechs praktizierende Katholiken unter meinen Patienten. Die weitaus überwiegende Mehrheit sind Protestanten und Juden.XVIII/2/178
...was das Unbewußte in Wirklichkeit enthält, sind die großen kollektiven Zeitereignisse. Die Geschichte wird im kollektiven Unbewußten der einzelnen vorbereitet... schon 1918 sagte ich, daß die <> sich im Schlaf bewege, und daß in Deutschland etwas geschehen werde. Kein Psychologe verstand damals, was ich meinte, weil einfach niemand eine Vorstellung davon hatte, daß unsere persönliche Psychologie nur eine dünne Haut ist, ein leichtes Kräuseln auf dem Ozean der kollektiven Psychologie. Der machtvolle Faktor, der Faktor, der unser Leben verändert , und der Geschichte macht, ist die kollektive Psychologie, und die kollektive Psychologie bewegt sich nach Gesetzen, die von denen unseres Bewußtseins von Grund auf verschieden sind. Die Archetypen sind die großen entscheidenden Mächte, sie bringen die echten ereignisse hervor, und nicht unser persönlicher Verstand und praktischen Intellekt.XVIII/2/179
Die unbewußte Psychologie des Menschen entscheidet und nicht das, was wir in der Gehirnkammer unseres Dachstübchens denken und reden....es geht einem unter die Gürtellinie und nicht in den Kopf, das Gehirn zählt überhaupt nicht, das sympathische Nervensystem ist ergriffen.XVIII/2/180
BERNHAR SHAW sagt in >>Mensch und Übermensch>> daß <, das in seinen eigenen selbstsüchtigen Angelegenheiten feig bis auf die Knochen ist, wird für einen Idee kämpfen wie ein Held.>>XVIII/2/181
Das einzige, was wir rational über diesen Zustand der Gelöstheit sagen können, ist, ihn als eine Art Zentrum innerhalb der Psyche des Einzelnen (aber nicht in seinem Ich) zu bezeichnen. Es ist ein Nicht-Ich-Zentrum.XVIII/2/183
Ich könnte mir natürlich vorstellen, daß ein introvertierter Philosoph eher denkt, die Menschen hätten grundsätzlich keinen Kontakt miteinander. SCHOPENHAUER sagt zum Beispiel, der menschliche Egoismus sei so groß, daß der Mensch fähig sei sei, seinen Bruder zu töten, um mit dessen Fett seinen eigenen Stiefel zu schmieren.XVIII/2/185
Aber in den letzten Stadien einer Analyse tritt häufig die Objektivierung von Bildern an die Stelle der Träume. Die Bilder nehmen die Träume vorweg, und so beginnt das Traummaterial zu versanden.. Der Teil des Unbewußten, mit dem das Bewußtsein in Beziehung steht, schrumpft. Dann bekommt man alles Material in schöpferischer Form, und dieses hat große Vorzüge gegenüber dem Traummaterial. Es beschleunigt den Reifeprozeß, denn die Analyse ist
Ein Prozeß beschleunigter ReifungXVIII/2/189
Ein Begriff oder ein Bild sind symbolisch, wenn sie mehr bedeuten, als sie bezeichnen oder ausdrücken. Sie haben einen umfassenden <> Aspekt, der sich niemals exakt definiern oder erschöpfend erklären läßt.XVIII/27201
...Umkreisung, deren Mittelpunkt das Traumbild ist...grundsätzlichen Widerstand des Bewußtseins gegen alles Unbewußte und Unbekannte (...)Wie wir wissen, ist dieser oft leidenschaftliche Widerstand typisch für die Psychologie primitiver Kultutren, die in der Regel konservativ sindund ausgesprochen misoneistische Tendenzen zeigen.XVIII/2/208
Das Bewußtsein ist offenbar eine sehr neue Errungenschaft der Natur und befindet sich als solche noch in einem <> Stadium, das heißt, es ist zerbrechlich, von bestimmten Gefahren bedroht und leicht verwundbar.XVIII/2/210
Man kann es sich nicht leisten, im Umgang mit Träumen naiv zu sein. Sie gehen aus einem Geiste hervor, der nicht ganz menschlich ist, sondern ein Hauch der Natur ist, jener schönen und freigebigen, aber auch grausamen Göttin. Will man diesen Geist charakterisieren, so tut man wohl daran, sich an antiken Mythologien und Märchen vom Urwald, statt an unserem modernen Geist mit seinen intellektuellen und moralischen Scheuklappen zu orientieren. Die Zivilisation ist ein höchst kostspieliger Prozeß, und ihre Errungenschaften sind durch ungeheure Verluste bezahlt worden, deren Umfang wir größtenteils vergessen und kaum je ermessen haben.XVIII/2/227
Lernt , so viel ihr könnt über Symbolik, und vergeßt alles wieder, wenn ihr einen Traum analysiert.>> Dieser Rat ist für die Praxis so wichtig, daß ich es mir zur Regel gemacht habe, mir selber gegenüber die Tatsache einzugestehen, daß ich einen Traum nie genügend verstehe, um ihn richtig interpretieren zu können. Ich tue dies, um die Flut meiner eigenen Assoziationen und Reaktionen einzudämmen, die sonst der Unwissenheit und dem Zögern meiner Patienten gegenüber die Oberhand gewinnen können.XVIII/2/231
...fast unüberwindliche Neigung (...), die in unserem Verständnis unvermeidlich vorhandenen Lücken durch Projektion auszufüllen...XVIII/2/239
...es den Anschein hat, als sei der allgemeine Zweck des Traumes Kompensation . Zumindest könnte man die Kompensation als die vielversprechendste und fruchtbarste Hypothese bezeichnen.XVIII/1/240
...So betrachtet, deutet der Traum darauf hin, daß der Träumer einen heimlichen Größenwahn als Gegengift gegen seinen Minderwertigkeitskomplex unterhält.XVIII/2/241
Alle hängt davon ab, ob ich die Sprache des Patienten erlernen kann und den tastenden Versuchen seines Unbewußten nach einem Weg zum Licht zu folgen vermag.XVIII/2/245
Es ist natürlich nur unser Bewußtsein, das noch nichts weiß, während das Unbewußte bereits informiert zu sein und den Fall einer sorgfältigen prognostischen Prüfung unterzogen zu haben scheint, wobei es mehr oder weniger auf die gleiche Weise vorgegangen ist, wie das Bewußtsein, hätte es über die relevanten Fakten verfügt.XVIII/2/258
... zeigt deutlich, daß anstelle des Raisonnement, welches das Bewußtsein angewandt hätte, der archetypische Geist selbständig die Aufgabe der Voraussage übernommen hat, was bedeutet, daß die Archtypen eigenen Initiative und eigene spezifische Energie besitzen, die sie nicht nur befähigen, sinnvolle Deutungen(auf ihre Weise) zu geben, sondern auch in einen gegebenen Situation mit ihren eigenen Impulsen und Gedankenformen einzugreifen.XVIII/2/258
Schatten:
Daraus erklärt sich das merkwürdige Gefühl von Hilflosigkeit, welches das westliche Bewußtsein beschleicht. Wir beginnen die Natur des Konfliktsals ein moralisches und geistiges Problem zu erkennen, und bemühen uns, irgendeine Lösung dafür zu finden. Wir werden uns langsam der Tatsache bewußt, daß atomare Rüstung eine verzweifelte und unerwünschte Lösung darstellt, weil sie ein zweischneidiges Schwert ist. Wir begreifen, daß moralische und geistige Mittel schon insofernwirksamer sein würden, als sie uns gegen die immer mehr um sich greifende Infektion psychisch immunisieren könnten. Aber alle diese Bemühungen erweissen sich als höchst unwirksam und werden es auch solange bleiben, als wir uns und die welt zu überzeugen versuchen, daß sie , unsere Gegenspieler, moralisch und philosophisch völlig im Unrecht sind. Wir erwarten, daß sie sich erkennen und ihre Irrtümer einsehen sollen, statt daß wir selber uns ernsthaft darum bemühen unseren Schatten und seine dunklen Machenschaften zu erkennen. Könnten wir unseren Schatten sehen, so wären wir gegen jegliche moralische und geistigen Infektion und Unterwanderung immunisiert. Aber solange dies nicht der Fall ist, sind wir jeder Ansteckung ausgesetzt, denn wir tun ja praktisch das gleiche wie sie, nur mit dem zusätzlichen Nachteil, daß wir weder sehen noch sehen wollen, was wir unter der Deckmantel unserer guten Manieren eigentlich treiben.XVIII/2/266
Durch das Auswendiglernen von Wörtern wird keine Einsicht gewonnen, denn Symbole sind lebendige, existentielle Tatsachen und nicht bloße Zeichen für etwas bereits bekanntes.XVIII/2/271
Selbst die striktest aller angewandten Wissenschaften, die Physik, ist in einem erstaunlichen Grade von der Intuition abhängig, die mit Hilfe unbewußter Prozesse und nicht logischer Schlüsse arbeitet, obgleich sich nachträglich demonstrieren läßt, welcher logische Denkprozeß zu einem gleichen Resultat geführt haben könnte.XVIII/2/272
Die scheinbar verloren Energie belebt und intensiviert, was immer sich im Unbewußten zuoberst befindet, das heißt Tendenzen, die bis dahin keine Gelegenheit zur Entfaltung gehabt hatten oder denen keine uneingeschränkte Existenz im Bewußtsein eingeräumt worden war und die deshalb einen stets gegenwärtigen, destruktiven Schatten bilden. Selbst solche Tendenzen, die einen höchst heilsamen Einfluß ausüben könnten, verwandeln sich in wahre Dämonen, wenn sie verdrängt werden. Deshalb haben viele wohlmeinende Leute sehr zu Recht Angst vor dem Unbewußten und nebenbei auch vor der Psychologie. XVIII/2/275
Wir haben alle Dinge ihres Geheimnisses und ihrer Numunosität entkleidet, nichts ist uns mehr heilig. So wie aber Energie nie verschwindet, hört auch die emotionale Energie, die sich in numinosen Phänomenen manifestiert, nicht einfach auf, zu sein, wenn sie aus der Welt des Bewußtseins verschwindet. Wie ich bereits aufgezeigt habe, taucht sie in Gestalt von unbewußten erscheinungen, symbolischen Ereignissen wiede auf, die gewisse Störungen der bewußten Psyche kompensieren. Unsere Psyche ist durch einen Mangel an moralischen und spirituellen Werten zutiefst gestört. Sie leidet an Desorientiertheit, Verwirrung und Angst, weil sie ihre herrschenden <> verloren hat, die bislang unser Leben in Ordnung gehalten hatten. Unser Bewußtsein ist nicht mehr imstande, den natürlichen Andrang instinktiver Begleiterscheinungen, der unsere bewußte psychische Aktivität unterhält, zu integrieren. Dies ist nicht mehr auf die gleiche Weise wie früher möglich, weil sich das Bewußtsein selbst der
e beraubt hat, mit deren Hilfe die unterstützenden Beiträge der Instinkte und des Unbewußten integriert werden konnten. Diese Organe waren die numinosen Symbole, die mit allgemeiner Zustimmung heiliggehalten wurden, nämlich der Glaube. XVIII/2/276
Die Träume scheinen es als ihre Hauptaufgabe zu betrachten, eine Art Erinnerung an die infantile sowohl als auch an die prähistorische Welt, bis hinunter auf die Ebene der primitivsten Instinkte, zurückzubringen, so , als wäre eine solche Erinnerung ein kostbarer Schatz.XVIII/2/280
Unbewußtes, Paradoxa
„Die furchtbare Unvollkommenheit des Gottesbildes muß erklärt oder verstanden , während das Summum Bonum werden. Die nächstliegende Analogie ist unsere Erfahrung des Unbewußten: Das Unbewußte ist eine Psyche, deren Wesen nur durch Paradoxa umschrieben werden kann: es ist persönlich und unpersönlich, moralisch und unmoralisch, gerecht und ungerecht, ethisch und unethisch, von einer schlauen Intelligenz und gleichzeitig blind, überaus stark und äußerst schwach etc. Dies ist die psychische Grundlage, welche den Baustoff zu unseren Begriffsstrukturen liefert. Das Unbewußte ist ein Stück Natur, das unser Geist nicht erfassen kann. Er kann nur auf Grund einer möglichen und begrenzten Erkenntnis Modelle entwerfen. (C.G.Jung, Briefe III, S. 177)
„...ist die Annahme gestattet, daß das Summum Bonum so gut, so hoch, so vollkommen, aber so entrückt ist, daß es ganz und gar jenseits unseres Begreifens liegt. Aber mit gleichem Recht darf angenommen werden, daß das letzlich Reale ein Wesen mit allen Qualitäten Seiner Schöpfung ist, mit Tugend, Vernunft, Intelligenz, Güte, Bewußtsein und mit ihren Gegensätzen, nach unseren ein völliges Paradox.“ (ebd S. 178) Diese Auffassung entspricht den Tatsachen menschlicher Erfahrung, während das Summum Bonum die Offensichtliche Existenz des Bösen und des Leidens nicht wegerklären kann. poJen to kakon ? Diese uralte Frage bleibt unbeantwortet, es sei denn, man nimmt die Existenz eines (höchsten ) Wesens an, das zu Hauptsache unbewußt ist. Ein solches Modell würde erklären, warum Gott einen mit Bewußtsein begabten Menschen erschuf und warum Er Sein Ziel in ihm sucht. In diesem Punkt stimmen das Alte Testament, das Neue Testament und der Buddhismus überein. Nach Meister Eckhart war Gott im Stande Seiner Gottheit nicht selig. Er mußte im Menschen geboren werden. Das ist, was in Hiob geschah: Der Schöpfer sieht Sich Selbst durch die Augen menschlichen Bewußtseins, und hier liegt der Grund, warum Gott Mensch wurde und warum dem Menschen in zunehmenden Maße die gefährliche Prärogative göttlichen „Geistes“ verliehen wird. Sie ist in den Worten „Ihr seid Götter“(Joh.10,34) ausgedrückt, und dabei hat der Mensch noch nicht einmal begonnen, sich selbst zu erkennen. Er bedarf der Selbsterkenntnis um gegen die Gefahren der incarnatio continua gewappnet zu sein; sie begann mit Christus und der Ausgießung des „Heiligen Geistes“ an arme, fast unbewußte Menschen.“( C.G.Jung, Briefe III ebd. S. 178)
Empiriker, Synchronizität
„...ich...bin bloß Empiriker, der sich mit behelfsmäßigen Modellen begnügt. Von solchen Modellen erwarte ich eine genügende Berücksichtigung der Natur des in Frage stehenden Phänomens. Ein in die Augen fallendes Charakteristikum ist die Abwesenheit einer nachweisbaren Kausalität, bzw. die Unmöglichkeit einer kausalen Hypothese. Damit fällt der Begriff der „Wirkung“ weg, und an dessen Stelle tritt die einfache Konstatierung der Koinzidenz, die an sich keinerlei kausale Bedeutung zu haben braucht.
Einzweites Charakteristikum ist das der Sinnentsprechung, welches die bloße Koinzidenz als einen Zusammenhangerscheinen läßt. Dementsprechend habe ich den Namen der Synchronizität gewählt, welcher die relative Gleichzeitigkeit hervorhebt, ergänzt durch die Konjektur der sinnvollen Gleichzeitigkeit....“(C.G.Jung Briefe III, S. 179)
Paradoxie, Gottesbild
„...grundlegende Tatsache des Gegensatzpaares, das im Gottesbild Jahwe geeint ist. Es sind die Gegensätze Liebe und
, die in einem offenbar unvereinbaren Widerspruch stehen. Mit einer solchen Gegensätzlichkeit muß jedoch immer dort gerechnet werden, wo wir mit einer ungeheuren Energie konfrontiert sind. Es gibt keine dynamische Erscheinung ohne eine entsprechende Initialspannung, aus der die entsprechende Energie entsteht. Unter der Annahme, das sich die Gottheit unserer Erfahrung als ein dynamisches Phänomen darstellt, muß eine Gegensätzlichkeit oder ein Paradox den Ursprung bilden...“(C.G.Jung, Briefe III, S. 372)
Paradoxie Intellekt
„Was immer wir mit unserem Intellekt zu ergründen streben, wird mit Paradoxie und Relativität endigen, wenn es ehrliche Arbeit und nicht eine der Bequemlichkeit dienende petitio principii ist.
Daß die intellektuelle Erfassung des psychischen Vorganges zur Paradoxie und Relativität führen muß , ist sicher, schon aus dem Grunde, weil der Intellekt nur eine unter verschiedenen psychischen Funktionen ist, welche von Natur aus dem Menschen zur Konstruktion seiner Objektbilder dient. Man gebe sich nicht den Anschein, als ob man die Welt nur aus dem Intellekt begreifen würde, man begreift sie ebenso sehr auch aus dem Gefühl. Darum ist das Urteil des Intellekts höchstens die Hälfte der Wahrheit und muß, wenn es ehrlich ist, auch zum Eingeständnis seines Ungenügens gelangen.
Die Existenz von Typen zu leugnen, hilft nichts gegen die Tatsache ihres Daseins. In Ansehung ihrer Existenz muß daher jede Theorie über psychische Vorgänge es sich gefallen lassen, selbst wieder als psychischer Vorgang zu gelten, und zwar als Ausdruck eines bestehenden und daseinsberechtigten Typus menschlicher Psychologie. Aus diesen typischen Darstellungen erst ergeben sich die Materialien, deren Kooperation eine höhere Synthese ermöglicht.(C.G.Jung, Psychologische Typen, S.537)
Paradox, Archetypus
„Denken wir ... an die wohlbekannte Farbensymbolik, so paßt... Rot gar nicht übel zum Triebe. Zum Geist aber würde unserer Erwartung nach Blau besser passe als Violett. Letzteres ist die sogenannte „mystische“ Farbe, die nun allerdings den unzweifelhaft „mystischen“ respektive paradoxen Aspekt des Archetypus befriedigend wiedergibt. Violett besteht aus Blau und Rot, obschon es im Spektrum eine Farbe an und für sich ist. Es ist nun leider keine bloß erbauliche Überlegung, wenn wir hervorheben müssen, daß der Archetypus mit Violett genauer charakterisiert wird: er ist eben nicht nur Bild an sich, sondern zugleich auch Dynamis, welche in der Numinosität, der faszinierenden Kraft, des archetypischen Bildes sich kundgibt. Die Realisierung und Assimilierung des Triebes geschieht nie am roten Ende, das heißt nicht durch Absinken in die Triebsphäre, sonder durch die Assimilation des Bildes, welches zugleich auch den Trieb bedeutet und evoziert, jedoch in ganz anderer Gestalt als derjenigen, in der wir ihn auf der biologischen Ebene antreffen“.(C.G.Jung, Theoretische Überlegungen... S. 238)
Paradox, Archetypus
„Ist es (das Individuum) dagegen selbständig genug, die Borniertheit des sozialen –ismus zu erkennen, dann ist es von subjektiver Inflation bedroht; denn es ist in der Regel nicht imstande, zu sehen, daß die religiösen Ideen in der psychologischen Wirklichkeit keineswegs bloß auf Tradition und Glauben beruhen, sondern sich von den Archetypen herleiten, deren „sorgfältige Beachtung“ (religere!) das Wesen der Religion ausmacht. Die Archetypen sind beständig vorhanden und wirksam, sie bedürfen an sich keines Glaubens, sondern des Wissens um ihren Sinn und einer weisen Scheu, einer deisidaimonia, welche deren Bedeutung nie aus den Augen verliert. Ein gewitzigtes Bewußtsein weiß um die katastrophalen Folgen, welche eine Nichtbeachtung für den Einzelnen sowohl wie für die Gesellschaft hat. Wie der Archetypus einesteils ein geistiger Faktor, andernteils wie ein dem Triebe innewohnender, verborgener Sinn ist, so ist auch der Geist, wie ich gezeigt habe, zwiespältig und paradox: eine große Hilfe und eine ebenso große Gefahr. Es scheint, als ob es dem Menschen beschieden wäre, bei der Lösung dieses Zweifels eine entscheidende Rolle zu spielen, und zwar vermöge seines Bewußtseins, das wie ein Licht im finsteren Abgrund der Urwelt aufgegangen ist.“(ebd. S. 248)
Paradox
„Der philosophische Begriff von Geist hat noch nicht einmal vermocht, seien eigenen sprachlichen Terminus von der überwältigenden Fessel der Identität mit dem anderen Begriff von Geist, nämlich „Gespenst“, zu befreien. Es ist hingegen der religiösen Anschauung gelungen, über die sprachliche Verhaftung an die Geister dadurch hinauszugelangen, daß sie jene geistige Autorität als Gott bezeichnet. Im Laufe der Jahrtausende hat sich diese Anschauung als eine Formulierung jenes geistigen Prinzipes, das der bloßen Triebhaftigkeit hemmend entgegensteht, entwickelt. Das ungemein Bedeutsame an diesem Begriff ist der Umstand, daß Gott auch zugleich als Naturschöpfer gedacht ist. Er wird als der Macher jener unvollkommenen Geschöpfe, die irren und sündigen, angesehen, und zugleich ist er ihr Richter und Zuchtmeister. Eine einfache Logik würde wohl sagen: wenn ich ein Geschöpf herstelle, das in Irrtum und Sünde fällt und infolge einer blinder Triebhaftigkeit so gut wie wertlos ist, so bin ich offenbar ein schlechter Schöpfer und habe nicht einmal die Gesellenprobe bestanden. (Dieses Argument spielte bekanntlich im Gnostizismus eine bedeutende Rolle.) Die religiöse Auffassung läßt sich aber durch diese Kritik nicht beirren, sondern behauptet, daß die Wege und Absichten der Gottheit unerforschlich seien. Tatsächlich hat auch das gnostische Argument in der Geschichte wenig Anklang gefunden, indem offenbar die Unantastbarkeit der Gottesvorstellung einem vitalen Bedürfnis entspricht, dem gegenüber jede Logik verblasst. (Wir haben es hier, wohlverstanden, nicht mit Gott als einem Ding an sich zu tun, sondern bloß mit einer menschlichen Anschauung, welche als solche ein legitimes Objekt der Wissenschaft ist.)
Obschon also der Gottesbegriff ein geistiges Prinzip par excellence ist, so will es das kollektive Bedürfnis doch haben, daß er zugleich auch eine Anschauung der ersten schöpferische Ursache sei, aus der alle jene dem geistigen widerstrebende Triebhaftigkeit hervorgeht. Damit wäre Gott der Inbegriff nicht nur des geistigen Lichtes, das als späteste Blüte am Baum der Entwicklung erscheint, nicht nur das geistige Erlösungsziel, in welchem alle Schöpfung gipfelt, nicht nur das Ende und der Zweck, sondern auch dunkelste, unterste Ursache aller naturhaften Finsternisse. Dies ist ein ungeheures Paradoxon, das offenbar einer tiefen, psychologischen Wahrheit entspricht. Es stellt nämlich nichts anderes als die Gegensätzlichkeit eines und desselben Wesens dar, eines Wesens, dessen innerste Natur eine Gegensatzspannung ist. Dieses Wesen nennt die Wissenschaft Energie , denn sie ist jenes Etwas, das lebendiger Ausgleich zwischen den Gegensätzen ist. Aus diesem Grunde dürfte die, an sich unmöglich paradoxe, Gottesanschauung für das menschliche Bedürfnis so befriedigend sein, daß keine noch so berechtigt erscheinende Logik dagegen standhalten kann. Tatsächlich könnte es auch der feinsten Ergrübelung wohl kaum gelingen, eine passendere Formel für diese Grundtatsache der inneren Anschauung finden.“(C.G:Jung, Über die Energetik der Seele, VIII, S. 65-66)
Paradox
Das Ich kann nämlich nicht umhin, zu entdecken, daß der Zustrom an unbewußten Inhalten die Persönlichkeit belebt und bereichert und eine Gestalt aufbaut, welche an Umfang und Intensität das Ich irgendwie überragt. Diese Erfahrung lähmt einen allzu egozentrischen Willen und überzeugt das Ich, daß sein Zurücktreten auf den zweiten Rang trotz aller Schwierigkeiten immer noch besser ist, als ein aussichtsloser Kampf...Auf diese Weise unterstellt sich der Wille als disponible Energie allmählich dem stärkeren Faktor, das heißt der neuen ganzheitlichen Gestalt, die ich als das Selbst bezeichnet habe. Bei dieser Sachlage besteht natürlich die größte Versuchung, einfach dem Machtinstinkt zu folgen und das Ich kurzerhand mit dem Selbst zu identifizieren, um damit die Illusion eines beherrschenden Ich aufrecht zu erhalten. In anderen Fällen erweist sich das Ich als zu schwach, um dein einbrechenden Zustrom unbewußter Inhalt den nötigen Widerstand zu leisten, und wird dann vom Unbewußten assimiliert, wodurch eine Verwischung und Verdunklung des Ichbewußtseins und eine Identität desselben mit einer vorbewußten Ganzheit entsteht. Beide Entwicklungen verunmöglichen die Verwirklichung des Selbst einerseits und beschädigen andererseits die Existenz des Ichbewußtseins. Sie bedeuten daher pathologische Effekte....(Bsp. Deutschland 1933-45)Es hat sich dabei in größtem Maßstabe gezeigt, daß ein solches „abaissement du niveau mental“, eben die Überwältigung des Ich durch unbewußte Inhalte und die daraus erfolgende Identität mit der vorbewußten Ganzheit, eine ungeheure psychische Virulenz, das heißt Ansteckungskraft, besitzt und deshalb der unheilvollsten Wirkung fähig ist. Solche Entwicklungen wollen also sorgfältig beobachtet sein und bedürfen genauester Überwachung. Wen solche Tendenzen gefährden, dem möchte ich empfehlen, ein Bild des heiligen Christophoros an die Wand zu hängen und darüber zu meditieren. Das Selbst hat nämlich nur dann einen funktionellen Sinn, wenn es als Kompensation eines Ichbewußtseins wirken kann. Wird nämlich das Ich durch Identifikation mit dem Selbst aufgelöst, so entsteht daraus eine Art von vagem Übermenschen mit einem aufgeblasenen Ich und einem verblasenem Selbst. Einem solchem Menschen, so heilandmäßig oder so unheilvoll er sich auch gebärden mag, fehlt die scintilla, das Seelenfünklein, jenes kleine, göttliche Licht, das nie heller leuchtet, als wenn es sich gegen den Ansturm der Dunkelheit behaupten muß.
Was wäre der Regenbogen, wenn er nicht vor einer dunklen Wolke stünde? ( JUNG, VIII, . S.252)
Paradoxie, physikalische
„Wir wissen genau, daß wir die Zustände und Vorgänge des Unbewußten an sich ebensowenig erkennen können, wie die Physiker den der physischen Erscheinung zugrunde liegenden Vorgang. Was jenseits der Erscheinungswelt liegt, können wir uns schlechterdings nicht vorstellen, denn es gibt keine Vorstellung, die einen anderen Ursprungsort als die Erscheinungswelt hätte...(weiter: Pauli )(C.G.Jung ebd. S 256)
„Die furchtbare Unvollkommenheit des Gottesbildes muß erklärt oder verstanden , während das Summum Bonum werden. Die nächstliegende Analogie ist unsere Erfahrung des Unbewußten: Das Unbewußte ist eine Psyche, deren Wesen nur durch Paradoxa umschrieben werden kann: es ist persönlich und unpersönlich, moralisch und unmoralisch, gerecht und ungerecht, ethisch und unethisch, von einer schlauen Intelligenz und gleichzeitig blind, überaus stark und äußerst schwach etc. Dies ist die psychische Grundlage, welche den Baustoff zu unseren Begriffsstrukturen liefert. Das Unbewußte ist ein Stück Natur, das unser Geist nicht erfassen kann. Er kann nur auf Grund einer möglichen und begrenzten Erkenntnis Modelle entwerfen. (C.G.Jung, Briefe III, S. 177)
Paradoxie
„Das Selbst ist nicht nur unbestimmt, sondern enthält auch paradoxerweise den Charakter der Bestimmtheit, ja der Einmaligkeit. Dies ist wohl einer der Gründe, warum gerade diejenigen Religionen, welche historische Persönlichkeiten zu Begründern gehabt haben, zu Weltreligionen geworden sind, wie das Christentum, der Buddhismus und der Islam. Die Einbeziehung der einmaligen menschlichen Persönlichkeit (und dies besonders in Verbindung mit der nicht bestimmbaren göttlichen Natur) entspricht eben dem absolut Individuellen des Selbst, welches einmaliges mit Ewigem und das Einzelne mit dem Allgemeinsten verbindet. Das Selbst ist eine Vereinigung der Gegensätze kat exochn. Damit unterscheidet sich dieses Symbol ganz wesentlich vom christlichen. Die Androgynie Christi ist die äußerste Konzession der Kirche an die Gegensatz-problematik. Der Gegensatz zwischen Hell und Gut einerseits und Dunkel und Böse andererseits wurde in seinem offenen Konflikt belassen, indem Christus schlechthin das Gute, der Widerpart Christi, der Teufel, aber das Böse vertritt. Dieser Gegensatz ist das eigentliche Weltproblem, welches vorderhand noch ungelöst ist. Das Selbst aber ist absolute Paradoxie, indem es in jeder Beziehung Thesis und Antithesisi und zugleich Synthesis darstellt. (ebd. S.34)
Paradoxie
„ Der durch die Erforschung des Unbewußten dem Bewußtsein angenäherte Archetypus konfrontiert daher das Individuum mit der abgründigen Gegensätzlichkeit menschlicher Natur, womit ihm eine ganz unmittelbare Erfahrung von Licht und Finsternis, von Christus und Teufel ermöglicht wird....Obschon die Einsicht in die Gegensätzlichkeit eigentlich unerläßlich ist, so kann sie doch praktisch nur von wenigen ertragen werden – ein Umstand, welcher der Beichterfahrung nicht entgangen ist.(ebd, S. 35)
„...obschon man der probabilistischen Bestrebung eine Reihe christlicher Haupttugenden zusprechen muß, so ist doch nicht zu übersehen, daß sie das Leiden der Nachfolge Christi hindert und damit den Kampf des Guten gegen das Böse seiner Schärfe beraubt und damit bis zu einem erträglichen Maß abmildert. Damit tritt eine Annäherung an den psychischen Archetypus des Selbst ein, in welchem auch dieser Gegensatz als geeint erscheint, und zwar, wie schon erwähnt, unähnlich der christlichen Symbolik, welche den Konflikt offen läßt. Für letztere geht ein „Riß“ durch die Welt: das Licht kämpft gegen die Nacht, und das Obere gegen das Untere. Diese zwei sind nicht eins wie im psychischen Archtypus.“ (ebd. S. 37)
Mit vermehrter Einseitigkeit zerfällt die Macht des Königs, welche ursprünglich eben gerade darin bestanden hatte, daß seine Dominante die Gegensätzlichkeit symbolisch zu fassen vermochte. Je deutlicher aber die Idee hervortritt, desto heller und klarer wird die Bewußtheit , und desto gültiger und monarchischer ihr Inhalt dem alles Widersprechende weichen muß. Dieser extreme Zustand will erreicht werden, obschon der Höhepunkt immer auch ein Ende bedeutet.XIV/2/135
Apotheose des Königs = Herstellung einer neuen Bewußtseinsdominante. 163
...und damit eine Umkehrung des psychischen Potentials: das Bewußtsein steht nicht mehr unter der Herrschaft des Unbewußten, in welchem Zustand die Dominante im Herzen der Finsternis verborgen und unbewußt ist, sondern es hat ein höchstes Ziel gesehen und erkannt. 163
Bewußtsein (Taghelle der Psyche) =einer der Archtypen des Unbewußten. ...
...“rührt daher, daß das Ich die paradoxe Eigenschaft hat, sowohl Subjekt wir Objekt seines Wissens zu sein, anderenteils daher, daß die Psyche keine Einheit sondern eine „Konstellation“ist,in welcher es neben der sonne noch andere Lichter gibt. Tatsächlich wird die subjektive Ichpersönlichkeit, m.a.W. also das Bewußtsein mit seinen Inhalten, in seinen verschiedenen Inhalten, in seinen verschiedenen Aspekten von einem unbewußten oder vielmehr im Raume des Unbewußten befindlichen Beobachter gesehen. XIV/2/167
Königtum geht von Sol (natürlicher Gott) auf menschlichen König über (zur Herrschaft gelangte Obervorstellung) und muß ihr Schicksal teilen... alles Wahre wandelt sich und nur das sich Wandelnde bleibt wahr. 168
Rücksichtslos wird von einem anderen Planeten aus festgestellt, daß der König altert, noch bevor dieser es wahrhaben will: Obervorstellungen, die sogenannten Dominanten, verändern sich, und die Veränderung, welche, wie gesagt, dem Bewußtsein oft verborgen bleibt, spiegelt sich nur in den Träumen. 14/II, S. 119
König Sol wandert als Archetypus des Bewußseins durch die Welt des Unbewußten als eine jener vielen Gestalten, welche vielleicht ebenfalls eines Bewußtseins fähig sind. Diese kleineren Lichter sind nach alter Auffassung identisch mit den von der Astrologie postulierten Planetenensprechungen in der Psyche. Wenn daher ein Alchemist den Saturngeist als paredros herbeizwingt, so bedeutet dies einen Versuch, zur Bewußtmachung eines Nicht-Ich-Standpunkts und zugleich eine Relativierung des Ich-Bewußtseins und seiner Inhalte. Die Intervention des Planetengeistes ist als Hilfe erwünscht und als solche gedacht. Wenn der König alt wird und der Erneuerung bedarf, so wird ein Planetenbad eingerichtet, das heißt ein Bad, in welches alle Planeten ihre <> gießen. Damit wird der Gedanke ausgedrückt, daß die altersschwach gewordene Dominante des Beistandes und einflusses ihrer Nebenlichter zur Stärkung und Erneuerung bedarf. Sie wird in der substanz der anderen planetaren Archtypen gewissermaßen aufgelöst und dann aufs neue zusammengesetzt. Durch diesen ein- und Umschmelzungsprozeß entsteht eine neue Legierung, welche eine gewissermaßen umfassendere Natur besitzt, indem sie die einflüsse der anderen Planeten resp. Metalle in sich aufgenommen hat. 14/II, S. 119f.
Wir wissen zwar, wie oft das Bewußtsein an seinen zentralsten und höchsten Vorstellungen im Laufe der Geschichte eingreifende Korrekturen anbrachte, wir wissen aber wenig oder nichts über säkulare Veränderungen des Unbewußten oder rhythmische Abläufe archetypischer Natur, welche man vielleicht ahnt... muß man die Möglichkeit offenlassen, daß das Unbewußte jederzeit den Weg unerwarteter Selbstoffenbarung beschreiten kann. 130
Herrscht das Unbewußte, droht alles in Zerstörung zu enden. IST DIE Dominante zu schwach, verzehrt sich das Leben in unfruchtbarem Konflikt, denn Sol und Luna wollen sich nicht einigen. Ist der Sohn aber die Dominante, so ist Sol sein rechtes und Luna sein linkes Auge. Die Dominante muß beides enthalten, den Standpunkt des Ich-Bewußtseins und den der Archetypen von Seiten des Unbewußten. Das Gesetz, das der Dominante immer anhaftet, soll nicht ein Gefängnis für den einen und ein Freibrief für den anderen sein, sondern Pflicht und Recht für beide. .XIV/2/81
Die symbolische Phänomenologie des Unbewußten läßt zwar erkennen, daß dem Bewußtsein die Würde oder die Gefahr eines geistigen Königtums zukommt, aber die Art des Königs steht nicht fest, sondern hängt von zwei Bedingungen ab, einerseits von der Entscheidung des Ich andererseits von der Zustimmung des Unbewußten. 182
Rex Sol ist Bewußtsein, welches in letzter Instanz über Auffassungen und Werte entscheidet. Sol ist allgemeines naturhaften Licht, Rex eben, die Dominante, bringt das menschliche Element herein und nähert den Menschen der Sonne oder die Sonne dem Menschen. 184
Die Erneuerung, die nicht in der besten Tradition wurzelt, ist ephemer. Die Dominante, die aus historischen Wurzeln hervorgeht, verhält sich wie ein lebendes Wesen im ichhaften Menschen. Es ist nicht in seinem Besitz, sondern besitzt ihn... 186
Wie der altersschwache König unter Verlust seiner Macht dem kleinen Emporkömmling Ich den Platz einräumt, so muß das Ich, wenn der erneuerte König zurückkommt, wieder in den Hintergrund treten. Es bleibt zwar als die conditio sine qua non des Bewußtseins bestehen, kann sich aber nicht mehr einbilden, alles entscheiden und alles erreiche zu können. Es wird nicht mehr bekennen, wo ein Wille ist, sei auch ein Weg. Es wird auch seine glückliche Einfälle sich nicht mehr zum Verdienst anrechnen und wird überhaupt einsehen, bis zu welchem gefährlichen Grade es von einer nflation befallen war. Der Umfang des Wollens unf Könnens wird wieder zum Maß der Wirklichkeit zurückgeführt, nachdem ein Aschermittwoch über seine Vermessenheit gekommen ist. 187
Königin ist Himmel(Gefäß) welches Sol umgibt. 197-200
Rex wird durch Mythologem (gemeinsames Bad etc als beinahe identisch gesetzt mit jener archetypischen Figur die UBW personifiziert : Anima . 203
Die beiden Gestalten, sowohl wie das Bewußtsein und Unbewußtsein sind in einer gewissen Hinsicht einander diametral entgegengesetzt, aber wie sich Männlich und Weiblich im Menschlichen einigen, so bleibt das psychische Material – wenn dieser ausdruck gestattet ist – im bewußten, wie im unbewußten Zustande dasselbe. Nur ist es das eine Mal mit den Ich assoziiert, ein anderes mal nicht. XIV/2
Die Anima in ihrem nagativen Aspekt, das heißt, wenn sie unbewußt bleibend im Subjekt sich verhüllt, übt einen possedierenden Einfuß auf dieses aus. Die Hauptsymptome dieser Besessenheit sind blinde Launen und zwanghafte Verwicklungen einerseits und kalte , beziehungslose Abgeschlossenheit in Prinzipielle Haltung (Verwicklung in Ideen) andererseits. Der negative aspekt der Anima bedeutet daher eine besondere Form der psychologischen Unangepaßtheit. Diese wird entweder kompensiert vom Bewußtsein oder sie kompensiert das Bewußtsein, welches durch eine gegenteilige (und ebenso unrichtige) Einstellung sich auszeichnet. Der negative Aspekt der Bewußtseinsdominante ist nämlich nichts weniger, als einen „gottgewollte“ Idee, sonderndie höchst ichhafte Absicht, durch das Tragen einer bestimmten Maske eine gewisse Rolle zu spielen und als etwas Vorteilhaftes zu erscheinen. (Identifikation mit der Persona!) Die diesr einstellung entsprechende Anima ist eine intrigante Person, welche das Ich immer mehr zu seiner rolle verführt und dabei im Hintergrund alle jene Gruben gräbt, in welch der in sene rolle Verliebte hineinzufallen bestimmt ist.
Eine bewußte Einstellung aber, die sich nicht nur eingebildeterweise, sondern in Wahrheit von ichaften Vorteilsabsichten abgekehrt und überpersönlichen Bestimmungen unterworfen haT; KANN SICH RÜHMEN; EINEM KÖNIG zu dienen. Diese vornehmere Einstellung bedeutet auch eine Rangerhöhung der Anima von der Verführerin aufwärts zur Führerin. Der Wandlung der Königssubstanz vom Löwen zum König entspricht die Wandlung des Weiblichen von der Schlange zur Königin.
Die Krönung, Apotheose und Hochzeit bedeuten die auf höchster Stufe möglich gewordene Gleichsetzung und Gleichberechtigung von Bewußtsein und Unbewußtem, eine erlösende coincidentia oppositorum. C.G. JUNG, G.W. XIV/2 S. 204-205.
(Bild mit einer nackten Gestalt im Mittelpunkt des Kreises) Dies scheint spezifisch weiblich zu sein. Bei einem Mann ist fast immer irgendeine Abstraktion, z.B. eine geometrische Figur, Ausdruck seines innersten Wesens. Wahrscheinlich bilden Logos und Eros, Unpersönliches und Persönliches, die grundlegenden Unterschiede zwischen Mann und Frau. Briefe I/71
das negative Verhältnis zur Mutter ist immer eine Beleidigung der Natur – widernatürlich - . Daraus Entfernung von der Erde, Identifikation mit Vater, Himmel, Licht, Wind, Geist, Logos. Ablehnung der Erde, des Untern, Dunklen, Weiblichen. Negatives Verhältnis zum Materiellen, auch zu Kindern. Flucht vor dem Persönlich-Gefühlhaften. Briefe I / 76
Der Ehrgeiz des Mannes ist ja bekanntlich, daß sein Begriff sich im Leben verwirklicht, während es tatsächlich geheimste Sehnsucht aller Frauen ist, daß ihr Leben sich in Begriffen verwirklicht...freundlicher Hinweis auf die höchst natürliche Tatsache, daß ein Mann begreifen will, während die Frau begriffen werden möchte. Zu diesem Zweck sucht sie ihr Leben sich selbst begreifbar zu machen. I/197
...denn nicht das Hereingezogensein, sonder das objektive, desinkarnierte Schauen ist von Ihnen erwartet(Dr. Jolan Jacobi), und wenn Sie dabei etwas fürs Herz ergattern wollen – wogegen man vernünftigerweise nicht einwenden kann -, so müssen Sie das mit Blut bezahlen, was immer so war und in alle Zukunft so sein wird. Man muß wenigstens den Kopf draußen halten, damit man nicht vom emotionalen Affenmenschen gänzlich verschluckt wird. Wo man emotional gebunden ist, ist man stets enttäuschender enttäuschter. Das muß man wissen, wenn man richtig Anteil neh,men will oder muß. Briefe I/415
Die Schlage des goldenen Topfes scheint die zu sein, daß männliche und weibliche Instanz, Geist und Leben, sich im Zustand eines unbewußten Konflikts befinden, der vom Bewußtsein nicht aufgenommen wird.
Die makrokosmische Beziehung ist eine große Schwierigkeit. Sie zeigt sich symptomatisch zunächst in der Form eines Drängens nach objektiver, äußerer, tastbarer Gestaltung der mikrokosmischen Bezogenheit. Die Coniunctio von männlicher und weiblicher Hälfte des Selbst möchte das Individuum überwältigen und es zur physischen, d.h. weltlichen Darstellung zwingen. Sie möchte als Luna die Welt erleuchten (und ich als Sol). Jeder Archetypus aber, bevor er bewußt integriert wird, will sich physich darstellen, indem er das Subjekt in seine Form zwingt. Das Selbst in seiner Göttlichkeit (d.i. der Archetypus) ist seiner selbst unbewußt. Es kann aber nur innerhalb unseres Bewußtseins bewußt werden. Und das kann es nur, wenn das Ich standhält. Es (das Selbst) muß so klein und noch kleiner werden, als das Ich, obwohl es das Meer der Gottheit ist: „Gott ist als Ich so klein“, sagt Angelus Silesius. Er muß zum Däumling im Herzen werden. Im Gefäße drin findet der Hierosgamos statt. Nicht Sie sind die Göttin, und ich bin nicht der Gott, aus Prinzip nicht, sonst wäre der Mensch nicht mehr, und Gott wäre nicht geboren worden. Wir können uns nur die Hand reichen und um den inneren Menschen wissen. Das Übermenschenmögliche gehört nicht uns.
PS. Der hinter meinem Gesicht steht (der männliche Teil des Selbst) ruft Ihrer „Elisabeth“, welche die weibliche Hälfte ist. Beides sind in der Welt Däumlinge (homunculi). Gott das Größte, wird im Menschen zum Kleinsten und Unsichtbarsten, sonst kann ihn der Mensch nicht ertragen. Nur in dieser Form des Selbst wohnt Gott im Makrokosmos (welcher er doch selber ist – aber in unbewußtester Form). Im Menschen sieht sich Gott von <> und wird sich so seiner selbst bewußt .Briefe I /416
...daß in der ganzen spiritistischen Bewegung ein unbewußter Drang sich manifestiert, das Unbewußte zum Bewußtsein gelangen zu lassen. Dieses Phänomen spricht dafür, daß unser Bewußtsein auch in der Gegenwart noch viel zu sehr vom Unbewußten abgespalten ist, was zu einer psychischen Entwurzelung des Menschen führt....Sogar der gelbe Japaner ist vom Teufel geholt worden. Er hat offenbar so viel von der Entwurzelung und entsprechenden Verrücktheit des weißen Mannes gelernt , daß er vor und im letzten Weltkrieg den I Ging nicht mehr konsultiert hat. Im ersten Weltkrieg nämlich haben die japanischen Staatsmänner immer noch den I Ging in wichtigen Staatsangelegenheiten befragt, wie ich von Richard Wilhelm weiß.Briefe II/40
Affektivität ist Emotionalität, und ich möchte das Gefühl strikte davon unterscheiden; denn es ist, wenn es differenziert wird, eine rationale (Wert) Funktion, während die Affekte dauernd spontane Naturprodukte bleiben. Das Gefühl ist nur in seinem unentwickelten, primitiven Zustand mit Emotionen kontaminiert, was eben gerade charakteristisch ist für ein undifferenziertes Gefühl. Briefe II/174
... wurde mir klar, daß bei den meisten Frauender Orgasmus mit Erwartung oder sogar mit Furcht vor Empfängnis verbunden ist (1958). Bei nicht wenigen hängt er jedoch mit einer besonderen Beziehung zum Mann zusammen,und hat dann mit Empfängnis nichts zu tun. Es sind zwei Frauentypen, die als <> und als < und Geliebte>>charakterisiert werden können. Die Frauen, welche zum zweiten Typ gehören, bleiben normalerweise in einer Ehe unbefriedigt, und umgekehrt. Aus diesem Grund ist Prostitution ein natürliches Phänomen. Bei primitiven Stämmen, deren Heiratsgesetz streng und seine Umgehung ein besonderes Vergnügen ist, tritt das sehr deutlich zutage. Fast jede Frau hat nicht nur Gelegenheit, sondern auch die Befriedigung illegitimen Verkehrs....Wenn ich mich nicht irre, war es schon St. Augustinus, der sagte, daß nur drei von hundert Mädchen als Jungfrauen in die Ehe gingen. Statistisch gesehen steigert die Ehe das Bedürfnis nach sexueller Ungebundenheit; nicht nur, weil sie sich abstumpft, sondern weil ein psychisches Bedürfnis besteht, das mit der Hetaira- Natur des Sexualobjekts verbunden ist.
Wer Frau und Mutter ist, kann nicht zugleich Hetaira sein, das ist eine betrübliche Wahrheit, umgekehrt ist es das geheime Leiden der Hetaira, nicht Mutter zu sein. Es gibt Frauen, die nicht dazu bestimmt sind, leibliche Kinder zu gebären; aber sie sind es, die den Mann geistig wiedergebären, womit sie eine bedeutsame Funktion erfüllen. Briefe II/197
...Ich bin aus Erfahrung zutiefst beeindruckt von der Festigkeit und Zähigkeit der weiblichen Natur, die sich durch Jahrtausende nicht ändern läßt...ebd/221
Es scheint, als ahnten sie (die Frauen) weniger von dem Implikationen derPsychologie; sie ist ihnen vor allem Mittel zum Zweck, während der Mann zwar sehr viel weniger weiß als die Frau, aber eine unvergleichlich tiefere Intuition über sie besitzt. Eine Frau glaubt sich in der Sphäre mehr oder weniger bekannter Tatsache zu bewegen, während der Mann über die Gewißheit erschrickt, es mit wohlbekannten <> zu tun zu haben – wie Wagner im Faust sagt: „Berufe nicht die wohlbekannte Schar!“ Im Leben des Mannes bilden die <>> einen ganz bestimmten Faktor. Er kennt sie sehr genau, in der Tat so genau, daß er sich und anderen unaufhörlich versichert, es gäbe sie gar nicht. So verschafft er sich eine klägliche Überlegenheit...Warum sollte er etwas vom Unbewußten, der Mutter der Zukunft lernen? Immer noch hofft er ganz primitiv, daß Nichtwissen, Nichtnennen, Nichthinschauen die Gefahr beseitigt. Warum soll er sich mit Psychologie abgeben, die ihm in einer als nicht existent erklärten Situation helfen könnte? Die Psychologie von X entspricht der Einstellung von jedermann, und ich bin der Narr, der vom schlechten Wetter redet, während die Sonne scheint. Briefe II/Ebd. 242
Nichts wirkt stärker auf die menschliche Umgebung, besonders auf die Kinder, als das ungelebte Leben der Eltern. XV/21
...fasse ich den Begriff der Kompensation allgemein als funktionelle Ausgleichung, als Selbstregulierung des psychischen Apparates auf. In diesem Sinne fasse ich die Tätigkeit des Unbewußten als Ausgleichung der durch die Bewußtseinsfunktion erzeugten Einseitigkeit der allgemeinen Einstellung auf. Das Bewußtsein wird von den Psychologen gerne dem Auge verglichen, man spricht von einem Blickfeld und Blickpunkt des Bewußtseins. Mit diesem Vergleich ist das Wesen der Bewußtseinsfunktion treffend charakterisiert: nur wenige Inhalte können den höchsten Bewußtseinsgrad erreichen, und nur eine beschränkte Anzahl von Inhalten kann sich zugleich im Bewußtseinsfelde aufhalten. Die Tätigkeit des Bewußtseins ist auswählend. Die Auswahl erfordert Richtung. Richtung aber erfordert Ausschließung alles Nichtzugehörigen. Daraus muß jeweils eine gewisse Einseitigkeit der Bewußtseinsorientierung entstehen. Die von der gewählten Richtung ausgeschlossenen und gehemmten Inhalte verfallen zunächst dem Unbewußten, bilden aber wegen ihrer effektiven Existenz doch ein Gegengewicht gegen die bewußte Orientierung, das sich durch Vermehrung der bewußten Einseitigkeit ebenfalls vermehrt und schließlich zu einer merklichen Spannung führt. Diese Spannung bedeutet eine gewisse Hemmung der bewußten Tätigkeit, welche zwar zunächst durch vermehrte bewußte Anstrengung durchbrochen werden kann. Aber auf die Dauer erhöht sich die Spannung derart, daß die gehemmten unbewußten Inhalte sich dem Bewußtsein doch mitteilen, und zwar vermittels der Träume und „freisteigender Bilder“ Je größer die Einseitigkeit der bewußten Einstellung ist, desto gegensätzlicher sind die dem Unbewußten entstammenden Inhalte, so daß man von einem eigentlichen Kontraste zwischen Bewußtsein und Unbewußtem sprechen kann. In diesem Falle tritt die Kompensation in Form einer kontrastierenden Funktion auf. Dieser Fall ist extrem. In der Regel ist die Kompensation durch das Unbewußte kein Kontrast, sondern eine Ausgleichung oder Ergänzung der bewußten Ortientierung. Das Unbewußte gibt z.B. im Träume alle diejenigen zur bewußten Situation konstellierten, aber durch die bewußte Wahl gehemmten Inhalte, deren Kenntnis dem Bewußtsein zu einer völligen Anpassung unerläßlich wäre.
Im Normalzustande ist die Kompensation unbewußt, d.h. sie wirkt unbewußt regulierend auf die bewußte Tätigkeit. In der Neurose tritt das Unbewußte in so starken Kontrast zum Bewußtsein, daß die Kompensation gestört wird. Die analytische Therapie zielt daher auf eine Bewußtmachung der unbewußten Inhalte, um auf diese Weise die Kompensation wieder herzustellen.
Die unerfüllte Sehnsucht des Sohnes nach Leben und Welt ist ernst zu nehmen. Er möchte Wirkliches berühren, die Erde umarmen und den Acker der Welt befruchten. Er unternimmt nur ungeduldige Anläufe, denn die geheime Erinnerung daran, daß man die Welt und das Glück auch geschenkt bekommen kann – nämlich – von der Mutter lähmt seine Stoßkraft sowohl wie seine Ausdauer. Das Stück Welt, das ihm, wie jedem Menschen, immer wieder mal begegnet, ist nie ganz das richtige, denn es gibt sich nicht, ist nicht entgegenkommend, verhält sich spröde, will erobert weden und unterwirft sich nur der Stärke. Es erhebt Anspruch auf die Männlichkeit des Mannes, auf dessen Inbrunst und vor allem auf dessen Mut und Entschlußkraft, welche den ganzen Menschen in die Waagschale zu werfen vermag. Dazu würde er eines treulosen Eros bedürfen, eines, der die Mutter vergessen und sich selber wehtun kann, indem er die erste Geliebte seines Lebens verläßt. In Voraussehung dieses schlimmen Wagnisses hat ihn die Mutter sorgsam die Tugend der Treue, der Hingebung, der Loyalität gelehrt, um ihn vor dem drohenden moralischen Einbruch, welcher mit dem Lebenswagnis verbunden ist, zu bewahren. Er hat sie nur zu gut gelernt und bleibt der Mutter treu, vielleicht zu deren größter Sorge (zum Beispiel wenn er ihr zu Ehren sich als homosexuell erweist), und zugleich zu ihrer unbewußten, mythischen Genugtuung. Denn mit letzterer Beziehung erfüllt sich der ebenso hochaltertümlichen wie hochheilig archetypus der Hochzeit von Mutter und Sohn. Was hat schließlich die banale wirklichkeit mit ihren Standesämtern, Monatslöhnen, Mietzinsen usw. zu bieten, das ein Gegengewicht bilden könnte zu jenen mystischen Schauerndes Hierosgamos? Zu jenem Sternenweib, dem der Drache folgt, und zu jenen frommen Ungewißheiten, welche die Hochzeit des Lammes umweben?
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Brahman leitet sich von barh, farcire, <>, d.h. das <>>, ab, aufgefaßt als <Wille
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Die höherwertige Funktion ist immer Ausdruck der bewußten Persönlichkeit, ihre Absicht, ihr Wille und ihre Leistung, während die minderdifferenzierten Funktionen zu den dingen gehören, die einem passieren.
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Die konkrete Empfindung ist als solche immer ein reaktiver Phänomen. Die abstrakte E. dagegen, entbehrt, wie jede Abstraktion, niemals des Willens, d.h. des Richtungselementes. Der auf Abstraktion der Empfindung gerichtete Wille ist der Ausdruck und die Betätigung der ästhetischen Empfindungseinstellung.
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Unter psychologischer Funktion verstehe ich eine gewisse, unter verschiedenen Umständen sich prinzipiell gleichbleibende psychische Tätigkeitsform. Energetisch betrachtet ist die F. eine Erscheinungsform der Libido, die unter verschiedenen Umständen sich prinzipiell gleichbleibt, etwa in ähnlicher Weise, wie die physikalische Kraft als die jeweilige Erscheinungsform der physikalischen Energie betrachtet werden kann. Ich unterscheide im ganzen vier Grundfunktionen, zwei rationale und zwei irrationale F., nämlich Denken und Fühlen, Empfinden und Intuieren. Warum ich gerade die vier F. als Grundfunktionen anspreche, dafür kann ich keinen Grund a priori angeben, sondern nur hervorheben, daß sich mir diese Auffassung im Laufe jahrelanger Erfahrung herangebildet hat. Ich unterscheide diese F. voneinander, weil sie sich nicht aufeinander beziehen, resp. Reduzieren lassen. Das Prinzip des Denkens z.B. ist vom Prinzip des Fühlens absolut verschieden usw. Ich unterscheide diese F. prinzipiell vom Phantasieren, weil mir das Phantasieren als eine eigentümliche Tätigkeitsform erscheint, die sich in allen vier Grund-F. zeigen kann. Der Wille erscheint mir als eine durchaus sekundäre psychische Erscheinung, ebenso die Aufmerksamkeit.
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Wille. Als W. fasse ich die dem Bewußtsein disponible psychische Energiesumme auf. Der Willensvorgang wäre demnach ein energetischer Prozeß, der durch bewußte Motivation ausgelöst wird. Ich würde also einen psychischen Vorgang, der durch unbewußte Motivation bedingt ist, nicht als Willensvorgang bezeichnen. Der W. ist ein psychologisches Phänomen, das seine Existenz der Kultur und der sittlichen Erziehung verdankt, der primitiven Mentalität aber in hohem Maße fehlt.
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...psychische Doppelnatur des Schwefel...(Sulphur duplex); es gibt weißen und roten Schwefel, wobei der weiße die aktive Substanz des Mondes und der rote die der Sonne ist.
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Die ewigen Bilder sind alles nur nicht eindeutig. Es ist für die Alchemie nun schlechthin charakteristisch, daß sie nie die Gegensätzlichkeit ihrer Inhalte übersieht und damit die dogmatische Vorstellungswelt, die um der Eindeutigkeit willen den Gegensatz ins Inkommensurable abdrängt, deutlich kompensiert. Die Tendenz zur möglichsten Trennung der Gegensätze, das heißt das Streben nach Eindeutigkeit ist absolut nötig, um ein klares Bewußtsein herzustellen, denn Diskrimination gehört zu deren Wesen. Wenn aber die Trennung so weit geht, daß der zugehörige Gegensatz außer Sicht gerät und das Schwarze des Weißen, das Böse des Guten, das Tiefe des Hohen usw. nicht mehr gesehen wird, dann entsteht Einseitigkeit, welche ohne unser Zutun vom Unbewußten her kompensiert wird. Die Ausgleichung geschieht sogar gegen unseren willen, der sich infolgedessen immer fanatische gebärden muß, um die katastrophale Enantiodromie herbeizuführen. Die Weisheit dagegen hat nie vergessen, daß alle Dinge zwei Seiten haben; sie wüßte also solche Unglücksfälle zu verhindern, wenn sie irgendwelche Macht besäße. Die Macht befindet sich aber nie am sitze der Weisheit, sondern immer an den Schwerpunkten der Masseninteressen und vergesellschaftet sich daher unvermeidlicherweise mit der unabsehbaren Dummheit des Massenmenschen.
Mit vermehrter Einseitigkeit zerfällt die Macht des Königs, welche ursprünglich eben derade darin bestanden hatte, daß seine Dominante die Gegensätzlichkeit des Seins symbolisch zu fassen vermochte. Je deutlicher aber die Idee hervortritt, desto heller und klarer wird die Bewußtheit, und desto gültiger und monarchischer ihr Inhalt, dem alles Widersprechende weichen muß. Dieser extreme Zustand will erreicht werden, obschon der Höhepunkt immer auch ein Ende bedeutet. Die Natur im Menschen, nämlich das Unbewußte, versucht sofort zu kompensieren, was dem extremen Zustande sehr zuwider ist, da er sich als ideal vorkommt und auch in der Lage ist, mit besten Argumenten seine Trefflichkeit zu begründen. Man kann nicht anders, als zugeben, daß er ideal ist, aber er ist trotzdem unvollkommen, weil er das Lebendige nur noch zum Teil ausdrückt: Dieses nämlich will nicht nur das Klare, sondern auch das Trübe, nicht nur das Helle, sondern auch das Dunkle, ja es will, daß auf alle Tage Nächte folgen, und daß selbst die Weisheit ihren Karneval feiert, wovon gerade die Alchemie nicht wenig Spuren aufweist. Darum bedarf der König immer wieder der Erneuerung, welche mit dem Abstieg in seine eigene Dunkelheit , dem Eintauchen in die eigene Tiefe und mit der Erinnerung an die Blutsverwandschaft des Gegenspielers beginnt. (GW 14/2 S. 91 f.)
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Anm.: Daß der Mythus überhaupt aufgegriffen und durch Deutung ins Christentum rezipiert wurde, beweist etwas für die Lebendigkeit des ersteren. Es beweist aber auch etwas für die Lebendigkeit des Christentums, welches viele Mythen zu deuten und zu assimilieren wußte. Die Bedeutung der Hermeneutik soll nicht unterschätzt werden: sie wirkt nämlich wohltätigauf die Seele, indem sie die ferne Vergangenheit, das Leben der Ahnenseelen, das ja im Unbewußten immer noch lebendig und gegenwärtig ist, an das Heute bewußt anschließt und damit die psychisch so ungemein wichtige Verbindung zwischen dem auf den Augenblick orientierten Bewußtsein und der in unendlich langen Zeiträumen lebenden historischen Seele herstellt. Als die konservativsten aller menschlichen Geistesprodukte bilden die Religionen an sich schon die heilsame Brücke zur ewigwährenden Vergangenheit und lehren deren lebendige Gegenwart. Eine Religion, die den Mythus nicht mehr assimilieren kann, vergißt ihre eigenste Funktion. Die geistige Lebendigkeit aber beruht auf der Kontinuität des Mythus, und diese kann nur dadurch erhalten werden, daß jedes Zeitalter ihn in seine Sprache übersetzt und zu einem Inhalt des eigenen Geistes macht. Die Sapientia Dei, die sich im Archtypus offenbart, sorgt immer dafür, daß auch die wildesten Schwankung wieder zur Mittellage zurückkehrt. So beruht die Fszination der philosophischen Alchemie nicht zum geringsten Teil auf der Tatsache, daß sie einer sehr großen Anzahl wichtigster Archtypen neuen Ausdruck zu geben vermochte. Ja, wie wir zur Genüge sahen, hat sie sich sogar mit der Rezeption des Christentums versucht.(14/2, S. 94)
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... daß das Ich die paradoxe Eigenschaft hat, sowohl Subjekt wie Objekt seines Wissens zu sein, anderseits... daß die Psyche keine Einheit , sondern eine <>> ist, in welcher es neben der Sonne noch andere Lichter gibt. Der Ich-Komplex ist nicht der einzige psychische Komplex. Die Möglichkeit, daß unbewußte Komplexe eine gewisse Luminosität, das heißt ein gewisses Bewußtsein entwickeln, ist nicht von der Hand zu weisen, können doch daraus eine Art sekundärer Persönlichkeiten entstehen, wie die psychopathlogische Erfahrung beweist. Wenn dies aber möglich ist, so ist auch eine Beobachtung des Ich-Komplexes von einem anderen Standpunkt aus, der sich in derselben Psyche befindet, möglich. Wie schon gesagt, scheint mir hierauf die kritische Darstellung des Ich-Komplexes in Träumen und in psychischen Ausnahmezuständen zu beruhen.
Das Bewußtsein weiß öfters wenig oder nichts über seine Wandlung und will auch nichts darüber wissen; je herrischer und überzeugter von der ewigen Gültigkeit seiner Wahrheit es sich gebärdet, und je sicherer es dieser ist, desto mehr identifiziert es sich auch damit. Damit geht das Königtum von Sol, der ein natürlicher Gott ist, auf den menschlichen König über, welcher die zur Herrschaft gelangte Obervorstellung personifiziert und darum ihr Schicksal teilen muß. In der Welt der Erscheinungen gilt das Gesetz des , des ewigen Überganges, und es scheint, daß alles Wahre sich wandelt und daß nur das Sich-Wandelnde wahr bleibt. Alles altert und bedarf der Wandlung und der Erneuerung.
Rücksichtslos wird von einem anderen Planeten aus festgestellt, daß der König altert, noch bevor es dieser wahr haben will: Obervorstellungen, die sogenannten Dominanten, verändern sich, und die Veränderung, welche, wie gesagt dem Bewußtsein oft verborgen bleibt, spiegelt sich nur in den Träumen. König Sol wandert als der Archetypus des Bewußtseins durch die Welt des Unbewußten als eine jener vielen Gestalten, welche vielleicht ebenfalls eines Bewußtseins fähig sind. Diese kleineren Lichter sind nach alter Auffassung identisch mit den von der Astrologie postulierten Planetenentsprechungen in der Psyche. Wenn daher ein Alchemist den Saturngeist als paredros herbeizwingt, so bedeutet dies einen Versuch zur Bewußtmachung eines Nicht-Ich-Standpunktes und zugleich eine Relativierung des Ich-Bewußtseins und seiner Inhalte. Die Intervention des Planetengeistes ist als Hilfe erwünscht und als solche gedacht.Wenn der König alt wird, und der Erneuerung bedarf, so wird etwa ein Planetenbad eingerichtet, das heißt ein Bad, in welches alle Planeten ihre <> gießen. Damit wird der Gedanke ausgedrückt, daß die altersschwach gewordenen Dominante des Beistandes und Einflusses ihrer Nebenlichter zu Stärkung und Erneuerung bedarf. Sie wird in der Substanz der anderen planetaren Archtypen gewissermaßen aufgelöst und dann aufs neue zusammengesetzt. Durch diesen Ein- und Umschmelzungsprozeß entsteht eine neue Legierung, welche eine gewissermaßen umfassendere Natur besitzt, indem sie die Einflüsse der anderen Planeten respektive Metalle in sich aufgenommen hat.
In diesem alchemistischen Bilde läßt sich leicht die Projektion des Wandlungsprozesses erkennen: das Altern einer psychischen Dominante zeigt sich darin, daß sie in immer geringeren Grade die seelische Ganzheit erfaßt und ausdrückt. Man kann auch sagen, die Seele fühle sich in der Dominante nicht mehr ganz aufgenommen, was sich darin äußert, daß diese an Faszination einbüßt und die Seele nicht mehr so völlig ergreift wie vordem. Auf der anderen Seite wird auch ihr Sinngehalt nicht mehr genügend verstanden, oder das, was man davon versteht, rührt das Herz nicht mehr an. Aus einem sentiment d’incomplétude dieser Art ergibt sich nun eine kompensatorische Reaktion, , welche andere geistige Gebiete und deren Inhalte heranzieht, um die leeren Stellen auszufüllen. In der Regel ist dies ein unbewußter Prozeß, der immer dort einsetzt, wo sich die Orientierung und Einstellung des Bewußtseins als Ungenügend erweist. Ich hebe diesen Punkt hervor, weil das Bewußtsein ein schlechter Beurteiler seiner eigenen Lage ist und sich öfters in die Illusion verbohrt, seine Einstellung sei eben gerade die richtige und werde nur durch irgendwelche äußeren Ärgerlichkeiten in ihrer Wirkung verhindert. Würden in einem solchen Falle die Träume berücksichtigt, so könnte es sich bald herausstellen, warum die Voraussetzung des Bewußtseins unwirksam geworden ist. Treten dann schließlich gar neurotische Symptome auf, dann ist damit die Haltung des Bewußtseins, das heiß seine Obervorstellung dementiert, und es bereitet sich im Unbewußten ein Aufruhr jener Archetypen vor, welche durch die Bewußtseinseinstellung am meisten unterdrückt wurden. Für die Therapie bleibt dann gar nichts anderes übrig, als das ich mit seinem Gegenspieler zu konfrontieren, womit der Ein- und Umschmelzungsprozeß beginnt. Die Konfrontation drückt sich im alchemistischen Königsmythos als Zusammenstoß der männlich-geistigen Vaterwelt, des Rex Sol, mit der chtonisch-weiblichen Mutterweltder <>, respektive des <>, aus. Die Illegitimität dieser Beziehung erscheint als Inzest, im Fall der <<Cantilena>> verschleiert durch die Adoption, die aber nichtsdestoweniger eine Schwangerschft der Mutter im Gefolge hat. Wie ich anderenorts bereits erläutert habe, drückt der Inzest die Vereinigung von Verwandtem respektive Gleichartigem aus, das heißt der Gegenspieler des Sol ist dessen eigener chtonisch-weiblicher Aspekt, den er vergessen zu haben scheint. Der Widerschein des Sol ist die weibliche Luna , die in ihrer Feuchtigkeit den König auflöst. Es ist, wie wenn Sol hinunterstiege in die dunkle Wassertiefe der sublunaren Welt, um die Kräfte des Oberen mit denen des Unteren zu verbinden (vergleiche den Abstieg des Faust zu den Müttern!) Die unwirksam gewordene Bewußtseinsdominante verschwindet in bedrohlicher Weise in den heraufsteigenden Inhalten des Unbewußten, wodurch zunächst eine Verfinsterung des Lichts eintritt. Die einander widerstrebenden Elemente des urweltlichen Chaos entfessel ihren Kampf, wie wenn sie nie gebändigt gewesen wären. Darin wird der Konflikt zwischen der Dominante des Ich-Bewußtseins einerseits und den Inhalten des Unbewußten anderseits ausgetragen, und zwar zunächst so, daß die Vernunft ihrem Gegenteil Fesseln anzulegen versucht. Diese Versuche mißlingen aber auf die Dauer, und zwar so lange, bis das Ich seine Ohnmacht akzeptiert und den in ihm wütenden Kampf der seelischen Mächte gewähren läßt. Wenn das Ich nicht mit aufreizender Vernünftigkeit dazwischentritt, so nähern sich, eben gerade durch den Kampf, die Gegensätze einander an, und was wie Tod und Verderben aussah, verändert sich allmählich in einen latenten Zustand der Einigkeit, der passenderweise durch das Symbol der Schwangerschaft ausgedrückt wird. Damit wandelt sich auch der Rex, das heißt die frühere Bewußtseinsdominante, zu einer wirklichen Ganzheit, während sie früher nur einen Ganzheitsanspruch hatte. (GW 14/2, S.118-121)
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Auch die Vorstellung Gottes als senex et puer wurde nicht nur von den Alchemisten, sonder auch von den nichtalchemistischen Klerikern als Wandlung Gottes aufgefaßt, nämlich als eine Offenbarung des zornigen und rächenden alttestamentarischen Jahwe als Gottes der Liebe im Neuen Testament. Damit manifestierte sich der Archetypus der Königserneuerung nicht nur bei den <>, sondern auch in kirchlichen Kreisen. (GW 14/2, S. 122)
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das Unbewußte (<>>): diese flüssige Substanz...Das <> ist ihr statischer Zustand, die <> ihre Aktivierung, und der <> ihre Wandlung. Die Integration der unbewußten Inhalte kommt zum Ausdruck in der Idee des Heilmittels, der Medicina catholica s. universlis, des aurum potabile (trinkbares Gold), des cibus sempiternus (der ewigwährenden Speise)...(GW 16, S. 222)
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Die Anima stellt psychologisch die weibliche Gegenspielerin des männlichen Bewußtseins dar, was auf der Minderheit weiblicher Gene in einem männlichen Körper beruht; sie funktioniert wie eine Persona, denn sie ist Verbindungsglied zwischen dem kollektiven Unbewußten und dem Bewußtsein, so wie die Persona Verbindungsglied zwischen der wahren Persönlichkeit und der äußeren Welt ist. Der Doppelaspekt der Anima hängt damit zusammen, daß alle Wirkungen des kollektiven Unbewußten doppeldeutig sind. So ist sie nicht nur Übermittlerin guter, sondern auch böser Einflüsse. In Tat und Wahrheit ist sie nicht selten der böseste Dämon im Leben des Mannes.(Briefe 2, S 105)
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Wir wissen nicht, ob der Webervogel ein inneres Bild schaut, wenn er beim Nestbau einer uralten und ererbten Strukturform folgt, aber soweit unsere Erfahrung reicht, hat bestimmt kein Webervogel je sein Nest selbst erfunden. Es ist, als ob das Bild des Nestbaus mit dem Vogel geboren wurde.(Briefe 2,S. 374)
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Rache
Römer 12,19: Rächt euch nicht selber, liebe Brüder, sondern laßt Raum für den Zorn(Gottes); denn in der Schrift steht: Mein ist die Rache, ich werde vergelten[1], spricht der Herr.
1 Thessalonicher 4,6: und daß keiner seine Rechte überschreitet und seinen Bruder bei Geschäften betrügt, denn all das rächt der Herr, wie wir euch schon früher gesagt und bezeugt haben.
Hebräer 10,30: Wir kennen doch den, der gesagt hat: Mein ist die Rache, ich werde vergelten, und ferner: Der Herr wird sein Volk richten. 31 Es ist furchtbar, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.
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Kepler, Diskurs...
Meint, daß die Geburt Christi in die Zeit der großen Konjunktion „in Zeichen der Fische und des Widders, circa punktum aequinoctiale“...„ von Gott geordnet “ sei.
Weiter(Kepler)
... und beides, diese Geschicht auf Erden und auch die Konjunktion am Himmel mit einem neuen Stern gezeichnet.: Durch Vermittlung desselben, hat er die Weisen oder Magos aus Morgenland (ohn Zweiffel die genannte Chaldeos, welches Wort bei Aristotele, Cicerone, Ptolemaeo und anderen soviel heißet, als Sternseher, welche dieses Stuck aus der Astrologia de coniuncibus magnis von Alters her üblich gestudieret und practiziert haben ...und Bethlehem gefunden usw.
...
„Daneben haben sie aber auch für ihnen gehabt ihre Heydnische Prophezeiung Baalams orietur stella in Iacob, so dann Jüdischen Propheten Daniel mit dessen auslaufenden 70. Jahr Wochen.“
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„Werdendurch die Arabische Astrologiam die willkührige Anschläg menschlicher Händel, gleichsam im Himmel, und durch die vereinigten Planeten formiert. Das ist abermals grob gefählet, sondern man mus denselben hieunten auff Erden in der Menschen Hertzen und fürgehenden Händeln, den Nachtruck aber und eygentlichen Außgang derselben in Gottes Vorsehung suchen, oder vielmehr bey derselben allein bewenden lassen.“(Kepler, Diskurs)
...
„Warumb schreibst du vom künfftigen Jahr und von der grossen Konjunktion so du nicht bist ein Prophet, der Gott in seinen Rath, oder den Menschen in ihre Hertzen sehen könne? Antwort der Himmel oder Coniunctiones Planetarum seind natürlicherweise ein Stachel oder Antrieb, wann derselbige vorhanden ist, so wird ein jeder Mensch der es vermag, auff seinem Weg frewdiger/ hitziger/ embsiger/begieriger: Es setzen auch die
gemüthe bey grossen Coniunctionibus viel eyffriger/ und nach Gestalt der Sachen viel furiosischer und auffrührischer zusammen/ dann sonsten zu gemeinen Zeiten: Es sey durch Bündnussen/ odernur durch ein blosses zusammenlauffen. Und dieses geschicht auff zweyerley Wege; Erstlich ins gemein/ ohne sonderlichen Himmlischen unterscheid der Peresonen/ nach dem ein jeder nur irdischen eise bey den gemeinen läuffen interessiert. Zum anderen geschicht diese auch/ bey den jenigen Personen insonderheit/ welche durch die Himmlische Coniunctiones/ ihrer eygner Nativitäten halber/ für anderen mehr stimuliert werden.“
Zur Großen Konjunktion
17.Juli 1623 wie 1603 im feurigen Trigon, damals Schütze/ jetzt Löwe. „im Zeiche aber des Löwen ist in 600 Jahren keine gewest Die nächste zwar vor diesem Ort ist gewest vor 60 Jahren 1563 ungefähr 29 Augusti...Ende Krebs...
(er gibt nichts auf Elemente) fragt
„...ob diese Coniunctio noch weiter von dem puncto Solstitiali abweichet als die vorige 1603. .. daß sie in signo septentrionali...daß nur einerlei Latitudinem septentrionalem haben, und nur viereinhalb Minuten, das ist ein Achtel von der Mondbreite Saturno dahin gehet“.
Sonach 1563, j damals oberhalb Saturni hergegangen „und weiß ich nit/ ob sie so nahent zusammen kommen können/ von der Welt Erschaffung her. Dann es kann innerhalb 800 Jahren nur in zweyen Zeichen und
...Sonne umblägert/ von den beyden sogenannten infortunis Saturno &Mares/ auf welche widerwärtige Configuration etliche Astrologi alleinsetzen/ und dahero von großen Gefährlichkeiten prophezeyen köndten (welchem aber meine Principia anderst nicht stattgeben (vom Glück zu prognosticieren) denn allein quatenus ex affectus ex durando dura), sondern es hat nebens auch der gütige Jupiter den Vorzug im 12. Grad des Krebses in Satelitio Solis... daher als nachfolgende friedliche Consilia, und auff lenientia, post sutione & sectiones ziehe und ausdeute...“
Auslegung 1604
„coercebitur fastus & superbia valebit Aristocratia collegiorum: aber besser ist es dißmal getroffen daß weil beyde Planeten einander so nahekommen/ hier auß abgenommen werde/ es werden Saturnisten und Jovialisten miteinander übereinstimmen/sich wol vergleichen/ und einander stärken.“
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„Es gibt zwei Arten von Erdbewußtsein: die eine nennt man global, die andere nennen wir p l a n e t a r i s c h. Die beiden stehen 180° auseinander, obwohl sie oberflächlich besehen, identisch erscheinen. „Globales Bewußtsein“ ist das der Männer von Welt, Technik, Technokratie, Utopie, Zentralisation mit ihren Geschäftsanzügen, die Weltspiele mit Systemtheorie spielen; eingeschlossen sind die Umweltplaner im Hinterzimmer der trilateralen Kommission. „Planetarisches (Bewußtsein) Denken“ ist dezentralistisch, sucht eher biologische Lösungen als technische und findet seine Lehrer für seine alternativen Möglichkeiten so gut im überlieferten Wissen der natürlichen Völker Papuas und der Quellgebiete des Amazonas, wie in den Bibliotheken der hohen abendländischen Zivilisation...“
„Planetarischer Geist“ ist der Internationalismus der Old Ways, der die Möglichkeiten einer Erde in all ihrer Vielfältigkeit anerkennt, „globales Bewußtsein“ würde letztlich vielleicht eine nicht so wohlwollende Technokratie über alles stülpen, mit Hilfe eines zentralistischen Systems.“
Gary Snyder
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Symbol
894
Der Begriff eines Symbols ist in meiner Auffassung streng zu unterscheiden von dem Begriff eines bloßen Zeichens. Symbolische und semiotische Bedeutung sind ganz verschiedene Dinge. FERRERO spricht in seinem Buche streng genommen nicht von S., sondern von Zeichen. Z.B. der alte Gebrauch, beim Verkaufe eines Grundstückes ein Stück Rasen zu überreichen, läßt sich vulgär als „symbolisch“ bezeichnen, ist aber seiner Natur nach durchaus semiotisch. Das Stück Rasen ist ein Zeichen , gesetzt für das ganze Grundstück. Das Flügelrad des Eisenbahnbeamten ist kein S. der Eisenbahn, sondern ein Zeichen, das die Zugehörigkeit zum Eisenbahnbetrieb kennzeichnet. Das S. dagegen setzt immer voraus, daß der gewählte Ausdruck die bestmögliche Bezeichnung oder Formel für einen relativ unbekannten, jedoch als vorhanden erkannten oder geforderten Tatbestand sei. Wenn also das Flügelrad des Eisenbahnbeamten als S. erklärt wird, so wäre damit gesagt, daß dieser Mann mit einem unbekannten Wesen zu tun habe, das sich nicht anders und besser ausdrücken ließe, als durch ein geflügeltes Rad.
895
Jede Auffassung, welche den symbolischen Ausdruck als Analogie oder abgekürzt Bezeichnung einer bekannten Sache erklärt, ist semiotisch . Eine Auffassung, welche den symbolischen Ausdruck als bestmögliche und daher zunächst gar nicht klarer oder charakteristischer darzustellende Formulierung einer relativ unbekannten Sache erklärt ist symbolisch. Eine Auffassung, welche den symbolischen Ausdruck als absichtliche Umschreibung oder Umgestaltung einer bekannten Sache erklärt, ist allegorisch. Die Erklärung des es als eines S. der göttlichen Liebe ist semiotisch , denn „göttliche Liebe“ bezeichnet den auszudrückenden Tatbestand treffender und besser als ein Kreuz, das noch viele andere Bedeutungen haben kann. Symbolisch hingegen ist diejenige Erklärung des Kreuzes, welche es über alle erdenkbaren Erklärungen hinaus als einen Ausdruck eines bis dahin unbekannten und unverstehbaren mystischen oder transzendenten, d.h. also zunächst psychologischen Tatbestandes, der sich schlechthin am treffendsten durch das Kreuz darstellen läßt, ansieht.
896
Solange ein S. lebendig ist, ist es Ausdruck einer sonstwie nicht besser zu kennzeichnenden Sache. Das S. ist nur lebendig, solange es bedeutungsschwanger ist. Ist aber sein Sinn aus ihm geboren, , d.h. ist derjenige Ausdruck gefunden, welcher die gesuchte, erwartete oder geahnte Sache noch besser als das bisherige S. formuliert, so ist das S. tot, d.h. es hat nur noch historische Bedeutung. Man kann deshalb immer noch davon als einem S. reden, unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß man von dem spricht, was es war, als es seinem besseren Ausdruck noch nicht aus sich geboren hatte. Die Art und Weise, wie Paulus und die ältere mystische Spekulation das Kreuzsymbol behandeln, zeigt, daß es für sie ein lebendiges S. war, welches Unaussprechliches in unübertrefflicher Weise darstellte. Für jede esoterische Erklärung ist das S. tot, denn es ist durch die Esoterik auf einen – sehr oft vermeintlich- besseren Ausdruck gebracht, wodurch es zum bloßen konventionellen Zeichen für anderwärts völliger und besser bekannte Zusammenhänge wird. Lebendig ist das S. immer nur für der exoterischen Standpunkt.
897
Ein Ausdruck, der für eine bekannte Sache gesetzt wird, bleibt immer ein bloßes Zeichen und ist niemals S. Es ist darum ganz unmöglich, ein lebendiges, d.h. bedeutungsschwangeres S. aus bekannten Zusammenhängen zu schaffen. Denn das so Geschaffene enthält nie mehr, als was darein gelegt wurde. Jedes psychische Produkt, insofern es der Augenblicklich bestmögliche Ausdruck für einen bis dahin unbekannten oder bloß relativ bekannten Tatbestand ist, kann als Symbol aufgefaßt werden, insofern man geneigt ist anzunehmen, daß der Ausdruck auch das, was erst geahnt, aber noch nicht klar gewußt ist, bezeichnen wolle. Insofern jede wissenschaftliche Theorie eine Hypothese einschließt, also eine antizipierende Bezeichnung eines im wesentlichen noch unbekannten Tatbestandes ist, ist sie ein S. Des weiteren ist jede psychologischen Erscheinung ein S. unter der Annahme, daß sie noch ein mehreres und anderes besage oder bedeute, das sich der gegenwärtigen Erkenntnis entziehe. Diese Annahme ist schlechterdings überall möglich, wo ein Bewußtsein ist, das auf weitere Bedeutungsmöglichkeiten der Dinge eingestellt ist. Sie ist nur da nicht möglich, und zwar bloß für dieses selbe Bewußtsein, wo es selber einen Ausdruck hergestellt hat, der genau soviel besagen soll, als die Absicht seiner Herstellung wollte, z.B. ein mathematischen Ausdruck. Für ein anderes Bewußtsein aber besteht diese Einschränkung keineswegs. Es kann auch den mathematischen Ausdruck als ein S. auffassen, für einen in der Absicht seiner Herstellung verborgenen, unbekannten psychischen Tatbestand, insofern dieser Tatbestand demjenigen, der den semiotischen Ausdruck geschaffen hat, nachweisbar nicht bekannt ist und darum nicht Gegenstand einer bewußten Benützung sein konnte.
898
Ob etwas ein S. sei oder nicht, hängt zunächst von der Einstellung des betrachtenden Bewußtseins ab, eines Verstandes z.B., der den gegebenen Tatbestand nicht bloß als solchen, sondern auch als Ausdruck von Unbekanntem ansieht. Es ist daher wohl möglich, daß jemand einen Tatbestand herstellt, der seiner Betrachtung keineswegs als symbolisch erscheint, , wohl aber einem anderen Bewußtsein. Ebenso ist der umgekehrte Fall möglich. Es gibt nun allerdings Produkte, deren symbolischen Charakter nicht bloß von der Einstellung des betrachtenden Bewußtseins abhängt, sondern sich von sich aus in seiner symbolischen Wirkung auf den Betrachter offenbart. Es sind dies Produkte, die so gestaltet sind, daß sie jeglichen Sinnes entbehren müßten, wenn ihnen nicht ein symbolischer Sinn zukäme. Ein Dreieck mit einem darin eingeschlossenem Auge ist als reine Tatsächlichkeit dermaßen sinnlos, daß der Betrachtende es unmöglich als eine bloße Spielerei auffassen kann. Eine solche Gestaltung drängt eine symbolische Auffassung unmittelbar auf. Unterstützt wird diese Wirkung entweder durch ein öfteres und identisches Vorkommen derselben Gestaltung oder durch eine besonders sorgfältige Art der Herstellung, welche nämlich der Ausdruck eines darauf verlegten besonderen Wertes ist.
899
S., die nicht in dieser eben beschriebenen Weise aus sich wirken, sind entweder tot, d.h. durch bessere Formulierungen überholt, oder Produkte, deren symbolische Natur ausschließlich von der Einstellung des betrachtenden Bewußtseins abhängt. Wir können diese Einstellung, welche die gegebene Erscheinung als symbolisch auffaßt, abgekürzt als symbolische Einstellung bezeichnen. Sie ist durch das Verhalten der Dinge nur zum Teil berechtigt, zum andern Teil ist sie Ausfluß einer bestimmten Weltanschauung, welche nämlich dem Geschehen, sei es im Großen, oder Kleinen, einen Sinn beimißt und auf diesen Sinn einen gewissen größeren Wert legt, als auf die reine Tatsächlichkeit. Dieser Anschauung steht eine andere Anschauung gegenüber, die den Akzent stets auf die reine Tatsächlichkeit legt und den Sinn den Tatsachen unterordnet. Für diese letztere Einstellung gibt es überall dort keine S., wo die Symbolik ausschließlich auf der Art der Betrachtung beruht. Dagegen gibt es für sie S., nämlich eben solche, die den Betrachter zur Vermutung eines verborgenen Sinnes auffordern. Ein stierköpfiges Götterbild kann zwar als ein Menschenleib mit einem Stierkopf darauf erklärt werden. Diese Erklärung dürfte aber der symbolischen Erklärung kaum die Waage halten, denn das S. ist zu aufdringlich, als daß es übergangen werden könnte.
900
Ein S. das seine symbolische Natur aufdringlich dartut, braucht noch kein lebendiges Symbol. zu sein. Es kann z.B. bloß auf den historischen oder philosophischen Verstand wirken. Es erweckt intellektuelles oder ästhetisches Interesse. Lebendig heißt ein S. aber nur dann, wenn es ein best- oder höchstmöglicher Ausdruck des Geahnten und noch nicht Gewußten auch für den Betrachtenden ist. Unter diesen Umständen bewirkt es unbewußte Anteilnahme. Es hat lebenerzeugende und –fördernde Wirkung. Wie Faust sagt:“ Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein...“
901
Das lebendige S. formuliert ein wesentliches unbewußtes Stück, und je allgemeiner verbreitet diese Stück ist, desto allgemeiner ist auch die Wirkung des S., denn es rührt in jedem die verwandte Saite an. Da das S. einerseits der bestmögliche und für die gegebene Epoche nicht zu übertreffende Ausdruck für das noch Unbekannte ist, so muß es aus dem Differenziertesten und Kompliziertesten der zeitgenössischen geistigen Atmosphäre hervorgehen. Da das lebendige Symbol anderseits aber das Verwandte einer größeren Menschengruppe in sich schließen muß, um überhaupt auf eine solche wirken zu können, so muß es gerade das erfassen, was einer größeren Menschengruppe gemeinsam sein kann. Dies kann nun niemals das Höchstdifferenzierte, das Höchsterreichbare sein, denn das erreichen und verstehen nur die wenigsten, sondern es muß etwas noch so Primitives sein, daß dessen Omnipräsenz außer allem Zweifel steht. Nur wenn das S. dieses erfaßt und auf den höchstmöglichen Ausdruck bringt, hat es allgemeine Wirkung. Darin besteht die gewaltige und zugleich erlösende Wirkung eines lebendigen sozialen S.
902
Das Gleiche nun, was ich hier vom sozialen S. sage, gilt für das individuelle S. Es gibt individuelle psychische Produkte, die offenkundig symbolischen Charakter haben, die ohne weiteres zu einer symbolischen Auffassung drängen. Für das Individuum haben sie eine ähnliche funktionelle Bedeutung wie das soziale S. für eine größere Menschengruppe. Diese Produkte sind aber nie von einer ausschließlich bewußten oder ausschließlich unbewußten Abstammung, sondern gehen aus einer gleichmäßigen Mitwirkung beider hervor. Die reinen Bewußtseinsprodukte sowohl wie die ausschließlich unbewußten Produkte sind nicht eo ipso überzeugend symbolisch, sondern es bleibt der symbolischen Einstellung des betrachtenden Bewußtseins überlassen, ihnen den Charakter des S. zuzuerkennen. Sie können aber ebensowohl auch als rein kausal bedingte Tatsachen aufgefaßt werden, etwa in dem Sinne, wie man das rote Exanthem des Scharlachs als ein „Symbol“ des Scharlachs auffaßt. Man spricht in diesem Fall allerdings mit Recht von „Symptom“ und nicht von Symbol. FREUD hat m.E. darum von seinem Standpunkt aus mit Recht nicht von symbolischen, sondern von Symptomhandlungen gesprochen, denn für ihn sind diese Erscheinungen nicht symbolisch in dem hier definierten Sinne, sondern symptomatische Zeichen eines bestimmten und allgemein bekannten grundlegenden Prozesses. Es gibt natürlich Neurotiker, die ihre unbewußten Produkte, welche in erster Linie und hauptsächlich Krankheitssymptome sind, als höchstbedeutende S. auffassen. Aber im allgemeinen ist dies nicht der Fall. Im Gegenteil, der Neurotiker von heute ist nur zu sehr geneigt, auch das Bedeutungsvolle nur als „Symptom“ aufzufassen. Die Tatsache, daß es zwei distinkte, einander widersprechende und von hüben und drüben eifrig verfochtene Auffassungen gibt über Sinn und Nichtsinn der Dinge, belehrt uns, daß es offenbar Vorgänge gibt, die keinen besonderen Sinn ausdrücken, die bloße Konsequenzen, nichts als Symptome sind, und andere Vorgänge, welche einen verborgenen Sinn in sich tragen, die nicht bloß von etwas abstammen, sondern vielmehr zu etwas werden wollen und die darum S. sind. Es ist unserem Takt und unserer Kritik überlassen, zu unterscheiden, wo wir es mit Symptomen und wo mit S. zu tun haben.
903
Das S. ist immer ein Gebilde höchst komplexer Natur, denn es setzt sich zusammen aus den Daten aller psychischen Funktionen. Es ist infolgedessen weder rationaler, noch irrationaler Natur. Es hat zwar eine Seite, die der Vernunft entgegenkommt, aber auch eine Seite, die der Vernunft unzugänglich ist, indem es nicht nur aus Daten rationaler Natur, sondern auch aus den irrationalen Daten der reinen inneren und äußeren Wahrnehmung zusammengesetzt ist. Das Ahnungsreiche und Bedeutungsschwangere des Symbols spricht ebensowohl das Denken wie das Fühlen an, und seine eigenartige Bildhaftigkeit, wenn zu sinnlicher Form gestaltet, erregt die Empfindung sowohl wie die Intuition. Das lebendige S. kann nicht zustandekommen in einem stumpfen und wenig entwickelten Geiste, denn ein solcher wird sich am schon vorhandenen S., wie es ihm das traditionell Bestehende darbietet, genügen lassen. Nur die Sehnsucht eines hoch entwickelten Geistes, dem das gebotenen S. die höchste Vereinigung in einem Ausdruck nicht mehr vermittelt, kann ein neues S. erzeugen. Indem das S. aber eben aus seiner höchsten und letzten geistigen Errungenschaft hervorgeht, und zugleich auch die tiefsten Gründe seines Wesens einschließen muß, so kann es nicht einseitig aus den höchst differenzierten geistigen Funktionen hervorgehen, sondern es muß auch im gleichen Maße den niedersten und primitivsten Regungen entstammen. Damit diese Zusammenwirkung gegensätzlicher Zustände überhaupt möglich wird, müssen sie beide in vollem Gegensatz bewußt nebeneinanderstehen. Dieser Zustand muß eine heftigste Entzweiung mit sich selbst sein, und zwar in dem Maße, daß sich Thesis und Antithesis negieren, und das Ich doch seine unbedingte Teilnahmen an Thesis und Antithesis anerkennen muß. Besteht aber eine Unterlegenheit des einen Teiles, so wird das S. vorwiegend das Produkt des anderen Teiles sein und in demselben Maße auch weniger S. als Symptom sein, nämlich Symptom einer unterdrückten Antithesis. In dem Maße aber, in welchem ein S. bloßes Symptom ist, ermangelt es auch der befreienden Wirkung, denn es drückt nicht die völlige Existenzberechtigung aller Teile der Psyche aus, sondern erinnert an die Unterdrückung der Antithesis, auch wenn sich das Bewußtsein hievon nicht Rechenschaft ablegen sollte.
904
Besteht aber eine völlige Gleichheit und Gleichberechtigung der Gegensätze, bezeugt durch die unbedingte Anteilnahme des Ich an Thesis und Antithesis, so ist damit ein Stillstand des Wollens geschaffen, denn es kann nicht mehr gewollt werden, weil jedes Motiv sein gleich starkes Gegenmotiv neben sich hat. Da das Leben niemals einen Stillstand erträgt, so entsteht eine Stauung der Lebensenergie, die zu einem unerträglichen Zustand führen würde, , wenn nicht aus der Gegensatzspannung eine neue vereinigende Funktion entstünde, welche über die Gegensätze hinausführt. Sie entsteht aber natürlicherweise aus der durch die Aufstauung bewirkten Regression der Libido. Da durch die gänzliche Entzweiung des Willens ein Fortschritt unmöglich gemacht ist, so strömt die Libido nach rückwärts ab, der Strom fließt gleichsam zur Quelle zurück, d.h. bei Stillstellung und Inaktivität des Bewußtseins entsteht eine Aktivität des Unbewußten, wo alle differenzierten Funktionen ihre gemeinsame, archaische wurzel haben, wo jene Vermischtheit der Inhalte besteht, von der die primitive Mentalität noch zahlreiche Überreste aufweist.
905
Durch die Aktivität des Unbewußten wird nun ein Inhalt zutage gefördert, der gleichermaßen durch Thesis und Antithesis konstelliert ist und sich zu beiden kompensatorisch verhält. Da dieser Inhalt sowohl eine Beziehung zur Thesis wie zur Antithesis aufweist, so bildet er einen mittleren Grund, auf dem sich die Gegensätze vereinigen können. Fassen wir z.B: den Gegensatz als den von Sinnlichkeit und Geistigkeit auf, so bietet der mittlere aus dem Unbewußten geborene Inhalt vermöge seines geistigen Beziehungsreichtums der geistigen Thesis einen willkommenen Ausdruck, und vermöge seiner sinnlichen Anschaulichkeit erfaßt er die sinnliche Antithesis. Das zwischen Thesis und Antithesis zerspaltene Ich aber findet in dem einen mittleren Grund sein Gegenstück, seinen einen und eigenen Ausdruck, und es wird ihn begierig ergreifen, um sich aus seiner Zerspaltung zu erlösen. Daher strömt die Spannung der Gegensätze in den mittleren Ausdruck ein und verteidigt ihn gegen den alsbald an ihm und in ihm beginnenden Kampf der Gegensätze, welche beide versuchen, den neuen Ausdruck in ihrem Sinne aufzulösen. Die Geistigkeit will aus dem Ausdruck des Unbewußten etwas Geistiges machen, die Sinnlichkeit aber etwas Sinnliches, die eine will Wissenschaft oder Kunst, die andere sinnliches Erleben daraus schaffen. Die Auflösung des unbewußten Produktes in das eine oder andere gelingt, wenn das Ich nicht völlig zerspalten war, sondern mehr aus dieser, als auf jener Seite stand. Gelingt nun der einen Seite die Auflösung des unbewußten Produktes, so fällt nicht nur das unbewußte Produkt an diese Seite, sonder auch das Ich, wodurch eine Identifikation des Ich mit der meistbegünstigten Funktion entsteht. Infolgedessen wird sich der Zerspaltungsprozeß später auf einer höheren Stufe wiederholen.
906
Gelingt es infolge der Festigkeit des Ich weder der Thesis noch der Antithesis, das unbewußte Produkt aufzulösen, so ist damit dargetan, daß der unbewußte Ausdruck sowohl der einen wie der anderen Seite überlegen ist. Die Festigkeit des Ich und die Überlegenheit des mittleren Ausdrucks über Thesis und Antithesis scheinen mir Korrelate zu sein, die einander gegenseitig bedingen. Bisweilen will es scheinen, als ob die Festigkeit der angeborenen Individualität das Ausschlaggebende wäre, bisweilen auch, als ob der unbewußte Ausdruck eine überlegenen Kraft besäße, welche das Ich zur unbedingten Festigkeit veranlaßt. In Wirklichkeit dürfte es aber vielleicht so sein, daß die Festigkeit und Bestimmtheit der Individualität einerseits und die überlegene Kraft des unbewußten Ausdrucks nichts als Zeichen eines und desselben Tatbestandes sind.
907
Bleibt der unbewußte Ausdruck dermaßen erhalten, so bildet er einen nicht aufzulösenden, sondern zu formenden Rohstoff, der zum gemeinsamen Gegenstand für Thesis und Antithesis wird. Er wird dadurch zu einem neuen, die ganze Einstellung beherrschenden Inhalt, der die Zerspaltung aufhebt und die Kraft der Gegensätze in ein gemeinsames Strombett zwingt. Damit ist der Stillstand des Lebens aufgehoben, und das Leben kann weiter fließen mit neuer Kraft und neuen Zielen.
908
Ich habe diesen eben beschriebenen Vorgang in seiner Totalität als transzendente Funktion bezeichnet, wobei ich unter „Funktion“ nicht eine Grundfunktion, sondern eine komplexe, aus anderen Funktionen zusammengesetzte Funktion verstehe, und mit „transzendent“ keine metaphysische Qualität bezeichnen will, sondern die Tatsache, daß durch diese Funktion ein Übergang von einer Einstellung in eine andere geschaffen wird. Der von Thesis und Antithesis bearbeitete Rohstoff, der in seinem Formungsprozeß die Gegensätze vereinigt, ist das lebendige S.. In seinem für eine lange Epoche nicht aufzulösendem Rohstoff liegt sein Ahnungsreiches, und in der Gestalt, die sein Rohstoff durch die Einwirkung der Gegensätze empfängt, liegt seine Wirkung auf alle psychischen Funktionen. Andeutungen der Grundlagen des symbolbildenden Prozesses finden sich in den spärlichen Berichten über die Initiationsperioden der Religionsstifter, z.B. Jesus und Satan, Buddha und Mara, Luther und der Teufel, Zwingli und seine weltliche Vorgeschichte, die Erneuerung des Faust durch den Kontrakt mit dem Teufel bei GOETHE. In Zarathustra finden wir gegen den Schluß ein treffliches Beispiel für die Unterdrückung der Antithese in der Gestalt des „häßlichsten Menschen“.
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Im islamischen Gnostizismus heißt es, daß im Zeitalter der Jungfrau aus deren Verlangen der Engel Harus entstanden sei. Dieser nahm die Geister von den Planeten und von den Tierkreiszeichen, von den Kräften des Himmels und der Erde, 360 im ganzen, und schuf daraus den Menschen Adamanus nach der Form des höchsten Himmels (also rund). Er war wie Harus riesengroß. Harus entspricht dem anv andropvs [oberen Menschen]. Diese Anschauung zeigt deutlich sabäische Einfluß.(REITZENSTEIN UND SCHAEDER,Studien zum antiken Synkretismus, p.114)
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Glaubst du, die Zeder,daß sie den Wind vermiede? Der Wind peinigt sie, aber er formt sie zugleich.Der ist wahrhaft weise, der das Gute vom Bösen zu scheiden weiß...Wenn dir etwas widersteht und dich peinigt, so laß es wachsen;es bedeutet, daß du Wurzeln schlägst und dich wandelst. Dein Leid bringt Segen, wenn es dir zur Geburt deiner selbst verhilft. Denn keine Wahrheit offenbart sich dem Augenschein und läßt sich dadurch erlangen...Denn du mußt wissen, daß dich jeder unlöstbare Gegensatz, jeder unheilbare Streit dazu zwingt, größer zu werden, damit du ihn in dich aufnehmen kannst...
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Man darf sich keinen Augenblick der Illusion hingeben, ein Archetypus könne schließlich erklärt und damit erledigt werden. Auch der beste Erklärungsversuch ist nichts anderes als eine mehr oder weniger geglückte Übersetzung in eine andere Bildsprache. (Sprache ist ja nichts anderes als Bild!) Man träumt bestenfalls den Mythus weiter und gibt ihm modernere Gestalt. Und was ihm immer eine Erklärung oder Deutung antut, das hat man der eignen Seele getan, und daraus entstehen entsprechende Folgen für das eigenen Wohlbefinden. Der Archetypus nämlich – was man nie vergesssen sollte – ist ein seelisches Organ, das sich bei jedem findet. Eine schlechte Erklärung bedeutet eine entsprechend schlechte Einstellung zu diesem Organ, wodurch dieses beschädigt wird. Der schließlich Leidtragende ist aber der schlechte Erklärer. Die <> sollte daher immer so ausfallen, daß der funktionale Sinn des Archetypus erhalten bleibt, das heißt daß eine genügende und sinnentsprechende Verbindung des Bewußtseins mit dem Archtypus gewährleistet ist. Dieser nämlich ist ein Strukturelement und daher ein vital nötiger Bestandteil des seelischen Haushaltes. Er repräsentiert oder personifiziert gewisse instinktive Gegebenheiten der primitiven, dunklen Psyche, der eigentlichen, aber unsichtbaren Wurzeln des Bewußtseins . (9/1, S. 174)
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„ Das Kindmotiv repräsentiert den vorbewußten Kindheitsaspekt der Kollektivseele“ (ebd. 175)
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Das Kindmotiv stellt nicht nur etwas Gewesenes und längst vergangenes dar, sondern ein gegenwärtig funktionierndes System, welches bestimmt ist, in sinnvoller Weise die unvermeidlichen Einseitigkeiten und Extravaganzen des Bewußtseins zu kompensieren respektive zu korrigieren. (ebd. S 176)
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Das Wesen des Bewußtseins ist die Konzentration auf relativ wenige Inhalte, die möglichst zu völliger Klarheitshöhe gesteigert werden. Das Bewußtsein hat als notwendige Folge und Voraussetzung die Ausschließung anderer momentan ebenso bewußtseinsfähiger Inhalte. Diese Ausschließung verursacht unvermeidlicherweise eine gewisse Einseitigkeit des Bewußtseinsinhaltes. Da nun dem differenzierten Bewußtsein des zivilisierten Menschen mit der Dynamik des Willens ein wirksames Instrument zur praktischen Ausführung seiner Inhalte in die Hand gegeben ist, so besteht mit zunehmender Ausbildung des Willens eine um so größere Gefahr der Verirrung ins Einseitige und der Abschweifung ins Gesetz- und Wurzellose. Dieses ist zwar einerseits die Möglichkeit menschlicher Freiheit, aber andererseits auch die Quelle endloser Instinktwidrigkeiten. Der primitive Mensch zeichnet sich daher – aus Instinktnähe, wie das Tier – durch Neophobie und Traditionsgebundenheit aus. Nach unserem Geschmack ist er in peinlicher Weise rückständig, während wir den Fortschritt preisen. Unsere Fortschrittlichkeit aber ermöglicht auf der einen Seite zwar eine Menge der schönsten Wunscherfüllungen, auf der anderen Seite aber häuft sich eine ebenso gigantische, prometheische Schuld, welche von Zeit zu Zeit Abzahlungen in der Form von schicksalsmäßigen Katastrophen erfordert. (C.G.Jung, Ges. Werke ) IX/1, S. 176 f. )
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Das differenzierte Bewußtsein ist immer von Entwurzelung bedroht, weshalb es der Kompensation durch den noch vorhandenen Kindheitszustand bedarf. (ebd. 177)
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Der vom Willen erzwungene Fortschritt ist immer Krampf. Die Rückständigkeit ist zwar der Natürlichkeit nahe, jedoch stets von peinlichem Erwachen bedroht. Die ältere Auffassung war sich bewußt, daß ein Fortschritt nur „Deo concedente“ möglich ist, womit sie sich über den Besitz von Gegensatzbewußtsein ausweist und die uralter <> auf höherer Stufe wiederholt. Je mehr aber das Bewußtsein sich differenziert, desto größer wird die Gefahr seiner Abtrennung vom Wurzelzustand. Die völlige Trennung tritt dann ein, wenn das <>> vergessen ist. (178)
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Es ist ... nicht erstaunlich, daß die mythischen Heilsbringer so oft Kindgötter sind. Das entspricht genau den Erfahrungen der Psychologie des Einzelnen, welche zeigen, daß das <> eine zukünftige Wandlung der Persönlichkeit vorbereitet. Es antizipiert im Individuationsprozeß jene Gestalt, die aus der Synthese der bewußten und der unbewußten Persönlichkeitselemente hervorgeht. Es ist daher ein die Gegensätze vereinigendes
Symbol, ein Mediator, ein Heilbringer, das heißt Ganzmacher. (178)
Symbol, ein Mediator, ein Heilbringer, das heißt Ganzmacher. (178)
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Kind bedeutet etwas zur Selbständigkeit Erwachendes. Es kann nicht werden ohne Loslösung vom Ursprung: die Verlassenheit ist daher notwendige Bedingung, nicht nur Begleiterscheinung. Der Konflikt wird nicht dadurch überwunden, daß das Bewußtsein den Gegensätzen verhaftet bleibt; deshalb eben bedarf es eines Symboles, das ihm die Notwendigkeit der Loslösung vom Ursprung zeigt. Indem das Symbol des <> das Bewußtsein fasziniert und ergreift, tritt die erlösende Wirkung ins Bewußtsein über und vollführt jene Abtrennung von der Konfliktsituation, deren das Bewußtsein nicht fähig war. Das Symbol ist Antizipation einer erst werdenden Bewußtseinslage. Solange diese nicht hergestellt ist, bleibt das <> eine mythologische Projektion, welche kultische Wiederholung und rituelle Erneuerung fordert. Das Jesuskind zum Beispiel ist so lange eine kultische Notwendigkeit, als die Mehrzahl der Menschen noch unfähig ist, den Satz <> psychologisch zu realisieren. Da es sich hierbei um außerordentlich schwierige und gefährliche Entwicklungen und Übergänge handelt, nimmt es nicht wunder, daß solche Figuren oft jahrhunderte- oder jahrtausendelang lebendig bestehen bleiben. Alles was der Mensch sollte, in positivem oder nagativem Sinne, und was er noch nicht kann, das lebt als mythologische Gestalt und Antizipation neben seinem Bewußtsein, entweder als religiöse Projektion oder – was gefährlicher ist – als Inhalte des Unbewußten, die sich dann spontan auf inkongruente Gegenstände projizieren, wie zum Beispiel auf hygienische oder sonstige <> Lehren und Verfahren. All das ist rationalistischer Mythologieersatz, welcher durch seine Unnatürlichkeit den Menschen mehr gefährdet als fördert. (C.G.Jung, Ges. Werke ) IX/S.183)
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Höheres Bewußtsein, als ein Wissen über das gegenwärtig Bewußte hinaus, ist gleichbedeutend mit Welteinsamkeit. Die Einsamkeit drückt den Gegensatz zwischen dem Träger oder dem Symbol höherer Bewußtheit und dessen Umwelt aus. Die Dunkelheitsbesieger gehen weit in die Vorzeit zurück, was darauf hinweist, (zusammen mit vielen anderen Sagen), daß es auch eine psychische Urnot gab, nämlich die Unbewußtheit.(183)
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Das Selbst als individuelle Erscheinung ist <>, als Äquivalent der Welt aber <>. Das selbst als der Gegenpol, als das absolut <> der Welt, ist die conditio sine qua non der Welterkenntnis und des Bewußtseins von Subjekt und Objekt. Es ist das psychische Anderssein , welches überhaupt Bewußtsein ermöglicht. Identität nämlich ermöglicht kein Bewußtsein, nur die Trennung, die Loslösung und das leidensvolle In-Gegensatz-Gestelltsein, kann Bewußtsein und Erkentnis erzeugen.
(C.G.Jung, Ges. Werke ) IX/S.185)
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Die indische Introspektion hat diesen psychologischen Sachverhalt (s.o.) schon früh erkannt und darum das Subjekt des Erkennens mit dem Subjekt der Existenz überhaupt in eines gesetzt. Gemäß der vorzugsweise introvertierten Haltung des indischen Denkens hat das Objekt sogar das Attribut absoluter Wirklichkeit verloren und ist öfters zum bloßen Schein geworden. Die griechisch-westliche Geisteshaltung konnte sich von der Überzeugung der absoluten Weltexistenz nicht befreien. Dies geschah aber auf Kosten der kosmischen Bedeutung des Selbst. Es fällt auch heute noch dem westlichen Menschen schwer, die psychologische Notwendigkeit eines transzendenten Subjekts des Erkennens als eines Gegenpoles des empirischen Universums einzusehen, obschon die Annahme der Existenz eines der Welt gegenübergestellten Selbst, zum mindesten als eines Spiegelungspunktes logisch unerläßlich ist. Ungeachtet der abweisenden oder bedingt zustimmenden Haltung jeweiliger Philosophie besteht aber in unserer unbewußten Psyche die kompensierende Tendenz, ein Symbol des Selbst in seiner kosmischen Bedeutung herzustellen. Diese Bemühungen erfolgen in den archetypischen Formen des Heldenmythus, wie man sozusagen bei jedem Individuationsprozeß leicht beobachten kann. (C.G.Jung, Ges. Werke ) IX/S.183)
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Die medizinische Psychologie der Gegenwart denkt in Bezug auf <> allerdings etwas anders. Sie weiß, was für erhebliche körperliche Funktionsstörungen einerseits, und was für verheerende psychische Folgen andererseits aus <> Phantasien hervorgehen. <> sind die natürlichen Lebensäußerungen des Unbewußten. Da das Unbewußte aber die Psyche aller autonomen Funktionskomplexe des Körpers ist, so sind seine <> von einer ätiologischen Bedeutung, die keinesfalls zu unterschätzen ist. Aus der Psychopathologie des Individuationsprozesses wissen wir, daß die Symbolbildung häufig mit psychogenen körperlichen Störungen, die sich gegebenenfalls als sehr <> anfühlen, verknüpft ist. (186)
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Phantasien sind im ärztlichen Gebiet reale Dinge, mit denen der Psychotherapeut ernsthaft zu rechnen hat. Er kann daher jenen primitiven Phantasmata, welche ihren Gehalt eben um seiner Wirklichkeit willen sogar in die äußere Welt projizieren, nicht alle Berechtigung aberkennen. Schließlich ist ja auch der menschliche Körper aus dem Stoffe der Welt gemacht, und an solchem Stoffe werden die Phantasien offenbar; ja, ohne diesen sind sie überhaupt unerfahrbar. Sie wären ohne Stoff etwa wie abstrakte Kristallgitter in einer Mutterlauge, in welcher der Kristallisationsprozeß noch nicht eingesetzt hat.
Die Symbole des Selbst entstehen in der Tiefe des Körpers und drücken dessen Stofflichkeit ebensosehr aus wie die Struktur des wahrnehmenden Bewußtseins. Das Symbol ist lebender Körper, corpus et anima; darum ist das <> eine so treffliche Formel für das Symbol. Die Einzigartigkeit der Psyche ist eine zwar nie ganz, doch stets annähernd zu verwirklichende Größe, welche zugleich die unerläßliche Grundlage alles Bewußtseins ist. Die tieferen <> der Psyche verlieren mit zunehmender Tiefe und Dunkelheit die individuelle Einzigartigkeit.. Sie werden nach <>, das heißt mit Annäherung der autonomen Funktionssysteme zunehmend kollektiver, um in der Stofflichkeit des Körpers, nämlich in den chemischen Körpern, universal zu werden und zugleich zu erlöschen. Der Kohlenstoff des Körpers ist überhaupt Kohlenstoff. <> ist daher Psyche überhaupt <>.(187)
Kinder werden durch das erzogen, was der Erwachsene ist und nicht durch das, was er schwatzt. Der allgemein verbreitete Glaube am Wörter ist eine wahrhafte Krankheit der Seele, denn ein solcher Aberglauben lockt immer weiter weg von den Grundlagen des Menschen und verführt zur heillosen Identifikation der Persönlichkeit mit dem jeweils geglaubten <>. Unterdessen rutscht alles vom sogenannten Fortschritt Überwundene und Zurückgelassene immer tiefer ins Unbewußte hinunter, woraus schließlich der primitive Zustand der Identität mit der Masse wieder entsteht. Und dieser Zustand wird dann zur Wirklichkeit an Stelle des erhofften Fortschrittes.(189)
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Das zwiegeschlechtliche Urwesen wird im Laufe der Kulturentwicklung zum Symbol der Einheit der Persönlichkeit, des Selbst, in welchem der Konflikt der Gegensätze zur Ruhe kommt. Das Urwesen wird auf diesem Wege zum fernen Ziel der Selbstverwirklichung menschlichen Wesens, indem es von Anfang an schon eine Projektion der unbewußten Ganzheit war. Die menschliche Ganzheit besteht nämlich aus einer Vereinigung der bewußten und der unbewußten Persönlichkeit. Wie jedes Individuum aus männlichen sowohl wie weiblichen Genen hervorgeht, und das jeweilige Geschlecht durch das Vorwiegen entsprechender Gene bestimmt wird, so hat auch in derPsyche nur das Bewußtsein, im Falle des Manes, männliches Vorzeichen, das Unbewußte dagegen hat weibliche Qualität. Bei der Frau liegt der Fall umgekehrt.(189)
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Das Kind ist daher auch <>. Es ist also nicht nur ein Anfangs-, sondern auch ein Endwesen. Das Anfangswesen war vor dem Menschen, und das Endwesen ist nach dem Menschen. Psychologisch bedeutet diese Aussage, daß das <>> das vorbewußte und das nachbewußte Wesen des Menschen symbolisiert. Sein vorbewußtes Wesen ist der unbewußte Zustand der frühesten Kindheit, das nachbewußte Wesen ist eine Antizipation per analogiam über den Tod hinaus. In dieser Vorstellung drückt sich das umfassende Wesen der seelische Ganzheit aus. Die Ganzheit besteht ja niemals im Umfang des Bewußtseins, sondern schließt die unbestimmte und unbestimmbare Ausdehnung des Unbewußten mit ein. Die Ganzheit ist daher empirisch von unabsehbarer Erstreckung, älter und jünger als das Bewußtsein und dieses in Zeit und Raum umschließend. C.G.JUNG, Ges. Werke 9, S.192.
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Das rings von psychischen Mächten beschützte, getragene oder bedrohte und betrogene Bewußtsein ist Urerfahrung der Menschheit. Diese Erfahrung hat sich projiziert im Archetypus des Kindes, welches die Ganzheit des Menschen ausdrückt. Es ist das Verlassene und Ausgelieferte und zugleich das Göttlich-Mächtige, der unansehnliche, zweifelhafte Anfang und das triumphierende Ende. Das <>> im Menschen ist eine unbeschreibkliche Erfahrung, eine Unangepaßtheit, ein Nachteil und eine göttliche Prärogative, ein Imponderabile, das den letzten Wert und Unwert einer Persönlichkeit ausmacht. C.G.JUNG, Ges. Werke 9, S.193.
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Die Psychologie übersetzt also die archaische Sprache des Mythus in ein modernes, als solches noch nicht erkanntes Mythologem, das ein Element des Mythus <> bildet. Diese <> Tätigkeit ist lebender und gelebter Mythus und darum für Menschen entsprechenden Temperaments befriedigend, ja sogar heilsam, insofern sie von den Grundlagen der Seele durch eine neurotische Dissoziation abgetrennt waren.(194)
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Symbol
894
Der Begriff eines Symbols ist in meiner Auffassung streng zu unterscheiden von dem Begriff eines bloßen Zeichens. Symbolische und semiotische Bedeutung sind ganz verschiedene Dinge. FERRERO spricht in seinem Buche streng genommen nicht von S., sondern von Zeichen. Z.B. der alte Gebrauch, beim Verkaufe eines Grundstückes ein Stück Rasen zu überreichen, läßt sich vulgär als „symbolisch“ bezeichnen, ist aber seiner Natur nach durchaus semiotisch. Das Stück Rasen ist ein Zeichen , gesetzt für das ganze Grundstück. Das Flügelrad des Eisenbahnbeamten ist kein S. der Eisenbahn, sondern ein Zeichen, das die Zugehörigkeit zum Eisenbahnbetrieb kennzeichnet. Das S. dagegen setzt immer voraus, daß der gewählte Ausdruck die bestmögliche Bezeichnung oder Formel für einen relativ unbekannten, jedoch als vorhanden erkannten oder geforderten Tatbestand sei. Wenn also das Flügelrad des Eisenbahnbeamten als S. erklärt wird, so wäre damit gesagt, daß dieser Mann mit einem unbekannten Wesen zu tun habe, das sich nicht anders und besser ausdrücken ließe, als durch ein geflügeltes Rad.
895
Jede Auffassung, welche den symbolischen Ausdruck als Analogie oder abgekürzt Bezeichnung einer bekannten Sache erklärt, ist semiotisch . Eine Auffassung, welche den symbolischen Ausdruck als bestmögliche und daher zunächst gar nicht klarer oder charakteristischer darzustellende Formulierung einer relativ unbekannten Sache erklärt ist symbolisch. Eine Auffassung, welche den symbolischen Ausdruck als absichtliche Umschreibung oder Umgestaltung einer bekannten Sache erklärt, ist allegorisch. Die Erklärung des Kreuzes als eines S. der göttlichen Liebe ist semiotisch , denn „göttliche Liebe“ bezeichnet den auszudrückenden Tatbestand treffender und besser als ein Kreuz, das noch viele andere Bedeutungen haben kann. Symbolisch hingegen ist diejenige Erklärung des Kreuzes, welche es über alle erdenkbaren Erklärungen hinaus als einen Ausdruck eines bis dahin unbekannten und unverstehbaren mystischen oder transzendenten, d.h. also zunächst psychologischen Tatbestandes, der sich schlechthin am treffendsten durch das Kreuz darstellen läßt, ansieht.
896
Solange ein S. lebendig ist, ist es Ausdruck einer sonstwie nicht besser zu kennzeichnenden Sache. Das S. ist nur lebendig, solange es bedeutungsschwanger ist. Ist aber sein Sinn aus ihm geboren, , d.h. ist derjenige Ausdruck gefunden, welcher die gesuchte, erwartete oder geahnte Sache noch besser als das bisherige S. formuliert, so ist das S. tot, d.h. es hat nur noch historische Bedeutung. Man kann deshalb immer noch davon als einem S. reden, unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß man von dem spricht, was es war, als es seinem besseren Ausdruck noch nicht aus sich geboren hatte. Die Art und Weise, wie Paulus und die ältere mystische Spekulation das Kreuzsymbol behandeln, zeigt, daß es für sie ein lebendiges S. war, welches Unaussprechliches in unübertrefflicher Weise darstellte. Für jede esoterische Erklärung ist das S. tot, denn es ist durch die Esoterik auf einen – sehr oft vermeintlich- besseren Ausdruck gebracht, wodurch es zum bloßen konventionellen Zeichen für anderwärts völliger und besser bekannte Zusammenhänge wird. Lebendig ist das S. immer nur für der exoterischen Standpunkt.
897
Ein Ausdruck, der für eine bekannte Sache gesetzt wird, bleibt immer ein bloßes Zeichen und ist niemals S. Es ist darum ganz unmöglich, ein lebendiges, d.h. bedeutungsschwangeres S. aus bekannten Zusammenhängen zu schaffen. Denn das so Geschaffene enthält nie mehr, als was darein gelegt wurde. Jedes psychische Produkt, insofern es der augenblicklich bestmögliche Ausdruck für einen bis dahin unbekannten oder bloß relativ bekannten Tatbestand ist, kann als Symbol aufgefaßt werden, insofern man geneigt ist anzunehmen, daß der Ausdruck auch das, was erst geahnt, aber noch nicht klar gewußt ist, bezeichnen wolle. Insofern jede wissenschaftliche Theorie eine Hypothese einschließt, also eine antizipierende Bezeichnung eines im wesentlichen noch unbekannten Tatbestandes ist, ist sie ein S. Des weiteren ist jede psychologischen Erscheinung ein S. unter der Annahme, daß sie noch ein mehreres und anderes besage oder bedeute, das sich der gegenwärtigen Erkenntnis entziehe. Diese Annahme ist schlechterdings überall möglich, wo ein Bewußtsein ist, das auf weitere Bedeutungsmöglichkeiten der dinge eingestellt ist. Sie ist nur da nicht möglich, und zwar bloß für dieses selbe Bewußtsein, wo es selber einen Ausdruck hergestellt hat, der genau soviel besagen soll, als die Absicht seiner Herstellung wollte, z.B. ein mathematischen Ausdruck. Für ein anderes Bewußtsein aber besteht diese Einschränkung keineswegs. Es kann auch den mathematischen Ausdruck als ein S. auffassen, für einen in der Absicht seiner Herstellung verborgenen, unbekannten psychischen Tatbestand, insofern dieser Tatbestand demjenigen, der den semiotischen Ausdruck geschaffen hat, nachweisbar nicht bekannt ist und darum nicht Gegenstand einer bewußten Benützung sein konnte.
898
Ob etwas ein S. sei oder nicht, hängt zunächst von der Einstellung des betrachtenden Bewußtseins ab, eines Verstandes z.B., der den gegebenen Tatbestand nicht bloß als solchen, sondern auch als Ausdruck von Unbekanntem ansieht. Es ist daher wohl möglich, daß jemand einen Tatbestand herstellt, der seiner Betrachtung keineswegs als symbolisch erscheint, , wohl aber einem anderen Bewußtsein. Ebenso ist der umgekehrte Fall möglich. Es gibt nun allerdings Produkte, deren symbolischen Charakter nicht bloß von der Einstellung des betrachtenden Bewußtseins abhängt, sondern sich von sich aus in seiner symbolischen Wirkung auf den Betrachter offenbart. Es sind dies Produkte, die so gestaltet sind, daß sie jeglichen Sinnes entbehren müßten, wenn ihnen nicht ein symbolischer Sinn zukäme. Ein Dreieck mit einem darin eingeschlossenem Auge ist als reine Tatsächlichkeit dermaßen sinnlos, daß der Betrachtende es unmöglich als eine bloße Spielerei auffassen kann. Eine solche Gestaltung drängt eine symbolische Auffassung unmittelbar auf. Unterstützt wird diese Wirkung entweder durch ein öfteres und identisches Vorkommen derselben Gestaltung oder durch eine besonders sorgfältige Art der Herstellung, welche nämlich der Ausdruck eines darauf verlegten besonderen Wertes ist.
899
S., die nicht in dieser eben beschriebenen Weise aus sich wirken, sind entweder tot, d.h. durch bessere Formulierungen überholt, oder Produkte, deren symbolische Natur ausschließlich von der Einstellung des betrachtenden Bewußtseins abhängt. Wir können diese Einstellung, welche die gegebene Erscheinung als symbolisch auffaßt, abgekürzt als symbolische Einstellung bezeichnen. Sie ist durch das Verhalten der Dinge nur zum Teil berechtigt, zum andern Teil ist sie Ausfluß einer bestimmten Weltanschauung, welche nämlich dem Geschehen, sei es im Großen, oder Kleinen, einen Sinn beimißt und auf diesen Sinn einen gewissen größeren Wert legt, als auf die reine Tatsächlichkeit. Dieser Anschauung steht eine andere Anschauung gegenüber, die den Akzent stets auf die reine Tatsächlichkeit legt und den Sinn den Tatsachen unterordnet. Für diese letztere Einstellung gibt es überall dort keine S., wo die Symbolik ausschließlich auf der Art der Betrachtung beruht. Dagegen gibt es für sie S., nämlich eben solche, die den Betrachter zur Vermutung eines verborgenen Sinnes auffordern. Ein stierköpfiges Götterbild kann zwar als ein Menschenleib mit einem Stierkopf darauf erklärt werden. Diese Erklärung dürfte aber der symbolischen Erklärung kaum die Waage halten, denn das S. ist zu aufdringlich, als daß es übergangen werden könnte.
900
Ein S. das seine symbolische Natur aufdringlich dartut, braucht noch kein lebendiges S. zu sein. Es kann z.B. bloß auf den historischen oder philosophischen Verstand wirken. Es erweckt intellektuelles oder ästhetisches Interesse. Lebendig heißt ein S. aber nur dann, wenn es ein best- oder höchstmöglicher Ausdruck des Geahnten und noch nicht Gewußten auch für den Betrachtenden ist. Unter diesen Umständen bewirkt es unbewußte Anteilnahme. Es hat lebenerzeugende und –fördernde Wirkung. Wie Faust sagt:“ Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein...“
901
Das lebendige S. formuliert ein wesentliches unbewußtes Stück, und je allgemeiner verbreitet diese Stück ist, desto allgemeiner ist auch die Wirkung des S., denn es rührt in jedem die verwandte Saite an. Da das S. einerseits der bestmögliche und für die gegebene Epoche nicht zu übertreffende Ausdruck für das noch Unbekannte ist, so muß es aus dem Differenziertesten und Kompliziertesten der zeitgenössischen geistigen Atmosphäre hervorgehen. Da das lebendige Symbol anderseits aber das Verwandte einer größeren Menschengruppe in sich schließen muß, um überhaupt auf eine solche wirken zu können, so muß es gerade das erfassen, was einer größeren Menschengruppe gemeinsam sein kann. Dies kann nun niemals das Höchstdifferenzierte, das Höchsterreichbare sein, denn das erreichen und verstehen nur die wenigsten, sondern es muß etwas noch so Primitives sein, daß dessen Omnipräsenz außer allem Zweifel steht. Nur wenn das S. dieses erfaßt und auf den höchstmöglichen Ausdruck bringt, hat es allgemeine Wirkung. Darin besteht die gewaltige und zugleich erlösende Wirkung eines lebendigen sozialen S.
902
Das Gleich nun, was ich hier vom sozialen S. sage, gilt für das individuelle S. Es gibt individuelle psychische Produkte, die offenkundig symbolischen Charakter haben, die ohne weiteres zu einer symbolischen Auffassung drängen. Für das Individuum haben sie eine ähnliche funktionelle Bedeutung wie das soziale S. für eine größere Menschengruppe. Diese Produkte sind aber nie von einer ausschließlich bewußten oder ausschließlich unbewußten Abstammung, sondern gehen aus einer gleichmäßigen Mitwirkung beider hervor. Die reinen Bewußtseinsprodukte sowohl wie die ausschließlich unbewußten Produkte sind nicht eo ipso überzeugend symbolisch, sondern es bleibt der symbolischen Einstellung des betrachtenden Bewußtseins überlassen, ihnen den Charakter des S. zuzuerkennen. Sie können aber ebensowohl auch als rein kausal bedingte Tatsachen aufgefaßt werden, etwa in dem Sinne, wie man das rote Exanthem des Scharlachs als ein „Symbol“ des Scharlachs auffaßt. Man spricht in diesem Fall allerdings mit Recht von „Symptom“ und nicht von Symbol. FREUD hat m.E. darum von seinem Standpunkt aus mit Recht nicht von symbolischen, sondern von Symptomhandlungen gesprochen, denn für ihn sind diese Erscheinungen nicht symbolisch in dem hier definierten Sinne, sondern symptomatische Zeichen eines bestimmten und allgemein bekannten grundlegenden Prozesses. Es gibt natürlich Neurotiker, die ihre unbewußten Produkte, welche in erster Linie und hauptsächlich Krankheitssymptome sind, als höchstbedeutende S. auffassen. Aber im allgemeinen ist dies nicht der Fall. Im Gegenteil, der Neurotiker von heute ist nur zu sehr geneigt, auch das Bedeutungsvolle nur als „Symptom“ aufzufassen. Die Tatsache, daß es zwei distinkte, einander widersprechende und von hüben und drüben eifrig verfochtene Auffassungen gibt über Sinn und Nichtsinn der Dinge, belehrt uns, daß es offenbar Vorgänge gibt, die keinen besonderen Sinn ausdrücken, die bloße Konsequenzen, nichts als Symptome sind, und andere Vorgänge, welche einen verborgenen Sinn in sich tragen, die nicht bloß von etwas abstammen, sondern vielmehr zu etwas werden wollen und die darum S. sind. Es ist unserem Takt und unserer Kritik überlassen, zu unterscheiden, wo wir es mit Symptomen und wo mit S. zu tun haben.
903
Das S. ist immer ein Gebilde höchst komplexer Natur, denn es setzt sich zusammen aus den Daten aller psychischen Funktionen. Es ist infolgedessen weder rationaler, noch irrationaler Natur. Es hat zwar eine Seite, die der Vernunft entgegenkommt, aber auch eine Seite, die der Vernunft unzugänglich ist, indem es nicht nur aus Daten rationaler Natur, sondern auch aus den irrationalen Daten der reinen inneren und äußeren Wahrnehmung zusammengesetzt ist. Das Ahnungsreiche und Bedeutungsschwangere des Symbols spricht ebensowohl das Denken wie das Fühlen an, und seine eigenartige Bildhaftigkeit, wenn zu sinnlicher Form gestaltet, erregt die Empfindung sowohl wie die Intuition. Das lebendige S. kann nicht zustandekommen in einem stumpfen und wenig entwickelten Geiste, denn ein solcher wird sich am schon vo9rhandenen S., wie es ihm das traditionell Bestehende darbietet, genügen lassen. Nur die Sehnsucht eines hoch entwickelten Geistes, dem das gebotenen S. die höchste Vereinigung in einem Ausdruck nicht mehr vermittelt, kann ein neues S. erzeugen. Indem das S. aber eben aus seiner höchsten und letzten geistigen Errungenschaft hervorgeht, und zugleich auch die tiefsten Gründe seines Wesens einschließen muß, so kann es nicht einseitig aus den höchst differenzierten geistigen Funktionen hervorgehen, sondern es muß auch im gleichen Maße den niedersten und primitivsten Regungen entstammen. Damit diese Zusammenwirkung gegensätzlicher Zustände überhaupt möglich wird, müssen sie beide in vollem Gegensatz bewußt nebeneinanderstehen. Dieser Zustand muß eine heftigste Entzweiung mit sich selbst sein, und zwar in dem Maße, daß sich Thesis und Antithesis negieren, und das Ich doch seine unbedingte Teilnahmen an Thesis und Antithesis anerkennen muß. Besteht aber eine Unterlegenheit des einen Teiles, so wird das S. vorwiegend das Produkt des anderen Teiles sein und in demselben Maße auch weniger S. als Symptom sein, nämlich Symptom einer unterdrückten Antithesis. In dem Maße aber, in welchem ein S. bloßes Symptom ist, ermangelt es auch der befreienden Wirkung, denn es drückt nicht die völlige Existenzberechtigung aller Teile der Psyche aus, sondern erinnert an die Unterdrückung der Antithesis, auch wenn sich das Bewußtsein hievon nicht Rechenschaft ablegen sollte.
904
Besteht aber eine völlige Gleichheit und Gleichberechtigung der Gegensätze, bezeugt durch die unbedingte Anteilnahme des Ich an Thesis und Antithesis, so ist damit ein Stillstand des Wollens geschaffen, denn es kann nicht mehr gewollt werden, weil jedes Motiv sein gleich starkes Gegenmotiv neben sich hat. Da das Leben niemals einen Stillstand erträgt, so entsteht eine Stauung der Lebensenergie, die zu einem unerträglichen Zustand führen würde, , wenn nicht aus der Gegensatzspannung eine neue vereinigende Funktion entstünde, welche über die Gegensätze hinausführt. Sie entsteht aber natürlicherweise aus der durch die Aufstauung bewirkten Regression der Libido. Da durch die gänzliche Entzweiung des Willens ein Fortschritt unmöglich gemacht ist, so strömt die Libido nach rückwärts ab, der Strom fließt gleichsam zur Quelle zurück, d.h. bei Stillstellung und Inaktivität des Bewußtseins entsteht eine Aktivität des Unbewußten, wo alle differenzierten Funktionen ihre gemeinsame, archaische wurzel haben, wo jene Vermischtheit der Inhalte besteht, von der die primitive Mentalität noch zahlreiche Überreste aufweist.
905
Durch die Aktivität des Unbewußten wird nun ein Inhalt zutage gefördert, der gleichermaßen durch Thesis und Antithesis konstelliert ist und sich zu beiden kompensatorisch verhält. Da dieser Inhalt sowohl eine Beziehung zur Thesis wie zur Antithesis aufweist, so bildet er einen mittleren Grund, auf dem sich die Gegensätze vereinigen können. Fassen wir z.B: den Gegensatz als den von Sinnlichkeit und Geistigkeit auf, so bietet der mittlere aus dem Unbewußten geborene Inhalt vermöge seines geistigen Beziehungsreichtums der geistigen Thesis einen willkommenen Ausdruck, und vermöge seiner sinnlichen Anschaulichkeit erfaßt er die sinnliche Antithesis. Das zwischen Thesis und Antithesis zerspaltene Ich aber findet in dem einen mittleren Grund sein Gegenstück, seinen einen und eigenen Ausdruck, und es wird ihn begierig ergreifen, um sich aus seiner Zerspaltung zu erlösen. Daher strömt die Spannung der Gegensätze in den mittleren Ausdruck ein und verteidigt ihn gegen den alsbald an ihm und in ihm beginnenden Kampf der Gegensätze, welche beide versuchen, den neuen Ausdruck in ihrem Sinne aufzulösen. Die Geistigkeit will aus dem Ausdruck des Unbewußten etwas Geistiges machen, die Sinnlichkeit aber etwas Sinnliches, die eine will Wissenschaft oder Kunst, die andere sinnliches Erleben daraus schaffen. Die Auflösung des unbewußten Produktes in das eine oder andere gelingt, wenn das Ich nicht völlig zerspalten war, sondern mehr aus dieser, als auf jener Seite stand. Gelingt nun der einen Seite die Auflösung des unbewußten Produktes, so fällt nicht nur das unbewußte Produkt an diese Seite, sonder auch das Ich, wodurch eine Identifikation des Ich mit der meistbegünstigten Funktion entsteht. Infolgedessen wird sich der Zerspaltungsprozeß später auf einer höheren Stufe wiederholen.
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Gelingt es infolge der Festigkeit des Ich weder der Thesis noch der Antithesis, das unbewußte Produkt aufzulösen, so ist damit dargetan, daß der unbewußte Ausdruck sowohl der einen wie der anderen Seite überlegen ist. Die Festigkeit des Ich und die Überlegenheit des mittleren Ausdrucks über Thesis und Antithesis scheinen mir Korrelate zu sein, die einander gegenseitig bedingen. Bisweilen will es scheinen, als ob die Festigkeit der angeborenen Individualität das Ausschlaggebende wäre, bisweilen auch, als ob der unbewußte Ausdruck eine überlegenen Kraft besäße, welche das Ich zur unbedingten Festigkeit veranlaßt. In Wirklichkeit dürfte es aber vielleicht so sein, daß die Festigkeit und Bestimmtheit der Individualität einerseits und die überlegene Kraft des unbewußten Ausdrucks nichts als Zeichen eines und desselben Tatbestandes sind.
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Bleibt der unbewußte Ausdruck dermaßen erhalten, so bildet er einen nicht aufzulösenden, sondern zu formenden Rohstoff, der zum gemeinsamen Gegenstand für Thesis und Antithesis wird. Er wird dadurch zu einem neuen, die ganze Einstellung beherrschenden Inhalt, der die Zerspaltung aufhebt und die Kraft der Gegensätze in ein gemeinsames Strombett zwingt. Damit ist der stillstand des Lebens aufgehoben, und das Leben kann weiter fließen mit neuer Kraft und neuen Zielen.
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Ich habe diesen eben beschriebenen Vorgang in seiner Totalität als transzendente Funktion bezeichnet, wobei ich unter „Funktion“ nicht eine Grundfunktion, sondern eine komplexe, aus anderen Funktionen zusammengesetzte Funktion verstehe, und mit „transzendent“ keine metaphysische Qualität bezeichnen will, sondern die Tatsache, daß durch diese Funktion ein Übergang von einer Einstellung in eine andere geschaffen wird. Der von Thesis und Antithesis bearbeitete Rohstoff, der in seinem Formungsprozeß die Gegensätze vereinigt, ist das lebendige S.. In seinem für eine lange Epoche nicht aufzulösendem Rohstoff liegt sein Ahnungsreiches, und in der Gestalt, die sein Rohstoff durch die Einwirkung der Gegensätze empfängt, liegt seine Wirkung auf alle psychischen Funktionen. Andeutungen der Grundlagen des symbolbildenden Prozesses finden sich in den spärlichen Berichten über die Initiationsperioden der Religionsstifter, z.B. Jesus und Satan, Buddha und Mara, Luther und der Teufel, Zwingli und seine weltliche Vorgeschichte, die Erneuerung des Faust durch den Kontrakt mit dem Teufel bei GOETHE. In Zarathustra finden wir gegen den Schluß ein treffliches Beispiel für die Unterdrückung der Antithese in der Gestalt des „häßlichsten Menschen“.
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Bild...nicht das psychische Abbild des äußeren Objektes, sondern vielmehr eine Anschauung, die dem poetischen Sprachgebrauch entstammt, nämlich das Phantasiebild, welches sich nur indirekt auf Wahrnehmung des äußeren Objektes bezieht. Dieses Bild beruht vielmehr auf unbewußter Phantasietätigkeit, als deren Produkt es dem Bewußtsein mehr oder weniger abrupt erscheint, etwa in der Art einer Vision oder Halluzination, ohne aber den pathologischen Charakter einer solchen, d.h. die Zugehörigkeit zu einem klinischen Krankheitsbilde zu besitzen. Das Bild hat den psychologischen Charakter einer Phantasievorstellung und niemals den quasi Realcharakter der Halluzination., d.h. es steht nie anstelle der Wirklichkeit und wird von sinnlicher Wirklichkeit als <> stets unterschieden. In der Regel ermangelt es auch jeder Projektion in den Raum, obschon es in Ausnahmefällen auch gewissermaßen von außen erscheinen kann. Diese Erscheinungsweise ist als archaisch zu bezeichnen, wenn sie nicht in erster Linie pathologisch ist, was aber den archaischen Charakter keineswegs aufhebt. Auf primitiver Stufe, d.h. in der Mentalität des Primitiven verlegt sich das innere Bild leicht als Vision oder Gehörshalluzination in den Raum, ohne pathologisch zu sein.
Wenn schon in der Regel dem Bild kein Wirklichkeitswert zukommt, so kann ihm doch unter Umständen eine um so größere Bedeutung für das seelische Erleben anhaften, d.h. ein großer psychologischer Wert, welcher eine <> Wirklichkeit darstellt, die gegebenenfalls die Bedeutung der <<äußeren>> überwiegt. In diesem Fall ist das Individuum nicht nach Anpassung an die Wirklichkeit, sondern nach Anpassung an die innere Forderung orientiert.
Das innere Bild ist eine komplexe Größe, die sich aus den verschiedensten Materialien von verschiedenster Herkunft zusammensetzt. Es ist aber kein Konglomerat, sondern ein in sich einheitliches Produkt, das seinen eigenen, selbständigen Sinn hat. Das Bild ist ein konzentrierter Ausdruck der psychischen Gesamtsituation, nicht etwa bloß oder vorwiegend der unbewußte Inhalt schlechthin. Es ist zwar ein Ausdruck unbewußter Inhalte, aber nicht aller Inhalte überhaupt, sondern bloß der momentan konstellierten. Diese Konstellation erfolgt einerseits durch die Eigentätigkeit des Unbewußten, andererseits durch die momentane Bewußtseinslage, welche immer zugleich auch die Aktivität zugehöriger subliminaler Materialien anregt und die nicht zugehörigen hemmt. Dementsprechend ist das Bild ein Ausdruck sowohl der unbewußten wie der bewußten momentanen Situation. Die Deutung seines Sinnes kann also weder vom Bewußtsein allein, noch vom Unbewußten allein ausgehen, sondern nur von ihrer wechselseitigen Beziehung.
Ich bezeichne das Bild als urtümlich, wenn es einen archaischen Charakter hat. Von archaischem Charakter spreche ich dann, wenn das Bild eine auffallende Übereinstimmung mit bekannten mythologischen Motiven hat. In diesem Fall drückt es einerseits überwiegend kollektiv-unbewußte Materialien aus, und anderseits weist es darauf hin, daß die momentane Bewußtseinslage weniger persönlich als vielmehr kollektiv beeinflußt ist.
Ein persönliches Bild hat wede archaischen Charakter noch kollektive Bedeutung, sondern drückt persönlich-unbewußte Inhalte und eine persönlich-bedingte Bewußtseinslage aus.
Das urtümliche Bild, das ich auch als <>>bezeichnet habe, ist immer kollektiv, d.h. es ist mindestens ganzen Völkern oder Zeiten gemeinsam. Wahrscheinlich sind die hauptsächlichsten mythologischen Motive allen Rassen und Zeiten gemeinsam; so konnte ich eine Reihe von Motiven der griechischen Mythologie in den Träumen und Phantasien von geisteskranken reinrassigen Negern nachweisen.
Von einem naturwissenschaftlich-kausalen Gesichtspunkt aus kann man das urtümliche Bild als einen mnemischen Niederschlag, ein Engramm (SEMON) auffassen, das durchVerdichtung unzähliger, einander ähnlicher Vorgänge entstanden ist. In dieser Sicht ist es ein Niederschlag und damit eine typische Grundform eines gewissen, immer wiederkehrenden seelischen Erlebnisses. Als mythologisches Motiv ist es ein stets wirksamer und immer wieder auftretender Ausdruck, welcher das gewisse seelische Erleben entweder wachruft oder in passender Weise formuliert. Unter diesem Gesichtspunkt ist es ein psychischer Ausdruck einer physiologisch-anatomisch bestimmten Anlage. Stellt man sich auf den Standpunkt, daß eine bestimmte anatomische Struktur entstanden sei aus der Einwirkung der Umweltbedingungen auf den lebenden Stoff, so entspricht das urtümliche Bild in seinem stetigen und allverbreiteten Vorkommen einer ebenso allgemeinen und beständigen äußeren einwirkung, welche daher den Charakter eines Naturgesetzes haben muß. Man könnte auf diese Weise den Mythus auf die Natur beziehen, z.B. die Sonnenmythen auf das tägliche Auf- und Untergehen der Sonne oder den ebenso sinnenfälligen Wechsel der jahreszeiten, und das wurde und wird tatsächlich von vielen Mythologen getan. Dabei bleibt die Frage offen, warum dann nicht einfach z.B. die Sonneund ihre scheinbaren Veränderungen direkt und unverhüllt als Inhalt des Mythus auftreten. Die Tatsache, daß die Sonne oder der Mond oder die meteorologischen Vorgänge zum mindesten allegorisiert auftreten, weist uns auf eine selbständige Mitarbeit der Psyche hin welche also in diesem Falle keineswegs bloß ein Produkt oder Abklatsch der Umweltbedingungen sein kann. Dennwoher bezöge sie dann überhaupt die Fähigkeit zu einem Standpunkt außerhalb der Sinneswahrnehmung? Wöher käme ihr dann überhaupt die Fähigkeit zu, ein mehreres oder anderes zu leisten, als die Bestätigung des Zeugnisses der Sinne? Im Hinblick auf solche Fragen genügt die naturwissenschaftlich-kausale Engrammtheorie von SEMON nicht mehr. Wir müssen daher notgedrungen annehmen, daß die gegebene Hirnstruktur ihr Sosein nicht bloß der Einwirkung der Umweltbedingungen verdankt, sonder ebensowohl auch der eigentümlichen und selbständigen Beschaffenheit des lebenden Stoffes, d.h. also einem mit dem Leben gegebenen Gesetze. Die gegebene Beschaffenheit des Organismus ist daher ein Produkt einerseits der äußeren Bedingungen und anderseits der dem Lebendigen inhärenten Bestimmungen.
Demgemäß ist auch das urtümliche Bild einerseits unzweifelhaft auf gewisse sinnenfällige und stets sich erneuernde und daher immer wirksame Naturvorgänge zu beziehen, anderseits aber ebenso unzweifelhaft auf gewisse innere Bestimmungen des geistigen Lebens und des Lebens überhaupt. Dem Licht setzt der Organismus ein neues Gebilde, das Auge, entgegen, und dem Naturvorgang setzt der Geist ein symbolisches Bild entgegen, das den Naturvorgang ebenso erfaßt, wie das Auge das Licht. Und ebenso wie das Auge ein Zeugnis ist für die eigentümliche und selbständige schöpferische Tätigkeit des lebenden Stoffes, so ist auch das urtümliche Bild ein Ausdruck der eigenen und unbedingten, erschaffenden Kraft des Geistes.
Das urtümliche Bild ist somit ein zusammenfassender Ausdruck des lebendigen Prozesses. Es gibt den sinnlichen und inneren geistigen Wahrnehmungen, die zunächst ungeordnet und unzusammenhängend erscheinen, einen ordnenden und verbindenden Sinn und befreit dadurch die psychische Energie von der Bindung an die bloße und unverstandene Wahrnehmung. Es bindet aber auch die durch Wahrnehmung der Reize entfesselten Energien an einen bestimmten Sinn, der das Handeln in die dem Sinn entsprechenden Bahnen leitet. Es löst unverwendbare, aufgestaute Energie, indem es den Geist auf die Natur verweist und bloßen Naturtrieb in geistige Formen überführt.
Das urtümliche Bild ist die Vorstufe der Idee, es ist ihr Mutterboden. Aus ihm entwickelt die Vernunft durch Ausscheidung des dem urtümlichen Bild eigentümlichen und notwendigen Konkretismus einen Begriff - eben die Idee - , der aber von allen andern Begriffen sich dadurch unterscheidet, daß er sich als ein aller Erfahrung zugrundeliegendes Prinzip erweist. Diese Eigenschaft hat die Idee vom urtümlichen Bild, das als Ausdruck der spezifischen Hirnstruktur auch aller Erfahrung die bestimmte Form erteilt.
Der Grad der psychologischen Wirksamkeit des urtümlichen Bildes wird bestimmt durch die Einstellung des Individuums. Ist die Einstellung introvertiert, so ergibt sich natürlicherweise infolge der Abziehung der Libido vom äußeren Objekt eine erhöhte Betonung des inneren Objektes, des Gedankens. Daraus erfolgt eine besonders intensive Entwicklung der Gedanken auf der durch das urtümliche Bild unbewußt vorgezeichneten Linie. Der Grad der psychologischen Wirksamkeit des urtümlichen Bildes wird bestimmt durch die Einstellung des Individuums. Ist die Einstellung introvertiert, so ergibt sich natürlicherweise infolge der Abziehung der Libido vom äußeren Objekt eine erhöhte Betonung des inneren Objektes, des Gedankens. Daraus erfolgt eine besonders intensive Entwicklung der Gedanken auf der durch das urtümliche Bild unbewußt vorgezeichneten Linie. Über die Idee hinaus führt nur die Entwicklung der Gegenfunktion, d.h. ist die Idee einmal intellektuell erfaßt, so will sie auf das Leben wirken. Sie zieht darum das Fühlen an, welches aber in diesem Falle weit weniger differenziert und daher konkretistischer ist als das Denken. Das Fühlen ist daher unrein und, weil undifferenziert, noch mit dem Unbewußten verschmolzen. Das Individuum ist dann unfähig, dieses so beschaffene Fühlen mit der Idee zu vereinigen. In diesem Falle tritt nun das urtümliche Bild als Symbol in das innere Blickfeld, erfaßt vermöge seiner konkreten Natur einerseits das in undifferenziertem konkreten Zustand befindliche Fühlen, ergreift aber auch vermöge seiner Bedeutung die Idee, deren Mutter es ja ist, und vereinigt so die Idee mit dem Fühlen. Das urtümliche Bild tritt solchergestalt als Mittler ein und beweist damit wiederum seine erlösende Wirksamkeit, die es in der Religion stets gehabt hat. Ich möchte daher das, was SCHOPENHAUER von der Idee sagt, eher auf das urtümliche Bild beziehen, indem, wie ich unter Idee erläutert habe, die Idee nicht ganz und durchaus als etwas Apriorisches, sondern eben auch als etwas abgeleitetes und Herausentwickeltes aufgefaßt werden muß. Wenn ich daher im Folgenden die Worte SCHOPENHAUERS anführe, so bitte ich den Leser, das Wort <> im Text jeweils durch <> ersetzen zu wollen, um zum Verständnis dessen zu gelangen, was ich hier meine.
< und sodann dem, welcher durch, meistens von den Werken des Genius veranlaßte, Erhöhung seiner reinen Erkenntniskraft, in einer genialen Stimmung ist, erreichbar: daher ist sie nicht schlechthin, sondern nur bedingt mitteilbar, indem die aufgefaßte und (z.B.) im Kunstwerk wiederholte Idee jedem nur nach Maßgabe eines seigenen intellektualen Wertes anspricht>>, usw.
<>
<>
SCHOPENHAUER hat klar erkannt, daß die <>, d.h. das urtümliche Bild nach meiner Definition, nicht erreicht werden kann auf dem Wege, auf dem ein Begriff oder eine <> hergestellt wird (<> im Sinne KANTS aufgefaßt als ein <>), sondern daß dazu ein Element jenseits des formulierenden Verstandes gehört, etwa, wie SCHOPENHAUER sagt, eine<>, womit nichts anderes als ein Gemütszustand gemeint ist. Denn von der Idee gelangt man zum urtümlichen Bild nur dadurch, daß der Weg, der zur Idee führte, über den Höhepunkt der Idee hinaus in die Gegenfunktion fortgesetzt wird.
Das urtümliche Bild hat vor der Klarheit der Idee die Lebendigkeit voraus. Es ist ein lebender Organismus, <>, denn das urtümliche Bild ist eine vererbte Organisation der psychischen Energie, ein festes System, welches nicht nur Ausdruck, sondern auch Möglichkeit des Ablaufs des energetischen Prozesses ist. Es charakterisiert einerseits die Art, wie der energetische Prozeß seit Urzeit immer wieder in derselben Weise abgelaufen ist, und ermöglicht zugleich auch immer wieder den gesetzmäßigen Ablauf, indem es eine Apprehension oder psychische Erfassung von Situationen in solcher Art ermöglicht, daß dem Leben immer wieder eine weitere Fortsetzung gegeben werden kann. Es ist somit das notwendige Gegenstück zum Instinkt , der ein zweckmäßiges Handeln ist, aber auch ein ebenso sinnentsprechendes wie zweckmäßiges Erfassen der jeweiligen Situation voraussetzt. Diese Apprehension der gegebenen Situation wird durch das a priori vorhandene Bild gewährleistet. Es stellt die anwendbare Formel dar, ohne welche die Apprehension eines neuen Tatbestandes unmöglich wäre. (G.W. 6, S.451-457)
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Seele . Ich habe mich im Verlaufe meiner Untersuchungen der Struktur des Unbewußten veranlaßt gesehen, eine begriffliche Unterscheidung durchzuführen zwischen S. und Psyche. Unter Psyche verstehe ich die Gesamtheit aller psychischen Vorgänge, der bewußten sowohl wie der unbewußten. Unter Seele dagegen verstehe ich einen bestimmten, abgegrenzten Funktionskomplex, den man am besten als eine <>> charakterisieren könnte. Um zu beschreiben, was ich des näheren damit meine, muß ich noch einige fernerliegende Gesichtspunkte herbeiziehen. Es sind besonders die Erscheinungen des Somnambulismus, der Charakterverdoppelung, der Persönlichkeitsspaltung, um deren Erforschung sich in erster Linie französische Forscher verdient gemacht haben, welche uns den Gesichtspunkt einer möglichen Mehrheit von Persönlichkeiten in einem und demselben Individuum nahegelegt haben.
Es ist ohne weiteres klar, daß bei einem normalen Individuum eine solche Mehrheit von Persönlichkeiten niemals in Erscheinung treten kann; aber die durch diese Fälle dargetane Möglichkeit einer Persönlichkeitsdissoziation dürfte wenigstens als Andeutung auch in der normalen Breite existieren. Tatsächlich gelingt es auch einer etwas geschärften psychologischen Beobachtung unter nicht allzugroßen Schwierigkeiten, bei normalen Individuen wenigstens andeutungsweise Spuren einer charakterspaltung nachzuweisen. Man muß z.B. nur jemand unter verschiedenen Umständen genau beobachten, dann wird man entdecken, wie auffallend seine Persönlichkeit beim Übergang von einem Milieu ins andere sich verändert, wobei jededsmal ein scharfumrissener von dem früheren deutlich verschiedner Charakter herauskommt. Der sprichwörtliche Ausdruck <> ist eine der alltäglichen Erfahrunge entsprungene Formulierung der Phänomens der Persönlichkeitsspaltung. Ein bestimmtes Milieu erfordert eine bestimmte Einstellung. Je länger oder je öfter diese dem Milieu entsprechende Einstellung erfordert ist, desto eher wird sie habituell. Sehr viele Menschen von der gebildeten Klasse müssen sich meistens in zwei total verschiedenen Milieus bewegen, im häuslichen Kreise, in der Familie und im Geschäftsleben. Die beiden total verschiedenen Umgebungen erfordern zwei total verschiedene Einstellungen, die je nach dem Grade der Identifikation des Ich mit der jeweiligen Einstellung eine Verdoppelung des Charakters bedingen. Den sozialen Bedingungen und Notwendigkeiten entsprechend orientiert sich der soziale Charakter einerseits nach den Erwartungen oder den Anforderungen des geschäftlichen Milieus, anderseits nach den sozialen Absichten und bestrebungen des Subjekts. Der häusliche Charakter dürfte sich in der Regel mehr nach den gemütlichen und den Bequemlichkeitsansprüchen des subjekts gestalten, woher es kommt, daß Leute, die im öffentlichen Leben äußerst energisch, mutig, hartnäckig, eigensinnig und rücksichtslos sind, zu Hause und in der Familie als gutmütig, weich, nachgiebig und weich erscheinen. Welches ist nun der wahre Charakter, die wirkliche Persönlichkeit? Diese Frage ist oft unmöglich zu beantworten.
Diese kurze Überlegung zeigt, daß auch beim normalen Individuum die Charakterspaltung keineswegs zu den Unmöglichkeiten gehört. Man ist darum wohl berechtigt, die Frage der Persönlichkeitsdissoziation auch als ein Problem der normalen Psychologie zu behandeln. Nach meiner Ansicht wäre – um die Erörterung fortzusetzen – die obige Frage dahin zu beantworten, daß ein solcher Mensch überhaupt keinen wirklichen Charakter hat, d.h. überhaupt nicht individuell ist, sondern kollektiv, d.h. den allgemeinen Umständen, den allgemeinen Erwartungen entsprechend. Wäre er individuell, so hätte er nur einen und denselben Charakter bei aller Verschiedenheit der Einstellung. Er wäre nicht identisch mit der jeweiligen Einstellung und könnte und wollte es nicht hindern, daß seine Individualität im einen wie im andern Zustand irgendwie zum Ausdruck käme. Tatsächlich ist er individuell, wie jedes Wesen, aber unbewußt. Durch seine mehr oder weniger vollständige Identifikation mit der jeweiligen Einstellung täuscht er mindestens die anderen, oft auch sich selbst, über seinen wirklichen Charakter; er nimmt eine Maske vor, von der er weiß, daß sie einerseits seinen Absichten, anderseits den Ansprüchen und Meinungen seiner Umgebung entspricht, wobei bald das eine, bald das andere Moment überwiegt. Diese Maske, nämlich die ad hoc vorgenommene Einstellung, nenne ich Persona. Mit diesem Begriff wurde die Maske des antiken Schauspielers bezeichnet.
Die beiden Einstellungen des obigen Falles sind zwei kollektive Persönlichkeiten, die wir schlechthin unter dem Namen Persona oder Personae zusammenfassen wollen. Ich habe oben bereits angedeutet, daß die wirkliche Individualität von beiden verschieden ist. Die Persona ist also ein Funktionskomplex, der aus Gründen der Anpassung oder der notwendigen Bequemlichkeit zustande gekommen, aber nicht identisch ist mit der Individualität. Der Funktionskomplex der Persona bezieht sich ausschließlich auf das Verhältnis zu den Objekten.
Von der Beziehung des Individuums zum äußeren Objekt ist nun die Beziehung zum Subjekt scharf zu unterscheiden. Mit dem Subjekt meine ich zunächst jene vagen oder dunklen Regungen, Gefühle, Gedanken und Empfindungen, die uns nicht nachweisbar aus der Kontinuität des bewußten Erlebens am Objekt zufließen, sondern eher störend und hemmend, bisweilen auch fördernd aus dem dunklen Innern, aus den Unter- und Hintergründen des Bewußtseins auftauchen und in ihrer Gesamtheit die Wahrnehmung vom Leben des Unbewußten ausmachen. Das Subjekt, als <>> aufgefaßt, ist das Unbewußte. Wie es ein Verhältnis zum äußeren Objekt, eine äußere Einstellung gibt, so gibt es auch ein Verhältnis zum inneren Objekt, eine innere Einstellung. Es ist verständlich, daß diese innere Einstellung wegen ihres äußerst intimen und schwer zugänglichen Wesens eine bei weitem unbekantere Sache ist, als die äußere Einstellung, die jederman ohne weiteres sehen kann. Jedoch scheint es mir nicht zu schwierig, sich von dieser inneren Einstellung einen Begriff zu machen. Alle jene sogenannten zufälligen Hemmungen, Launen, Stimmungen, vagen Gefühle und Phantasiefragmente, welche bisweilen die konzentrierte Arbeitsleistung, bisweilen auch die Ruhe des normalsten Menschen stören, und bald auf körperliche Ursachen, bald auf sonstige Anlässe zurückrationalisiert werden, haben fast in der Regel ihren Grund nicht in den ihnen vom Bewußtsein zugedachten Ursachen, sondern sind Wahrnehmungen von unbewußten Vorgängen. Zu diesen Erscheinungen gehören natürlich auch die Träume, die man ja, wie bekannt, gerne auf solche äußere und oberflächliche Ursachen, wie Indigestionen, Rückenlage und dergleichen mehr zurückführt, obschon eine solche Erklärung einer strengeren Kritik niemals standhält. Die Einstellung der einzelnen Menschen ist diesen Dingen gegenüber eine ganz verschiedene. Der eine läßt sich von seinen inneren Vorgängen nicht im geringsten anfechten, er kann darüber sozusagen gänzlich hinwegsehen, der andere aber ist ihnen im höchsten Maß unterworfen; schon beim Aufstehen verdirbt ihm irgend einePhantasie oder ein widerwärtiges Gefühl die Laune für den ganzen Tag, eine vage, unangenehme Empfindung suggeriert ihm den Gedanken an eine heimliche Krankheit, ein Traum hinterläßt ihm eine düstere Ahnung, obschon er sonst nicht abergläubisch ist. Andere wiederum sind nur episodisch diesen unbewußten Regungen zugänglich oder nur einer gewissen Kategorie derselben. Dem einen sind sie vielleicht überhaupt noch nie zum Bewußtsein gekommen als etwas, worüber man nachdenken könnte, dem anderen sind sie ein Problem täglichen Grübelns. Der eine bewertet sie physiologisch, oder schreibt sie dem Verhalten des Nächsten zu, der andere findet in ihnen eine religiöse Offenbarung...(G.W.VI, S. 503-506)
Trieb und Farbe
Durch die <> werden wir in den Stand gesetzt, den Archetypus zu entdecken, und gerade eben nicht durch ein Absinken in die Instinktsphäre, welche nur zu erkenntnisunfähiger Unbewußtheit führt, oder schlimmer noch, zu einem intellektualistischen Ersatz der Instinkte. Im Gleichnis des sichtbaren Spektrums ausgedrückt, würde das heißen, daß das Triebbild nicht am roten, sondern am violetten ende der Farbenskala entdeckt wird. Die Triebdynamik liegt gewissermaßen im infraroten, das Triebbild aber im ultravioletten Teil des Spektrums. Denken wir dabei an die wohlbekannte Farbensymbolik, so paßt, wie schon erwähnt, Rot gar nicht übel zum Triebe. Zum Geiste aber würde unserer Erwartung nach Blau besser passen, als violett. Letzteres ist die sogenannte <> Farbe, die nun allerdings den unzweifelhaft <> respektive paradoxen Aspekt des Archetypus befriedigend wiedergibt. Violett besteht aus Blau und Rot, obschon es im Spektrum eine Farbe an und für sich ist. Es ist nun leider keine bloß erbauliche Überlegung, wenn wir hervorheben müssen, daß der Archetypus mit Violett genauer charakterisiert wird: er ist eben nicht nur ein Bild an sich, sondern zugleich auch Dynamis, welche in der Numinosität, der faszinierenden Kraft, des archetypischen Bilodes sich kundgibt. Die Realisierung und Assimilierung des Triebes geschieht nie am roten Ende, das heißt nicht durch Absinken in die Triebsphäre, sondern nur durch die Assimilation des Bildes, welches zugleich auch den Trieb bedeutet und evoziert, jedoch in ganz anderer Gestalt als derjenigen, in der wir ihn auf der biologischen Ebene antreffen. [...] Trieb überhaupt [...]; er hat zwei Aspekte: einerseits wird er als physiologische Dynamik erlebt, anderrerseits treten seine vielfachen Gestalten als Bilder und Bildzusammenhänge ins Bewußtsein und entfalten numinose Wirkungen, die im strengsten Gegensatz zum physiologischen Triebe stehen oder zu stehen scheinen. Für den Kenner religiöser Phänomenologie ist es ja kein Geheimnis, daß physische und geistige Leidenschaft zwar feindliche, aber eben doch Brüder sind und es darum oft nur eines Momentes bedarf, um das eine in das andere umschlagen zu lassen. Beide sind wirklich und bilden ein Gegensatzpaar, welches eine der ergiebigsten Quellen psychischer Energie bildet. Es geht nicht an, das eine vom anderen abzuleiten, um dem einen oder dem anderen den Primat zu verleihen. Wenn man zunächst auch nur das eine weiß und vom anderen erst viel später etwas merkt, so beweist das nichts, daß nicht auch das andere längst vorhanden war. Man kann warm nicht von kalt, und oben nicht von unten ableiten. Ein Gegensatz besteht in einer Zweigeteiltheit oder überhaupt nicht, und ein Sein ohne Gegensätzlichkeit ist völlig undenkbar, da sein Vorhandensein überhaupt nicht festgestellt werden könnte.
Das Absinken in die Triebsphäre führt darum nicht zur bewußten Realisierung und Assimilation des Triebes, weil das Bewußtsein sich sogar mit Panik dagegen sträubt, von der Primitivität und Unbewußtheit der Triebsphäre verschlungen zu werden. Diese Angst ist ja der ewige Gegenstand des Heldenmythus und das Motiv zahlloser Tabus. Je näher man der Instinktwelt kommt, desto heftiger meldet sich der Drang, von ihr loszukommen und das Licht des Bewußtseins vor der Finsterheit heißer Abgründe zu retten. Der Archetypus aber als das Bild des Triebes ist psychologisch ein geistiges Ziel, zu dem die Natur des Menschen drängt; das Meer, zu dem alle Flüsse ihre gewundenen Wege bahnen; der Preis, welchen der Held dem Kampfe mit dem Drachen abringt.
Weil der Archetypus ein Formprinzip der Triebkraft ist, so enthält er in seinem Blau ein Rot, das heißt er erscheint violett, oder man könnte das Gleichnis auch deuten auf eine Apokatastasis des Triebes auf der Ebene der höheren Schwingungszahl, so gut wie man den Trieb aus einem latenten (das heißt transzendenten) Archetypus, der sich im Gebiete größerer Wellenlänge manifestiert, ableiten könnte. Obwohl es sich zugegebenermaßen nur um eine Analogie handeln kann, so fühle ich mich doch versucht, das Bild dieser violetten Farbe meinem Leser als einen illustrierenden Hinweis auf die innere Verwandschaft des Archetypus mit seinem eigenen Gegensatz zu empfehlen. Die Phantasie der Alchemisten hat dieses schwerverständliche Naturgeheimnis mit einem anderen, nicht minder anschaulichen Symbol auszudrücken versucht; nämlich mit dem Uroboros, der Schlange, die sich in den Schwanz beißt.
Personifikation der Gegensätze
Die alchmistische Bemühung, die Gegensätze zu einigen, gipfelt in der „Chymischen Hochzeit“ als dem das Werk vollendenden supremen Einigungsakt. Nachdem die Feindschaft der vier Elemente überwunden ist, besteht immer noch der letzte und stärkste Gegensatz, den die Alchemisten nicht treffender als durch wechselseitige Beziehung von Männlich und Weiblich ausdrücken konnten. Werke XIV/I , S. 115.
Sinnhaftigkeit
„Sinnhaftigkeit scheint immer zunächst unbewußt zu sein und kann deshalb nur post hoc entdeckt werden; darum besteht auch immer die Gefahr, daß Sinn dort hineingelegt wird, wo nichts dergleichen vorhanden ist. Wir brauchen die synchronistischen Erfahrungen, um die Hypothese eines latenten Sinnes, der vom Bewußtsein unabhängig ist, begründen zu können.“
JUNG, Erinnerungen..., S. 377.
Aufgabe
Die Aufgabe des Menschen nämlich wäre ganz im Gegenteil, sich dessen, was vom Unbewußten her andrängt, bewußt zu werden, anstatt darüber unbewußt oder damit identisch zu bleiben. In beiden Fällen würde er seiner Bestimmung, Bewußtsein zu schaffen, untreu. Soweit wir zu erkennen vermögen, ist es der einzige Sinn der menschlichen Existenz, ein Licht anzuzünden in der Finsternis des bloßen Seins. Es ist sogar anzunehmen, daß, wie das Unbewußte auf uns wirkt, so auch die Vermehrung unseres Bewußtseins auf das Unbewußte.
Erinnerungen, Träume, Gedanken, S. 329
Zeit
Unser Unbewußtes hat eine ganz fabelhafte Beziehung zur Zeit. Man hat Leute hypnotisiert und ihnen den posthypnotischen Auftrag gegeben, die Sekunden zu zählen. Wenn man sie dann wieder hypnotisierte, so konnten sie die Zahl der vergangenen Sekunden genau angeben. Wir sind unbewußt über die Zeit orientiert. Man kann aufwachen zu einer bestimmten Minute, wenn man sich das vorgenommen hat. Das ist nur möglich durch eine glänzende Zeitfunktion des Unbewußten.
Die Voraussetzung der Astrologie ist die, daß wir identisch seien mit der Zeit. Sie drückt die Qualität des Momentes aus, in welchem wir geboren wurden. Insofern die Charakter-Rekonstruktionen der Astrologie stimmen, müssen wir offenbar mit dem Geburtsmoment, respektive mit der Zeit, identisch sein. Meine Auffassung dazu ist die: die Zeit ist eine psychologische Funktion, die mit dem Lebendigen überhaupt identisch ist. Eine solche Betrachtungsweise ist nicht zu beweisen, aber heuristisch ist sie außerordentlich wertvoll. JUNG Kindeträume, S.
Zwei Schöpfungen
Die Unterscheidung einer natürlichen und einer übernatürlichen Quelle der Erkenntnis ist noch subtiler ausgeführt im 7. Sermon der Turba von LOCUSTOR(...) Danach gibt es zwei Schöpfungen, von denen die eine nur durch den Glauben gesehen und nicht beschrieben werden kann. Dieser Glaube heißt <>, ist somit das oben erwähnte Offenbarungswissen. Die unsichtbare Schöpfung sind die Himmel. Was darunterliegt, bilde eine zweite Schöpfung, und diese kann nur durch die ratio (natürliche Vernunft) und mit Hilfe der fünf Sinne erkannt werden. Diese untere Schöpfung empfängt ihr Licht von der Sonne. (Die Sonne ist in der Stoa und im Corpus Hermeticum gemäß verbreiteter antiker Anschauung ein Bild des <>, der Quelle menschlicher Intelligenz.) Das Licht der Sonne ist von besonders feiner Natur. Die obere Schöpfung hingegen bedarf des Sonnenlichtes nicht, da sie selber noch feiner und subtiler als dieses ist und ihr eigenes Licht von Gott empfängt. Die Erkennbarkeit alles Seienden ist somit von zwei Lichtern abhängig: das sinnlich Wahrnehmbare vom Sonnenlicht, d.h. der natürlichen Erkenntnis, das Übersinnliche vom Lichte Gottes. Soweit die Turba.- Man vgl. das Myst.Con.I.p 312ff. von JUNG über den <> Gesagte. Die unsichtbare Schöpfung entspricht dem <> bei G. Dorn. In ihm herrscht die diffuse Luminosität des <> vor.(GW.XIV/III, p. 177f.)
Religiöse Erfahrung
„Auf das Problem der religiösen Erfahrung gibt es nur dann eine positive Antwort, wenn der Mensch gewillt ist, die Forderung rigoroser Selbstprüfung und Selbsterkenntnis zu erfüllen. Führt er sein Vorhaben, das in Reichweite seines Willens liegt, durch, so kann er dadurch nicht nur ein erhebliches Stück Wahrheit über sich selbst entdecken, sondern darüberhinaus hat er noch einen psychologischen Vorteil gewonnen: es ist ihm gelungen, sich selber einer ernsthaften Aufmerksamkeit und eines anteilnehmenden Interesses zu würdigen. Damit hat er gewissermaßen vor sich selber eine Erklärung der Menschenwürde unterschrieben und wenigstens einen ersten Schritt zur Annäherung an die Grundlage seines Bewußtseins, an das Unbewußte, das die uns zunächst faßbare Quelle religiöser Erfahrung ist. Damit ist keineswegs gesagt, daß das, was als Unbewußtes bezeichnet wird, sozusagen mit Gott identisch oder an Stelle Gottes gesetzt sei. Es ist das Medium, aus welchem für uns die religiöse Erfahrung zu entspringen scheint. Welches die fernere Ursache solcher Erfahrungen ist, dies zu beantworten liegt jenseits der menschlichen Erkenntnismöglichkeit. Die Erkenntnis Gottes ist ein transzendentalens Problem.“ ( C.G.Jung, Ges. Werke X, S.323)
Die Wandlung
Animus
Anima
Animus
Frau
Archtypus... bis ins primitive Heiratsklassensystem zurückreichend...
Als Quaternität ist er ein Ganzheitsurteil und formuliert die psychische Ganzheits-struktur des Menschen schlechthin. Diese drückt einerseits die Struktur des Individuums, nämlich ein (männliches und weibliches) Ich in Verbindung mit dem gegengeschlechtlichen Unbewußten aus, anderseits die Bezogenheit auf das andere Geschlecht, ohne welche das psychologische Individuum unvollständig ist. (Ich verstehe darunter in erster Linie eine psychologische Beziehung.) in diesem Schema fehlt aber der Wandlungsgedanke... Die psychologische Empirie als naturwissenschaftliche Diszipin ist nicht in der Lage, festzustellen, ob das bewußte Ich <> oder <> steht als die Anima. Wie das Ich, so hat auch die anima einen positiven und einen negativen Aspekt.. Die Wissenschaft bewertet überhaupt nicht, obschon die Psychologie einen <>Begriff hat, der aber nichts anderes ist als ein Begriff von Intensität: ein Vorstellungskomplex besitzt dann einen höheren Wert, wenn sich seine assimilatorische Kraft stärker erweist, als die eines andern....
...alchemistischer Wandlungsgedanke (operiert) mit einem geistigen Wertbegriff... Da aber Bewertung, Schätzung usw. als Gefühlsfunktion für die Psychologie doch unbedingt in Betracht fällt, so muß der Wert in Berücksichtigung gezogen werden.
Prozeß der Bewußtmachung von Animus und Anima tatsächlich eine gewisse Wandlung der Persönlichkeit bewirkt.
Was ist das Bessere? terrible simplificateurs...
Für die naivere Betrachtung steht dem unvollkommenen alten adam der vollkommene Urmensch und der dunklen Eva ein erleuchtetes und erhöhtes Wesen gegenüber.
Die moderne Ansicht aber ist bedeutend realistischer, insofern sie das ursprünglich auf mythische Verhältnisse zugeschnittene Schema aus der Projektion zurückzieht und dessen Position, statt mit mythologischen Statisten, mit wirkliche Menschen und deren wirklichen Seelen besetzt. Da steht nun dem Mann oder dem männlichen Ichbewußtsein ein animus gegenüber, das heiß eine männliche Gestalt im Unbewußten der Frau, wodurch letztere dazu veranlaßt wird, den Mann zu überschätzen oder gegen ihn zu protestieren. Der Frau und dem weiblichen Ich entspricht auf der männlichen Seite die Anima, eine Gestalt der Frau, welche die Quelle aller jener Illusionen, jener Über- und Unterbewertungen, deren sich ein Mann der Frau gegenüber schuldig macht, darstellt. Aus diesem Schema geht nirgends hervor, daß der Mann besser sei als der Animus oder vice-versa; oder daß die Anima etwa ein höheres Wesen sei als die Frau. Auch erhellt daraus nicht, in welche Richtung etwa ein Entwicklungsgefälle bestünde. Es steht nur eines fest, nämlich: Wenn infolge einer langen ebenso technischen wie moralischen Prozedur ein auf Erfahrung beruhendes Wissen um diese Struktur und eine Anerkennung der aus solchem Wissen erfließenden Verantwortung zustandegekommen ist, so ergibt sich daraus eine Vervollständigung des Individuums, das sich hiemit der Ganzheit annähert, nicht aber der Vollkommenheit, welche das Ideal einer gewissen Weltanschauung darstellt. Im Mittelalter hat die Weltanschauung die Tatsächlichkeit überwogen...Daher sieht sich auch eine objektive Betrachtung der Tatsachen, wie sie einer Wissenschaft würdig ist, genötigt, ihren Anspruch herunterzuschrauben und, statt nach dem Ideal der Vollkommenheit zu streben, sich mit dem erreichbaren einer annähernden Vollständigkeit zu begnügen. Der dadurch ermöglichte Fortschritt führt keineswegs zu dem erhöhten Zustand einer Spiritualisierung, sondern zu einer weisen Beschränkung und Genügsamkeit, welche den Nachteil eines weniger Guten mit dem Vorteil eines geringeren Bösen aufwiegen. (198)
Adam Kadmon,
der psychisch-pneumatische Mann
psychische Mann
Die erleuchtete Sulamith
Der entscheidende Punkt, nämlich die Tatsache, daß die Wandlung nicht vollendet ist, erweist sich aus dem Text, der die Vollendung als Desideratum in die Zukunft verlegt, <>. Dazu bedarf es noch eines göttlichen wunderaktes, nämlich der Zermalmung und verbrennung Canaans, der Zerreißung der Himmel und der Zerscmelzung der Berge...Man kann daraus auf die Größe der Schwierigkeiten schließen, wlche bis zu rVollendung noch überstanden werden müssen...Die schwarze sulamith: <>.
Der Zustand der unvollendeten, bloß erhofften und erwarteten Wandlung scheint demnach nicht nur Qual, sondern auch ein positives, wenn auch verborgenes Glück zu sein. Damit wird der Zustand eines Menschen geschildert, der auf seiner Wanderung durch die Peripetien seiner seelischen Wandlung, die manchmal mehr wie ein Leiden als irgend etwas anderes aussieht, ein verborgenes Glück findet, welches ihn mit seiner offenbaren Vereinsamung aussöhnt. Im Verkehr mit sich selber hat er nicht tödliche Langeweile und Melancholie angetroffen, sondern ein Gegenüber, mit dem sich auskommen läßt, ja, mehr noch, eine Beziehung, welche wie das Glück einer heimlichen Liebe aussieht, oder wie ein verborgener Frühling, wo aus scheinbar dürrem Erdreich junge, grüne Saat sproßt, künftige Ernte verheißend.O benedicta viriditas, quae cuncta res generas” ruft der Autor des Rosariums aus.>>Hat nicht ein Geist des Herrn>> schreibt Mylius, <> Grün sein bedeutet Wachsen. Dieses Vermögen des Erzeugens und der Erhaltung der Dinge könne man als >>Anima Mundi>>(Weltseele) bezeichnen.
Unbewußtes, Paradoxa
„Die furchtbare Unvollkommenheit des Gottesbildes muß erklärt oder verstanden , während das Summum Bonum werden. Die nächstliegende Analogie ist unsere Erfahrung des Unbewußten: Das Unbewußte ist eine Psyche, deren Wesen nur durch Paradoxa umschrieben werden kann: es ist persönlich und unpersönlich, moralisch und unmoralisch, gerecht und ungerecht, ethisch und unethisch, von einer schlauen Intelligenz und gleichzeitig blind, überaus stark und äußerst schwach etc. Dies ist die psychische Grundlage, welche den Baustoff zu unseren Begriffsstrukturen liefert. Das Unbewußte ist ein Stück Natur, das unser Geist nicht erfassen kann. Er kann nur auf Grund einer möglichen und begrenzten Erkenntnis Modelle entwerfen. (C.G.Jung, Briefe III, S. 177)
„...ist die Annahme gestattet, daß das Summum Bonum so gut, so hoch, so vollkommen, aber so entrückt ist, daß es ganz und gar jenseits unseres Begreifens liegt. Aber mit gleichem Recht darf angenommen werden, daß das letzlich Reale ein Wesen mit allen Qualitäten Seiner Schöpfung ist, mit Tugend, Vernunft, Intelligenz, Güte, Bewußtsein und mit ihren Gegensätzen, nach unseren ein völliges Paradox.“ (ebd S. 178) Diese Auffassung entspricht den Tatsachen menschlicher Erfahrung, während das Summum Bonum die Offensichtliche Existenz des Bösen und des Leidens nicht wegerklären kann. poJen to kakon ? Diese uralte Frage bleibt unbeantwortet, es sei denn, man nimmt die Existenz eines (höchsten ) Wesens an, das zu Hauptsache unbewußt ist. Ein solches Modell würde erklären, warum Gott einen mit Bewußtsein begabten Menschen erschuf und warum Er Sein Ziel in ihm sucht. In diesem Punkt stimmen das Alte Testament, das Neue Testament und der Buddhismus überein. Nach Meister Eckhart war Gott im Stande Seiner Gottheit nicht selig. Er mußte im Menschen geboren werden. Das ist, was in Hiob geschah: Der Schöpfer sieht Sich Selbst durch die Augen menschlichen Bewußtseins, und hier liegt der Grund, warum Gott Mensch wurde und warum dem Menschen in zunehmenden Maße die gefährliche Prärogative göttlichen „Geistes“ verliehen wird. Sie ist in den Worten „Ihr seid Götter“(Joh.10,34) ausgedrückt, und dabei hat der Mensch noch nicht einmal begonnen, sich selbst zu erkennen. Er bedarf der Selbsterkenntnis um gegen die Gefahren der incarnatio continua gewappnet zu sein; sie begann mit Christus und der Ausgießung des „Heiligen Geistes“ an arme, fast unbewußte Menschen.“(ebd. S. 178)
Empiriker, Synchronizität
„...ich...bin bloß Empiriker, der sich mit behelfsmäßigen Modellen begnügt. Von solchen Modellen erwarte ich eine genügende Berücksichtigung der Natur des in Frage stehenden Phänomens. Ein in die Augen fallendes Charakteristikum ist die Abwesenheit einer nachweisbaren Kausalität, bzw. die Unmöglichkeit einer kausalen Hypothese. Damit fällt der Begriff der „Wirkung“ weg, und an dessen Stelle tritt die einfache Konstatierung der Koinzidenz, die an sich keinerlei kausale Bedeutung zu haben braucht.
Einzweites Charakteristikum ist das der Sinnentsprechung, welches die bloße Koinzidenz als einen Zusammenhangerscheinen läßt. Dementsprechend habe ich den Namen der Synchronizität gewählt, welcher die relative Gleichzeitigkeit hervorhebt, ergänzt durch die Konjektur der sinnvollen Gleichzeitigkeit....“(C.G.Jung Briefe III, S. 179)
Paradoxie, Gottesbild
„...grundlegende Tatsache des Gegensatzpaares, das im Gottesbild Jahwe geeint ist. Es sind die Gegensätze Liebe und Furcht, die in einem offenbar unvereinbaren Widerspruch stehen. Mit einer solchen Gegensätzlichkeit muß jedoch immer dort gerechnet werden, wo wir mit einer ungeheuren Energie konfrontiert sind. Es gibt keine dynamische Erscheinung ohne eine entsprechende Initialspannung, aus der die entsprechende Energie entsteht. Unter der Annahme, das sich die Gottheit unserer Erfahrung als ein dynamisches Phänomen darstellt, muß eine Gegensätzlichkeit oder ein Paradox den Ursprung bilden...“(C.G.Jung, Briefe III, S. 372)
Paradoxie Intellekt
„Was immer wir mit unserem Intellekt zu ergründen streben, wird mit Paradoxie und Relativität endigen, wenn es ehrliche Arbeit und nicht eine der Bequemlichkeit dienende petitio principii ist.
Daß die intellektuelle Erfassung des psychischen Vorganges zur Paradoxie und Relativität führen muß, ist sicher, schon aus dem Grunde, weil der Intellekt nur eine unter verschiedenen psychischen Funktionen ist, welche von Natur aus dem Menschen zur Konstruktion seiner Objektbilder dient. Man gebe sich nicht den Anschein, als ob man die Welt nur aus dem Intellekt begreifen würde, man begreift sie ebenso sehr auch aus dem Gefühl. Darum ist das Urteil des Intellekts höchstens die Hälfte der Wahrheit und muß, wenn es ehrlich ist, auch zum Eingeständnis seines Ungenügens gelangen.
Die Existenz von Typen zu leugnen, hilft nichts gegen die Tatsache ihres Daseins. In Ansehung ihrer Existenz muß daher jede Theorie über psychische Vorgänge es sich gefallen lassen, selbst wieder als psychischer Vorgang zu gelten, und zwar als Ausdruck eines bestehenden und daseinsberechtigten Typus menschlicher Psychologie. Aus diesen typischen Darstellungen erst ergeben sich die Materialien, deren Kooperation eine höhere Synthese ermöglicht.(C.G.Jung, Psychologische Typen, S.537)
Paradox, Archetypus
„Denken wir ... an die wohlbekannte Farbensymbolik, so paßt... Rot gar nicht übel zum Triebe. Zum Geist aber würde unserer Erwartung nach Blau besser passe als Violett. Letzteres ist die sogenannte „mystische“ Farbe, die nun allerdings den unzweifelhaft „mystischen“ respektive paradoxen Aspekt des Archetypus befriedigend wiedergibt. Violett besteht aus Blau und Rot, obschon es im Spektrum eine Farbe an und für sich ist. Es ist nun leider keine bloß erbauliche Überlegung, wenn wir hervorheben müssen, daß der Archetypus mit Violett genauer charakterisiert wird: er ist eben nicht nur Bild an sich, sondern zugleich auch Dynamis, welche in der Numinosität, der faszinierenden Kraft, des archetypischen Bildes sich kundgibt. Die Realisierung und Assimilierung des Triebes geschieht nie am roten Ende, das heißt nicht durch Absinken in die Triebsphäre, sonder durch die Assimilation des Bildes, welches zugleich auch den Trieb bedeutet und evoziert, jedoch in ganz anderer Gestalt als derjenigen, in der wir ihn auf der biologischen Ebene antreffen“.(C.G.Jung, Theoretische Überlegungen... S. 238)
Paradox, Archetypus
„Ist es (das Individuum) dagegen selbständig genug, die Borniertheit des sozialen –ismus zu erkennen, dann ist es von subjektiver Inflation bedroht; denn es ist in der Regel nicht imstande, zu sehen, daß die religiösen Ideen in der psychologischen Wirklichkeit keineswegs bloß auf Tradition und Glauben beruhen, sondern sich von den Archetypen herleiten, deren „sorgfältige Beachtung“ (religere!)das Wesen der Religion ausmacht. Die Archetypen sind beständig vorhanden und wirksam, sie bedürfen an sich keines Glaubens, sondern des Wissens um ihren Sinn und einer weisen Scheu, einer deisidaimonia , welche deren Bedeutung nie aus den Augen verliert. Ein gewitzigtes Bewußtsein weiß um die katastrophalen Folgen, welche eine Nichtbeachtung für den Einzelnen sowohl wie für die Gesellschaft hat. Wie der Archetypus einesteils ein geistiger Faktor, andernteils wie ein dem Triebe innewohnender, verborgener Sinn ist, so ist auch der Geist, wie ich gezeigt habe, zwiespältig und paradox: eine große Hilfe und eine ebenso große Gefahr. Es scheint, als ob es dem Menschen beschieden wäre, bei der Lösung dieses Zweifels eine entscheidende Rolle zu spielen, und zwar vermöge seines Bewußtseins, das wie ein Licht im finsteren Abgrund der Urwelt aufgegangen ist.“(ebd. S. 248)
Paradox
„Obschon die Erbmasse aus physiologischen Bahnungen besteht, so waren es doch geistige Prozesse in der Ahnenreihe, die solche Bahnungen geschaffen haben. Wenn diese Bahnungen dem Individuum zum Bewußtsein kommen, so können sie dies wiederum nur in Form von geistigen Prozessen tun; und wenn schon diese Prozesse nur bewußt werden können durch individuelle Erfahrung und somit als individuelle Erwerbungen erscheinen, so sind sie doch präexistierende Bahnungen, die durch individuelle Erfahrung bloß „ausgefüllt“ wurden. Wohl jede „eindrückliche“ Erfahrung ist ein solcher Einbruch in ein altes, aber bisher unbewußtes Strombett.
Die präexistiernden Bahnungen sind harte Tatsachen, so unleugbar wie die historische Tatsache, daß der t aus seiner ursprünglichen Wohngrube eine Stadt gebaut hat. Diese Entwicklung war natürlich nur möglich durch Gemeinschaftsbildung, und diese letztere war nur möglich durch Triebbeschränkung . Die Triebbeschränkung durch geistige Prozesse setzt sich beim Einzelnen mit derselben Macht und demselben Erfolg durchwie in der Völkergeschichte. Die Triebbeschränkung ist ein normativer, oder genauer gesagt, ein nomothetischer Prozeß , dessen Gewalt aus der unbewußten Tatsache der vererbten Bahnungen stammt. Der Geist, als das wirksame Prinzip der Erbmasse, besteht aus der Summe der Ahnengeister, der unsichtbaren Väter*, deren Autorität mit dem Kinde geboren wird.
Der philosophische Begriff von Geist hat noch nicht einmal vermocht, seien eigenen sprachlichen Terminus von der überwältigenden Fessel der Identität mit dem anderen Begriff von Geist, nämlich „Gespenst“, zu befreien. Es ist hingegen der religiösen Anschauung gelungen, über die sprachliche Verhaftung an die Geister dadurch hinauszugelangen, daß sie jene geistige Autorität als Gott bezeichnet. Im Laufe der Jahrtausende hat sich diese Anschauung als eine Formulierung jenes geistigen Prinzipes, das der bloßen Triebhaftigkeit hemmend entgegensteht, entwickelt. Das ungemein Bedeutsame an diesem Begriff ist der Umstand, daß Gott auch zugleich als Naturschöpfer gedacht ist. Er wird als der Macher jener unvollkommenen Geschöpfe, die irren und sündigen, angesehen, und zugleich ist er ihr Richter und Zuchtmeister. Eine einfache Logik würde wohl sagen: wenn ich ein Geschöpf herstelle, das in Irrtum und Sünde fällt und infolge einer blinder Triebhaftigkeit so gut wie wertlos ist, so bin ich offenbar ein schlechter Schöpfer und habe nicht einmal die Gesellenprobe bestanden. (Dieses Argument spielte bekanntlich im Gnostizismus eine bedeutende Rolle.) Die religiöse Auffassung läßt sich aber durch diese Kritik nicht beirren, sondern behauptet, daß die Wege und Absichten der Gottheit unerforschlich seien. Tatsächlich hat auch das gnostische Argument in der Geschichte wenig Anklang gefunden, indem offenbar die Unantastbarkeit der Gottesvorstellung einem vitalen Bedürfnis entspricht, dem gegenüber jede Logik verblasst. (Wir haben es hier, wohlverstanden, nicht mit Gott als einem Ding an sich zu tun, sondern bloß mit einer menschlichen Anschauung, welche als solche ein legitimes Objekt der Wissenschaft ist.)
Obschon also der Gottesbegriff ein geistiges Prinzip par excellence ist, so will es das kollektive Bedürfnis doch haben, daß er zugleich auch eine Anschauung der ersten schöpferische Ursache sei, aus der alle jene dem geistigen widerstrebende Triebhaftigkeit hervorgeht. Damit wäre Gott der Inbegriff nicht nur des geistigen Lichtes, das als späteste Blüte am Baum der Entwicklung erscheint, nicht nur das geistige Erlösungsziel, in welchem alle Schöpfung gipfelt, nicht nur das Ende und der Zweck, sondern auch dunkelste, unterste Ursache aller naturhaften Finsternisse. Dies ist ein ungeheures Paradoxon, das offenbar einer tiefen, psychologischen Wahrheit entspricht. Es stellt nämlich nichts anderes als die Gegensätzlichkeit eines und desselben Wesens dar, eines Wesens, dessen innerste Natur eine Gegensatzspannung ist. Dieses Wesen nennt die Wissenschaft Energie , denn sie ist jenes Etwas, das lebendiger Ausgleich zwischen den Gegensätzen ist. Aus diesem Grunde dürfte die, an sich unmöglich paradoxe, Gottesanschauung für das menschliche Bedürfnis so befriedigend sein, daß keine noch so berechtigt erscheinende Logik dagegen standhalten kann. Tatsächlich könnte es auch der feinsten Ergrübelung wohl kaum gelingen, eine passendere Formel für diese Grundtatsache der inneren Anschauung finden.“(C.G:Jung, Über die Energetik der Seele, VIII, S. 65-66)
Paradox
Das Ich kann nämlich nicht umhin, zu entdecken, daß der Zustrom an unbewußten Inhalten die Persönlichkeit belebt und bereichert und eine Gestalt aufbaut, welche an Umfang und Intensität das Ich irgendwie überragt. Diese Erfahrung lähmt einen allzu egozentrischen Willen und überzeugt das Ich, daß sein Zurücktreten auf den zweiten Rang trotz aller Schwierigkeiten immer noch besser ist, als ein aussichtsloser Kampf...Auf diese Weise unterstellt sich der Wille als disponible Energie allmählich dem stärkeren Faktor, das heißt der neuen ganzheitlichen Gestalt, die ich als das Selbst bezeichnet habe. Bei dieser Sachlage besteht natürlich die größte Versuchung, einfach dem Machtinstinkt zu folgen und das Ich kurzerhand mit dem Selbst zu identifizieren, um damit die Illusion eines beherrschenden Ich aufrecht zu erhalten. In anderen Fällen erweist sich das Ich als zu schwach, um dein einbrechenden Zustrom unbewußter Inhalt den nötigen Widerstand zu leisten, und wird dann vom Unbewußten assimiliert, wodurch eine Verwischung und Verdunklung des Ichbewußtseins und eine Identität desselben mit einer vorbewußten Ganzheit entsteht. Beide Entwicklungen verunmöglichen die Verwirklichung des Selbst einerseits und beschädigen andererseits die Existenz des Ichbewußtseins. Sie bedeuten daher pathologische Effekte....(Bsp. Deutschland 1933-45 Es hat sich dabei in größtem Maßstabe gezeigt, daß ein solches „abaissement du niveau mental“, eben die Überwältigung des Ich durch unbewußte Inhalte und die daraus erfolgende Identität mit der vorbewußten Ganzheit, eine ungeheure psychische Virulenz, das heißt Ansteckungskraft, besitzt und deshalb der unheilvollsten Wirkung fähig ist. Solche Entwicklungen wollen also sorgfältig beobachtet sein und bedürfen genauester Überwachung. Wen solche Tendenzen gefährden, dem möchte ich empfehlen, ein Bild des heiligen Christophoros an die Wand zu hängen und darüber zu meditieren. Das Selbst hat nämlich nur dann einen funktionellen Sinn, wenn es als Kompensation eines Ichbewußtseins wirken kann. Wird nämlich das Ich durch Identifikation mit dem Selbst aufgelöst, so entsteht daraus eine Art von vagem Übermenschen mit einem aufgeblasenen Ich und einem verblasenem Selbst. Einem solchem Menschen, so heilandmäßig oder so unheilvoll er sich auch gebärden mag, fehlt die scintilla, das Seelenfünklein, jenes kleine, göttliche Licht, das nie heller leuchtet, als wenn es sich gegen den Ansturm der Dunkelheit behaupten muß.
Was wäre der Regenbogen, wenn er nicht vor einer dunklen Wolke stünde?(Ebd. S.252)
Paradoxie, physikalische
„Wir wissen genau, daß wir die Zustände und Vorgänge des Unbewußten an sich ebensowenig erkennen können, wie die Physiker den der physischen Erscheinung zugrunde liegenden Vorgang. Was jenseits der Erscheinungswelt liegt, können wir uns schlechterdings nicht vorstellen, denn es gibt keine Vorstellung, die einen anderen Ursprungsort als die Erscheinungswelt hätte...(weiter: Pauli )(C.G.Jung ebd. S 256)
Paradoxie
„Hat man denn noch nicht bemerkt, daß alle religiösen Aussagen logische Widersprüche und prinzipiell unmögliche Behauptungen enthalten, ja, daß sie sogar das Wesen der religiösen Behauptung ausmachen? Dafür haben wir das Bekenntnis TERTULLIANS: „Et mortuus est Dei filius, prorsus credibile est, quia ineptum est. Et sepultus resurrexit; certum est quia impossibile est.“(De carne Christi). Wenn das Christentum zum Glauben an solche Widersprüche auffordert, so kann es doch, wie mir scheint, den nicht verwerfen, der noch ein paar weitere Paradoxien gelten läßt. Die Paradoxie gehört sonderbarerweise zum höchsten geistigen Gut;
die Eindeutigkeit aber ist ein Zeichen der Schwäche. Darum verarmt eine Religion innerlich, wenn sie ihre Paradoxien verliert oder vermindert; deren Vermehrung aber bereichert, denn nur das Paradoxe vermag die Fülle des Lebens annähernd zu fassen, die Eindeutigkeit und das Widerspruchslose aber sind einseitig und darum ungeeignet, das Unerfaßliche auszudrücken.
Nicht jeder besitzt die Geisteskraft eines TERTULLIAN, welcher offenbar die Paradoxie nicht nur ertragen konnte, sondern sie bedeutete ihm sogar höchste religiöse Gewißheit: Die übergroße Anzahl der geistig Schwachen macht die Paradoxie gefährlich. Solange letztere unbesehe als nie bedachte Selbstverständlichkeiten vorgefunden wird, und gewohnheitsmäßiger Aspekt des Lebens ist, bleibt sie ungefährlich. Wenn es aber einem ungenügend entwickeltem Verstande (der bekanntlich immer das meiste von sich hält) einfallen sollte, die Paradoxie einer Glaubensaussage zum Gegenstand seines ebenso ernstlichen wie impotenten Nachdenkens zu machen, so ginge es nicht lange, bis er in ein ikonoklastisches Hohngelächter ausbrechen und mit Fingern auf die allen preisgegebenen „ineptia“ des Mysteriums hinweisen würde. Seit der französischen Aufklärung ist es rapide bergab gegangen; denn wenn dieser Duodezverstand, der keine Paradoxien verträgt, einmal erwacht ist, kann ihn keine Predigt mehr unterdrücken. Es entsteht dann eine neue Aufgabe: nämlich diesen noch unentwickelten Verstand allmählich auf eine höhere Stufe zu bringen und die Zahl jener zu vermehren, die wenigstens eine Ahnung vom Umfang einer paradoxen Wahrheit aufbringen können. Wenn dies nicht möglich ist, kann der geistige Zugang zum Christentum so gut als wie verschüttet gelten.“ (C.G.Jung, Psychologie und Alchemie, XII, S. 30)
Paradoxie
„Das Selbst ist nicht nur unbestimmt, sondern enthält auch paradoxerweise den Charakter der Bestimmtheit, ja der Einmaligkeit. Dies ist wohl einer der Gründe, warum gerade diejenigen Religionen, welche historische Persönlichkeiten zu Begründern gehabt haben, zu Weltreligionen geworden sind, wie das Christentum, der Buddhismus und der Islam. Die Einbeziehung der einmaligen menschlichen Persönlichkeit (und dies besonders in Verbindung mit der nicht bestimmbaren göttlichen Natur) entspricht eben dem absolut Individuellen des Selbst, welches einmaliges mit Ewigem und das Einzelne mit dem Allgemeinsten verbindet. Das Selbst ist eine Vereinigung der Gegensätze kat exochn. Damit unterscheidet sich dieses Symbol ganz wesentlich vom christlichen. Die Androgynie Christi ist die äußerste Konzession der Kirche an die Gegensatz-problematik. Der Gegensatz zwischen Hell und Gut einerseits und Dunkel und Böse andererseits wurde in seinem offenen Konflikt belassen, indem Christus schlechthin das Gute, der Widerpart Christi, der Teufel, aber das Böse vertritt. Dieser Gegensatz ist das eigentliche Weltproblem, welches vorderhand noch ungelöst ist. Das Selbst aber ist absolute Paradoxie, indem es in jeder Beziehung Thesis und Antithesisi und zugleich Synthesis darstellt. (ebd. S.34)
Paradoxie
„ Der durch die Erforschung des Unbewußten dem Bewußtsein angenäherte Archetypus konfrontiert daher das Individuum mit der abgründigen Gegensätzlichkeit menschlicher Natur, womit ihm eine ganz unmittelbare Erfahrung von Licht und Finsternis, von Christus und Teufel ermöglicht wird....Obschon die Einsicht in die Gegensätzlichkeit eigentlich unerläßlich ist, so kann sie doch praktisch nur von wenigen ertragen werden – ein Umstand, welcher der Beichterfahrung nicht entgangen ist.(ebd, S. 35)
„...obschon man der probabilistischen Bestrebung eine Reihe christlicher Haupttugenden zusprechen muß, so ist doch nicht zu übersehen, daß sie das Leiden der Nachfolge Christi hindert und damit den Kampf des Guten gegen das Böse seiner Schärfe beraubt und damit bis zu einem erträglichen Maß abmildert. Damit tritt eine Annäherung an den psychischen Archetypus des Selbst ein, in welchem auch dieser Gegensatz als geeint erscheint, und zwar, wie schon erwähnt, unähnlich der christlichen Symbolik, welche den Konflikt offen läßt. Für letztere geht ein „Riß“ durch die Welt: das Licht kämpft gegen die Nacht, und das Obere gegen das Untere. Diese zwei sind nicht eins wie im psychischen Archtypus.“ (ebd. S. 37)
Im islamischen Gnostizismus heißt es, daß im Zeitalter der Jungfrau aus deren Verlangen der Engel Harus entstanden sei. Dieser nahm die Geister von den Planeten und von den Tierkreiszeichen, von den Kräften des Himmels und der Erde, 360 im ganzen, und schuf daraus den Menschen Adamanus nach der Form des höchsten Himmels (also rund). Er war wie Harus riesengroß. Harus entspricht dem anv andropvs [oberen Menschen]. Diese Anschauung zeigt deutlich sabäische Einfluß.(REITZENSTEIN UND SCHAEDER,Studien zum antiken Synkretismus, p.114)
Depression
Nur wenn der Mensch seinen Zustand aushält und seine Depression annimmt, besteht die Möglichkeit einer inneren Wandlung. JUNG, Kinderträume, S. 378.
Archetypen
Jeder Archetypus enthält Tiefstes und Höchstes, Böses und Gutes und ist darum der gegensätzlichsten Wirkung fähig. Es ist darum nie von vornherein auszumachen, ob er sich positiv oder negativ auswirken wird. C.G.JUNG, “Gegenwart und Zukunft“, Werke X, S. 266.
Führer
„...erzeugt eine Masse automatisch zur Kompensation ihrer chaotischen Gestaltlosigkeit ihren „Führer“, der sozusagen zwangsläufig der Inflation seines Unbewußten verfällt...“ ebd X, 282.
Konfesssion
„ kann ... dem Standpunkt der religiösen Lehre gegenüber sein Urteil und seine freie entscheidung ebensosehr einbüßen... Diesem Ziel streben die Religionen offenkundig zu, wenn sie sich nicht zu einem Kompromiss mit dem Staat bequemen. In diesem letzteren Fall ziehe ich es darum vor, - ... statt von „Religion“ von „Konfession“ zu sprechen. Die Konfession bekennt eine bestimmte Kollektivüberzeugung, während das Wort Religion eine subjektive Beziehung zu gewissen metaphysischen, d.h. extramundanen Faktoren ausdrückt“ (285) „...Zweck und Sinn der Religion in der Beziehung des Individuums zu Gott (Christentum, Judentum, Islam) oder zum Pfade der erlösung (Buddhismus) bestehen. Von dieser Grundtatsache leitet sich die jewelige Ethik her, die ohne die individuelle Verantwortung vor Gott nur konventionelle Moral bedeutet.“(X/285)
Es sind nicht noch so hohe ethische Leitsätze oder noch so hohe orthodoxe Bekenntnisse, welche die Autonomie und Freiheit des Individuums begründen, sondern es ist einzig und allein das empirische Bewußtsein, d.h. die unzweideutige Erfahrung einer allerpersönlichsten wechselseitigen Beziehung zwischen dem Menschen und einer extramundanen Instanz, welche der „Welt und ihrer Vernunft“ die Waage hält. (X/286).
„Die Religion als eine sorgfältige Beobachtung und Inbetrachtziehung gewisser unsichtbarer und unkontrollierbarer Faktoren ist eine dem Menschen eigentümliche instinktive Haltung, deren Manifestationen sich durch die ganze Geistesgeschichte hindurch verfolgen lassen.“ (X/294).
Glaube
„eigentlich ein sekundäres Phänomen, welches darauf beruht, daß uns primär etwas zugestoßen ist, das uns „pistis“, d.h. Vertrauen und Loyalität einflößt.“ (X/294).
„Sklave und ... Opferjener Maschinen, die für ihn Raum und Zeit erobern...“ (X/ 296).
„Psyche besitzt eine Eigenart, die sich auf nichts anderes oder Ähnliches reduzieren läßt. Sie stellt wie die Physiologie ein in sich relativ abgeschlossenes Erfahrungsgebiet dar, dem insofern eine ganz eigenartige Bedeutung zukommt, als es die eine der beiden unerläßlichen Bedingungen des Seins überhaupt in sich schließt, nämlich das Phänomen des Bewußtseins. Ohne dieses gibt es nämlich praktisch keine Welt, die als solche nur existiert, insofern sie von einer Psyche bewußt reflektiert und ausgesprochen wird. Das Berwußtsein ist eine Bedingung des Seins. Damit kommt der Psyche die Würde eines kosmischen Prinzips zu, welches ihr – philosophisch und de facto – neben dem Prinzip des physischen Seins eine ebenbürtige Stellung anweist.
Träger dieses Bewußtseins ist das Individuum, welches die Psyche nicht willkürlich erzeugt, sondern umgekehrt von dieser vorgebildet und dem in der Kindheit allmählich erwachenden Bewußtsein zugeführt wird. Hat so die Psyche eine alles überragende empirische Bedeutung, so hat sie auch das Individuum, welches die alleinige unmittelbare erscheinung der Psyche ist."“ (X/299).
Christentum „im Unterschied zu anderen Religionen ... ein Symbol lehrt, das die individuelle Lebensführung eines Menschen und Menschensohnes zum Inhalt hat und diesen Individuationsvorgang sogar als Inkarnation und Offenbarung Gottes selber auffaßt. (X/300).
Selbstwerdung
„Damit fällt der Selbstwerdung des Menschen eine Bedeutung zu, deren Tragweite wohl noch kaum richtig eingeschätzt worden ist. Zu vieles Äußere eben verstellt der unmittelbaren inneren Erfahrung den Weg. Wäre die Selbständigkeit des Individuums nicht die geheime Sehnsucht der Vielen, so hätte diese kaum eine Möglichkeit, die kollektive Unterdrückung geistig und moralisch zu überleben.“ (X/300).
cura animarum (Seelsorge)
„... und da, wo die individuellen Antriebe doch die Ordnung in allzukühner und unbedachter Weise durchbrochen haben, muß der Arzt das individuelle vor dem täppischen Zugriff der Kurzsichtigkeit, der Ruchlosigkeit und des Zynismus des Subjekts schützen.“ (X/303).
Nullen
„ die Addition einer Million Nullen macht nicht einmal eine Eins. Alles hängt schließlich von der Beschaffenheit des Einzelnen ab...“ (X/304).
„ elementare Feststellung der Massenpsychologie, daß nämlich das Individuum in der Masse moralisch und geistig vermindert wird...“(X/305).
„ das Schönste aber ist das sanfte und schmerzlose Abgleiten ins Kinderland, in die Elternobhut, in die Sorg- und Verantwortungslosigkeit“ (X/ 306).
„Widerstand gegen die organisierte Masse kann nur der leisten, der in seiner Individualität ebenso organisiert ist, wie die Masse... Die hilfreiche mittelalterliche Anschauung, daß der Mensch ein Mikrokosmos, sozusagen ein diminutives Abbild des großen Kosmos sei, ...Als psychischem Wesen ist ihm die Anschuung des Makrokosmos nicht nur eingeprägt, sondern der Mensch erschafft sie sich auch in immer umfänglicherem Maße. Er hat die Entsprechung zur großen Welt in sich vermöge seiner reflektierenden Bewußtseinstätigkeit einerseits und anderseits dank seiner hereditären, archetypischen Instinktnatur, welche ihn seiner Umwelt verbindet. Durch seine Triebe ist er nicht nur dem Makrokosmos verhaftet, sondern auch in gewissem Sinne auseinandergerissen, insofern sein Begehren ihn in die verschiedensten Richtungen zieht. Er gerät dadurch in beständigen Widerspruch mit sich selber und nur in den sltensten Fällen gelingt es ihm, seinem Leben ein einheitliches Ziel zu geben – was er aber in der Regel mit einer kostspieligen Verdrängung anderer Seiten seines Wesens bezahlen muß... der natürliche Zustand der menschlichen Psyche besteht in einem gewissen Gegeneinander ihrer Komponenten und einer gewissen Widersprüchlichkeit ihrer Verhaltensweise, also in einer gewissen Dissoziation. So empfindet wenigstens der ferne Osten die Verhaftung an die „zehntausend Dinge“. Ein derartiger Zustand verlangt nach Ordnung und Synthese.“ (X/308).
Weltanschauung
„... wenn sich die Verhältnisse derart gewandelt haben, daß zwischen der äußeren Situation und den nunmehr antiquierten Vorstellungsformen eine unleidliche Kluft entsteht, dann erhebt sich das allgemeine Problem der prinzipielle, Weltanschauung, das heißt die Frage, wie die Vorstellungsformen, welche den Zufluß instinktiver Energie erhalten sollen, umzuorientieren bzw. anzupassen sind.“ (X/313).
Symbole
„daß die Konfessionen eine Lehre verkünden, deren Symbole, trotz anfechtbarer Interpretation, um ihres archetypischen Charakters willen, ein eigenes Leben besitzen. (X/314).
Logos
Errungenschaft des christlichen Zeitalters... nämlich... der Herrschaft des Wortes, jenes Logos, der die Zentralfigur des christlichen Glaubens darstellt.“ (X/315).
„Das Wort ist wortwörtlich zu unserem Gott geworden und ist es geblieben, auch wenn wir das Christentum nur noch von Hörensagen kennen ...,... nötige göttliche Verehrung des Wortes eine gefährliche Schattenseite hat. Im Augenblick nämlich, wo das „WORT“ durch jahrhundertelange Erziehung allmählich Geltung erlangt, trennt es sich von seiner ursprünglichen Bindung an die göttliche Person... der Glaube an das Wort wird zur Wortgläubigkeit, und das Wort selber zum infernalischen Slogan, der jedes Betrugs fähig ist...
„mit dem WORT, das ursprünglich eine Botschaft der Einheit der Menschen und ihrer Vereinigung in der gestalt des einen großen Menschen war,...“
„ Triebwelt, welche unter dem Bewußtsein verborgen liegt... nämlich... der Sexualität und dem Machttrieb, das heißt der Selbstbehauptung, entsprechend den moralischen begriffen des AUGUSTINUS, der concupiscentia (Begehrlichkeit) und der superbia (Stolz). Der Zusammenstoß dieser beiden fundamentalen Triebe (Art – und Selbsterhaltung) im Individuum bildet die Quelle vieler Konflikte. (X/317).
„Auf das Problem der religiösen Erfahrung gibt es nur dann eine positive Antwort, wenn der Mensch gewillt ist, die Forderung rigoroser Selbstprüfung und Selbsterkenntnis zu erfüllen. Führt er sein Vorhaben, das in Reichweite seines Willens liegt, durch, so kann er dadurch nicht nur ein erhebliches Stück Wahrheit über sich selbst entdecken, sondern darüberhinaus hat er noch einen psychologischen Vorteil gewonnen: es ist ihm gelungen, sich selber einer ernsthaften Aufmerksamkeit und eines anteilnehmenden Interesses zu würdigen. Damit hat er gewissermaßen vor sich selber eine Erklärung der Menschenwürde unterschrieben und wenigstens einen ersten Schritt zur Annäherung an die Grundlage seines Bewußtseins, an das Unbewußte, das die uns zunächst faßbare Quelle religiöser Erfahrung ist. Damit ist keineswegs gesagt, daß das, was als Unbewußtes bezeichnet wird, sozusagen mit Gott identisch oder an Stelle Gottes gesetzt sei. Es ist das Medium, aus welchem für uns die religiöse Erfahrung zu entspringen scheint. Welches die fernere Ursache solcher Erfahrungen ist, dies zu beantworten liegt jenseits der menschlichen Erkenntnismöglichkeit. Die Erkenntnis Gottes ist ein transzendentalens Problem.“ X/323
„Der religiöse Mensch genießt einen großen Vorteil hinsichtlich der drohend über uns hängenden Zeitfrage: er hat wenigstens eine klare Idee von der Begründung seiner subjektiven Existenz in der Beziehung zu „Gott“. Ich setze das Wort Gott in Anführungszeichen, um damit anzudeuten, daß es sich um eine anthropomorphe Vorstellung handelt, deren Dynamik und Symbolik durch das Medium der unbewußten Psyche vermittelt ist.“X/324
„subjektiv überwältigende Numinosität des Erlebnisses. Wer solches erlebt , ist e r g r i f f en und deshalb überhaupt nicht in der Lage, fruchtlose metaphysische oder erkenntnistheoretische Betrachtungen darüber anzustellen. Das Allergewisseste bringt seine Evidenz mit sich und bedarf keiner anthropomorphen Beweistümer.“X/324
„Das Grauen, das von den Diktaturstaaten neuerdings über die Menschheit gebracht worden ist, bildet nicht anderes als den Gipfelpunkt all jener Scheußlichkeiten, deren sich unsere näheren und ferneren Ahnen schuldig gemacht haben. Angefangen mit den Grausamkeiten und Blutbädern unter christlichen Völkern, von denen die europäische Geschichte strotzt, hat der Europäer auch noch all das zu verantworten, was seine Koloniegründungen bei exotischen Völkern verbrochen haben. Wir sind in dieser Hinsicht aufs schwerste belastet. Daraus ergibt sich das Bild des allgemein menschlichen Schattens, das man nicht schwärzer malen kann. Das Böse, das sich im Menschen offenbart und ganz unzweifelhaft in ihm wohnt, ist von größtem Ausmaß...sind wir doch, kraft unseres Menschseins potentielle Verbrecher.“X/327
Wir leben im Kairos für den „Gestaltwandel der Götter“, das heißt der Grundlegenden Prinzipien und Symbole. Dieses Anliegen unserer Zeit, welches wir wahrhaftig nicht selber bewußt gewählt haben, bildet den Ausdruck des sich wandelnden inneren und unbewußten Menschen. Von dieser folgenschweren Veränderung werden sich die kommenden Generationen Rechenschaft geben müssen, wenn die Menschheit sich vor der drohenden Selbstzerstörung durch die Macht ihrer Technik und Wissenschaft retten will.“ X/335
Mythus: „...weiß er( der Mensch), daß er den lebenserhaltenden Mythus vom inneren Menschen, den das Christentum für ihn aufbewahrt hat, im Begriff steht, zu verlieren?“X/336
Einzelner...: „Wohl und Wehe des einzelnen Menschen, jener infinitesimalen Einheit, von der eine Welt abhäng, jenes individuellen Wesens, in dem – wenn wir den Sinn der christlichen Botschaft richtig vernehmen – sogar Gott sein Ziel sucht.“ X/336
Zitate zu Geld
(Aus Marx. Kapital Bd. 1, Berlin 1970)
Die erste Funktion des Goldes besteht darin, der Warenwelt das Material ihres Wertausdrucks zu liefern oder die Warenwerte als gleichnamige Größen, qualitativ gleich und quantitativ vergleichbare, darzustellen. So funktioniert es als allgemeines Maß der Werte, und nur durch diese Funktion wird Gold, die spezifische Äquivalentware, zunächst Geld.
Die Waren werden nicht durch das Geld kommensurabel. Umgekehrt. Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher An und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit. (109)
Als Maß der Werte und als Maßstab der Preise verrichtet das Geld zwei ganz verschiedene Funktionen. Maß der Werte ist es als die gesellschaftliche Inkarnation der menschlichen Arbeit, Maßstab der Preise als ein festgesetztes Metallgewicht. Als Wertmaß dient es dazu, die Werte der bunt verschiedenen Waren in Preise zu verwandeln, in vorgestellte Goldquanta; als Maßstab der Preise mißt es diese Goldquanta. Am Maß der Werte messen sich die Waren als Werte, der Maßstab der Preise mißt dagegen Goldquanta an einem Goldquantum, nicht den Wert eines Goldquantums am Gewicht des anderen. Für den Maßstab der Preise muß ein bestimmtes Goldgewicht als Maßeinheit fixiert werden. Hier, wie in allen anderen Maßbestimmungen gleichnamiger Größen, wird die Festigkeit der Maßverhältnisse entscheidend. Der Maßstab der Preise erfüllt daher seine Funktion um so besser, je unveränderlicher ein und dasselbe Quantum Gold als Maßeinheit dient. Als Maß der Werte kann Gold nur dienen, weil es selbst Arbeitsprodukt, also der möglichkeit nach ein veränderlicher Wert ist. (113)
Der Preis ist der Geldname der in der Ware vergegenständlichten Arbeit. (116)
Dinge, die an und für sich keine Waren sind, z.B. Gewissen, Ehre usw. können ihren Besitzer für Geld feil sein und so durch ihren Preis die Warenform erhalten.(117)
Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch , leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld.(143)
Aus: Ökonomisch-philosophische Manuskripte (1844) Berlin 1977
Die Verkehrung und Verwechslung aller menschlichen und natürlichen Qualitäten, die Verbrüderung der Unmöglichkeiten – die göttliche Kraft – des Geldes liegt in seinem Wesen als dem entfremdeten, entäußernden und sich veräußernden Gattungswesen der Menschen. Es ist das entäußerte Vermögen der Menschheit. (565)
Als diese verkehrende Macht erscheint es dann auch gegen das Individuum und gegen die gesellschaftlichen etc. Bande, die für sich Wesen zu sein behaupten. Es verwandelt die Treue in Untreue, die Liebe in Haß, den Haß in Liebe, die Tugend in Laster, das Laster in Tugend, den Knecht in den Herrn, den Herrn in den Knecht, den Blödsinn in Verstand, den Verstand in Blödsinn.
Da das Geld als der existierende und sich betätigende Begriff des Wertes alle Dinge verwechselt, vertauscht, so ist es die allgemeine Verwchslung und Vertauschung aller natürlichen und menschlichen Qualitäten.
Wer die Tapferkeit kaufen kann, der ist tapfer, wenn er auch feig ist. Da das Geld nicht gegen eine bestimmte Qualität, gegen ein bestimmtes Ding, menschliche Wesenskräfte, sondern gegen die ganze menschliche und natürliche gegenständliche Welt sich austauscht, so tauschet es also – vom Standpunkt seines Besitzers angesehen – jede Eigenschaft gegen jede – auch ihr widersprechende Eigenschaft und Gegenstand – aus; es ist die Verbrüderung des Unmöglichen, es zwingt das sich widersprechende zum Kuß. (566f.)
„Eine Diskussion des Instinktproblems ohne Herbeiziehung des Begriffes des Unbewußten wäre unvollständig. Die instinktiven Vorgänge erfordern geradezu den ergänzenden Begriff des Unbewußten. Nach meiner Meinung ist das Unbewußte als die Totalität aller derjenigen psychischen Phänomene aufzufassen, denen die Qualität der Bewußtheit mangelt. Man kann diese psychischen Inhalte zweckmäßig als subliminale bezeichnen unter der Annahme, daß jeder psychische Inhalt einen gewissen energetischen Wert besitzen müsse, um überhaupt bewußt zu sein. Je tiefer der Wert eines Bewußtseinsinhaltes sinkt, desto leichter verschwindet letzterer unter der Schwelle. Daher enthält das Unbewußte alle verlorenen Erinnerungen, außerdem auch alle diejenigen Inhalte, welche noch zu schwach sind, um bewußtwerden zu können. Diese Inhalte entstehen durch unbewußte Kombinationstätigkeit, aus welcher auch die Träume entstehen. Zu diesen Inhalten kommen auch alle mehr oder weniger absichtlichen Verdrängungen peinlicher Vorstellungen und Eindrücke. Die Summe aller dieser Inhalte bezeichne ich als das persönliche Unbewußte. Darüber hinaus finden wir im Unbewußten auch die nicht individuell erworbenen, sondern vererbten Eigenschaften, also die Instinkte als die Antriebe zu Tätigkeiten, die ohne bewußte Motivierung aus einer Nötigung erfolgen. Dazu kommen die a priori vorhandenen, das heißt mitgeborenen Formen der Anschauung, der Intuition, die Archetypen[2] von Wahrnehmung und Erfassung, welche eine unvermeidliche und a priori determinierende Bedingung aller psychischen Prozesse sind. Wie die Instinkte den Menschen zu einer spezifisch Lebensführung veranlassen, so zwingen die Archetypen die Wahrnehmung und Anschauung zu spezifisch menschlichen Bildungen. Die Instinkte und die Archetypen der Anschauung bilden das kollektive Unbewußte. Ich nenne dieses Unbewußte kollektiv, weil es im Gegensatz zu dem oben definierten Unbewußten nicht individuelle, das heißt mehr oder weniger einmalige Inhalte hat, sondern allgemein und gleichmäßig verbreitete. Der Instinkt ist seiner Natur nach eine kollektive, das heißt allgemein und gleichmäßig verbreitete Erscheinung, welche mit der Individualität des Menschen nichts zu tun hat. Die Archetypen der Anschauung haben dieselbe Qualität wie die Instinkte, sie sind ebenfalls kollektive Phänomene. C.G.Jung, Werke 8, S.155f.
Zitate
Rosenberg, “Zeichen am Himmel” (Krummwisch 2001)
10
„...Zahllose entlaufen dem göttlichen Ruf, der sie in der Mitte jeder Stunde anruft.“
11
„Denn im Wirken des Zeitgeistes ist immer das Göttliche und sein Widersacher, Gott und der Teufel, zugleich tätig“.
15
Denn im Menschen wird der Kosmos aus bloßem Dasein zu geistigem Sinn verklärt.
Maß also ist aller Schöpfung eingemessen; im Menschen, dem Messenden werden diese Maße bewußt.
Himmel durchmaß mein Geist
Nun meß ich die Tiefen der Erde.
Ward mir vom Himmel der Geist
Ruht hier der irdische Leib
Mensus eram coelos, nuc terrae metior umbras, Mens coelestis erat, corporis umbra iacet. (Keplers Grabspruch)(Rosenberg, Zeichen, S.20/21)
Die größte Anschaulichkeit und Kraft finden sie (die Chaldäer) aber bei den fünf sogenannten Planeten, welche sie mit gemeinsamen Namen ‚Verkünder‘ (Dolmetsch des göttlichen Willens, Befehlsübermittler) nennen. Sie nennen sie so, weil sie im Gegensatz zu den übrigen, die unbeweglich sind und nur eine festbestimmte Umdrehung haben, allein ihren Weg gehen und so die Zukunft erkennen lassen, indem sie den Menschen die Absicht der Götter verdolmetschen. (Diodoros von Agyrion 21v. Chr. Geschichtsschreiber)
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Ursprünglich kannte die alte Zweistromlandkultur nur fünf Planeten, aus der eine Fünftagewoche hergeleitet wurde – erst aus der Verbindung der Planeten mit Sonne und Mond zu einer Siebenheit, spätestens 700 v. Chr. entstand die Siebentagewoche.
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Erst das werdende Christentum vermochte diesem seelischen Entleerungs- und sittlichen Verfaulungsprozeß einen Damm entgegenzusetzen, die schauenden Kräfte der Seele, deren Sprache der Mythos bildet, wieder zu erwecken und die Menschheit aus der Hybris und Größe des Rationalismus wieder in die geistige, heilsame himmlisch-irdische Doppelordnung zurückzuführen.
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Den „die Natur ist gleichsam der Alln, regiert von der Allseele“, sagt KARL JOEL von HERAKLIT, in seinem „Ursprung der Naturphilosophie aus dem Geiste der Mystik“.
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Denn nicht ist der „kosmische Mensch“ oder der Gott Kosmos nach dem Bilde des Menschen geformt – nicht hat der Mensch den Kosmos vermenschlicht – vielmehr ist es Überzeugung der alten Kosmologen, daß der Mensch seine Gestalt, Glieder und Organe, entsprechend der Form und Art des Großmenschen erhalten hat.
28 „Und wie auch die Tiere ihr Urbild in den Sternen haben und von dort stammen, so hat auch jeder einzelne Mensch, ja jedes einzelne Glied seines Körpers... sein getreues Abbild am Himmel in den zugehörigen Sternen“ (Proklos, Neuplatoniker , 410 – 485 n. Chr.)
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Nach Ihrem Tode, so besagt diese alte Lehre von der Seelenreise, steigt die Seele wieder durch alle Planetensphären hinauf, durch die sie herabgestiegen ist und legt in jeder derselben den Sternenstoff ab, der dieser Sphäre zugehört und von dem sie beim Abstieg imprägniert worden war. Nach einer anderen Überlieferung strebt die abgeschiedene Seele zu jenem Planeten, unter dessen Haupteinwirkung ihr Leben im Leibe gestanden hat... die Überzeugung, daß die Seele vom Himmel als ihrem Heimatlande herstammt und nach dem Tode wieder dorthin zurückkehrt...
...daß die Seele dem Äther zugehörig als ein abgetrennter Teil desselben... (Alexander Polyhistor von Milet , 100 v. Chr.)
Glaubenssatz der Stoa (300 v.Chr.)... daß die Seele ihrer Substanz nach himmlischer Natur und daß sie darum auch mit den Gestirnen verwandt sei.
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Die „Engel“ sind demnach vielfältig: Sterngeister, Zahlen, und zugleich die Urbilder von Völkern und Ländern
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verfügte der jüdische Kult über ein eigenes Orakel in Fragen des allgemeinen Wohls. Es waren dies die „Urim und Tumim“ genannten Edelsteinwürfel in einer edelsteinbesetzten, in Mose 2. 28, 30 genauestens beschriebenen Orakel-(Los-) Tasche. Die Verurteilung einer an einen fremden Kult gebundenen Astrologie hatte auch den Sinn, den Vorrang des Jahwe-Orakels zu wahren.
„Erschrecket nicht vor den Zeichen des Himmels“ (Jer. 10, 2)
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Astrologie gelangte zu den Griechen durch den Priester des Bel zu Babel, BEROSSOS, „Babylonische Geschichten“, das er um 280 v. Chr. dem König Antiochus von Syrien widmete
CICErO: daß „am Himmel nicht Zufall noch Unfefähr, noch Irrweg noch Eitelkeit, im Gegenteil durchaus nur Ordnung, Wahrheit, Vernunft und Dauer“ herrsche...
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Alexander des Großen Zug nach dem Osten (334 v. Chr.)... anhebt die Vereinigung griechischen und östlichen Denkens... nach dem Gesetz, daß der Besiegte geistig immer den Sieger erobert und ihm sein Wesen aufprägt
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Thot, des ägyptischen Hermes, dem Schreiber der Götter und Künder der Weisheit.
Römischer Dichter M.Manilius *9 n.Chr. ein frommer Mann im Sinne der Stoa...: „Und sieghaft hebt er zu den Sternen auf die Sternenaugen.“
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Kaiser Augustus (63v.Chr. bis 14 n. Chr.)der auch als eraster sein Horoskop veröffentlichen und sein Sternbild, den Steinbock, auf Münzen prägen lie0ß.
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Origines... gesteht zu, daß die Gestirne im voraus das Kommende anzeigen, aber nicht bewirken (in Hieremiam Homil.4, cap. 16, Eusebius, Praep. Evang. 6,11)
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„Sonntag“ n. sol invictus, 25.12. dies natalis solis, von Kaiser Aurelian 273 n.Chr. zum Reichsgott erhoben...
Darum belehrte Kaiser Konstantin, wie sein Zeitgenosse, der Kirchenhistoriker Eusebius (263 – 339) berichtet, als er das Christentum zur Staatsreligion erhob, sein ganzes Heer, mit Eifer den Tag des Erlösers zu feiern, der aauch nach dem Licht und nach der Sonne benannt wird.
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Hlg. 3 Könige „Magier“ (n. pers. maghusch: Mächtige) Priester der persischen Lichtreligion Zarathustras
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„An Sonne und Mond liest der Christ wie an ‚himmlischen Buchstaben‘ (ORIGINES, Genesisfragmente) den Text von der Schönheit Gottes, und was sich an den kosmischen Gestirnen begibt ist ihm göttliche Andeutung dessen, was sich im Mysterium des menschgewordenen Logos enthüllt und vollendet hat.“(HUGO RAHNER: Griechische Mythen in christlicher Deutung.)
In dieser Synthese, zu der PETRUS CHRYSOLOGUS die alte kosmische Sternenfrömmigkeit und christliches Erlösungsmysterium zusammenführt, drückt sich nochmals die Überzeugung des Altertums aus, daß die Sterne Zeichen sind für den Rhythmus der Wandelzustände im Kosmos, auf Erden und in der Seele. Doch nicht die Sterne zwingen das Geschöpf, sondern Gottes Wille bewegt die Sterne und die Menschenseele im gleichen Rhythmus. In den Sternen aber ist zu lesen was die vielschichtige Seele bewegt, die infolge ihrer Dunkelheit sich selber ohne ein anschauliches Medium nicht erfassen kann.
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wurde in der Prophetie des BILEAM(Num. 24,15-27) der Messias als Stern bezeichnet, ein Symbol, das sich im Spätjudentum darin auswirkt, daß der Führer des letzten großen jüdischen Aufstandes zur Zeit des Kaisers HADRIAN, BAR SOSIMA, von dem damaligen geistigen Haupt der Judenzeit, BEN AKIBA zum BAR KOCHBA, zum „Sternensohn“, das will besagen: zum Messias ausgerufen worden ist. Rosenberg, “Zeichen am Himmel” (Krummwisch 2001, S. 45
KEPLER hatte nämlich im Jahre 1603 eine Konjunktion von Jupiter und Saturn unter Hinzutreten eines überaus leuchtenden fixsternartigen Körpers beobachtet...
Daß diese groe Konjunktion im klassischen Land der Sternkunde beachtet wurde, dafür haben wir seit einigen Jahrzehnten den Beweis durch datierte Keilschrift-Tontafelnder damaligen Sternwarte Sippar bei Babylon, sog. Ephemeriden, die mit knappen Worten von jener Zeit berichten:“Jupiter und Saturn stehen in den Fischen.“ Dieses ereignete sich im Jahr 7 v. Chr.
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Die von KEPLER für das Jahr 7 v. Chr. beschriebene und seitdem wissenschaftlich immer genauer berechnete Konjunktion des Jupiter mit dem Saturn galt in allen Jahrtausenden als ein Aspekt von höchster Wichtigkeit für das Menschengeschlecht. Jupiter galt in Babylon als dr Stern des Lichtgottes und Weltschöpfers Marduk. In babylonischen Quellen wird er „Hirt der Sterne“, oder auch Regent der Planeten, der Königstern genannt, der dem irdischen König entsprechend als der Heil- und Friedensbringer, der aus der Fülle Schenkende, Gnade und Segen bewikt.
Aber auch Saturn birgt einen königlichen Aspekt, denn er wurde als „Stern der Sonne“, als ihr Stellvertreter gedeutet. Seiner Funktion nach war er der Stern der Gerechtigkeit, der Inbegriff einer gerechten göttlichen Weltordnung „im Himmel, wie auf Erden“.Als Stern der Sonne galt er als der Allsehende und Allweise, und darum als der Stern der Weisheit und Weissagung. Durch ihn wurde nach babylonischer Auffassung die geistige Zeugung bewirkt...Planet und Schutzherr des jüdischen Volkes, wie auch das Symbol des Sabbaths, des Saturntages.
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Da nun Saturn und Jupiter infolge ihrer königlichen Art als die „großen Zwillinge“ galten, mußte ihre Vereinigung einen Höhepunkt des Königtums des Himmels und der Erde nahelegen. Insbesondere mußte dann aber das Königtum Israels, dessen Stern ja Saturn darstellte, eine Erhöhung erfahren. Und dies Königtum mußte mehr als nur politische Bedeutung beinhalten – es wies in seiner Bedeutung über die Erde hinaus. Hatte doch die Vereinigung von Jupiter und Saturn in den Fischen seit etwa 900 Jahren nicht mehr stattgefunden.
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Denn der „Fisch“ ist in altjüdischer Überlieferung das Zeichen des Messias, weshalb noch heute bei jeder jüdischen Freitagabend-Feier, am Beginn des auf die messianische Endzeit weisenden Sabbaths, der Fisch als messianische Speise, als ein Vorkosten des Paradieses genossen wird.
Insoweit Jesus Mensch war, hatte er ein Horoskop – doch davon wird freilich seine Gottheit nicht berührt, die Wesen ist jenseits der Sterne, Schöpfer ist, nicht Geschöpf... Die Welt in der Zeit Jesu war voll von Astrologen und zumindest waren alle Griechenstädte, mit deren kulturellen Ausstrahlungen Jesus in enge Berührung kam, erfüllt von astrologischen Anschauungen. Und dennoch muß es unmöglich gewesen sein, durch dieses Mittel in dem galliläischen Zimmermannssohn und Wanderrabbi – der Jesus dem äußeren Anscheinnach gewesen ist – dem Messias zu entdecken. Ebd. 50
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PETRUS VON ABANO, Astrologe, Arzt und Philosoph +Anfang 14 Jhdt....die Schicksalsstunden aller Religionen –ihrer Entstehung und ihres Verfalls – zu berechnen versuchte. Er verstand demnach die Religion und vor allem das Christentum als rein geistesgeschichtliche, d.h. dem allgemeinen Geschichtsablauf unterworfene Geistform, nicht aber als unzerbrechliches Gefäß heilender Offenbarungswahrheit.
GUIDO BONATTI , der Astrologe der florentinischen Republik ...hatte...das Wunder der göttlichen Liebe im hl. Franziskus als Wirkung der Sterne dargestellt, womit er die göttliche Freiheit des Pneumatischen mit den sternentsprechenden psychischen Kräften verwechselte.
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ROGER BACON (1214-1294) „doctor mirabilis“ verurteilt und ins Gefängnis geschickt, da er rein relativistisch, im Anschluß an die arabische Lehre von den gro0ßen Planeten-Konjunktionen, das Christentum aus der Konjunktion des Jupiter mit dem Merkur herleitete.
Die Astrologie war ihrem Wesen nach von jeher Religion und Wissenschaft zugleich: Philosophie nennt sie darum KEPLER. Und in ihren reinsten und edelsten Vertretern einte sich frömmster Sinn und reinster Wahrheitsdrang. Das ganze Weltall ist in dieser Schau von Sinn und Vernunft durchdrungen, und nicht nur der Mensch ist beseelt, sondern auch die Kräfte des Himmels. Sagt doch selbst ORIGINES in contra Celsum 5,11, daß Sonne, Mond und Sterne nicht nur feurige Klumpen seien, wie der griechische Philosoph ANAXAGORAS (499-427 v. Chr.) dies behauptet, und er ist überzeugt, daß Helios und Selene dem allmächtigen Gott durch seinen eingeborenen Sohn ihre Gebete Darbringen. Doch so wie die Gestirne in einer Sphärenharmonie, in einer prästabilierten mathematischen Harmonie und Ordnung auf ihren Schöpfer zugeordnet sind und diese Zuwendung ihrer Existenz von Origines als Gebet ausgedrückt wird – so sind sie auch von Anfang an in geistig-physischer Einheit auf den Menschen zugeordnet als „Zeichen“(Gen. 1,14), als Zeichen des Willens des Schöpfers. Die in den Sternen waltenden Himmelskräfte sind die Kundgebungen einer vorhersehenden Gottheit, die nicht im All gebunden ist, sondern der Welt gebietet und in den Zeichen des Himmels den Menschen ihre Weisung gibt. In das Innere des Himmels dringt freilich kein Erschaffener ein, es sei denn, Gott öffne in einer Gnadenstunde seinem Propheten (Jesaia), oder seinem Seher(Johannes), das innere Auge, um von dem Unaussprechlichen Kunde zu bringen. Sonst aber wird der Wille Gottes in der Zeit vorzugsweise an den kosmischen Zeichen offenkundig. Das heißt: was aus der Welt des göttlichen Urwillens zur Schöpfung, zur Erde und zum Menschen hinziehet, offenbart sich zuerst in der Großwelt, dem Makrokosmos, erscheint zuerst in der Zeit als die „Zeichen am Himmel“. Von Christus, als demSohn des Vaters im überhimmlischen Reiche, Gott von Gott, Licht vom Lichte, kann Sternenweisheit wohl eine ferne Ahnung, aber kein sicheres Wissen bringen. Wenn sich aber dieser Christus der Erde zuneigt, wenn er gehorsam dem Willen des Vaters Mensch wird, dann leuchtet dieses Faktum zuerst im Sternenreich auf und hat seine Epiphanie (was hinableuchten, Erscheinen bedeutet), zuerst am Himmel, dann auf Erden. „Wir sahen seinen Stern aufleuchten“ berichten darum die Magier...“ den Stern, den sie bei seinem Aufleuchten gesehen“, d.h. bei seiner Epiphanie: denn die Geburt Jsu ist Epiphanie der Gottheit. Das drückt sichdarin aus, daß das alte Geburtsfest des Herrn, das Fest der Heiligen Drei Könige vom 6. Januar, von altersher kurzweg Epiphanie genannt wurde. Ebd. S. 52/53.
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Nach Isidor von Sevilla (Bischof und Kirchenlehrer, 560-636) ist der Sonntag, dies solis oder Herrentag, darum so genannt, weil Sol der Fürst aller Gestirne ist; mit der Sonne Christus beginnt die Woche von nun an. (zit.nach RAHNER: Das christliche Mysterium von Sonne und Mond, Eranos –Jahrbuch 1943, S. 327).
Die „Götter“
Der judäo-christlichen Lehre vom Gottesbund, Gottesehe steht die heidnische Antike fremd gegenüber.
„Die Götter sind erhöhte Menschen und Verkörperungen von stets vorhandenen Mächten, deren Willen und Launen man Rechnung tragen muß. Man muß ihre Numina sorgfältig in Betracht ziehen, sie durch Opfer günstig stimmen, wie archaische Fürsten durch Geschenke. Religion ist hier eine wachsame, sorgfältige, rücksichtsvolle, vorsichtige, kluge und zweckmäßige Haltung der größeren Macht gegenüber, also keine Spur eines recht- oder gefühlsmäßigen Kontraktes, der wie eine Ehe gebrochen werden kann.
C.G.Jung, Briefe
manifeste FUTURISTE DE LA LUXURE
Bibliotheque Nationale, Paris, 4° R 2616 (23)
Antwort an die Journalisten, die in unredlicher Absicht Sätze verstümmeln, um die Idee lächerlich zu machen —
an die Frauen, die denken, was ich auszusprechen gewagt habe -
an die Männer, für die die Wollust nichts anderes ist als Sünde -
an alle diejenigen, die in der Wollust nur ein Laster sehen, wie im Stolz nur die Eitelkeit.
Die Wollust außerhalb moralischer Vorstellungen und als wesentliches Element der Dynamik des Lebens begriffen, ist eine Macht.
Wie der Stolz ist die Wollust eine unzerstörbare Tugend, ein Feuer, an dem sich die Energien aufladen. Die Wollust ist der Ausdruck eines Wesens, das aus seinen Grenzen hinausgetreten ist; sie ist die schmerzliche Lust eines vollkommenen Leibes, der leidvolle Schmerz des Werdens. Sie ist die fleischliche Einswerdung, welcher Art auch die Geheimnisse sein mögen, die die Wesen vereinigen. Sie ist die Synthese des Sensorischen und Sensuellen zur höchsten Freiheit des Geistes. Sie ist die Vereinigung einer Parzelle der Menschheit mit der ganzen Sinnlichkeit der Welt, ihr panischer Schauder.
Die Wollust ist die Suche des Fleisches nach dem Unbekannten, wie der Intellekt die Suche des Geistes ist. Sie ist Schöpfung und Geschöpf. Das Fleisch ist schöpferisch wie der Geist. Beider Schöpfung ist nach den Maßstäben des Universums gleich. Beide haben den gleichen Rang. Und die geistige Schöpfung ist abhängig von der fleischlichen. Wir besitzen Körper und Geist. Den einen zu unterdrücken, um den anderen zu erhöhen, ist ein Zeichen von Schwäche und Verwirrung. Ein starkes Wesen muß alle leiblichen und geistigen Möglichkeiten, die in ihm liegen, verwirklichen. Die Wollust ist für den Eroberer ein Tribut, auf den er Anspruch hat. Nach einer Schlacht, in der Männer gefallen sind, müssen die Sieger, die Auslese des Krieges, nach den Gesetzen des Lebens im eroberten Land neues Leben zeugen, und sei es durch Vergewaltigung. Nach der Schlacht suchen die Soldaten die Wollust, um sich zu entspannen und neue Energien für den Angriff zu gewinnen. Die modernen Helden in allen Bereichen des Lebens brauchen das Begehren und die Lust. Das gilt auch für den Künstler - das große universelle Medium. Sogar die religiöse Exaltation der Illuminaten, deren Ideen durch den Reiz des Neuen viele Anhänger gewonnen haben, ist nur eine ins Geistige gelenkte Sinnlichkeit, die das Weibliche mit dem Nimbus des Helligen umgibt. Die Kunst und der Krieg sind die großen Manifestationen des Sinnlichen, deren höchster Ausdruck die Wollust ist. Ein ausschließlich geistig orientiertes Volk entartet ebenso wie ein ausschließlich dem sinnlichen Genuß ergebenes Volk: Beide werden steril. Die Wollust entfacht die Energien und entfesselt die Kräfte. Sie trieb die primitiven Völker erbarmungslos in den Krieg, um den Männern Gelegenheit zu geben, ihren Frauen die Trophäen der Besiegten zu Füßen zu legen Sie treibt heute die Mächtigen der internationalen Finanz, der Presse, der Industrie, Geld zu scheffeln, Massen aufzuwiegeln und Energien zu bändigen, um den Gegenstand ihrer Wollust zu schmücken und zu erhöhen Diese Männer finden trotz ihrer starken Beanspruchung Zeit für die Wollust, den Motor ihres Handelns, von dessen Reaktionen die Massen und die Volker bewegt werden Auch für die neueren Volker bei denen die Wollust noch nicht so offensichtlich in Erscheinung tritt die weder die Roheit der Primitiven noch das Raffinement der alten Zivilisationen besitzen, ist die Frau das beherrschende Prinzip, auf das alles ausgerichtet ist Die zurückhaltende Verehrung des Mannes für die Frau ist der noch unbewußte Drang einer schlummernden Wollust Bei diesen Völkern ist, ebenso wie bei den nordischen Völkern, die Wollust aus verschiedenen Gründen fast ausschließlich auf die Zeugung gerichtet Aber unter welchen Aspekten die Wollust sich auch offenbart normalen oder anomalen, immer ist sie das stärkste Stimulans
Das Leben des Primitiven wie das Leben des Tatmenschen und des geistigen Menschen fordert zu bestimmten Zeiten Stunden der Lust. Arbeit und Lust bedingen einander. Gemeinsam erst machen sie den vollkommenen Menschen aus. Die Wollust ist für den heldischen Menschen, für den geistig schöpferischen Menschen, für alle Herrennaturen die äußerste Exaltation ihrer Kraft. Sie ist für jedes Wesen ein Beweggrund, aus seinen Grenzen hinauszutreten, sich abzusondern, sich auszuzeichnen, ein Auserwählter zu sein.
Nur die christliche Moral, die die heidnischen Sittengesetze ablöste, betrachtet die Wollust als eine Schwäche.
Aus einer gesunden Lebensfreude, aus dem Aufblühen des Fleisches hat sie ein schimpfliches Laster gemacht. Sie hat die Lust scheinheilig verpönt, aus ihr eine Sünde gemacht.
Man soll aufhören, die Lust zu verhöhnen, diese zugleich subtile und brutale Anziehungskraft zweier Körper, gleich welchen Geschlechts, die zueinander verlangen, zur Vereinigung streben. Man soll damit aufhören, die Lust zu verhöhnen, indem man sie mit dem jämmerlichen und erbärmlichen Plunder veralterter steriler Sentimentalitäten verhüllt. Nicht die Wollust trennt und zersetzt und vernichtet - dies tun vielmehr die hypnotisierenden Wirkungen der Sentimentalität, die künstlichen Eifersüchteleien, die berauschenden und trügerischen Worte, das leere Pathos von Trennung und ewiger Treue, die literarischen Heimwehgefühle:
das ganze Schmierentheater der Liebe. Werfen wir den ganzen romantischen Plunder fort, die entblätterten Maßliebchen, die Duette im Mondenschein, die heuchlerische Scham! Die Menschen, die durch physische Anziehungskraft zueinander hingezogen werden, sollen nicht immer von der Zerbrechlichkeit ihres Herzens sprechen, sondern den Mut haben, ihr Begehren auszusprechen, ihre körperlichen Wünsche auszudrücken, sich Rechenschaft über die erhofften Freuden einer künftigen leiblichen Vereinigung zu geben. Die physische Scham, ihrem Wesen nach in allen Zeiten und Ländern von verschiedener Art, hat nur den ephemeren Wert einer sozialen Eigenschaft. Man muß sich der Wollust bewußt werden. Es gilt, aus der Wollust das zu machen, was ein intelligenter Mensch aus sich selbst macht: Es gilt, aus der Wollust ein Kunstwerk zu machen. Unbewußtheit und Verwirrung bei einer Geste der Liebe vorzutäuschen, ist Heuchelei, Schwäche oder Dummheit. statt sich im Rausch der Leidenschaft oder in unbewußter Gefühlswallung hinzugeben, die durch die Unvermeidlichkeit des ernüchternden Morgen verstärkt wird sollte man sorgfältig prüfen und auswählen Man sollte sich von der Intuition und dem Willen fuhren lassen Gefühlsregungen und sinnliches Begehren nüchtern abwägen Es sollten sich nur solche Partner zusammentun die sich gegenseitig ergänzen und steigern Mit der gleichen Bewußtheit und Zielstrebigkeit sollte man die Lust der Umarmung zur Ekstase fuhren alle Möglichkeiten entfalten um die höchste Wollust der fleischlichen Vereinigung zu erfahren Man sollte aus der Wollust ein Kunstwerk machen geschaffen mit Instinkt und Bewußtsein - wie jedes Kunstwerk Man muß die Wollust von allen sie verunstaltenden Schleiern der Sentimentalität befreien Bei einem gesunden Jungen Menschen tragt die Wollust stets den Sieg davon wenn sie sich im Widerstreit mit der Sentimentalität befindet Die
Sentimentalität folgt der Mode, die Wollust ist unwandelbar Die Wollust triumphiert, weil sie Exaltation der Lust ist die jedes Wesen über seine Grenzen hinausträgt Freude am Besitzen und Beherrschen, ständiger Sieg, der ständigen Kampf erzeugt, berauschende Trunkenheit der Eroberung, sich immer wieder erneuernd
Die Wollust ist eine Macht, denn sie reinigt den Geist, indem sie alle Unruhen des Leibes ausbrennt Aus einem gesunden und starken Leib, der durch die Umarmung geläutert ist, sprudelt ein klarer und heller Geist Nur die Schwachen und Kranken werden von ihr zugrunde gerichtet
Die Wollust ist eine Macht, denn sie tötet die Schwachen und macht die Starken stärker. So schafft sie eine Elite
Die Wollust ist eine Macht, weil sie die Abgeschmacktheit der Definition zeigt Ihr ist das Gefühl der Sicherheit fremd, das die Sentimentalität verleiht, Wollust ist ewiger Kampf ohne Sieg Nach dem flüchtigen Triumph erwacht von neuem die Unrast, die den Menschen übermächtig zwingt, sein Wesen zu entfalten sich selbst zu übertreffen Die Wollust ist für den Körper was die Idee für den Geist ist eine großartige Chimäre, nach der alle Jungen und lebensgierigen Menschen unaufhörlich Jagen, von ihr berauscht die sich aber jedem Zugriff entzieht
Die Wollust ist eine Macht.
Valentine de Saint-Point
Paris, den 11. Januar 1913
Avenue de Tourville, 19
(1914 wurde dieses Flugblatt in einer Auflage von fast
einer Million Exemplaren verbreitet.)
Walter Benjamin (1938) über die Gründerzeit
Der Keim der heutigen Barbarei liegt in ihr bereits eingefaltet. Die Raubtierlust am Geleckten und Säuberlichen bestimmt ihren Schönheitsbegriff von Hause aus...
...Mit dem Nationalsozialismus trat ein Programm in Kraft, das für die Sphäre des deutschen Hauses, besonders für den Wirkungsbereich der Frau, die Ideale der Gründerzeit, vom Weltenbrand angeleuchtet, verbindlich machte...
...Tierschutzgesetze wurden im dritten Reich (in der Tat) beinahe ebensoschnell erlassen, wie die Konzentrationslager eingerichtet...
WA 9/579
*
Drache ist Halbbruder der Sphinx...„ ... sie personifiziert formal die „furchtbare“ oder „verschlingende“ Mutter...
Die Genealogie der Sphinx ist reich an Beziehungen zu dem hier angeregten Problem: sie ist eine Tochter der Echidna, eines Mischwesens, oben eine schöne Jungfrau, unten eine greuliche Schlange. Dieses Doppelwesen entspricht dem Bilde der Mutter: oben die menschliche, liebenswerte, anziehende Hälfte, unten die animalische durch das Inzestverbot in ein Angsttier umgewandelte, furchtbare Hälfte. Die Echidna stammt von der Allmutter, der Mutter Erde, Gäa, welche sie mit Tartaros, der personifizierten Unterwelt, zeugte. Echidna selber ist die Mutter aller Schrecken, der Chimära, Scylla, Gorgo, Des scheußlichen Cerberus, des nemeischen Löwen und des Adlers, der des Prometheus Leber fraß, außerdem zeugte sie noch eine Reihe von Drachen. Einer ihrer Söhne ist Orthrus, der Hund des Ungeheuerlichen Geryon, der von Herakles getötet wurde. Mit diesem Hunde, ihrem Sohn, erzeugte Echidna in blutschänderischem Beischlafe die Sphinx. Diese Materialien dürften genügen, um den Symbolkomplex der Sphinx zu charakterisieren. Es ist klar, daß ein derartiger Faktor durch die Lösung eines Kinderrätsels nicht erledigt war. Das Rätsel war eben gerade die Falle, welche die Sphinx dem Wanderer stellte. Infolge der Überschätzung seines Verstandes tappte er in echt männlicher Weise hinein und beging, ohne es zu wissen, den frevelhaften Inzest. Das Rätsel der Sphinx war sie selber, nämlich das furchtbare Mutterbild, von dem sich Ödipus nicht warnen ließ.“ (ebd. 228, f.)
„ ... daß die sieben Köpfe des Drachen sieben Berge bedeuten, auf denen das Weib sitzt. Es dürfte sich hier um einen deutlichen Hinweis auf Rom handeln, also auf die Stadt, deren irdische Macht die Welt in der Zeit des Apokalyptikers bedrückte.“ (ebd. S 271)
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„Der Drache drückt...als negatives Mutterbild den Widerstand gegen den Inzest, beziehungsweise die Angst davor aus. Drache und Schlange sind die Symbolrepräsentanten der Angst vor den Folgen der Tabuverletzung, das heißt der Regression zum Inzest. Es ist daher verständlich, wenn wir immer wieder dem Baum mit der Schlange begegnen. Der Schlange und dem Drachen kommt besonders die Bedeutung des Schatzhüters und –verteidigers zu. In diesem Sinne tritt im altpersischen Tishtriyalied auch das schwarze Pferd Apaosha auf, indem es die Quellen des Regensees besetzt hält. Das weiße Pferd Tishtriya stürmt zweimal vergebens gegen Apaosha an, das dritte Mal gelingt es ihm, mit Hilfe Ahuramazdas ihn zu überwältigen. Darauf öffnen sich die Schleusen des Himmels, und fruchtbarer Regen ergießt sich über die Erde. In der Symbolik dieses Liedes sieht man deutlich, wie Libido gegen Libido, Trieb gegen Trieb gesetzt, wie das Unbewußte uneins mit sich selber ist, und wie der mythologische Mensch in allen Widrigkeiten und Gegensätzlichkeiten der äußeren Natur dieses Unbewußte wahrnahm, ohne zu ahnen, daß er darin den paradoxen Hintergrund seines Bewußtseins erblickte.
Der von der Schlange umwundene Baum ist also wohl als das Symbol der von der Angst vor dem Inzest verteidigten Mutter zu verstehen. Dieses Symbol ist auf mithrischen Denkmälern nicht selten. Ähnlich ist der von der Schlange umwundene Fels aufzufassen, denn Mithras (auch Men) ist ein Felsgeborener. Die Bedrohung des Neugeborenen durch die Schlange (Mithras, Apollo, Herkules) erklärt sich durch die Legende der Lilith und der Lamia. Python, der Drache der Letho, und Poine, die das Land des Krotopos verwüstet, sind vom Vater des Neugeborenen entsendet: diese Tatsache läßt erkennen, daß der Vater die Ursache der Angst ist. Was bekanntlich FREUD Anlaß zu seinem äthiologischen Mythus von der Urhorde mit dem eifersüchtigen alten Männchen an der Spitze gegeben hat. Die unmittelbare Vorlage dazu ist natürlich die Eifersucht Jahwes, welcher sein Weib Israel vor der Hurerei mit fremden Göttern bewahren will. Der Vater repräsentiert die Welt der moralischen Verbote und Gebote, wobei aus Mangel an Information über die Verhältnisse der Urzeit die Frage offenzubleiben hat, inwiefern nicht gewisse allgemeine Notzustände viel eher die ersten Moralgesetze erklären als die familiären Präokkopationen des Urvaters“. V/ S. 334f)
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Anm.: 113 „Der Höhlendrache ist die furchtbare Mutter. Häufig erscheint in der deutschen Sage die zu erlösende Jungfrau als Schlange oder Drache und muß in dieser Gestalt geküßt werden; dadurch verwandelt sich der Drache in ein schönes Weib. Gewissen weisen Frauen wird ein Fisch- oder Schlangenschwanz beigelegt. In den „goldenen Berg“ war eine Königstochter als Schlange verwünscht. Im Oselberg bei Dinkelsbühl haust eine Schlange mit Frauenkopf und Schlüsselbund am Halse.“ (ebd S. 462)
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Durch seine Zwiesprache mit dem Vogel lockt Siegfried aber Fafner aus der Höhle. Seine Sehnsucht nach der Mutter-Imago hat ihn unvermutet der Gefahr ausgesetzt, zurückzuschauen nach der Kindheit und der menschlichen Mutter, die sich sofort in den toddrohenden Drachen verwandelt. Damit lockt er den schlimmen Aspekt des Unbewußten, nämlich dessen verschlingende Natur hervor, personifiziert durch den höhlenbewohnenden Waldschrecken. Fafner ist der Schatzhüter; in seiner Höhle liegt der Hort, die Quelle des Lebens und der Macht. Die Mutter besitzt anscheinend die Libido des Sohnes (neidisch bewacht sie diesen Schatz), und dem ist auch in Wirklichkeit so, solange nämlich der Sohn seiner selbst unbewußt bleibt. In psychologische Sprache übersetzt heißt das: In der Mutter-Imago, das heißt im Unbewußten, liegt die „schwer erreichbare Kostbarkeit“ verborgen. Mit diesem Symbol wird das Geheimnis des Lebens angedeutet, von dem die Mythologie in zahllosen Symbolen spricht. C.G. JUNG, G.W. V, S. 464.
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„Der den Drachen bekämpfende Held hat vieles mit dem Drachen gemeinsam, respektive er übernimmt Eigentümlichkeiten von ihm, zum Beispiel die Unverwundbarkeit, die Schlangenaugen usw. Drache und Mensch können ein Brüderpaar sein, wie auch Christus sich selbst mit der Schlange identifiziert, welche –similia similibus- die Schlangennot in der Wüst bekämpft hat. (Johannes 3, 14) Als Schlange soll er am Kreuz „erhöht“ werden, das heißt als Mensch, der nur Menschliches denken und wünschen und darum nur immer wieder, zurückschauend, nach Kindheit und Mutter sich sehnen kann, soll er in seine Vergangenheit zurückblickend sterben. Diese Formulierung soll nicht mehr bedeuten als eine psychologische Interpretation des Kreuzigungssymboles, welches vermöge seiner durch die Jahrtausende sich erstreckende Wirkung eine das Wesen der menschlichen Seele irgendwie treffende Idee sein muß. Wäre es nicht so, so wäre dieses Symbol längstens untergegangen.“ (ebd S 468)
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„Die im Antichristusmythus sich bergende Drachensage gehört zum Leben des Helden und ist deshalb unsterblich. Nirgends in neueren Mythenformen sind die Gegesatzpaare so fühlbar einander nahe wie in Christus und Antichrist. Daß der Drache nur künstlich sei, ist ein hilfreicher rationalistischer Einfall. Damit werden die unheimlichen Götter wirksam banalisiert“. (ebd. S. 470)
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„ Der chtonische Gott war wohl eine in einer Höhle wohnende Schlange und wurde mit pelanoi gefüttert. In den Asklepieia der späteren Zeit waren die heiligen Schlangen kaum mehr sichtbar, das heißt sie waren vielleicht nur noch figürlich vorhanden. Es war nur noch das Loch da, in dem die Schlange wohnen sollte. Dort wurden die pelanoi (Opferkuchen) hineingelegt und später der Obolus hineingeworfen...Aus dem Schlangenloch war ein Geldeinwurf, ein „Opferstock“ entstanden, und aus der Höhle ein „Hort“. (ebd. S 475)
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„Die Schlange liegt hier als Hüterin des Hortes auf dem Thesaurus. Die Angst vor dem Mutterschoß des Todes ist zur Wächterin des Lebensschatzes geworden. Daß die Schlange in diesem Zusammenhang wirklich ein Todessymbol ist, geht aus dem Umstand hervor, daß die Seelen der Verstorbenen, den chtonischen Göttern gleich, als Schlange erscheinen, als Bewohner des Reiches der Todesmutter...(Etymologie von Hort, Höhle Unterleib...)
Der Schatz, den der Held aus der dunklen Höhle herausholt, ist das Leben, ist er selber, neugeboren aus der dunkeln Mutterleibshöhle des Unbewußten, in welche die Introversion oder die Regression ihn versetzt hatte. So heißt der indische Feuerhohler Mataricvan = der in der Mutter Schwellende. Der Held ist als der an der Mutter haftende der Drache und als der aus der Mutter Wiedergeborene der den Drachen Überwindende. Er hat diese paradoxe Natur mit der Schlange gemeinsam. Nach PHILO ist sie von allen Tieren das geistigste, ihre Natur ist die des Feuers, ihre Schnelligkeit gewaltig Sie hat ein langes Leben, und mit ihrer Haut streift sie auch das Alter ab. In Wirklichkeit ist die Schlange ein Kaltblüter, unbewußt und unbezogen. Sie ist tödlich und heilkräftig, gleicherweise ein Symbol des bösen und des guten Dämons (Agathodaimon), des Teufels und Christi. Schon den Gnostikern gilt sie als ein Vertreter des Hirnstammes und des Rückenmarkes, was mit ihrer vorwiegend reflektorischen Psyche wohl übereinstimmt. Sie ist ein treffliches Symbol des Unbewußten, welches dessen unerwartete, plötzliche Gegenwart, dessen peinliches oder gefährliches Dazwischentreten und dessen angsterregende Wirkung ausdrückt. Als ein reines Psychologem verstanden ist der Held ein positiver, günstiger Akt des Unbewußten, der Drache dagegen stellt umgekehrt einen negativen und ungünstigen Akt dar, kein Gebären, sondern ein Verschlucken, keine aufbauende Wohltat, sondern geizige Zurückhaltung und Zerstörung.“ C. G. JUNG, G. W. V, S. 477 f.
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„ Das jährliche Jungfrauenopfer an den Drachen stellt wohl den Idealfall eines Opfers auf der mythologischen Stufe dar. Um den Zorn der furchtbaren Mutter zu stillen, opfert man die schönste Jungfrau als das Symbol seiner Begehrlichkeit. Mildere Formen sind das Opfer der Erstgeburt und verschiedener wertvoller Haustiere. Ein zweiter Idealfall ist die Selbstentmannung im Dienst der Mutter; eine mildere Form davon ist die Beschneidung. Dabei wird wenigstens ein Stück geopfert, was bereits einem Opferersatz durch einen symbolischen Akt gleichkommt. Mit diesen Opfern, deren Gegenstände begehrte und geschätzte Besitzobjekte darstellen, wird eben dieses triebhafte Begehren, die Libido, aufgegeben, um sie in erneuerter Gestalt wiederzugewinnen. Im Opfer kauft man sich von der Todesangst los und versöhnt sich den opferheischenden Hades. In jenen späteren Kulten, wo der Heros, der seit alters in seinen Taten alles Übel und den Tod überwindet, zur göttlichen Hauptfigur geworden ist, wird er zum priesterlichen Selbstopferer und zum Wiedererzeuger des Lebens....“ (ebd S 545)
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Anm.: Ich möchte hier an eine interessante Bemerkung KANTS erinnern: in seinen Vorlesungen über Psychologie (Leipzig 1889) weist er hin auf den „im Felde der dunkeln Vorstellungen liegenden Schatz, der den tiefen Abgrund der menschlichen Erkenntnisse ausmacht, den wir nicht erreichen können“. Dieser Schatz ist...die Summe der urtümlichen Bilder, in denen die Libido investiert ist oder, besser ausgedrückt, welche die Selbstdarstellung der Libido sind. (GW. 7, S. 177)
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Wie ich früher ausführlich zeigte, liegt in der regressiven Sehnsucht, welch FREUD bekanntlich als „infantile Fixierung“ oder als „Inzestwunsch“ auffaßt, ein besonderer Wert und eine besondere Notwendigkeit, die zum Beispiel in den Mythen dadurch hervorgehoben werden, daß es gerade der Stärkste und Beste des Volkes , nämlich sein Held ist, der der regressiven Sehnsucht nachgeht und sich absichtlich in die Gefahr begibt, vom Monstrum des mütterlichen Untergrundes sich verschlingen zu lassen. Er ist aber nur darum ein Held, weil er sich nicht endgültig verschlingen läßt, sondern das Monstrum besiegt, und zwar nicht nur einmal, sondern viele Male. Aus der Überwindung der Kollektivpsyche erst ergibt sich der wahre Wert, die Eroberung des Hortes, der unbesiegbaren Waffe, des magischen Schutzmittels, oder was immer der Mythus an begehrenswerten Gütern ersinnt. Wer sich daher mit der Kollektivpsyche identifiziert – mythisch ausgedrückt: wer sich vom Monstrum verschlingen läßt – und so in ihr aufgeht, der ist zwar beim Horte, den der Drache bewacht, aber höchst unfreiwillig und zu seinem eigenen größten Schaden.
Die Gefahr daher, daß einer der Kollektivpsyche durch Identifikation verfalle, ist nicht gering. Tritt die Identifikation ein, so ist damit ein Rückschritt geleistet, eine Torheit mehr erzeugt, und obendrein das Prinzip der Individuation geleugnet und verdrängt unter der MASKE DER INDIVIDUELLEN Tat und im Nebel der Einbildung, man habe sein Eigenstes entdeckt. In Wirklichkeit hat man nicht sein Eigenstes entdeckt, sondern die ewigen Wahrheiten und Irrtümer der Kollektivpsyche. In der Kollektivpsyche geht man seinem eigensten verloren.
Die Identifikation mit der Kollektivpsyche ist daher ein Mißerfolg, der in anderer Form ebenso kläglich endet, wie der erste Weg, der zur Abschneidung der Persona von der Kollektivpsyche führt. (GW.7, S. 303)
Wie der lebende Körper mit seinen besonderen Eigenschaften ein System von Anpassungsfunktionen an Umweltbedingungen ist, so muß auch die Seele diejenigen Organe der Funktionssystemen aufweisen, welche regelmäßigen physikalischen Vorkommnissen entsprechen. Ich meine damit nicht die organbedingten Sinnesfunktionen, sondern vielmehr eine Art psychischer Parallelerscheinungen zu den physischen Regelmäßigkeiten. So müßten sich z.B. der tägliche Sonnenlauf und der Wechsel von Tag und Nacht psychisch abbilden in Form eines seit Urzeiten eingeprägten Bildes. Wir können nun ein solches Bild nicht nachweisen; was wir aber anstatt dessen auffinden, das sind mehr oder weniger phantastische Analogien des physischen Vorganges: An jedem Morgen wird ein Gott-Held aus dem Meere geboren, er besteigt den Sonnenwagen. Im Westen erwartet ihn eine Große Mutter, die ihn am Abend verschlingt. Er durchwandert in einem Drachenbauch den Grund des Mitternachtsmeeres. Nach furchtbarem Kampf mit der Nachtschlange wird er am Morgen wiederum geboren. (GW. 8, S 177)
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Drachen hausen an Wasserläufen, besonders gerne an Furten oder sonstigen gefährlichen Übergängen, Djinns und sonstige Teufel in wasserleeren Wüsten oder gefährlichen Felsklüften, die Totengeister bewohnen das unheimliche Dickicht des Bambuswaldes, verräterische Nixen und Wasserschlangen die Meerestiefen und Wasserstrudel. Mächtige Ahnengeister oder Götter leben im bedeutenden Manne, verderbliche Fetischkraft sitzt im Fremden und Außergewöhnlichen. Krankheit und Tod sind nie natürlich, sondern stets durch Geister oder Hexerei verursacht. Selbst die Waffe, die getötet hat, ist mana, das heißt mit ungewöhnlicher Kraft begabt. (ebd. 179)
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Wie Argos ein Wächter ist, so kommt auch dem Sternbild des Draco eine allesüberschauende Stellung zu in den Aratuszitaten des HIPPOLYTUS. Er wird dort als der geschildert, „der von der Höhe des Poles auf alles herunterschaut und in allem darauf sieht, daß ihm nichts von dem, was geschieht, verborgen bleibe“. Diese Drache ist sozusagen schlaflos, da der Pol „niemals untergeht“. Er erscheint oft vermischt mit dem gewundenen Sonnenweg am Himmel...Die Zodiakalzeichen werden von der Schlange gelegentlich auf dem Rücken getragen. Wie EISLER hervorhebt geht durch die Zeitsymbolik das Allsehende des Draco auf Chronos über... Der ouroboros bedeutet bei HORAPOLLO Ewigkeit (aivn ) und Kosmos.(ebd 224)
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Mythologem..., wo Schlange oder Drache, Hort oder Höhle eine der Bewährungsproben des Heldenlebens darstellen.(ebds.321)
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Das Absinken in die Triebsphäre führt darum nicht zur bewußten Realisierung und Assimilation des Triebes, weil das Bewußtsein sich sogar mit Panik dagegen sträubt, von der Primitivität und Unbewußtheit der Triebsphäre verschlungen zu werden. Diese Angst ist ja der ewige Gegenstand des Heldenmythus und das Motiv zahlloser Tabus. Je näher man der Instinktwelt kommt, desto heftiger meldet sich der Drang, von ihr loszukommen und das Licht des Bewußtseins vor der Finsternis heißer Abgründe zu retten. Der Archetypus aber als das Bild des Triebes ist psychologisch ein geistiges Ziel, zu dem die Natur des Menschen drängt; das Meer, zu dem alle Flüsse ihre gewundenen Weg bahnen; der Preis, welchen der Held dem Kampfe mit dem Drachen abringt. (ebd. S 239)
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„große Träume“...Sie verwenden nämlich zahlreiche Mythologeme, die das Leben des Heros, das heißt jenes größeren Menschen halbgöttlicher Natur charakterisieren. Hier gibt es gefährliche Abenteuer und Bewährungsproben, wie sie in Initiationen vorkommen. Es gibt Drachen, hilfreiche Tiere und Dämonen. Wir begegnen dem alten Weisen, dem Tiermenschen, dem verborgenen Schatz, dem Wunschbaum, dem Brunnen, der Höhle, dem ummauerten Garten, den Wandlungsprozessen und Substanzen der Alchemie usw. , lauter Dingen, die sich nirgends mit den Banalitäten des Alltags berühren. Der Grund hiefür ist, daß es sich um die Verwirklichung eines Persönlichkeitsteiles handelt, der noch nicht war, sondern erst im Begriffe ist, zu werden. GW. VIII, S. 323
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Den Weg des Wassers, der immer nach unten geht, muß man wohl gehen, wenn man den Schatz, das kostbare Erbe des Vaters, wieder heben will. Im gnostischen Hymnus der Seele wird der Sohn von den Eltern ausgesandt, um die Perle zu suchen, die aus der Krone des königlichen Vaters verlorenging. Sie ruht im Grunde eines tiefen, von einem Drachen bewachten Brunnens im Lande der Ägypter, der fleischeslüsternen und trunkenen Welt der Reichtümer physischer und geistiger Natur. Der Sohn und Erbe zieht aus, um das Juwel zu holen, und vergißt sich selbst und seine Aufgabe in der Orgie ägyptischer Wollust, bis ein Brief des Vaters ihn daran erinnert, was seine Pflicht ist. Er macht sich auf zum Wasser und taucht in die dunkle Tiefe des Brunnens, wo er am Grunde die Perle findet, um sie schließlich der höchsten Gottheit darzubringen. (GW 9/1, S. 27)
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Was ein archetypischer Inhalt immer aussagt, ist zunächst sprachliches Gleichnis. Spricht er von Sonne und identifiziert mit ihr den Löwen, den König, den vom Drachen bewachten Goldschatz und die Lebens- oder „Gesundheitskraft“ des Menschen, so ist es weder das eine noch das andere, sondern das unbekannte dritte, das sich mehr oder weniger treffend durch alle diese Gleichnisse ausdrücken läßt, das aber- was für den Intellekt stets ein Ärgernis bleiben wird- unbekannt und unformulierbar bleibt...(ebd. S. 171)
Oft ist das Kind in Anlehnung an das christliche Vorbild gestaltet, häufiger aber entwickelt es sich aus durchaus unchristlichen Vorstufen, nämlich aus Unterwelttieren, wie Krokodilen, Drachen, Schlangen oder aus Affen. Öfters erscheint das Kind in Blumenkelchen oder aus einem goldenen Ei oder als Mittelpunkt eines Mandalas. In den Träumen tritt es häufig auf als Sohn oder Tochter, als Knabe, Jüngling oder Jungfrau, gelegentlich wie von exotischer Herkunft, chinesisch, indisch, mit dunkler Hautfarbe, oder mehr kosmisch, unter den Sternen oder mit einem Sternenkranz umgürtet, als Königsohn oder als Hexenkind mit dämonischen Attributen. Als ein Spezialfall des Motivs der „schwer erreichbaren Kostbarkeit“ ist das Kindmotiv äußerst wandelbar und nimmt alle möglichen Formen an, wie die des Edelsteines, der Perle, der Blume, des goldenen Eies, der Quaternität, der Goldkugel usw. Es erweist sich als beinahe unbegrenzt auswechselbar mit solchen und ähnlichen Bildern. S. GW 9/1, S. 173.
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...Besonders die Bedrohung der Selbsteigenheit durch Drachen und Schlangen weist auf die Gefahr hin, daß die Bewußtseinserwerbung von der Instinktseele, dem Unbewußten, wieder verschluckt wird .Die niederen Vertebraten sind seit alters beliebte Symbole der kollektiven psychischen Grundlage (Anm.: Höhere Vertebrate symbolisieren hauptsächlich Affekte), deren anatomische Lokalisation mit den subkortikalen Zentren, dem Zerebellum und dem Rückenmark, zusammenfällt. Diese Organe bilden die Schlange. Schlangenträume ereignen sich daher in der Regel bei Deviationen des Bewußtseins von der Instinktgrundlage. (ebd. S. 180)
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Ich bezeichne die „übergeordnete Persönlichkeit“ gewöhnlich als „Selbst“, womit ich eine scharfe Trennung mach zwischen dem Ich, das bekanntlich nur soweit wie das Bewußtsein reicht, und dem Ganzen der Persönlichkeit, in welches neben dem bewußten Anteil auch der unbewußte einbezogen ist. Das ich steht also dem „Selbst“ wie ein Teil dem Ganzen gegenüber. Insofern ist das Selbst übergeordnet. Das Selbst wird auch empirisch nicht als Subjekt, sondern als Objekt empfunden, und zwar vermöge seines unbewußten Anteils, , der nur indirekt, nämlich via Projektion, zur Bewußtheit gelangen kann. Durch den unbewußten Anteil ist das Selbst dermaßen vom Bewußtsein entfernt, daß es nur zum einen Teil durch menschliche Figuren ausgedrückt wird, zum anderen aber durch sachliche , abstrakte Symbole. Die menschlichen Figuren sind Vater und Sohn, Mutter und Tochter, König und Königin, Gott und Göttin. Theriomorphe Symbole sind Drache, Schlange, Elefant, Löwe, Bär, oder sonstwie mächtige Tiere, oder im Gegenteil Spinne, Krebs, Schmetterling, Käfer, Wurm usw. Pflanzliche Symbole sind in der Regel Blumen (Lotus und Rose). Diese leiten über zu geometrischen Gebilden, wie Kreis, Kugel, Quadrat, Quaternität, Uhr, Firmament usw. Die unbestimmte Reichweite des unbewußten Anteils macht eben eine völlige Erfassung und Beschreibung der menschlichen Persönlichkeit unmöglich. Infolgedessen ergänzt das Unbewußte das Bild durch lebende Figuren, die vom Tier bis zur Gottheit, als den beiden außermenschlichen Extremen, reichen, und überdies das Animalische durch die Beifügung des Vegetabilischen und des Anorganisch-Abstrakten zu einem Mikrokosmos vervollständigen. Diese Ergänzungen finden sich übrigens mit großen Häufigkeit bei anthropomorphen Gottesbildern als sogenannte Attribute. GW 9/1S. 204)
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Das zweite Bild stellt ein Drachenungeheuer dar...
Es handelt sich um einen vom Traum erfundenen Maler. Der Animus erscheint öfters als Maler oder hat einen Projektionsapparat, ist Kinooperateur oder Besitzer einer Gemäldegalerie, was sich auf den Animus als zwischen Bewußt und Unbewußt vermittelnde Funktion bezieht: das Unbewußte nämlich enthält Bilder, die durch den Animus vermittelt, das heißt manifest werden, entweder als Phantasiebilder oder unbewußt als gehandeltes und gelebtes Leben. Aus der Projektion des Animus entstehen phantastische Liebes- oder Haßbeziehungen zu „Helden“ oder „Dämonen“. Besondere Opfer sind Tenöre, Künstler, Kinostars, Sportgrößen usw. (Amulette gegen den bösen Blick (werden) von Primitiven gerne im Nacken getragen, denn im Rücken, wo man nicht sieht, ist die verwundbare Stelle) c
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Die Kinnabaris (Zinnober) gilt auch als identisch mit der Drachen Ouroboros. Schon bei Plinius heißt der Zinnober sanguis draconis, Drachenblut, welche Bezeichnung durch das ganze Mittelalter bestehen bleibt.(ebd S. 320)
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Der Mercurius bildet in unserem Fall ein weltumgürtendes Band, welches sonst gewöhnlich durch die Schlange dargestellt ist. Mercurius ist ein serpens oder draco in der Alchemie (serpens mercurialis“).
Anm.: Aus Codex Vaticanus 190 : Es hat der allweise Gott einen ungeheuer großen Drachen von riesiger Länge, Breite und Tiefe geformt, welcher seinen dunkelfarbigen Kopf, den sogenannten Hinaufsteigenden, gegen Sonnenaufgang zu und seinen Schwanz den sogenannten Hinabsteigenden, nach Sonnenuntergang zu hat...Damals nun setzte der allweise Demiurg durch seinen höchsten Befehl den großen Drachen mitsamt dem verzierten Kranze, d.h. also den zwölf Tierkreisbildern, die er auf seinem Rücken trug, in Bewegung. EISLER (Weltenmantel und Himmelszelt p. 389)bringt diese Zodiakalschlange mit dem Leviathan in Zusammenhang. Der Drache als Symbol des Jahres...z.B. HORUS APOLLO: „Wie ferner sich die Schlange jährlich ihrer Haut und ihres Alters zugleich entledigt, so erneuert und verjüngt sich sozusagen auch die jährliche Bahn, welche durch die Umdrehung des Kosmos erzeugt wird, indem sie sich verwandelt.(Ebd. S 330)
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...Traum schildert einen unbewußten Integrationsprozeß. Alle Tiere werden von dem einen verschlungen. Dann kommt die Enantiodromie: der Drache verwandelt sich in ein Pneuma, welches eine göttliche Quaternität darstellt. Darauf folgt die Apokatastasis, eine Auferstehung der Toten. (ebd. S. 379)
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Die Schlange personifiziert in der Regel das Unbewußte; der Fisch dagegen stellt meist einen Inhalt desselben dar. Dergleichen subtile Unterschiede sind bei der Deutung eines Mandalas in Betracht zu ziehen, denn die beiden Symbole entsprechen sehr wahrscheinlich zwei verschiedenen Entwicklungsstufen, wobei die Schlange einen primitiveren und triebhafteren Zustand darstellen als der Fisch, dem auch historisch die höhere Autorität als der Schlange zufällt (Ichtyssymbol!). (ebd. S.391)
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Im alchemistischen Prozeß wird der serpens mercurialis, der Drache, in den Adler, den Pfau, die Gans des Hermes oder in den Phönix verwandelt...
... Schattenaspekt des Mandalas repräsentierte das zu ordnende Unordentliche und Aufzulösende, das „Chaos“, das sich hinter dem Selbst birgt und sofort in gefährlicher Weise in Erscheinung tritt, wenn der Individuationsprozeß zum Stillstand kommt, beziehungsweise wenn das Selbst nicht realisiert wird und darum unbewußt bleibt. Dieses Stück Psychologie haben die Alchemisten durch ihren Mercurius duplex, der einerseits als Hermes der Mystagogo und Psychopompos, andererseits der giftige Drache, der böse Geist und der „trickster“ ist, dargestellt. (ebd. S. 398)
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Im Feuer befindet sich der zu wandelnde Dache, die chtonische Form der anima mundi.(ebd. S. 405)
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Saturn ist ein „schwarzer Stern“, seit alters ein „maleficus“. „Dragons, serpents, scorpions, viperes, renards, chats et souris, oiseaux nocturnes et autres engeances sournoises sont le lot de Saturne“ (GW 9/2 S. 84)
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Wie der Europäer annimmt, das Krokodil sei ein böses, menschenfressendes Tier, so nimmt der primitive Neger das Gegenteil an, denn Krokodile fressen nach seiner Auffassung nur ausnahmsweise Menschen, und zwar nur solche, auf die sie, angestachelt durch einen feindlichen Medizinmann, es abgesehen haben. Ist man gar ein Krokodilsbruder, dann besteht überhaupt keine Gefahr. So hat auch der Westen den ausnahmsweisen Gegensatz zwischen Geist und Erde perpetuiert und läßt sich darob ethisch nicht zur Ruhe kommen. Der Chinese glaubt an den „Geist der Schwere“, und der Drache, den wir uns gerne in finsteren Höhlen denken, funkelt ihn als fröhliches Feuerwerk am Himmel und vertreibt alle bösen Gespensterzauber. „Geist“ bedeutet ihm nicht Ordnung, Sinn und alles mögliche Gute, sondern ist eine feurige und bisweilen gefährliche Gewalt.(GW. 10. S 542)
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Die „Sieben“ sind seit alters die sieben Planetengötter; sie formieren das, was die Pyramidentexte als <> , eine Göttergesellschaft bezeichnen. Obschon nun eine Gesellschaft als die <> bezeichnet wird, zeigt es sich öfters, daß es gar nicht neun , sondern zehn sind und gelegentlich auch mehr. MASPERO sagt daher, daß insbesondere der erste und der letze der Serie entwicklungsfähig ist, respektive verdoppelt werden kann, ohne der Neunzahl Eintrag zu tun. Etwas Ähnliches geschah auch dem klassischen <> der griechisch-römischen respektive babylonischen Götter in der nachklassischen Zeit, als sich die Götter teils in die fernen Gestirne, teils in die Metalle des Erdinneren, zu Dämonen degradiert, zurückgezogen hatten. Da erwies es sich nämlich, daß Hermes-Mercurius als chtonischer Offenbarungsgott und als Geist des Quecksilbers eine Doppelnatur besaß, um derentwillen er als hermaphroditisch aufgefaßt wurde. Als Merkur ist er der Sonne am nächsten, daher auch dem Golde am meisten verwandt. Als Quecksilber aber löst er das Gold auf und löscht damit dessen sonnenhaften Glanz aus. Durch das ganze Mittelalter hindurch war er daher der rätselvolle Gegenstand natursophischer Spekulation: bald war er ein dienstbarer, hilfreicher Geist, ein paredros (wörtlich: Beisitzer, Genosse) oder <>; bald war er der <> oder <>( der flüchtige Sklave oder Hirsch), ein den Alchemisten zur Verzweiflung treibender, evasiver, täuschender und neckender Kobold, dessen mannigfache Attribute der Teufel mit ihm gemeinsam hat: so zum Beispiel Drache, Löwe, Adler, Rabe – um nur die hauptsächlichsten zu nennen. In der alchemistischen Götterreihe ist er als <> der unterste und als <> der oberste. Der <>> ist der Führer (Hermes psychopompos; und der Verführer des Alchemisten; er ist dessen Glück und Verderben. Seine Doppelnatur befähigt ihn dazu, nicht nur der Siebente, sondern auch der achte zu sein, nämlich jener Achte im Olymp, <
Da die Alchemie in ihrer philosophischen Ausprägung sich Problemen beschäftigt hat, welche denen, die unsere modernste Psychologie interessieren, sehr nahekommen, so ist es vielleicht von einiger Bedeutung, noch um ein weiteres auf das Traummotiv des im quadratischen Raume zu rekonstruierenden Affen einzugehen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle identifiziert die Alchemie ihre Wandlungssubstanz mit dem <> respektive dem Mercurius: Chemisch bezeichnet dieser Terminus das Quecksilber, philosophisch dagegen den <>>, ja sogar die Weltseele, und damit nimmt Mercurius auch die Bedeutung des Offenbarungsgottes Hermes an. Es ist hier nicht der Ort, diesen Zusammenhang in extenso darzustellen. Es soll dies an anderer Stelle geschehen. Hermes ist mit der Idee der Rundheit sowohl wie der Viereckigkeit verknüpft... Er hat überhaupt mit der Vierzahl zu tun; daher gibt es auch einen ermes tetrakejalos (vierköpfig). Diese Attribute waren auch dem Mittelalter bekannt...
Es ist leicht verständlich, daß solche Eigenschaften den Mercurius vor allem geeignet machten, jene geheimnisvolle Wandlungssubstanz der Alchemie darzustellen; denn diese ist rund und viereckig, das heißt eine Ganzheit, die aus vier Teilen (vier Elementen) besteht. Daher ist sowohl der vierteilige gnostische Urmensch als auch der Pantokrator Christus eine <>. Insofern die westliche Alchemie größtenteils ägyptischen Ursprungs ist, richten wir unseren Blick in erster Linie auf den hellenistischen Hermes Trismegistos, dessen Figur einerseits dem mittelalterlichen Mercurius zu Gevatter steht, anderseits sich vom altägyptiscchen Thoth herleitet. Das Attribut des Thot war der Hundsaffe, oder er wurde direkt als Affe dardestellt. durch die zahllosen Editionen des Totenbuches blieb diese Auffassung bis in die spätesten Zeiten der unmittelbare Anschauung erhalten. In der Alchemie, deren vorhandene Texte bis auf wenige Ausnahmen der christlichen Ära angehören; IST DIE URALTE Verbindung von Thoth-Hermes mit dem Affen allerdings verschwunden, obschon sie in der römischen Kaiserzeit noch bestanden hat. Da nun aber der Mercurius einiges mit dem Teufel zu tun hat..., taucht im <> doch der Affe wieder in der Nachbarschft des Mercurius auf. Es gehört zum Wesen der Wandlungssubstanz , daß sie einerseits das durchaus Billige, ja Verächtliche ist, das durch eine Reihe von Teufelsallegorien, wie Schlange, Drache, Rabe, Löwe, Basilisk und Adler, ausgedrückt wird, anderseits aber auch das Wertvolle, ja sogar das Göttliche selber bedeutet. Die Wandlung führt eben vom Tiefsten zum Höchsten, vom tierisch-archaisch Infantilen zum mystischen <>.(GW 12, S. 159 ff.)
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In der Symboltabelle des PENOTUS ist das Einhorn zusammen mit Löwe, Adler, und Drache dem Gold zugeordnet. Das <> ist ein Synonym des Mercurius, ebenso wie Löwe, Adler und Drache. (ebd. S 498)
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Bei PARACELSUS ist die <>> ein <>, und in der ganzen Alchemie ist sie als Mercurius, respektive als <> oder<>, doppelgeschlechtlich, befruchtet und gebiert sich selbst. Der <> ist der <>, eben der Stein. Die Zerstückelung des Drachen, das heißt die <>, geschieht in einem Papyrustext auch am Skarabäus: <>(ebd. S. 514)
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In der <>, wie im Wappen Englands, sind Löwe und Einhorn zusammengestellt. Alchemistisch sind beide Symbole des Mercurius, wie sie kirchlich allegoriae Christi sind. Löwe und Einhorn deuten auf die innere Gegensatzspannung des Mercurius hin. Der Löwe steht dem Drachen nahe als gefährliches Tier. Der Drache muß getötet werden; dem Löwen werden wenigstens die Pfoten abgehauen.(ebd. S. 527)
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Auch in China kommt das Einhorn vor. Nach dem <> gibt es vier wohlwollende Tiere: nämlich das Einhorn (K’i-lin),den Phönix , die Schildkröte, und den Drachen. Das Einhorn ist das höchst der vierfüßigen Tiere.(ebd. S 529)
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Im Verlaufe der Vision (in der << Chymischen Hochzeit>>) findet sich noch die besondere Version von einem Drachen, welcher in gleicher Weise getötet und geopfert wird wie der Priester. Ersterer ist daher wohl ein Äquivalent des Priesters. Man denkt dabei unwillkürlich an jene nicht selten (Auch außerhalb der Alchemie) vorkommenden mittelalterlichen Darstellungen, wo am Kreuze statt Christus die Schlange hängt, entsprechend Johannes 3,14 (Vergleichung Christi mit der Schlange des Moses).(GW 11, S. 247)
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Die Tötung durch das Schwert ist ein Motiv, das in den alchemistischen Traktaten öfters wiederkehrt. Das <> wird mit dem Schwert zerteilt, und der <> damit durchbohrt. Ebenso wird der Drache damit zerstückelt oder das <>, welches als der Leib eines Menschen, dem die Glieder und der Kopf abgehauen sind dargestellt wurde. Auch dem Löwen werden, wie erwähnt, die Pranken mit dem Schwert abgehauen. Das alchemistische Schwert bewirkt nämlich die solutio oder separatio elementorum, wodurch der chaotische Anfangszustand wieder hergestellt ist, so daß dann durch eine neue impressio formae oder imagnatio ein neuer, vollkommenerer Körper hervorgebracht werden kann. Dem Schwert kommt daher die Bedeutung des <> zu , welches auch von der aqua permanens oder mercurialis ausgesagt wird. Mercurius ist der Lebendigmacher sowohl wie der Zerstörer der alten Form.(GW. 11, S 251)
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Als der siebente Engel endlich ausgeblasen hat, erscheint am Himmel, nach der Zerstörung Jerusalems, das Sonnenweib , das den Mond unter den Füßen und einen Kranz von zwölf Sternen auf seinem Haupte hat. Sie ist in Geburtsnöten, und vor ihr liegt der feuerrote Drache, der ihr Kind verschlingen will. (GW. 11, S 440)
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Eine besondere Wichtigkeit kommt dem Wasser des Amitâbha-Landes zu. Es befindet sich, dem Oktagon entsprechend, in der Gestalt von acht Seen. Die Quelle dieses Wassers ist ein zentrales Juwel, Cintâmani, die Wunschperle, ein Symbol der <>> und des höchsten Wertes. In der chinesischen Kunst ist es jenes mondartige Gebilde, das häufig mit dem Drachen verbunden erscheint.(GW 11. S. 568)
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Band 13
Die Goldblume ist das Licht, und das Licht des Himmels ist das Tao. Die Goldblume ist ein Mandalasymbol, dem ich bei meinen Patienten schon oft begegnet bin. Entweder wird sie in der Aufsicht gezeichnet, also als regelmäßiges geometrisches Ornament, oder auch in der Ansicht als Blume, die einer Pflanze entwächst. Die Pflanze ist des öfteren ein Gebilde in lichten, feurigen Farben, welches aus einer darunterliegenden Dunkelheit erwächst und oben die Lichtblüte trägt.( ein ähnliches Symbol wie der Weihnachtsbaum). In einer solchen Zeichnung ist zugleich die Entstehung der Goldblume mit ausgedrückt, denn nach dem Hui Ming Ging ist die <> nichts anderes als das <>, das <>, die <>, das <>, der <>, der <>, der <>, das < auf dem Grunde des Meeres>>. Sie ist auch genannt das <>, der<>, das <>, das <>und der <>. < nicht kennt, sagt der Hui Ming Ging , << so wird er in tausend Geburten und zehntausend Weltaltern die Einheit von Bewußtsein und Leben nicht finden.>>
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Zosimos... <... geh ans Werk und errichte einen Tempel. Dieser Tempel darf nur aus einem Stein gebaut werden, wie Bleiweiß scheinend, in der Art des Alabasters, ein prokonnesischer. Dieser Tempel darf weder einen Anfang noch ein Ende in seinem Bau haben: innerhalb muß sich eine Quelle von reinstem Wasser befinden, und ein Licht muß von ihm ausgehen, das so hell wie die Sonne strahlt. Beobachte genau, von welcher Seite her man den Eingang des Tempels erreicht, und nimm in deine Hände ein Schwert und suche so den Eingang. Denn der Ort, wo der Zugang zu Tempeltür sich befindet, ist eng und schmal. Es liegt ein Drache hingestreckt an der Tempeltür; der bewacht den Tempel. Diesen überwältige und schlachte ihn zuerst; zieh ihm dann die Haut ab,; nimm sein Fleisch mitsamt den Knochen; zerlege seine Glieder; vereinige (das Fleisch der Glieder) einzeln mit den Knochen am Eingang des Tempels; mache dir so eine Stufe; steige hinauf und tritt ein, und du wirst dort die gesuchte Sache finden: nämlich den Priester, den ehernen Mann, den du in der Quelle die Sache zusammensetzen siehst... (70)
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Bis zu den Fersen fiel mir ein köstlicher Mantel, auf dessen beiden Seiten allerhand Tiere von verschiedenen Farben zu sehen waren; hier indische Drachen, dort hyperboräische Greife...(72)
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Diesen Kreislauf von Leben und Tod hat schon die alte Alchemie durch das Symbol des Ouroboros, des Schwanzfressers, nämlich des Drachen, der sich in den eigenen Schwanz beißt, dargestellt. Das Auffressen entsprach der Selbstvernichtung. Die Vereinigung des Schwanzes mit dem Drachenschlund wurde aber auch als Selbstbefruchtung aufgefaßt. Darum heißt es in den Texten: << Er tötet sich selbst, heiratet sich selbst, und befruchtet sich selbst.>>(88)
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Als arcanum ist das Ei selbstverständlich ein Synonym des <>. Ebenso ist es ein Synonym des Drachen (serpens mercuri) und damit des <> mit der besonderen Bedeutung des Mikrokosmos oder der Monas. (91)
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Das Geopferte ist tatsächlich der Drache Ouroboros. Seine Kreisgestalt ist durch den Tempel dessen<> angedeutet. Seine Zerstückelung entspricht der späteren Idee von der Trennung des Chaos in die vier Elemente( vergleiche die Vierteilung des Wassers in der Benedictio fontis!) Damit ist der Anfang zu einer Ordnung in der massa confusa gemacht...(94)
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...wird das Symbol des Gefäßes auch auf die Seele übertragen. Ein treffliches Beispiel hiefür bietet CÄSARIUS VON HEISTERBACH: die Seele sei eine geistige Substanz von sphärischer Natur, wie die Mondkugel, oder wie ein Glasgefäß, das <>sei und <>, also wie der alchemistische draco pantojJalmos oder wie die Schlange des IGNATIUS VON LOYOLA. In diesem Zusammenhang ist die Bemerkung des MYLIUS, daß durch das Gefäß <> von besonderem Interesse, denn der Sternenhimmel und die Vieläugigkeit haben eine symbolische Koinzidenz.(96)
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Der Drache, respektive die Schlange stellt die uranfängliche Unbewußtheit dar, denn dieses Tier liebt es, wie die Alchemisten sagen, sich <> aufzuhalten. Die Unbewußtheit muß geopfert werden; erst dann kann man den Eingang in den Kopf, das heißt zur bewußten Erkenntnis finden. Hier spielt sich wiederum der universale Kampf des Helden gegen den Drachen ab, bei dessen siegreichen Ende jeweils die Sonne aufgeht, das heißt das Bewußtsein erhellt sich und nimmt wahr, wie dies der Zosimostext beschreibt, daß der Wandlungsprozeß im inneren des Tempels, das heißt des Kopfes, stattfindet. Es ist in der Tat o esw anJropos, der innere Mensch, als Humunculus vorgestellt, welcher die Verwandlungsstufen vom Kupfer durch das Silber bis zum Gold durchläuft. Diese Stufen entsprechen einer graduellen Werterhöhung.(99)
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< ist der Mensch/ unnd der Mensch ist der Himmel / unnd alle Menschen ein Himmel / unnd der Himmel nur ein Mensch>> (Buch Paragranum, PARACELSUS) Der Mensch ist in einem Sohnesverhältnis zum inneren Himmel, welcher der Vater ist und von PARACELSUS als der <>> bezeichnet wird oder mit dem Namen Adech. An anderer Stelle heißt er passenderweise auch Archeus, << der also ist gleich dem menschen und ligt in den vier Elementen und ist ein Archeus und ist in vier partes gesetzt. Sag also, er ist der groß cosmus
...>> Unzweifelhaft ist dies der Urmensch, wie PARACELSUS sagt: <>
*) Der Illiaster ist etwa das gleiche wie der spiritus vitae resp. Spiritus mercurialis der Alchemisten. Er ist bei diesen das okkulte agens des argentum vivum, der Mercurius, welches, ausgezogen in der Form der aqua permanens, wiederum ( in höchst widerspruchsvoller Weise) dazu dient, das okkulte agens, die anima vom corpus zu scheiden. Der Widerspruch kommt daher, daß Mercurius ein sich selbst verwandelndes Wesen ist, dargestellt als Drache, der sich selbst vom Schwanz her auffrißt (ouroboros = Schwanzfresser!), oder als zwei sich gegenseitig auffressende Drachen usw. Genauso paradox funktioniert auch der Iliaster: er selbst ist ein Geschaffenes, befördert alle Kreaturen aus der potentiellen Existenz in die Ideenwelt (Neuplatonismus des PARACELSUS), als welche der Ides wohl zu deuten ist, in die aktuelle.(XIII/148)
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Hermes wird zum Mysteriendämon aller tenebriones (Dunkelmänner), Wotan zum Wald- und Sturmdämon, Mercurius zur Metallseele, zum Erzmänchen (homunculus), zum Drachen (draco oder serpens mercurialis), zum brüllenden , feurigen Löwen, zum Nachtraben (nycticorax) und schwarzen Adler, welche auch Synonyme des Teufels sind. Der Geist in der Flasche benimmt sich in der Tat wie der Teufel in so vielen anderen Märchen: er gibt Reichtum, indem er Unedles in Gold verwandelt, und wird auch betrogen wie dieser. , S. 219
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Das merkurialische Feuer befindet sich im <>, im Drachenbauch , in flüssigem Zustand. Dazu macht BENEDEICTUS FIGULUS den Vers:
Visitir den Centrum in der Erden
Im Globo wird dir das Fewer werden.
In einem anderen Traktat heißt es, dieses Feuer ist das <, das Weltwunder, die Zusammensetzung der oberen Kräfte im Unteren>>. Mercurius, das offenbarende Licht der Natur, ist auch das Höllenfeuer, welches wunderbarerweise nichts anderes ist, als als eine Zusammensetzung oder ein System des Oberen, das heißt der himmlischen, geistigen Kräfte, im Untern das heißt im chtonischen Bereiche, also in der materiellen Welt, die schon zu Zeiten des heiligen Paulus als vom Teufel beherrscht gilt. Das Höllenfeuer, die eigentliche Energie des Bösen, erscheint hier als deutliche Gegensatzentsprechung zum Oberen, Geistigen und Guten., gewissermaßen von wesentlich identischer Substanz. Es kann danach keinen Anstoß mehr erregen, wenn ein anderer Traktat sagt, daß das merkurialische Feuer jenes sei, < in göttlicher Liebe glüht>>. Wir täuschen uns wohl nicht, wenn wir in solchen eingestreuten Bemerkungen den Hauch echtester Mystik verspüren.(229)
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Mercurius ist, der Hermestradition entsprechend, vielseitig, wandelbar und täuschend, <> (jener wankelmütige Mercurius) sagt DORNEUS, und ein anderer nennt ihn <> (seine Gestalt verändernd respektiver verschmitzt). Er gilt als doppelt (duplex). Es heißt von ihm, er <>. Er ist die <>>, er ist der <> (geminus), aus <> oder <> entstanden. Er ist der <>, wozu der Text erläuternd Matthäus 26 setzt. Dieses Kapitel enthält die Abendmahleinsetzung, womit die Christusanalogie deutlich wird. Die beiden Substanzen des Merkurius sind als ungleich, respektive als gegensätzlich gedacht: als der Drache ist er < und ohne Flügel>>, und es heißt von ihm in einer Parabel: <pantojJalmos (überall mit Augen versehen) genannt wird, denn er ist auf beiden Seiten des Körpers, vorne und hinten, voll Augen und schläft teils mit geschlossenen , teils mit offenen Augen>>. Der Mercurius wird unterschieden als <>., er besteht aus <>. Zwei Elemente sind in ihm passiv, nämlich Erde und Wasser, und zwei aktiv, nämlich Luft und Feuer. Er ist gut und böse. Eine anschauliche Schilderung entwirft die <>:
<. Mein wachsendes Gift geht aus meiner Nase, das sehr vielen den Tod gebracht hat. Daher sollst du das Grobe von Feinen mit Kunst trennen, wenn du dich nicht äußerster Armut erfreuen willst, Ich schenke dir die Kräfte des Männlichen und des Weiblichen, sogar auch die des Himmels und der Erde. Mit Mut und Großzügigkeit sind die Mysterien meiner Kunst zu handhaben, wenn du mich durch die Kraft des Feuers überwinden willst, wobei schon sehr viele an Vermögen und Arbeit zu Schaden gekommen sind. Ich bin das Ei der Natur, das nur den Weisen bekannt ist, welche fromm und bescheiden aus mir den Mikrokosmos hervorbringen, welcher von Gott dem Allerhöchsten den Menschen zubereitet ist, aber nur den wenigsten ist er gegeben, während ihn die meisten vergeblich ersehnen: daß sie den Armen aus meinem Schatze Gutes tun und ihre Seele nicht an das vergängliche Gold hängen. Ich werde von den Philosophen Mercurius genannt; mein Gatte ist das (philosophische) Gold; ich bin der alte Drache, überall auf dem Erdkreis vorhanden, Vater und Mutter, Jüngling und Greis, sehr stark und schwach, Tod und Wiederherstellung, sichtbar und unsichtbar, hart und weich; ich steige in die Erde hinunter und in den Himmel hinauf, ich bin das Oberste und das Unterste, das Leichteste und das schwerste; oft wird in mir die Ordnung der Natur verkehrt, was Farbe, Zahl, Gewicht und Maß anbelangt; ich enthalte das Licht der Natur (naturale lumen); ich bin dunkel und hell, ich gehe hervor aus Himmel und Erde; ich bin bekannt und existiere doch ganz und gar nicht; alle Farben leuchten in mir und alle Metalle vermöge der Sonnenstrahlen. Ich bin der Sonnenkarfunkel, die edelste verklärte Erde, durch welche du Kupfer, Eisen, Zinn und Blei in Gold verwandeln kannst.(XIII/236 f.)
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... eine Veranschaulichung der eigentümlichen Beschaffenheit des Unbewußten... Da Mercurius sehr häufig als <>(Sohn) bezeichnet wird, so steht seine Sohnschaft außer Frage. Er verhält sich daher zu Christus wie ein Bruder und zweiter Gottessohn, der aber der Zeit nach als der Ältere gelten muß und daher der Erstgeborene wäre. Diese Idee weist zurück auf die Vorstellungen der Eucheten bei MICHAEL PSELLUS (1050) vom ersten Gottessohn (Satanael) und Christus als zweitem. Zugleich aber verhält sich Mercurius nicht nur als Widerpart der Trinität überhaupt, insofern er als (chtonische) Dreieinigkeit aufgefaßt wird. Letzterer Auffassung entsprechend wäre er die eine Hälfte der Gottheit. Er ist zwar die dunkle, chtonische Hälfte, aber nicht das Böse schlechthin, denn er wird <und
böse>> genannt oder ein <
XIII 242)
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Eine mit großer Häufigkeit von Mercurius ausgesagte Eigentümlichkeit, die ihn unzweifelhaft der Gottheit, und zwar dem primitiven Schöpfergott nähert, ist seine Fähigkeit, sich selber zu erzeugen. In dem Traktat der Allegorien über die Turba heißt es von Mercurius:<< Die Mutter hat mich geboren, und sie selber wird von mir erzeugt.>> Als Drache, das heißt als Ouroboros. Schwängert, erzeugt, gebiert, verzehrt und tötet er sich selbst, auch <>, wie das <> sagt, und damit wird das Mysterium des göttlichen Opfertodes paraphrasiert.(242 f.)
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Ein Schwach Geburt ein alter Greiß/
Mit Zunamen der Draco heiß.
Darumb man mich hat eingesperrt /
Daß ich ein König gebohren wird.
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Das fewrig Schwerdt mich übel plagt.
Der Todt mir Fleisch und Bein zernagt.
----------------------------------
Mein Seel / mein Geist / gehen von mir auß /
Schwartzstinkend Gifft / ein heßlich Grauß.
Gleich wie ein schwartzer Rab ich bin /
Solches ist aller Bosheit Gewinn.
Ich lig im Staub in Grundes Thal /
O daß aus dreyen würd ein Zahl.
O Seel / O Geist verlaß mich nicht /
Daß ich widerschaw Tages Liecht.
Und auß mir komm der Friedens Heldt /
Den sehen möchte die gantze Welt.
(Verus Hermes, 1620) (247)
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Noch zu Zeiten des Hiob treffen wir den Satan unter den Gottessöhnen an. >>Nun begab es sich eines Tages, daß die Gottessöhne kamen>>, heißt es Hiob 1,6, <> Dieses Bild eines himmlischen Familientages läßt noch nichts von neutestamentlichen Apage satana (Vade, Satana) und von dem Drachen, der in der Unterwelt auf 1000 Jahre angekettet wird, ahnen.(260)
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Der Baum ist alt und mächtig und steht auf einem Wurzelgeflecht, das ungewöhnlich stark betont ist. Von rechts und links nähern sich zwei Drachen. Auf dem Baume befindet sich ein Mensch, der dort offenbar vor den Drachen Zuflucht gesucht hat. Dies erinnert an den Drachen, der den Hesperidenbaum bewacht, und an die schatzhütende Schlange überhaupt. Das Bewußtsein des Autors befindet sich in einer etwas prekären Lage, insofern seine neueste Errungenschaft, nämlich eine gewisse Sicherheit seines individuellen Bewußtseins, vom Unbewußten wieder verschlungen zu werden droht. Das stark hervorgehobene Wurzelwerk drückt die Unruhe im Unbewußten aus, ebenso die offenbar riesigen Drachen und die Winzigkeit des Menschen. Der Baum ist nicht bedroht, indem er unabhängig vom menschlichen Bewußtsein wächst. Er ist ein Naturvorgang, und es ist sogar gefährlich, diesen irgendwie zu stören, da er von Drachen bewacht ist. Vermöge der Tatsache, daß er ein natürlicher und stets vorhandener Prozeß ist, kann er dem Menschen verläßlichen Schutz gewähren, vorausgesetzt, daß dieser den Mut aufbringt, die Drachen nicht zu scheuen und den Baum zu ersteigen.(276 f.)
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Anm.: DORNEUS dürfte sich hier ebenfalls auf CALID beziehen, welcher sagt:< ist, noch von der Natur des Steines. Auch ist er ein Stein, dessen Grundsubstanz auf dem Gipfel der Berge (in capite montium) erzeugt wird, und der Philosoph wollte sagen statt (animalia).>> Der Stein befindet sich etwa im Kopf einer Schlange oder eines Drachen oder ist das <> selber, wie bei ZOSIMOS. Weltberg, Weltachse, Weltbaum und homo maximus sind synonym. (313)
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Was der Baum dem Alchemisten bedeutet...Unter dem Baum stehen nicht Adam und Eva, sondern Hermes Trismegistus als Greis und der Adept als Jüngling, ersterem der rex Sol, auf dem Löwen sitzend und vom feuerspeienden Drachen begleitet, letzterem die Mondgöttin Diana, auf dem Walfisch sitzend und vom Adler begleitet, zugeordnet.(325)
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Der Baum mit dem Vogel stellt das Werk und dessen Vollendung dar...
In unmißverständlicher Anlehnung an die Paradieslegende hat die Schlange mit dem Baum zu tun, zunächst im allgemeinen, sofern sie recht eigentlich der Mercurius (sepens mercurialis!) ist und als chtonischer spiritus vegetativus von den Wurzeln in die Zweige aufsteigt, und insbesondere insofern sie ebenfalls das Baumnumen darstellt und als Melusine erscheint. Der draco mercurialis ist jene geheimnisvolle Substanz, die sich im Baume verwandelt und damit dessen Leben ausmacht. Dies geht deutlich hervor aus dem... Aus dieser Schilderung geht hervor, daß es sich um konzentrische Kreise handelt, die von außen nach innen gezählt werden. Der erste Kreis enthält die verba divinitatis, das heißt die göttliche Weltordnung; der zweite die Siebenzahl der Planeten,; der dritte die <>(corruptibila) und <>(generabilia) Elemente; der vierte einen wütenden Drachen, der aus den sieben Planeten hervorgeht (emanantem); der fünfte << das Haupt und den Tod>> des Drachen. Das Haupt des Drachen <>, wird <>(eigentlich das Leben der Seligen) genannt und <>. Das caput draconis wird hier offenbar mit Christus identifiziert, den <> bezieht sich unverkennbar auf Matthaeus 4,11, wo Christus eben den Satan von sich gewiesen hat. Es handelt sich hier um die Christus-Lapis-Parallele...Wenn aber der Drachenkopf mit Christus identifiziert wird, dann muß der Drachenschwanz mit dem Antichrist, beziehungsweise mit dem Teufel identisch sein. Nach unserem Text wir das ganze corpus draconis vom caput absorbiert, das heißt der Teufel wird dem Christus integriert. Der Drache bekämpfte nämlich die imago Dei , aber durch die Macht Gottes wurde diese dem Drachen eingepflanzt und bildet dessen Kopf: <<...totum corpus sequitur caput, et ipsum caput odit corpus, et interficit ipsum incipiendo à cum dentibus ipsum corrodere, quosque totum corpus intret in caput, in eo permanet sempiterne.>> ( <
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Auf dem Baume sitzt ein Storch... Er ist schon in der römischen Kaiserzeit eine Allegoriae der pietas, und in der christlichen Traditionist er eine allegoria des Christus iudex (Richters), indem er die Schlangen vertilgt. Wie die Schlange oder der Drache das chtonische Numen des Baumes, so stellt er das geistige Prinzip desselben dar und symbolisiert damit den Anthropos...
Dem Baume kommt als Stätte der Wandlung und Erneuerung weiblich-mütterliche Bedeutung zu. Wir sahen bereits, daß das Baumnumen eine Melusine ist. In der <> ist der Stamm des Baumes ein gekröntes nacktes Weib, das in beiden Händen Fackeln hält. Auf ihrem Kopfe sitzt der Adler im Geäst des Baumes.(341)
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Quälung der Stoffe...( daß wir diese Operation (die solutio) durch uns selber (per nos ipsos) entdecken)... <>> (356)
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Wie mit einem weiblichen Wesen , so ist der Baum auch mit der Schlange, dem Drachen und anderen Tieren verbunden, wie zum Beispiel Yggdrasil, der persische Baum Gaokêrêna im Vurukashasee oder der griechische Hesperidenbaum, ganz abgesehen von den noch bestehenden indischen heiligen Bäumen, in der Schatten sich oft Dutzende von Naga-(=Schlangen) Steine erheben.(367)
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Band 14/1
Eine andere beliebte Tierdastellung ist die der beiden Vögel oder Drachen, von denen der eine geflügelt ist, der andere aber ungeflügelt. Diese Allegorie stammt aus dem alten Texte<<De Chemia Senioris antiquissimi philosophi libellus>>. Der geflügelte hindert den anderen am Fliegen. Sie stellen Sol und Luna, Bruder und Schwester dar, die durch die Kunst vereinigt werden.(21)
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Alle hier aufgeführten Aussagen gelten auch für die prima materia in ihrem weiblichen Aspekt: sie ist der Mond, die Mutter aller Dinge, das vas, besteht aus Gegensätzen, hat mille nomina, ist vetula und meretrix, als Mater Alchimia ist sie die Weisheit und lehrt diese, sie enthält das elixier vitae in potentia und ist Mutter des salvator und des filius macrocosmi, sie ist die Erde und die in ihr verborgene Schlange, das Schwarze und der Tau oder das wunderbare Wasser, das alles Getrennte zusammensetzt. Das Wasser heißt darum die <>, <> (die mich befeindet), aber auch <>.
Turba : <, die ihre Männer tötet, dem Tod preisgegeben; denn der Leib jener Frau ist voll von und . Es werde daher für jenen Drachen ein ausgegraben, und jene Frau mit ihm begraben, der mit jener Frau fest gefesselt, je mehr er sie bindet und sich um sie herumwälzt, desto mehr durch die weiblichen gewandelt. Wenn aber die Philosophen ihn in umgewandelt sehen, so lassen sie ihn einige Tage in der Sonne, bis seinen Weichheit verzehrt ist und das trocknet und sie jenes finden. Was dann erscheint, ist der verborgene Wind.>>(38)
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Mit dem Hinweis auf die Kenosis ist die Veränderung des Mondes in kausale Abhängigkeit von der Wandlung des Bräutigams gebracht. In diesem Fall hängt die Verdunklung der Luna vom Sponsus Sol ab;
Dabei können die Alchemisten auf Canticum 1,4 und 5 verweisen, nämlich auf die Schwärzung des Antlizes der Geliebten. Auch die Sonne verfügt über tela und sagittae. Ja die heimliche Vergiftung, die sonst vom Kalten und Feuchten (also von der lunaren Seite) ausgeht, wird gelegentlich dem draco frigidus (kalten Drachen) zugeschrieben, welcher einen spiritus igneus volatilis (einen flüchtigen feurigen Geist) enthalte und flammivomus (flammenspeiend) sei. So kommt im 50. Emblema des <> dem Drachen die männliche Rolle zu: Er umschlingt die Frau im Grabe in tödlicher Umarmung: Der gleiche Gedanke erscheint auch im 5. Emblema, wo dem Weibe die Kröte an die Brust gelegt wird, damit sie die Kröte säugend, sterbe und diese wachse. Die Kröte ist das kalte und feuchte Tier wie der Drache. Sie <> das Weib, wie wenn der Mond sich in die Sonne ergösse. (Vergleiche dazu die manichäische Vorstellung vom Monde, der seinen <> in die Sonne entleert!).(55 f.)
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Die Substanz (als Ouroboros) verzehrt sich selbst, leidet also keinen Hunger; sie stirbt nicht durch das Schwert, sonder <>, wie der Skorpion , der ebenfalls ein Synonym der Arkansubstanz ist.Sie wird nicht durch das Gift getötet, denn es ist, wie BARNAUD sagt, ein <>, ein Heilmittel, mit dem sie sich selber wieder belebt (revivificat se ipsum). Sie wird aber auch durch alle drei getötet, nämlich durch Hunger nach sich selbst (Ouroboros), durch das Schwert des Merkur, und durch das eigene Schlangen- oder Skorpiongift. (80)
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Die <<Turba >> sagt . es müsse dem Drachen und der Frau <> werden. Das Begrabensein ist identisch mit den nigredo . Ein grichischer Traktat handelt den Prozeß ab als die <>.(87 f.)
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Mythus vom Europa-Bruder Kadmos und der Verheißung der Harmonia und den Drachenzähnen...(102).
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Der psychologische Sinn des Mythus ist durchsichtig: Kadmos hat seine Schwester-Anima verloren, weil diese mit dem höchsten Gotte in das Reich des Über- und Untermenschlichen, nämlich in das Unbewußte, entflohen ist. Auf göttliches Geheiß soll er keine Regression zur Inzestsituation begehen, darum wird ihm eine Frau in Aussicht gestellt. Seine Schwester-Anima führt ihn als Psychpompos in Kuhgestalt (dem Stier-Zeus entsprechend) seinem Schicksal als Drachentöter entgegen, denn der Übergang vom Bruder-Schwester-Verhältnis zur exogamen Beziehung ist nicht so einfach. Aber wenn er ihm gelingt, so erreicht er Harmonia, die eine Schwester des Drachen ist. Der <> ist offenkundig Disharmonie, wie die aus seinen Zähnen hervorgehenden Kämpfer beweisen. Diese erledigen sich aber gegenseitig selber, wie in Anwendung der pseudo-kritischen Maxime:<> (Die Natur besiegt die Natur), welche nichts anderes ist als die begrifliche Formulierung des Ouroboros . Kadmos hält sich an Harmonia, während die Gegensätze des Unbewußten sich in projizierter Form gegenseitig selber auffressen. Dieses Bild stellt das Verhalten eines abgespaltenen Konfliktes dar: er verläuft in sich selber. Im Großen ist dies der Fall mit Yang und Yin in der klassischen chinesischen Philosophie. Damit geht Hand in Hand das Unbewußtsein der moralischen Gegensatzproblematik...
Die alchemistische Deutung wird Kadmos als Mercurius in männlicher Form(als Sol) erklären. Er sucht nach seinem weiblichen Gegenstück, dem argentum vivum, das eben seine Schwester (Luna) ist. Diese tritt ihm aber in der Form des serpens mercurialis entgegen, den er zuerst erlegen muß, da er den wütenden Kampf der gegensätzlichen Elemente (=Chaos) in sich enthält. Daraus entsteht die Harmonie der Elemente, und die coniunctio kann stattfinden. Die Spolia des Kampfes, in diesem Falle die Drachenhaut , werden nach alter Sitte an die hohle Eiche, die Mutter, geopfert, als an die Vertreterin des heiligen Haines und der Quelle, also an das Unbewußte als Ursprungsstätte des Lebens, welches aus der Disharmonie Harmonie hervorgehen läßt.Aus der Feindschaft der Elemente wird der im lapis besiegelt Freundschaftsbund derselben, welcher die Unauflösbarkeit (incorruptibilitas) des Steines gewährleistet. Dieser alchemistischen Logik kommt die Tatsache entgegten, daß nach dem Mythus Kadmos und Harmonia zu Stein erstarren (offenbar infolge einer embarrras de richesse: aus lauter Harmonie geschah nichts mehr!), nach anderer Version selber zu Schlangen wurden <>, wie DOM PERNETY bemerkt, <>. Für diesen phantasiereichen Autor ist Harmonia natürlich die prima materia, und die unter Assistenz aller Götter stattfindende Hochzeit des Kadmos die coniunctio Solis et Lunae, aus welcher dann die Tinktur beziehungsweise der lapis hervorgeht.Pernetys Deutung der Harmonia würde nur dann richtig sein, wenn sie noch mit dem Drachen verbunden wäre. Da sie aber das Reptil verloren hat, muß sie folgerichtigerweise später mit ihrem Gatte sich in eine Schlange verwandeln.(102-105)
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Schwefel...: Er ist männlich gedacht, insofern er rot ist. Anm.: In der Symboltabelle des PENOTUS steht der parallel zur <> und den <>. Sozusagen gegensätzlich zu den Himmlischen ist die weitere Zuordnung von leo, draco, unicornu.(138)
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Als chtonisches Wesen schlechthin hat der Schwefel nächste Beziehung zum Drachen. So heißt es von diesem, er sei <>. Als solcher ist der Schwefel auch die aqua divina, die als Ouroboros symbolisiert wird. Diese Analogien machen ihn oft beinahe ununterscheidbar vom Mercurius...(139)
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...die etwas vulgivagen Allüren des Sulphur... Letztere aber kommen wohl daher, daß sein Sitz im Ouroboros sich in der cauda draconis befindet. Sulphur ist das Männliche par excellence und das <>, und da es vom Drachen heißt <> (schwängert sich selbst), so ist die cauda sein männlicher, sein Rachen sein weiblicher Teil; und wie es von Beya heißt, daß sie ihren Bruder vollständig in ihren Leib aufgenommen und dort in Atome zerteilt habe, frißt sich auch der Drache vom Schwanz her auf, bis sein ganzer Körper in seinen Kopf aufgeschluckt ist. Da der Schwefel das innere Feuer des Mercurius ist, so nimmt er selbstverständlich teil an dessen gefährlichster und bösester Natur, personifiziert im Drachen und im Löwen, was die Gewalttätigkeit, und im Cyllenius, was die concupiscentia betrifft. Der Drache, an dem der Schwefel teilhat, ist öfters der Drache von Babel, oder genauer: es ist das <>(Drachenhaupt), welches ein <>(verdeblichsts Gift), einen vom fliegenden Drachen ausgehauchten Giftdampf darstellt. Das Drachehaupt kommt <> hervor. Der <>>(gefügelt), welcher das argentum vivum darstellt, wird aber erst nach seiner Vereingung mit dem <) (ohne Flügel), welcher dem Schwefel entspricht zu dem giftschnaubenden Ungetüm.Dem Sulphur fällt hier eine bösartige Rolle zu, welche mit dem sündenbeladenen Babel gut zusammenpaßt.Überdies setzt das <> diesen Drachen der menschenköpfigen Schlange im Paradies gleich, welche die<> (Gottesebenbildlichkeit) im Kopfe trug, worin auch der tiefere Grund liegt, warum der Drache den ihm verhaßten Körper ganz in seinem Kopf auffrißt.< lebt in Ewigkeit, und daher wird er ruhmreiches Leben genannt, und die Engel dienen ihm>>. Dieser Satz bezieht sich auf Matthäus 4,11:<>
Hieraus geht die Parallele des caput draconis mit Christus hervor, was der gnostischen Auffassung entspricht, daß der Sohn des höchsten Gottes die Gestalt der Schlange im Paradies angenommen habe, um den ersten Eltern Unterscheidungsfähigkeit beizubringen, so daß sie die Unvollkommenheit der Werke des Demiurgen erkennen konnten. Als Sohn der sieben Planeten ist der Drache deutlich der filius macrocosmi, und als solcher teils Parallelfigur, teils Rivale Christ. Das Drachenhaupt enthält den kostbaren Stein, was wohl heißt: Das Bewußtsein enthält das symbolische Bild des Selbst; und wie der Lapis die Gegensätze in sich vereinigt, so assimiliert das Selbst Bewußtseinsinhalte und Unbewußtes. Mit dieser Bedeutung des caput draconis steht sein traditioneller Wert als günstiges Omen in bester Übereinstimmung. C.G.JUNG. G.W.XIV/1, S. 143-146.
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In der Alchemie ist Mercurius das rotundum kat exochn.Sein kaltes und feuchtes Wesen bildet die Luna( das heiße, trockene den Sol), oder sie ist umgekehrt die <>. Aus der Luna kommt die aqua Mercurialis (oder aqua permanens), oder sie belebt mit ihrer Feuchtigkeit gleicherweise wie Mercurius, den getöteten Drachen wieder. (168)
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... indem Sol die Wandlungsstufen vom Drachen, Löwen und Adler bis zum Hermaphroditus durchläuft. Dabei stellt die jeweilige Stufe auch einen neuen Grad von Einsicht und Einweihung dar, ähnlich wie die mithrischen ...<> ( wenn ihr mich nicht tötet) bezieht sich in der Regel auf die mortificatio des Drachen, also der ersten gefährlichen und giftigen Stufe der anima (=Mercurius), die aus ihrer Gefangenschaft in der prima materia befreit wurde. Diese anima wird auch mit Sol identifiziert. Sol wird sehr häufig als Rex bezeichnet, und es gibt eine Darstellung, in der er von zehn Männern erschlagen wird. Er erleidet also die gleiche mortificatio wie der Drache, nur mit dem Unterschied, daß es nie ein Suizid ist. Sol ist eben, insofern der Drache die Vorstufe des filius Solis darstellt, gewissermaßen der Vater des Drachen, obschon von diesem ausdrücklich gesagt wird, daß er sich selber erzeuge, mithin ein <> ist. Ebenso ist Sol, insofern er sein eigener Sohn ist, auch der Drache. Es gibt dementsprechend ein coniugium des Drachen mit dem Weibe, welches nicht anderes sein kann als Luna oder die lunare (weibliche) Hälfte des Mercurius. Ebenso wie Sol muß daher auch Luna als die Mutter im Drachen eingeschlossen sein. Von der mortificatio im Sinne einer Tötung ist allerdings meines Wissens nirgends die Rede. Immerhin ist sie mit Sol in den Drachentod einbezogen, wie der Satz des <>> andeutet: <<...draco non moritur nisi cum fratre suo et sorore sua.>>
Die Idee, daß der Drache oder Sol sterben muß, gehört in das Mysterium der Wandlung. Die Tötung wird auch, diesmal in der Form einer bloßen Verstümmelung, am Löwen vollzogen, indem diesem die Tatzen abgehauen, und am Vogel, dem die Flügel abgeschnitten werden. Die mortificatio bedeutet die Überwindung des alten, Vorausgehenden, sowie der zunächst entstandenen gefährlichen Vorstufen, die durch Tiersymbole gekennzeichnet sind. XIV/1, S.168 )ff.)
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Das Meer ist der tristis abyssus, ein Überrest des ursprünglichen Abgrundes, also des Chaos, das die Erde bedeckte. Dieser Abyssus stellt für AUGUSTIN den< und den Dämonen nach ihrem Sturz belassenen Machtbereich >> dar. Der Abyssus ist einerseit die <> andererseits die <> (Tiefe der Sünden). BeiGRGORIUS MAGNUS ist das Meer <> (die Tiefen des ewigen Todes). Seit alters schon ist es der Sitz der Dämonen , der daimones enudrioi (Wasserdämonen). Es beherbergt den Leviathan (Hiob 3,8), welcher in der Sprache der Väter ein Synonym des Teufels ist. RAHNER belegt die patristischen Gleichungen: diabolus= draco= leviathan= cetus magnus= aspis= draco. XIV/1, S. 229.
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Das Opus ist an dieser Stelle allerdings noch nicht zum Ende gekommen, da noch die nigredo (terra nigra) herrscht und der Leib des Steines noch schwarz ist. Es ist darum nötig, daß die <> sich zur Ablution der Schwärze niederschlagen, << unde tota terra albescet>> (von wo an die ganze Erde weiß wird). Der Regen fällt nun so reichlich, daß die Erde in ein Meer verwandelt zu werden droht. Daher die Anweisung: man möge den Wagen aufs Trockene führen! Hier spielt offenbar wieder die Idee der Arche Noah und der Sintflut herein. Mit dem Einbruch der Flut würde der vorige Zustand wieder hergestellt, und das Resultat des bisherigen opus wäre wieder vom Unbewußten verschlungen. Dieses Motiv erscheint auch im Drachen, der die Leto und das Gestirnsweib (Apokalypse 12) verfolgt.(236)
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Die vierte Funktion hat ihren Sitz im Unbewußten. Dieses wird mythologisch gerne als großes Tier gekennzeichnet, zum Beispiel als Leviathan, Walfisch, Wolf und Drache. (236)
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Hier ist das Aufsteigende die Seele der Arkansubstanz, des inkombustiblen Schwefels. Die anima als Luna erreicht ihr plenilunium, den sonnenähnlichen Glanz, um nachher wieder abzusteigen zum novilunium, und zur Umarmung des terrestrischen Schwefels, der hier aber Tod und Verwesung bedeutet. Hieher gehört jene schauerliche Darstellung der neumondlichen coniunctio, welche sich in MAIERS <<Scutinium chymicum>> findet: das Weib und der Drache liegen in Umschlingung im Grabe.(253)
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Ascensus und descensus, Höhe und Tiefe, Auf und Ab beschreiben ein emotionales Realisieren von Gegensätzen, welches allmählich zu einem Ausgleich derselben führt oder führen soll. Daher kommt dieses Motiv auch sehr häufig in Träumen vor als das den-Berg-hinauf-und-hinunter-Steigen, Treppensteigen, mit Lift, Ballon oder Flugzeug Auf-oder- Absteigen usw. In diesem Sinne entspricht das Motiv dem Kampf des geflügelten mit dem ungeflügelten Drachen, das heißt dem Ouroboros, und DORNEUS bezeichnet es auch als die <> und als das <>. Damit ist die sphärische Form gemeint. Das zwischen-den-Gegensätzen-Schwanken oder Hin-und-Hergeworfensein ist in der DORNEUSschen Deutung ein in-den-Gegensätzen-Enthaltensein. Die Gegensätze werden zu einem Gefäß, in welchem jenes Wesen, das zuvor bald das eine, bald das ander war, vibrierend schwebt, wodurch das peinliche Suspendiertsein zwischen den Gegensätzen sich allmählich in eine bilaterale Tätigkeit des Mittelpunktes verwandelt. Damit kündet sich die sogenannte <<>
faßt diesen Gedanken in den Worten des Drachen zusammen:<
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HERMAS erzählt, daß er auf der campanischen Straße einem Ungeheuer gleich dem Meerdrachen khtos begegnet sei:
<: schwarz, dann feuer-und blutrot, dann goldgelb, dann weiß: Nachdem ich an dem Tier vorüber und ungefähr 30 Fuß weitergegangen war, begegnete mir eine Jungfrau, geschmückt wie eine Braut, die aus ihrer Kammer hervorgeht, ganz in weißem Gewande und mit weißen Schuhen, bis zu Stirn verschleieert, eine Mitra war ihre Kopfbedeckung, und ihr Haar war weiß.>>(260)
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Die zuvor dunkle Situation wird allmählich erhellt wie eine finstere Nacht, in welcher der Mond aufgeht. Die Erhellung geht gewissermaßen vom Unbewußten aus, indem es in erster Linies Träume sind, welche der Aufklärung auf die Spur helfen. Dieses aufdämmernde Licht entspricht der albedo, dem Mondlicht, das nach der Auffassung anderer auch den ortus solis andeutet. Die nunmehr zunehmende Rötung entspricht einer Vermehrung von Wärme und Licht, welche von der Sonne, also aus dem Bereich des Bewußtseins stammen. Dies entspricht der wachsenden Anteilnahme, beziehungsweise Implikation, des Bewußtseins, welches anfängt, auch emotional auf die vom Unbewußten produzierten Inhalte zu reagieren. Durch die Auseinandersetzung mit dem Unbewußten, welche zunächst einen <> Konflikt bedeutet, bahnt sich aber die Zusammenschmelzung oder die Synthese der Gegensätze an. Die Alchemie drückt dies durch die rubedo aus, in welcher sich die Hochzeit des roten Mannes mit der weißen Frau, des Sol und der Luna, vollzieht. Obschon sich die Gegensätze fliehen, streben sie doch nach Ausgleichung, indem ein Konfliktzustand zu lebenswidrig ist, als daß er dauernd festgehalten werden könnt. Dabei reiben sich die Gegensätze gegenseitig auf: der eine frißt den anderen, wie die beiden Drachen oder sonstigen reißenden Tiere der alchemistischen Symbolik.(264)
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Zur finsteren Natur des Salzes gehören dessen <>, welche die <> hervorhebt. Es bleibt bei der Auflösung der lebenden Körper einerseits zuletzt übrig als <> Letztes bei der Verfaulung)- MYLIUS identifiziert das Salz ausdrücklich mit dem Drachen als dem Ouroboros . Die Identität des Salzes mit dem typhonischen Meere haben wir bereits erwähnt. Von hier aus könnte man es leicht auch mit dem Leviathan, dem Drachen des Meeres identifizieren.(287)
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Werke Band 14/2
...König, welcher seit alters als inkarnierter Gott gilt. Anm.:In den LAMBSPRINKschen Symbolen ist er die vollendete Arkansubstanz schlechthin:<< ...(Ich habe meine Feinde besiegt und überwunden und den giftigen Drachen mit Füßen getreten. Ich bin der erhabenste und reichste König auf Erden geworden...Daher hat mir Hermes den Namen „Herr des Waldes“ gegeben.)>>(15)
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Pfau drückt die <> aus. MERULA erwähnt, daß der Pfau ein Gefäß mit vergifteten Inhalt ausleere und zerstöre, welche Eigentümlichkeit vielleicht mit die Stellung des Pfaues in der Alchemie begründet, indem er die Wandlung des giftigen Drachen in die heilbringende Medizin vermittelt und darstellt.(47)
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Das Blut, welches die Mutter trinkt, ist das des grünen Löwen. Dieses <> Tier ist ein Synonym des Mercurius, genauer gesagt eine Wandlungsstufe desselben. Er ist die warmblütige Form des fressenden und reißenden Tieres, dessen erste Form der Drache ist. Auf dessen Tötung und eventuelle Zerstückelung folgt meist die Löwenform. Der Löwe seinerseits ist gefolgt vom Adler. Die Verwandlungen, die in der <> des CHRISTIAN ROSENKREUTZ beschrieben sind, geben einen guten Begriff von den Wandlungen und Symbolen des Mercurius. Wie dieser erscheint der Löwe etwa auch doppelt als Löwe und Löwin, oder er wird als aus dem doppelten Mercurius bestehend angegeben. Die beiden Löwen werden gelegentlich mit dem roten und weißen Schwefel identifiziert. Die entsprechende Abbildung stellt einen wütenden Kampf zwischen dem ungeflügelten Löwen (sulphur rubeum) und der geflügelten Löwin (sulphur album) dar. Diese beiden stellen die Vorstufe des königlichen Paares dar, weshalb sie Kronen tragen. Auf dieser Stufe besteht offenbar noch viel Hader zwischen den beiden, und das ist es eben, was der feurige Löwe ausdrücken will, nämlich leidenschaftliche Emotionalität , welche eine Vorstufe der Erkenntnis unbewußter Inhalte bedeutet. Natürlich stellt das streitende Löwenpaar wiederum den Ouroboros dar. Der Löwe bedeutet also die Arkansubstanz, die teils als terra , teils als corpus, und zwar als corpus immundum (unreiner Körper) bezeichnet wird.(50 f.)
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Die meretrix ist eine in der Alchemie bekannt Figur. Sie bildet eine Bezeichnung der Arkansubstanz in deren anfänglichen <> und mütterlicher Form. Der <<Introitus apertus>> sagt vom Chaos, daß es sich zu den Metallen wie eine Mutter (ut mater) verhalte...MICHAEL MAIER schreibt:<< In der Chemia gibt es Venus und Cupido... die Psyche nämlich ist das Weibliche , Cupido das Männliche, das für den Drachen gehalten wird. Das <> (die Rötung) findet im zweiten Haus der Venus (Libra ) statt. entsprechend bemerkt die <<Turba>>, daß die Venus <> Anm.: Im Typus der Anima sind jeweils Mutter, Tochter, Schwester, Braut, Gattin und Hure vereinigt.
......
Adam setz in ein Wasserbad/
Darinn Venus ihrs gleichen hat/
Welchs hat bereit der alte Drach/
Da er verlohr sein Stärck und Krafft.
Auch in anderen Texten vertritt die Venus die Königin bei der Hochzeit, so im <<Introitus apertus>>, wo es heißt:< sorgfältig vorbereitest, lege sie dann auf das Ehebett>> usw. Venus erscheint überhaupt als der weibliche Aspekt des Königs, modern ausgedrückt als dessen Anima. So sagt BASILIUS VALENTUNUS von Adam und Venus im Bade:
Ist nichts spricht der Philosophus,
Denn ein zweyfach Mercurius.
Der König im Bade und das connubium mit Venus oder mit der Mutter ist eins und dasselbe: < (der Mann von der Frau umgeben), wobei bald er, bald sie als hermaphroditisch gilt, da sie im Grunde genommen nichts anderes als den Mercurius duplex dastellen. Venus, respektive die meretrix, entspricht dem erotischen Aspekt des Löwen , der seinerseits das Attribut und die Eigenschaft des Königs ist. (58 ff.)
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Die prima materia heißt auch meretrix und wird der Großen Babylon parallelgesetzt, wie der Drache und der Löwe mit dem Drachen von Babel.(63)
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Die ewigen Bilder sind alles nur nicht eindeutig.
Es ist für die Alchemie nun schlechthin charakteristisch, daß sie nie die Gegensätzlichkeit ihrer Inhalte übersieht und damit die dogmatische Vorstellungswelt, die um der Eindeutigkeit willen den Gegensatz ins Inkommensurable abdrängt, deutlich kompensiert. Die Tendenz zur möglichsten Trennung der Gegensätze, das heißt das Streben nach Eindeutigkeit ist absolut nötig, um ein klares Bewußtsein herzustellen, denn Diskrimination gehört zu deren Wesen. Wenn aber die Trennung so weit geht, daß der zugehörige Gegensatz außer Sicht gerät und das Schwarze des Weißen, das Böse des Guten, das Tiefe des Hohen usw. nicht mehr gesehen wird, dann entsteht Einseitigkeit, welche ohne unser Zutun vom Unbewußten her kompensiert wird. Die Ausgleichung geschieht sogar gegen unseren Willen, der sich infolgedessen immer fanatischer gebärden muß, um die katastrophale Enantiodromie herbeizuführen. Die Weisheit dagegen hat nie vergessen, daß alle Dinge zwei Seiten haben; sie wüßte also solche Unglücksfälle zu verhindern, wenn sie irgendwelche Macht besäße. Die Macht befindet sich aber nie am Sitze der Weisheit, sondern immer an den Schwerpunkten der Masseninteressen und vergesellschaftet sich daher unvermeidlicherweise mit der unabsehbaren Dummheit des Massenmenschen.
Mit vermehrter Einseitigkeit zerfällt die Macht des Königs, welche ursprünglich eben gerade darin bestanden hatte, daß seine Dominante die Gegensätzlichkeit des Seins symbolisch zu fassen vermochte. Je deutlicher aber die Idee hervortritt, desto heller und klarer wird die Bewußtheit, und desto gültiger und monarchischer ihr Inhalt, dem alles Widersprechende weichen muß. Dieser extreme Zustand will erreicht werden, obschon der Höhepunkt immer auch ein Ende bedeutet. Die Natur im Menschen, nämlich das Unbewußte, versucht sofort zu kompensieren, was dem extremen Zustande sehr zuwider ist, da er sich als ideal vorkommt und auch in der Lage ist, mit besten Argumenten seine Trefflichkeit zu begründen. Man kann nicht anders, als zugeben, daß er ideal ist, aber er ist trotzdem unvollkommen, weil er das Lebendige nur noch zum Teil ausdrückt: Dieses nämlich will nicht nur das Klare, sondern auch das Trübe, nicht nur das Helle, sondern auch das Dunkle, ja es will, daß auf alle Tage Nächte folgen, und daß selbst die Weisheit ihren Karneval feiert, wovon gerade die Alchemie nicht wenig Spuren aufweist. Darum bedarf der König immer wieder der Erneuerung, welche mit dem Abstieg in seine eigene Dunkelheit , dem Eintauchen in die eigene Tiefe und mit der Erinnerung an die Blutsverwandschaft des Gegenspielers beginnt. (GW 14/2 S. 91 f.)
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Wie der stolze Vogel Phönix nach der Version des EPIPHANIUS nach der Selbstverbrennung zuerst als Wurm aus der eigenen Asche kriecht, so taucht auch der Rex aus seinem ignis infernalis zunächst in Drachengestalt wieder auf; daher jene vielen gekrönten Drachenfiguren! Es ist ja der serpens Mercurialis, der zum Orte des Gestankes eine besondere Beziehung hat (in stercore invenietur!)(93)
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Der filius regius ist... mit Mercurius und in diesem besonderen Stadium mit dem serpens Mercurialis identisch. Das Vorhandensein dieses Stadiums ist bewiesen durch Saturn, welcher der dunkle, kalte maleficus ist, sodann durch das mundi ovum, das Weltei der Philosophen, welches offenkundig den Anfangszustand bedeutet, und schließlich durch den grünen und roten Löwen, welcher sozusagen die Tierseele des Rex darstellt. All dies wird durch den Drachen oder die Schlange als summa summarum ausgedrückt. Der draco als unterste und anfänglichste Lebensform des Königs ist, wie überall wiederholt wird, giftig und tödlich, eine medicina, die zuerst gefährlichstes Gift ist, später aber das Alexipharmakon (Gegengift) selber.(94)
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In Amente, der ägyptischen Unterwelt, wohnt die große siebenköpfige Schlange,
Anm.: Das Schlangenmonstrum par excellence ist die Apep-Schlange. Im Babylonischen entspicht ihr die Tiamat. Im Buch des Apostels Bartholomaeus über die Auferstehung Christi (WALLIS BUDGE...)findet sich folgende Darstellung: << Now Abbatôn, who is Death, and Gaios, and Tryphon, and Ôphiat, and Phthinôn, and Sotomis, and Komphion, who are the six sons of Death , wriggelt into the tomb of the son of God on their faces in the form of serpents (?...)wriggeling in with their great thief in very truth.>> Dazu bemerkt WALLIS BUDGE (...)<> Die <> (Kp. LXXXIII) sind wohl identisch mit den <>(Pap. Von Nejtu-Amen I b ...)Als Ra mit seiner Lanze die Apep-Schlange durchstach, erbrach diese alles, was sie vorher verschlungen hatte. (WALLIS BUDGE...) Das ist ein Motiv, welches sich in den primitiven Walfischdrachenmythen vielfach wiederholt.Meist kommen mit den vorher verschlungenen Helden auch dessen Vater und Mutter wieder aus dem Bauche des Monstrums hervor (FROBENIUS ...) , oder überhaupt alles, was der Tod verschlungen hatt. (FROBENIUS, l. c., <>>,...) Wie ersichtlich, handelt es sich bei diesem Motiv um eine Präfiguration der Apokatastasis aufprimitiver Stufe.XIV/II; S. 100
und in der christlichen der Wurm par excellence, nämlich der Teufel, die <>.
Anm.: herab und bedeckte sie mit dem Nebel der Sünde und überzog sie mit den Finsternissen des Todes>>(HONORIUS VON AUTUN, Speculum Ecclesiae , in MIGNE;P.L. CLXXII, col 937)
Eigentlich ist es ein Brüderpaar, das die Hölle bewohnt, nämlich Tod und Teufel, jener durch das Gewürm und dieser durch die Schlange charakterisiert. Im älteren Deutsch, wie im Lateinischen, fließen die Begriffe von Wurm (Lindwurm!), Schlange und Drache so zusammen wie vermis, serpens und draco. Die Hölle bedeutet Hades, Unterwelt, Grab. Der Wurm respektive die Schlange ist der allesverschlingende Tod. Der Drachentöter ist darum jeweils ebenso ein Todüberwinder. Auch in der germanischen Mythologie ist die Hölle mit der Vorstellung des Wurmes verbunden. In der <<Edda>> heißt es:
Einen Saal sah ich,
Der sonne fern,
Am Totenstrand,
Das Tor nach Norden:
Tropfendes Gift
Träuft durch das Dach;
Wurmleiber sind
Die Saalwände.
Die Hölle heißt (ags.) vyrmsele, (mhd.) wurmgarten.
Wie die Heroen und die Totengeister, so haben auch die Götter (in erster Linie die cJonioi) Beziehung zur Schlange, so Hermes und Asklepios (Caduceus!).
Anm.: Vgl. NIETZSCHE, Also sprach Zarathustra p. 99: < einer Schlange?<< sagt Zarathutra zur Schlange, die ihn gebissen hatte. Er ist also der Held, also vom Drachengeschlecht, wie er auch<> genannt wird. (l. c., p. 229)
Eine Inschrift am Hathortempel von Tentyra lautet:
< als lebendiger Geist, die Aufgänge schaffend und strahlend in deiner herrlichen Gestalt in der Barke des Sonnenaufganges. Der göttliche Meister, dessen Bild im Tempel von Tentyra in Verborgenheit weilt, wird zum Schöpfer der Welt durch sein Werk. Als Einer kommend vervielfältigt er sich millionenfach, wenn das Licht aus ihm in Gestalt eines Kindes entsteht.>>
Anm.: Es ist erstaunlich zu sehen, wie die Alchemie sich sinngemäß der gleichen Bilder bedient: ihr Werk ist eine Wiederholung der Schöpfung, sie holt das Licht aus der Finsternis (nigredo) hervor, ihr lapis ist einer (unus est lapis), der als puer, infans, puellus entsteht. Er ist unendlicher Multiplikation fähig.
Die Vergleichung des Gottes mit der Schlange erinnert an seine chtonische Form in der Unterwelt, wie ja auch der verjüngte Phönix (Falke) zuerst noch Wurmgestalt hat. Das Christentum hat vieles aus der ägyptischen Religiosität übernommen. Es ist daher begreiflich, daß auch die Allegorie der Schlange in die christliche Vorstellungswelt eingedrungen (Johannes 3,14 ) und von der Alchemie bereitwillig aufgegriffen worden ist.
Anm.:Der Wurm stellt sozusagen die primitive, archaische Lebensform dar, aus welcher sich dann die definitive oder wenigstens eine gegensätzliche Gestalt entwickelt, nämlich im Gegensatz zum chtonischen Tier ein Vogel. Dieses Gegensatzpaar – Schlange und Vogel – ist klassisch. Adler und Schlange, die beiden Tiere Zarathustras, symbolisieren den Kreis der Zeit, das heißt der ewigen Wiederkunft. <>. <>, das <>. Auch der Hirt, dem die Schlange in den Schlund kroch, ist verknüpft mit der Idee der Wiederkunft. Er bildet (als Drache) mit der Schlange den Kreis des Ouroboros. <> (bei HORNEFFER, Nietzsches Lehre von der ewigen Wiederkunft, Nr. 29, p. 78). Vgl. auch die Lehre des SATURNINUS, daß die Engel zuerst einen Menschen geschaffen hätten, der nur wie ein Wurm kriechen konnte. (IRENÄUS; Adversua haereses, I,XXIV,1,p. 71) Wie HIPPOLYTUS (Elenchos VII, 28,3 p. 208) anmerkt, sei der Mensch wegen der Schwäche der Engel, die ihn schufen, wie ein <> gewesen.
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Der Alchemist erlebte die Anthroposgestalt in einer Form, die mit neuer Lebendigkeit, Frische und Unmittelbarkeit geladen war, was sich im enthusiastischen Ton der Texte wiederspiegelt. Bei der Sachlage ist es daher begreiflich daß auch jede Einzelheit des urmenschlichen Dramas in einem ganz neuen Sinne realisiert wurde. Die nigredo stellte den Zerfall, das Leiden, den Tod und die Höllenqual dem Laboranten nicht sichtbar vor Augen, sondern sie überschattete mit ihrer Melancholie auch seine einsame Seele. In der Schwärze der Verzweiflung, die nicht ihm gehörte, bei der er sozusagen bloß anwesend war, erlebte er, das es sich zum Wurme und zum giftigen Drachen wandelte.
Anm.:<>. (MAIER...) << der wahre Geist von Merkur und die Seele des Schwefels>> sind parallel zu <>(Mus.herm., p. 11). Der senex-draco soll als König wiedergeboren werden (Verus Hermes, p. 16) König und Königin werden mit einem Drachenschwanz dargestellt (ABRAHAM ELEAZAR, Uraltes Chymisches Werk, p. 82 ff.) Ebenda heißt es (...) daß aus König und Königin in der nigredo ein schwarzer Wurm und Drache werde. Der Wurm Phyton sauge dem König das Blut aus (p. 47).
Aus innerer Notwendigkeit (<>) zerstörte sich dieser selber und wurde zum Löwen,
Anm.: Da die alchemistischen Symbole mit Astrologie druchtränkt sind, ist es wichtig zu wissen, daß der Hauptstern des Zodion Leo Regulus (kleiner König) heißt und von den Chaldäern als Herz des Löwen aufgefaßt wurde. (BOUCHÉ-LECLERCQ, L‘ Astrologie grecque, p. 438 f.) Der Regulus ist für die Nativität der Könige günstig. Cor (Herz) spielt als Bezeichnung der Arkansubstanz eine Rolle. Es bedeutet <> (Feuer oder größte Hitze) (RULANDUS...)
und der unwillkürlich ins Drama hineingezogene Adept empfand die Notwendigkeit, diesem die Tatzen abzuhauen, wenn nicht zwei Löwen sich gegenseitig auffraßen. Wie der Drache seine eigenen Flügel fraß (alas suas comedens), so verzehrte auch der Adler seine Federn. In diesen grotesken Bildern spiegelt sich der Konflikt der Gegensätze, in die der Adept durch seine forschende Neugier hineingeraten ist. Der Anfang seines Weges war eine Katabasis (descenso ad inferos), wie sie DANTE erlebte, aber im Unterschied zu diesem wird beim Adepten die Seele nicht nur beeindruckt, sondern recht eigentlich alteriert.
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G
Gedicht des BASILIUS VALENTINUS
Adam in balneo residebat
In quo Venus sui similem reperiebat
Quod praeparaverat senex Draco usw.
Übers.: Adam saß im Bade, das der greise Drache bereitet hatte und in welchem Venus ihren Gefährten fand... (De prima materia lapidis, in : Mus.herm., p. 425)
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Die Arkan- oder Wandlungssubstanz erscheint demnach hier als der <>>, der Urmensch, was auch die kabbalistische Bezeichnung Adam Kadmon bedeutet. Adam als der innere Mensch ist von Venus, der Liebesgöttin, überflutet, was ein unmißverständliches Psychologem ist, nämlich ein Ausdruck für einen bestimmten und typischen psychischen Zustand, der auch durch das gnostische Liebesverhältnis des Nous und der Physis passend symbolisiert wird. Es handelt sich um den <>, um die umfänglichere, übergeordnete Ganzheit, die wir als Selbst bezeichnen. Bad, Untertauchen, Überfluten, Taufe und Ertrinken – alles alchemistische Synonyme – symbolisieren den unbewußten Zustand, sozusagen die Inkarnation des Selbst, oder, genauer gesagt, jenen unbewußten Vorgang, durch den es <>> wird respektive in den Zustand der Erfahrbarkeit übergeht. Letzterer wird dann als <>> bezeichnet. Der, welcher das Bad bereitet hat, ist, wie der Text sagt , der senex draco. Der alte Drache stellt ein Urwesen dar, das in den Höhlen der Erde wohnt, das heißt psychologisch eine Personifikation der Instinktseele, die meist durch Reptilien symbolisiert wird. Es scheint, als ob die alchemistischen Vorstellungen damit ausdrücken wollte, das das Unbewußte selber den Erneuerungsprozeß vorbereite.(146 f.)
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In den Homilien des CLEMENS VON Rom (2. Jahrhundert) erscheint Adam als erster in der Reihe der acht Verkörperungen des alhJhs projhths ( des wahren Propheten). Der letzte ist Christus. Dieser Gedanke eines präexistenten Wissenden dürfte jüdischer respektive judenchristlicher Überlieferung entspringen, hat aber auch in China eine plastische Verwirklichung gefunden in der Gestalt des P‘ an Ku. Er wird dargestellt als ein in Bärenfell oder in Blätter gekleideter Zwerg. Auf dem Kopf hat er zwei Hörner. Er ist aus yang und yin hervorgegangen, formte das Chaos und schuf Himmel und Erde. Er wurde bei dieser Arbeit von vier symbolischen Tieren unterstützt, nämlich von Einhorn, Phönix, Schildkröte und Drache. Er wird auch dargestellt mit der Sonne in der einen Hand und dem Mond in der anderen. Nach anderer Version soll er einen Drachenkopf und Schlangenleib besessen haben. Er verwandelte sich in die Erde mit allen ihren Geschöpfen und erweist sich damit als ein richtiger homo maximus und Anthropos. P’an Ku ist taoistisch und scheint vor dem 4. Jahrhundert n. Christi nicht nachgewiesen zu sein. P’an Ku hat sich reinkarniert in Yuan-shih T’ientsun, der ersten Ursache und dem höchsten im Himmel. Als Quelle der Wahrheit verkündet er jedem neuen Zeitalter die Geheimlehre, welche Unsterblichkeit verheißt...(165)
Von adamah (der roten Erde des Paradieses) wird nämlich seit alters der Name Adam abgeleitet, weshalb hier auch die Paradieserde mit dem corpus mysticum verbunden ist.(...) Seltsam ist jedoch, daß, wie hervorgehoben wird, diese adamah < vermischt>> sein soll. Man muß hier wohl in erster Linie eine alchemische Vorstellung vermuten, und zwar jene Idee vom <>, vom Zentralfeuer, aus dessen Wärme und Kraft die Natur grünt und wächst, indem in ihm der serpens mercurialis, jener Salamander wohnt, den das Feuer nicht verbrennt, und jener Drache, der sich vom Feuer nährt. Dieses Feuer ist zwar ein Teil vom Feuer des Gottesgeistes (das <>, wie es JACOB BÖHME formuliert hat), bedeutet aber eben auch etwas wie Lucifer, der der schönste Engel Gottes war, um dann zum höllischen Feuer selber zu werden. ABRAHAM ELEAZAR sagt darüber:< Ð (Feuer) speyende Drache>> Der in der Luft schwebende Drache bedeutet den universalen << Phyton, den Anfang aller Dinge>>.(210 f.)
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Die Vorstellung vom Vogel, der seine eigenen Federn frißt, ist eine Variante des Ouroboros, der seinerseits wieder mit dem Leviathan in Beziehung steht. Leviathan und <> sind Bezeichnungen des Jessod sowohl als des Tippereth(214, f.)
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...erscheint mir die Auffassung bei DORNEUS als ein in zweifacher Hinsicht logisches Verständnis; einmal weil der Unterschied zwischen der chemischen Operation und dem damit verbundenen psychischen Geschehen einem aufmerksamen und kritischen Beobachter auf die Dauer unmöglich verborgen bleiben konnte, und sodann, weil die Hochzeitssymbolik offenkundig den alchemistischen Denker insofern nie ganz befriedigt hat, als er sich immer wieder veranlaßt fühlte, neben den verschiedenen Varianten des Hierosgamos noch andere <> zu benützen, um die schwer faßbare Natur seines Mysteriums auszudrücken. So finden wir die Konjunktion auch dargestellt durch den Drachen, der das Weib im Grabe umschlingt oder durch zwei sich bekämpfende Tiere oder durch den König, der sich im Wasser auflöst...(242)
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In der <> gibt es eine Stelle, wo die Wandlungssubstanz im Zustand der nigredo von sich selber sagt: < werde. O Seele und Geist verlaßt mich nicht, daß ich wiederum das Tageslicht erblicke und aus mir jener Held des Friedens, den der ganze Erdkreis erblicken möge, aufgehe (exoriatur).>> Theatrum Chemicum {1613} IV, p. 569 f.) (292)
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Werke 15
Das, was in der Vision (der Dichter D.P.) erscheint, ist ein Bild des kollektiven Unbewußten, nämlich der eigentümlichen, angeborenen Struktur jener Psyche, welche Matrix und Vorbedingung des Bewußtseins darstellt. Nach dem phylogenetischen Grundgesetz muß die psychische Struktur genau wie die anatomische die Merkmale der durchlaufenen Ahnenstufen an sich tragen. Das ist mit dem Unbewußten auch tatsächlich der Fall: in Bewußtseinseklipsen, zum Beispiel im Traum, in der Geistesstörung usw., treten seelische Produkte oder Inhalte an die Oberfläche, die alle Merkmale des primitiven seelischen Zustandes an sich tragen, und zwar nicht nur der Form nach, sondern auch nach dem Sinngehalt, man könnte oft meinen, sie wären Fragmente alter Geheimlehren. Zahlreich sind die dabei auftretenden mythologischen Motive, die sich aber in moderner Bildsprache verbergen, das heißt es ist nicht mehr der Adler des Zeus oder der Vogel Rock, sondern ein Flugzeug; der Kampf der Drachen ist ein Eisenbahnzusammenstoß; der Held, der den Drachen erschlägt, ist der Heldentenor am Stadttheater, die chtonische Mutter ist eine dicke Gemüsehändlerin, und Pluto, der Proserpina raubt, ein gefährlicher Chauffeur usw.(111 f.)
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Darum ist uns im unaufschließbaren und unaussprechbaren Symbol das Heil gegeben, denn es schützt uns davor, daß der Teufel den Samen des Lebens verschluckt. Darin liegt das Bedrohliche und Gefährliche der Analyse, daß nämlich der Mensch anscheinend verstanden wird: der Teufel frißt seine Seele weg, die nackt und bloß, der schützenden Hülle beraubt, als ein Kind ans Licht geboren wurde. Dies ist der Drache, der Mord, der immer den neugeborenen Gottessohn bedroht. Er ist wiederum zu verbergen vor dem <> der Menschheit . C.G. JUNG, Briefe 1, S. 54.
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Der <> gehört in die Kategorie des Unorthodoxen, und zwar speziell der Werwölfe, <> (indian.), der Leopardenmenschen (afrik.) und der Beriskr (nord.). Der mana-geladene resp. numinose Mensch hat theriomorphe Eigenschaften, indem er den gewöhnlichen Menschen nicht nur nach oben überragt, sondern auch nach unten. Die Helden haben Schlangenaugen (ormr i auga, nord.), sind Halbmensch-Halbschlange (Kekrops, Erechtheus), heben Schlangenseelen (griech.) und Schlangenhaut; der medizinmann kann sich in alle möglichen Tiere verwandeln... In der zeitgenössischen Alchemie gehört der Bär zu den theriomorphen Wandlungssymbolen, wie der Drache, Löwe, Adler...In der alchmistischen Mystik entsteht aus Löwe (oder Bär) schließlich das aurum philosophicum als ein novus sol, d.h. der Goldglanz. (Folklore und Alchemie haben sich schon frühzeitg durchdrungen!)(450)
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Briefe 2
Vor allem der Begriff des Unbewußten. Wir nennen diese psychische Sphäre unbewußt, weil wir sie nicht direkt beobachten können. Wir beobachten nur bestimmte Wirkungen, und aus ihnen ziehen wir bestimmte Schlüsse in bezug auf Wesen und Zustand möglicher Inhalte des Unbewußten. Sie können auch sagen: die Sphäre des Unbewußten ist die Sphäre einer unbekannten Psyche, über die wir nichts aussagen, wenn wir sie das Unbewußte nennen. Wir sagen nicht, daß sie an sich bewußt oder unbewußt sei, sie ist nur unbewußt für uns. Was sie an und für sich ist, wissen wir nicht und geben auch nicht vor, es zu wissen. Nennen Sie jene Sphäre das universale Bewußtsein, so können wir nicht widersprechen, wir können nur unser Nichtwissen über ihren wahren Zustand bekennen. Aber wenn Sie sie das universale Bewußtsein nennen, dann ist es das universale Bewußtsein Gottes. Mit einer solchen Annahme stellt sich die schwierige Frage, woher die ausgesprochen bösen Wirkungen kommen – diese dem Unbewußten entspringenden Wirkungen, welche Sie richtig mit dem Symbol des Drachen identifizieren.
Der Drache ist sein alters der Teufel. Ich bin gern bereit, den Begriff des Teufels zu akzeptieren, denn er umschreibt bestimmte psychische Erfahrungen ebenso wie der Terminus <>. Aber die Psychologie kann nur feststellen, daß die höchsten und die niedrigsten, die besten und die bösesten Impulse aus der Sphäre der unbewußten Psyche hervorgehen. Das ist das Äußerste, was wir im Rahmen der Wissenschaft sagen können.
An die Stelle von St. Georg und dem Drachen könnte man die allgemeinere Symbolik von Christus und dem Teufel setzen. Es ist richtig, daß der Heilige das bewußte Ich darstellt, aber nicht die Persona, denn St. Georg kann nicht nur als Maske verstanden werden, die die wahre Persönlichkeit verbirgt. Eher müßte man ihn als das wahre Selbst auffassen. Persona ist das, womit Sie die Menschen beeindrucken möchten und das, was die Menschen ihnen als Rolle aufdrängen. Darum spricht man von einer Maske. Das Schwert, das Sie mit dem Logos identifizieren, ist richtig gedeutet, vorausgesetzt, daß St. Georg ein Symbol Christi ist; denn niemand anders wäre imstande, den Logos wie ein Schwert zu führen. Nimmt man aber St. Georg als Menschen, dann stellt das Schwert seine Unterscheidungsfähigkeit dar; denn unterscheiden, vor allem mittels des Intellekts, ist ein Hauptcharakteristikum des Bewußtseins. So stellt das Schwert sehr oft den Intellekt oder diskriminierende Wertungen dar. Und dann wäre der Drache der Schatten in seiner ganzen Länge, nämlich der Mensch-plus-Tier-(Affen-)Schatten des Menschen.(104 f.)
Im allgemeinen trifft es zu, daß das Bewußtsein den Sieg über die Mächte der Dunkelheit erringen muß. Aber insofern die Dunkelheit unserer moralischen Wertung nicht restlos untersteht – erscheint sie doch als eine der göttlichen Eigenschaften -, bleibt es offen, ob der Drache als vollkommen böse angesehen werden muß. Aber das ist eine überaus komplizierte Frage. Für gewöhnlich symbolisieren Schlange, Drachen und andere Reptilien jene Partien der menschlichen Psyche, die noch mit der Tierseite im Menschen verbunden sind. Das Tier lebt noch in ihm; es ist der alte Saurier, der in Wirklichkeit der Drache ist, und deshalb ist der Drache ein sehr passendes Symbol. Diese Seiten der Psyche sind eng mit dem Leben des Körpers verbunden und dürfen nicht fehlen, wenn Körper und Bewußtsein normal zusammen funktionieren sollen. Aus diesem Grunde muß ein bestimmter – oder besser ein unbestimmter – Betrag an Dunkelheit zugelassen werden; er ist lebensnotwendig, wenn Körper und Seele überhaupt existieren wollen.(106)
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...interessante Darstellung. Es ist eine Art von Ritter St. Georg, bei dem aber der untere Teil ein Drache ist. Eine durchaus ungewöhnliche Darstellung! Es ist, wie wenn darin das Bewußtsein ausgedrückt wäre, daß der Drache die untere Hälfte des Menschen ist, was in Tat und Wahrheit ja auch der Fall ist. Man kann daher dieses Bild gut als eine Darstellung des inneren Konflikts auffassen oder auch als das Gegenteil, nämlich als einen Ausdruck der Tatsache, daß Drache und Held eigentlich zusammengehören und eines sind. Diese Einsicht ließe sich aus der Mythologie schon einigermaßen belegen und hätte sehr weitreichende Folgen, wen sie vergleichend religionshistorisch untersucht würde.C.G. Jung, Briefe 2, (S.112)
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Briefe 3
Im Chinesischen wird das Tao als <> bezeichnet und als Drache dargestellt, d.h. als sich windender Flußlauf. (354)
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Ihr Drache gehört im weitesten Sinne zum Motiv der großen Hintergrundstiere, welche die Welt zu regieren scheinen. Daher die hauptsächliche theriomorphen Symbole für die Tierkreiszeichen, als Dominanten des seelischen Geschehens.(354)
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Heutzutage werden Tiere, Drachen und andere lebendige Wesen gerne durch Eisenbahnen, Lokomotiven, Velos, Aeroplane und dergl. Kunstprodukte ersetzt (ähnlich wie der spätentdeckte südliche Sternenhimmel hauptsächlich nautische Bilder besitzt). Darin drückt sich die Entfernung des modernen Geistes von der Natur aus; die Tiere haben ihre Numinosität eingebüßt; sie sind anscheinend ungefährlich geworden; dafür bevölkern wir die Welt mit heulenden, brummenden, knatternden Monstren, welche unendlich mehr Unglücksfälle im Gefolge haben, als früher Bären und Wölfe zustande bringen konnten.(389)
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Werke 18
Seltsamerweise ist in der Mythologie der Drache die Mutter. Man begegnet dem Motiv auf der ganzen Welt, und das Monstrum wird der Mutterdrache genannt. Der Mutterdrache verschlingt das Kind wieder, saugt es nach der Geburt wieder in sich hinein. Die <>, wie sie auch genannt wird, wartet mit weitgeöffnetem Mund im westlichen Meer, und wenn ein Mensch sich nähert, schließt sich der Mund über ihm, und er ist erledigt. Diese monströse Figur ist die sarkophaga-Mutter, die Fleischfresserin; sie ist, in anderer Form , die matuta, die Mutter der Toten. Sie ist die Göttin des Todes .(108)
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Der Kampf des Helden mit dem Drachen ist als Symbol einer typischen menschlichen Situation ein sehr häufiges mythologisches Motiv. Eine der älteren literarischen Darstellungen davon ist der babylonische Schöpfungsmythus, in dem der Held-Gott Marduk den Drachen Tiâmat bekämpft. Marduk ist der Frühlingsgott und Tiâmat der Mutterdrache, das Urchaos. Marduk tötet sie und spaltet sie in zwei Teile. Aus der einen Hälfte macht er den Himmel und anderen die Erde.(122)
*
Wenn der Traum zum Beispiel den Held-Drachen-Konflikt herausstellt, kann jeder etwas darüber sagen, weil jeder von uns Märchen und Legenden gelesen hat und etwas über Helden und Drachen weiß. Auf der kollektiven Ebene der Träume gibt es praktisch keinen Unterschied zwischen den Menschen; dieser zeigt sich erst auf der persönlichen Ebene.(128)
*
Schlange, Drache S. 133 – 139, Unbewußtheit , Schatz,...
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Paulus
Das Hohe Lied der Liebe
1. Korinther, 13.
Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht wäre ich ein dröhnend Erz oder eine lärmende Pauke. 2 Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüßte und alle Erkenntnis hätte;
wenn ich alle Glaubenskraft besäße und Berge damit versetzen könnte, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts.
3 Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte
und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe,
hätte aber die Liebe nicht,
nützte es mir nicht.
4 Die Liebe ist langmütig,
Die Liebe ist gütig.
Sie ereifert sich nicht, Sie prahlt nicht, Sie bläht sich nicht auf.
5 Sie handelt nicht ungehörig,
Sucht nicht ihren Vorteil,
Läßt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach.
6 Sie freut sich nicht über das Unrecht, sonder freut sich an der Wahrheit.
7 Sie erträgt alles,
glaubt alles,
hält allem stand.
8 Die Liebe hört niemals auf.
Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht.
9 Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk unser prophetisches Reden;
10 wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk.
11 Als ich ein Kind war,
redete ich wie ein Kind,
dachte wie ein Kind
und urteilte wie ein Kind.
Als ich ein Mann wurde,
legte ich ab, was Kind an mir war.
12 Jetzt schauen wir in einen Spiegel
und sehen nur rätselhafte Umrisse,
dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht .
Jetzt erkenne ich unvollkommen,
dann aber werde ich durch und durch erkennen,
so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.
13 Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;
Doch am größten unter ihnen ist die Liebe.
Spiegel
20) Pauli: ...Traum II mit der Croquet-Kugel, die den Spiegel zertrümmert. Der Spiegel ist, glaube ich, nicht nur der Intellekt, sondern das Bewußtsein überhaupt.
108 f.) Pauli, (Traum) Mein erster Physiklehrer erscheint mir und sagt:“Die Änderung der Aufspaltung des Grundzustandes des H-Atoms ist fundamental. In einer Metallplatte sind eherne Töne eingraviert.“Dann fahre ich nach Göttingen. ( Die „ Aufspaltung“ besteht, wie der folgende Traum zeigte, aus einer Art von Spiegelung. In anderen Träumen heißt es statt „Aufspaltung“ auch „Isotopentrennung“ und statt Spiegelung „Ausfallen des schwereren Isotops“.)
148) Pauli: Kleeblatt-Gestalt als unteres Spiegelbild der „drei Päpste“ von früheren Traum. (20.7.1948)
158) Pauli: In Wahrheit dürfte aber Physis und Psyche zwei Aspekte eines und desselben abstrakten Sachverhaltes sein. Deshalb bietet sich zur bildlichen Darstellung der psycho-physischen Beziehung ein Spiegelungsprinzip in natürlicher Weise dar.
159) Pauli: Man war gewohnt, daß die Naturgesetze eine exakte Symmetrie zeigen in bezug auf
a) Links-Rechts-Vertauschung=Raumspiegelung (oft mit P bezeichnet, abgekürzt von „parity“)
b) Änderung des Vorzeichens der elektrischen Ladung (positive wird mit negativer vertauscht
Ladungskonjugation C von „charge“).
c) Umkehr der Zeit, ohne Änderung des Vorzeichens der Ladung (mit T bezeichnet).
Yang und Lee haben 1956 darauf hingewiesen, dass für das Vorhandensein dieser 3 Symmetrien einzeln gerade bei den sogenannten schwachen Wechselwirkungen, welche die Betaradioaktivität (spontane Elektronenemossionen aus Kernen, kommt mit beiden Vorzeichen C+ c – vor) und die Reaktionen des Neutrino bestimmen, ungenügend empirische Evidenz vorhanden ist. Sie gaben ferner Experimente an, die zur Prüfung dieser Symmetrie geeignet sind.[...] kein theoretischer Grund zu sehen .., warum gerade die schwachen Wechselwirkungen eine geringere Symmtrie ausweisen sollten.
162) Pauli: ... starker Schock durch die neuen Experimente über Verletzung der Spiegelsymmetrie
...Perseus hat ja seine Heldentat der Enthauptung der Medusa mit einem Spiegel vollführt...
Um die Sprache des ... Traumes zu verstehen, könnte man annehmen, daß allgemein alle multiplen Erscheinungsweisen eines Archetypus sehr wohl als „Reflexe“ sich bezeichnen lassen, während dieser selbst als unsichtbarer Spiegler im Hintergrund bleibt; weshalb er auch von der Rationalistisch-naturwissenschaftlich-konventionellen Kollektivmeinung als nicht-existent angesehen wird, während dagegen „die Dunkle“ um ihn weiß.
163) ...die Beziehung von Physik und Psychologie ist bei mir selbst die einer Spiegelung, das Erscheinen des Psychologen im Traum daher das Werk des „Direktors Spiegler“, der unsichtbar im Hintergrund bleibt.
Am Ende des Traumes ist eine gewisse Dissoziation meiner Geistigkeit dargestellt, in ein engeres Ich, das Physik kann, aber die archetypischen Hintergründe ... in dieser eingetretenen Situation ungenügend realisiert und in eine zweite Phantasiefigur eines Psychologen, der charakteristischer Weise nichts von Physik weiß. Offenbar will <> beide zusammenbringen ...
Wenn ich nun heute nochmals die Situation in der Physik im Zusammenhang mit diesen Manifestationen des Unbewußten betrachte, so fällt mir auf, daß die mehr in die Tiefe gehenden Phänomene keine Partial-spiegelungen mehr zulassen, während die Spiegelsymmetrie dann wieder hergestellt ist, wenn man genügend viele, das Phänomen charakterisierende Variable dabei mit berücksicht (wie z.B. beim „CPT-Theorem“ Rechts-Links, Ladungsvorzeichen, Zeitrichtung). Die parapsychologischen Phänomene gehen noch mehr in die Tiefe, dann muß man auch die Psyche mitberücksichtigen, um die volle Symmetrie des Phänomens zu sehen. Bei dem dem Licht entgegenwachsenden Pilz Phycomyces handelt es sich um ein „pattern“, dessen chemischer Aspekt in einem komplizierten Zusammenspiel verschiedener Enzyme besteht, das aber m.E. eben qua Zusammenspiel sich vom Archetypus einer Phycomedes-Kollektivpsyche prinzipiell nicht unterscheiden läßt.
Für den Instinkt der „Dunklen“ scheint zwischen Spiegelsymmetrien beim radioaktiven Betazerfall und multiplen Erscheinungen eines Archetypus kein wesentlicher Unterschied zu bestehen. Die letzteren sind für sie nur „Reflexe“ des „Einen unsichtbaren“ oder „unus mundus“, der dann auch für die Symmetrien dieser Reflexe verantwortlich wäre. In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, daß meine Traumsprache „radioaktiv“ immer synonym mit numinos oder mit synchronistisch verwendet, es ist jedenfalls etwas, das sich ausbreitet. Das Numinosum des Archetypus ist ja die Ursache der Angst des Ichbewußtseins, die eine Angst um seine Integrität ist.
Die Frage: „wie tief oder weit muß man gehen, um zur vollen Symmetrie zu kommen?“, scheint so letzten Endes wieder – in Ihrer Terminologie – zum Problem der Abtrennung des Selbst vom Ich zu führen.
165 Jung: Das Selbst ist heutzutage in Folge der allgemeinen Desorientierung, der politischen Weltspaltung und der entsprechenden individuellen Separation von Bewußtsein und Unbewußtem in archetypischer Form (d.h. im Unbewußten) allgemein konstelliert, welche Tatsache mir bei meinen Patienten immer wieder begegnet ist. Da ich nun aus Erfahrung weiß, dass ein konstellierter, d.h. aktivierter Archetypus zwar nicht die Ursache, wohl aber eine Bedingung synchronistischer Phänomene ist, so zog ich den Schluß, daß eigentlich heutzutage Ereignisse, die dem Archetypus als eine Art von Spiegelung entsprechen, erwartet werden müßten.
...
Es scheint mir nun, daß das physikalische Problem der Symmetrie bzw. Asymmetrie, das so merkwürdig mit meiner Präokkupation coincidiert, etwas Analoges und Paralleles wäre. Abgesehen von dem Spiegelungscharakter des Phänomens weisen die Aussagen des Unbewußten (repräsentiert durch Ufolegende, Traum und Bilder) auf eine „leichte Linkshändigkeit Gottes“, also auf ein statistisches Überwiegen der Linksrichtung, d.h. auf ein Praevalieren des Unbewußten hin, ausgedrückt durch „Gottesaugen“, „superiore Intelligente Wesen“, Rettungs- bzw. Heilandsabsichten der „höheren Welten“ und dergl. hin. Diese Symbole repräsentieren das Unbewußte und bekunden dessen Überlegenheit. Dies entspricht der Zeitlage, indem das gegenwärtige Bewußtsein sich in einem vorderhand unlösbaren Dilemma befindet und daher dem Unbewußten insofern die stärkere Position zukommt, als es das erlösende Dritte wenigstens potentiell besitzt. Das Dritte ist ein Archetypus, der die Vereinigung resp. Überwindung der Gegensätze ermöglichen könnte. Die Ufolegende läßt deutlich erkennen, daß das latente Symbol versucht, das kollektive Bewußtsein über das Niveau des Gegensatzkonfliktes in eine noch unbekannte Späre, in eine Art von Weltganzem und Selbstwerden (Individuation) hinaufzuheben. Dadurch sollen die Spiegelungseffekte, die uns verblenden, aufgehoben und die Gegensätze der zwei Seinsaspekte depotenziert werden und zwar durch ein Drittes „Asymmetrisches“, das eine Richtung bevorzugt, nämlich laut Legende, die Richtung zu höherer Bewußtseinsdifferenzierung im Gegensatz zum Gleichgewicht von bewußt-unbewußt. Das µ Meson entspräche also dem Archetypus, der für diese psychische Operation verantwortlich ist. Die Raumspiegelung entspricht dem psychologischen Gegensatz („Rechts“ und „Links“ im politischen Sinne, bewußt und unbewußt im psychologischen etc.)
T, Umkehr der Zeit, entspricht der Zukunftsrichtung des Bewußtseins und der Vergangenheitsrichtung des Unbewußten.
Daß es gerade die schwachen Wechselwirkungen sind, die Assymmetrie aufweisen, bildet eine nahezu komische Parallele zu der Tatsache, daß es gerade die infinitesimalen, psychologischen Faktoren sind, welche von Allen übersehen, die Fundamente unserer Welt erschüttern. Die „chinesische Revolution“ kommt sozusagen von den Antipoden, d.h. vom Unbewußten, ein symbolischer esprit d'‘escalier der Weltgeschichte! Ihr Traum von der "Chinesin" scheint dies antizipiert zu haben, d.h. ihre Anima hatte bereits Witterung von der Assymmetrie.
In Ihrem Traum vom 27.XI.1954 nehmen Sie die Depotenzierung der Spiegelung d.h. der Gegensätze voraus. Sie wissen nun das, was allen Anderen ein Geheimnis ist, nämlich daß sich im Unbewußten das Dritte vorbereitet und bereits die Spannungsenergie der Gegensätze aufzuheben beginnt; d.h. die Illusion, daß die Gegensätze wirklich Gegenstände seien, schwindet, damit auch die Axiomatik der Symmetrie. Dieser Vorgang ist typisch „östlich“, denn die Lehre von Mukti (Befreiung) und Tao bedeutet die Überwindung der gegenständlichen Gegensätze (Samsara) und die Einsicht in die Illusion (Maya) der Welt.
Ihre Assoziation des psychophysischen Problems liegt auf der richtigen Linie als ein weiterer Gegensatz (Psyche und Körper), der zugunsten eines Dritten suspendiert bzw. entkräftet wird.
„Spiegler“ ist ein dominierender Archetypus, der Erzeuger der Spiegelung, der Punkt, in dem sich zwei Seiten spiegeln, eine kleinste Größe. Hier kommt im Traum der Psycholog hinein als (symmetrischer) Vertreter der psychischen Seite, d.h. hier weist das Unbewußte auf einen psychischen Aspekt des Kleinsten hin, vermutlich auf das Selbst, das im psychischen Bereich das Größte darstellt.
In der Welt der µ Mesonen, d.h. des Allerkleinsten, scheint die Spiegelung zu Ende zu kommen, denn man hat es diesmal mit dem „Spiegler“ selbst zu tun, nämlich mit dem psychoiden Archetypus, wo „psychisch“ und „stofflich“ als Attribute nicht mehr verwendbar sind, oder wo die Gegensatzkategorie obsolet wird und jedes Ereignis nur noch asymmetrisch sein kann, denn ein Ereignis kann jeweils nur dieses oder jenes sein, wenn es aus einem ununterscheidbar Einen hervorgeht. Das µ Meson ist natürlich eine Approximation an das kleinste Eine.
Die Ufolegende kommt zu dem Schluß, daß das „Selbst“ der „Spiegler“ ist. Die Symbolik charakterisiert es als mathematischen Punkt und Einheit einerseits, anderseits durch den Kreis als Allheit, d.h. unendliche Vielheit, personifiziert als Anthropos, Gott, und Menschheit, (Hieranyagarbha = a conglomerate soul). Ewig und zeitlich, seiend und nichtseiend, verschwindend und auferstehend usw.
183) Pauli: Nun ist die Verdoppelung eines psychischen Inhaltes bei einem Bewußtwerden desselben ein Motiv, das in der Psychologie wohlbekannt ist. Es wird dadurch erklärt, daß der neue Bewußtseinsinhalt ein von ihm verschiedenes Spiegelbild im Unbewußten aufweist. Im Mythos findet sich dieses Motiv ebenfalls seht typisch wieder als Sage von zwei Brüdern, von denen der eine unsterblich (geistig) ist, während der andere nur sterblich (materiell) und an das Erdenleben verhaftet ist.
Die Wandlung
Animus
Anima
Animus
Frau
Archtypus... bis ins primitive Heiratsklassensystem zurückreichend...
Als Quaternität ist er ein Ganzheitsurteil und formuliert die psychische Ganzheits-struktur des Menschen schlechthin. Diese drückt einerseits die Struktur des Individuums, nämlich ein (männliches und weibliches) Ich in Verbindung mit dem gegengeschlechtlichen Unbewußten aus, anderseits die Bezogenheit auf das andere Geschlecht, ohne welche das psychologische Individuum unvollständig ist. (Ich verstehe darunter in erster Linie eine psychologische Beziehung.) in diesem Schema fehlt aber der Wandlungsgedanke... Die psychologische Empirie als naturwissenschaftliche Diszipin ist nicht in der Lage, festzustellen, ob das bewußte Ich <> oder <> steht als die Anima. Wie das Ich, so hat auch die anima einen positiven und einen negativen Aspekt … Die Wissenschaft bewertet überhaupt nicht, obschon die Psychologie einen <>Begriff hat, der aber nicts anderes ist als ein Begriff von Intensität: ein Vorstellungskomplex besitzt dann einen höheren Wert, wenn sich seine assimilatorische Kraft stärker erweist, als die eines andern....
...alchemistischer Wandlungsgedanke (operiert) mit einem geistigen Wertbegriff... Da aber Bewertung, Schätzung usw. als Gefühlsfunktion für die Psychologie doch unbedingt in Betracht fällt, so muß der Wert in Berücksichtigung gezogen werden.
Prozeß der Bewußtmachung von Animus und Anima tatsächlich eine gewisse Wandlung der Persönlichkeit bewirkt.
Was ist das Bessere? terrible simplificateurs...
Für die naivere Betrachtung steht dem unvollkommenen alten adam der vollkommene Urmensch und der dunklen Eva ein erleuchtetes und erhöhtes Wesen gegenüber.
Die moderne Ansicht aber ist bedeutend realistischer, insofern sie das ursprünglich auf mythische Verhältnisse zugeschnittene Schema aus der Projektion zurückzieht und dessen Position, statt mit mythologischen Statisten, mit wirkliche Menschen und deren wirklichen Seelen besetzt. Da steht nun dem Mann oder dem männlichen Ichbewußtsein ein animus gegenüber, das heißt eine männliche Gestalt im Unbewußten der Frau, wodurch letztere dazu veranlaßt wird, den Mann zu überschätzen oder gegen ihn zu protestieren. Der Frau und dem weiblichen Ich entspricht auf der männlichen Seite die Anima, eine Gestalt der Frau, welche die Quelle aller jener Illusionen, jener Über- und Unterbewertungen, deren sich ein Mann der Frau gegenüber schuldig macht, darstellt. Aus diesem Schema geht nirgends hervor, daß der Mann besser sei als der Animus oder vice-versa; oder daß die Anima etwa ein höheres Wesen sei als die Frau. Auch erhellt daraus nicht, in welche Richtung etwa ein Entwicklungsgefälle bestünde. Es steht nur eines fest, nämlich: Wenn infolge einer langen ebenso technischen wie moralischen Prozedur ein auf Erfahrung beruhendes Wissen um diese Struktur und eine Anerkennung der aus solchem Wissen erfließenden Verantwortung zustandegekommen ist, , so ergibt sich daraus eine Vervollständigung des Individuums, das sich hiemit der Ganzheit annähert, nicht aber der Vollkommenheit, welche das Ideal einer gewissen Weltanschauung darstellt. Im Mittelalter hat die Weltanschauung die Tatsächlichkeit überwogen... Daher sieht sich auch eine objektive Betrachtung der Tatsachen, wie sie einer Wissenschaft würdig ist, genötigt, ihren Anspruch herunterzuschrauben und, statt nach dem Ideal der Vollkommenheit zu streben, sich mit dem Erreichbaren einer annähernden Vollständigkeit zu begnügen. Der dadurch ermöglichte Fortschritt führt keineswegs zu dem erhöhten Zustand einer Spiritualisierung, sondern zu einer weisen Beschränkung und Genügsamkeit, welche den Nachteil eines weniger Guten mit dem Vorteil eines geringeren Bösen aufwiegen. (198)
Adam Kadmon,
der psychisch-pneumatische Mann
psychische Mann
Die erleuchtete Sulamith
Der entscheidende Punkt, nämlich die Tatsache, daß die Wandlung nicht vollendet ist, erweist sich aus dem Text, der die Vollendung als Desideratum in die Zukunft verlegt, <>. Dazu bedarf es noch eines göttlichen Wunderaktes, nämlich der Zermalmung und Verbrennung Canaans, der Zerreißung der Himmel und der Zerschmelzung der Berge... Man kann daraus auf die Größe der Schwierigkeiten schließen, wlche bis zur Vollendung noch überstanden werden müssen... Die schwarze Sulamith: <>.
Der Zustand der unvollendeten, bloß erhofften und erwarteten Wandlung scheint demnach nicht nur Qual, sondern auch ein positives, wenn auch verborgenes Glück zu sein. Damit wird der Zustand eines Menschen geschildert, der auf seiner Wanderung durch die Peripetien seiner seelischen Wandlung, die manchmal mehr wie ein Leiden als irgend etwas anderes aussieht, ein verborgenes Glück findet, welches ihn mit seiner offenbaren Vereinsamung aussöhnt. Im Verkehr mit sich selber hat er nicht tödliche Langeweile und Melancholie angetroffen, sondern ein Gegenüber, mit dem sich auskommen läßt, ja, mehr noch, eine Beziehung, welche wie das Glück einer heimlichen Liebe aussieht, oder wie ein verborgener Frühling, wo aus scheinbar dürrem Erdreich junge, grüne Saat sproßt, künftige Ernte verheißend. O benedicta viriditas, quae cuncta res generas” ruft der Autor des Rosariums aus.<> schreibt Mylius, <> Grün sein bedeutet Wachsen. Dieses Vermögen des Erzeugens und der Erhaltung der Dinge könne man als >>Anima Mundi>>(Weltseele) bezeichnen.
Aus der Gnosis des Justinus
„ Der „Vater“ (ELOHIM) zeugte mit edem, die halb frau, halb Schlange war, zwölf väterliche Engel, und sie gebiert außer diesen zwölf mütterliche, welche sozusagen – psychologisch gesprochen – die Schatten der zwölf väterlichen darstellen. Die mütterlichen engel teilen sich in Kategorien ... zu je drei, welche den vier Paradiesflüssen entsprechen. Die Engel bewegen sich wie tanzend im Kreis.“ IX/1,S. 330
Pauli
„... 30 jähriger Krieg, der die Reformation mit einem allgemeinen kulturellen Riß zunächst zum Stillstand bringt. Meine Gefühlshaltung dazu ist die, daß dies das schlimme Ende eines schlimmen Anfangs war. Die Geschichte der Religion der Liebe, des Christentums, dampft nämlich von Blut und Feuer schon seit der Zeit als die Athanasier den Arianern nicht die andere Backe hingehalten haben. Die hohen Intentionen des Stifters des Christentums sind sogleich ins Gegenteil umgeschlagen, da dieser selbst der Exponent einer zeitbedingten Strömung des Unbewußten war, welche alle ‚Gegensatzpaare zu weit in gut und böse, in geistig und materiell, apollinisch und dionysisch auseinanderriß. Neue für das Christentum spezifische Formen des Bösen, nämlich Sektenkriege und religiöse Verfolgungen kommen in die abendländische Welt. Das Ende war der offene Konflikt zwischen Vernunft und Ritus, als welcher mir nämlich die Religion erscheint. Das Nichtfunktionieren der religiösen Tradition erscheint mit daher als das Charakteristikum des Abendlandes in der christlichen Ära und ich glaube, daß entgegen den Behauptungen der christlichen Theologen die ganze Hoffnung der Menschheit darauf gerichtet sein muß, daß sich das Christentum als etwas Nicht-Einmaliges, sondern nur als eine zeitbedingte Erscheinungsform des religiosum und nominosum erweisen wird.“ (140)
Nur eine chtonische, instinktive Weisheit kann m.E. die Menschheit vor den Gefahren der Atombombe retten und deshalb bekommt gerade das vom Christentum als ungeistig geächtete Materiell-Chtonische mehr und mehr ein positives Vorzeichen. Dies äußert sich insbesondere darin, daß mir die dunkle chtonische Anima nun als superior[3] erscheint und ihre Beziehung zur lichten (geistigen) Seite des „Meisters“ als hoffnungsvoll. Licht und Dunkel koinzidieren bei mir also nicht mehr mit gut und böse. Unten im Dunkeln der Erde wird eine „assumptio“ der Frau verlangt, nicht fern vom Menschen im Himmel.“ (Pauli, )140“
Zitate
„Magnetische “Anziehung des „ewigen Eigenen“
„Wasser des Lebens“, Wasser (der vier Paradiesströme) des Euphrat
„ von diesem Wasser kommt jedem Geschöpf das ihm Eigene hinzu“
GW 9/2, S. 198
Wasser hat „die Bedeutung der aqua doctrinae, welche jedes Geschöpf zu seiner Individualität vervollständigt...“ ebd.
Peratische Lehre:
„Niemand, so heißt es, könne ohne den Sohn gerettet werden“
„Dieser aber ist die Schlange, Denn wie er die väterlichen Kennzeichen von oben hinuntergebracht hat, so führt er diese Kennzeichen von dort wiederum nach oben, nachdem die aus dem Schlafe geweckt worden sind, und indem er die väterlichen Kennzeichen, welche substanzhaft aus dem Substanzlosen hervorgegangen sind, von dort hieher überträgt.“ Ebd. 198
Schlange= (Christus als „Schlange“) „weil er aus dem Dunkel heimlich hervortrat“
Scheidung oder Entmischung dient der Alchemie, um aus der prima materia die anima und den spiritus zu extrahieren.
„Die magnetische Anziehung geht hier vom Logos aus. Dieser bedeutet den formulierten und artikulierten Gedanken oder Begriff, also einen Inhalt und zugleich ein Produkt des Bewußtseins.“ ebd. S 201.
Wenn das primitive Bewußtsein „Schlange“ sagt, so meint es damit das Erlebnis des Außermenschlichen. Sie bedeutet nicht etwa eine Allegorie oder Metapher, sondern die ihr eigentümliche Gestalt an sich ist das Symbol, und es ist wesentlich, daß der „Sohn“ Schlangengestalt hat, und nicht umgekehrt, daß die Schlange „Sohn“ bedeutet.
Logos : einerseits philosophische Idee und begriffliche Abstraktion des leibhaftigen und persönlichen Gottessohnes, anderseits die Dynamis des Gedankens und des Wortes.
Wasser, Schlange, Logos...“ alle drei Symbole stellen Rezeptionsphänomene dar, welche an sich numinoser Natur sind und darum eine relative Autonomie besitzen… „ sie „beweisen nicht nur die Wirksamkeit der Verkündigung, sondern stellen auch die unerläßliche Bedingung dafür dar, daß die Verkündigung wirken kann; mit anderen Worten: es handelt sich um der verkündeten Gestalt entsprechende und im Unbewußten des Menschen ruhende Vorbilder, die durch die Erscheinung Christi geweckt und wie magnetisch angezogen werden“ ebd. 202
Revolution
Dieser Vorgang revolutioniert die auf das Ich hin orientierte Psyche, indem er neben jenes oder – besser – jenem gegenüber ein anderes Ziel und Zentrum setzt, welches sich durch vielerlei Namen und Symbole kennzeichnet: wie Fisch, Schlange, Mitte des Meersperbers, Punkt, Monade, Kreuz, Paradies usw.
Jaldabaoth
Der Mythus vom unwissenden Demiurgen, der sich als obersten Gott wähnt, schildert die Perplexität des Ich, welches sich der Erkenntnis nicht mehr verschließen kann, daß eine übergeordnete Instanz es vom Throne der Alleinherrschaft verdrängt.“ Ebd. 203
Selbst
„Die mille nomina des lapis philosophorum entsprechen sozusagen den mannigfachen gnostischen Benennungen des Menschen (anthropos); wo es dann ohne weiteres deutlich wird, was damit gemeint ist: es handelt sich um den größeren, umfänglicheren Menschen; um jene nicht zu beschreibende Ganzheit, welch aus der Summe der bewußten und der unbewußten psychischen Vorgänge besteht. Diese, im Gegensatz zur Subjektivität der Ichpsyche, objektive Ganzheit habe ich als das Selbst bezeichnet, welches damit also eine genaue Entsprechung zur Idee des anthropos darstellt.“ ebd. 203
das neue Zentrum
„...ungenügende Einstellung(respektive Anpassungsleistung) des Bewußtseins durch Inhalte des Unbewußten zu ergänzen... im Begriffe, eine umfänglichere Persönlichkeit herzustellen und einen Persönlichkeitsschwerpunkt zu schaffen, welcher mit dem Ich nicht notwendigerweise koinzidiert, sondern vielmehr, mit zunehmender Erkenntnis, die Tendenzen des Ich zu durchkreuzen vermag. Das neue Zentrum zieht „wie ein Magnet“ das zu ihm gehörige an, die sogenannten „väterlichen Kennzeichen“, nämlich all das, was zu den unveränderlichen und ursprünglichen Eigenschaften des individuellen Grundplanes gehört; ...“ ebd.203
„Die Alchemisten, die in ihrer Art vom Wesen des Individuationsprozesses mehr wußten als wir Moderne, haben diesen paradoxen Sachverhalt seit alters durch die Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt, ausgedrückt.“ Ebd. 204
Gottesbild
„Das Gottesbild ist keine Erfindung, sondern ein Erlebnis, das sua sponte den Menschen antritt; was man zur Genüge wissen kann, wenn man nicht Verblendung durch weltanschauliche Vorurteile der Wahrheit vorzieht. Das (zunächst unbewußte) Gottesbild ist daher in der Lage, den Bewußtseinszustand zu ändern, wie auch dieser am (bewußten) Gottesbild seine Korrekturen anbringen kann.. . „ ebd S. 208
„Psychologisch ... ist der Gedanke der Agnosie des Gottes oder des annnennoetos theos (unerkennbaren Gottes) insofern von größtem Belang, als er die Identität der Gottheit mit der Numinosität des Unbewußten identifiziert...“ ebd
Archetypen
...Vorhandensein eines entsprechenden Archetypus ..., dessen Derivat die Vierheit der Orientierungsfunktionen des Bewußtseins zu sein scheint. Insofern nun die Ganzheit das Bewußtsein in unbestimmter und unbestimmbarer Ausdehnung überschreitet, so begreift sie stets das Unbewußte in sich und damit die Gesamtheit der Archetypen. Letztere aber sind komplementäre Entsprechungen der „Außenwelt“ und besitzen daher „kosmischen“ Charakter. Daraus erklärt sich ihre Numinosität und mithin ihre „Göttlichkeit.“ GW 9/2, 210
„Unbewußt“
aus einem Valentinischen Brief: „ Von Anfang an enthielt der Autopator selber alles Seiende in sich selber im Unbewußten.“
Valentinian:
„Es nannten ihn einige den alterslosen, ewig jungen, mann-weiblichen Äon, der allenthalben das All enthält und von nichts umfaßt ist.“ In ihm war die ennoia (Bewußtheit) vorhanden, welche „die Schätze der Größe denen, die aus der Größe stammen, übermittelt.“ 204
Paulus:
Apg.17.27
Sie sollen Gott suchen, ob sie ihn ertasten oder finden könnten; denn keinem von uns ist er fern.
28
Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir, wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: Wir sind von seiner Art.
29
Da wir also von Gottes Art sind, dürfen wir nicht meinen, das Göttliche sei wie ein goldenes oder silbernes oder steinernes Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung.
30
Gott, der über die Zeiten der Unwissenheit hinweggesehen hat, läßt jetzt den Menschen verkünden, daß überall alle umkehren sollen.
„Die zu büßende Sünde ist, wie ersichtlich, die agnoia beziehungsweise die agnosia, die Unbewußtheit. In diesem Zustande ist aber nicht nur der Mensch, sondern, wie wir gesehen haben, nach gnostischer Ansicht auch der anennoetos, der der Bewußtheit ermangelnde Gott.
Jesuit NICOLAUS CAUSSINUS (17. Jhdt)
„Gott, vordem ein Gott der Rache, der mit Donner und Blitz die Welt durcheinanderbrachte, kam am Herzen der Jungfrau, vielmehr in ihrem Schoße, zur Ruhe und wurde durch Liebe gefangen.“ 206
Demiurg
Das Urbild der Vierheit eint sich bei den Gnostikern zu der Gestalt des Demiurgen, beziehungsweise des Anthropos. Er ist gewissermaßen das Opfer seines Schöpfungsaktes, indem er von der Physis, in die er hinuntersteigt, verhaftet wird.
WELTGRUND, Demiurg
„Bild des unbewußten Hintergrundes und Erzeugers des Bewußtseins.“ 210
„eine einzige transzendentale Idee, die derart umfassend und an sich unanschaulich ist, daß sie zahlreicher verschiedener Ausdrücke bedarf, um ihre Vielseitigkeit zu Ausdruck zu bringen.“
Sophia bildet die Welt der Ogdoas=doppelte Quaternität
Demiurg = Vierheit = Anthropos, verhaftet in der dunklen Physis
„Bild der in der Dunkelheit der Materie latenten anima mundi... Vorhandensein eines bewußtseinstranszendenten Zentrums... Vierheit und Rundheit... Ganzheitssymbol“ 211
Ganzheit = (bewußt + unbewußt) Geschichte beweist: stets als Gottesbild gebraucht. 212
„Die Psychologie kann nur konstatieren, daß die Symbolik der psychischen Ganzheit mit der des Gottesbildes koinzidiert“
Vierheit
Die Psychologie ist... nicht in der Lage, metaphysische Behauptungen aufzustellen. Sie kann nur konstatieren, daß die Symbolik der psychischen Ganzheit mit der des Gottesbildes koinzidiert, aber niemals beweisen, daß ein Gottesbild Gott selber ist, oder daß das Selbst Gott ersetzt.
Königtum
In dieser Psychologie wurzelt jedes Königtum, weshalb auch jeder König für den anonymen Einzelnen des Volkes das Symbol des Selbst trägt. Alle seine Insignien – Krone, Königsmantel, Szepter, Reichsapfel, Orden (Sterne!) usw. – charakterisieren ihn als den kosmischen Anthropos, der die Welt nicht nur erzeugt, sondern sie ist. .. Er ist aber auch der Gegenstand des gnostischen Bemühens, diesem Wesen, das als Grundlage des Bewußtseins, als dessen Matrix und Ordnungsprinzip, geahnt wird, anschauliche Form und ein passendes Begriffsgewand zu verschaffen. 212
„he ameristos stigme“, der ungeteilte Punkt
der „kokkos tou sineapeos“, das Senfkorn, das zum Reiche Gottes wird. Dieser Punkt ist „im Körper drin vorhanden“. Das wissen aber nur die pneumatikoi, nämlich die geistigen Menschen, ...
er ist „to rhema tou theou“, der Ausspruch Gottes und die matrix der Äonen, Mächte, Intelligenzen...
seine Synomina: Adonis, Osiris, Adam, Korybas, Pan, Bacchus und poimen leukon astron (Hirt weißer Sterne).213
Naassener
Naas (Schlange) = feuchte Substanz (hygra ousia) die zentrale göttliche Instanz.
So ist auch das Wasser des Euphrat „to hyperano tou stereomatos“ (das über dem Firmament), von dem der soter (Heiland) als vom „lebenden Wasser“ (zon hydor) spreche, und welches jene magnetische Eigenschaft besitzt... Es ist jenes wunderbare Wasser, aus dem der Ölbaum das Öl, und der Weinstock den Wein und jede Art das ihre zieht. „Jener Mann ...ist ungeehrt auf der Welt...“ Dieser Mensch, den die Welt nicht ehrt, ist offenbar der innere, geistige Mensch, welcher jenen bewußt wird, die durch Christus wie durch ein Tor zum Leben hindurchgegangen sind und durch ihn erleuchtet wurden. 214
„Von dem lebenden Wasser wählen wir geistige Menschen das uns Eigentümliche , denn jede Kreatur, die in dieses Wasser taucht, wählt darin die für sie charakteristische Wesenheit, und es kommt von diesem Wasser zu jeder Kreatur das ihr Eigentümliche.“
.Ständige Vermischung…Wasser – Christus und eso anthropos , dem inneren Menschen
Christus einerseits als „Wort“ tatsächlich das „lebendige Wasser“, und andererseits ebensosehr das Symbol des inneren, „vollständigen“ Menschen, nämlich des Selbst...215
Weltgrund Adam der Naassener: mann-weiblich, dreiteilig: noeron (vernünftig), psychikon, und choikon (erdhaft) diese drei stiegen zugleich in den einen Menschen Jesus herunter, und diese drei Menschen redeten aus ihren eigenen Weisheiten, ein jeder zu den Eigenen.“215
Christus als zweiter Adam „Seine Seele ist „dreiteilig und eine“.
Urmensch (Oannes) „ habe eine leidensfähige Seele, damit ‚die zum Sklaven erniedrigte Gestalt des großen, schönsten und vollständigen Menschen‘ die Strafen erdulde.“ 215
„das Königreich der Himmel, das innen im Menschen zu suchen ist, und zwar in Kindern von sieben Jahren “ ( Hippokrates: ein Knabe von sieben Jahren ein halber Vater).
Menschliche Zeugungskraft nur ein Sonderfall von „archegonos physis ton holon“ (die zeugende Natur des Alls).
„der geheime und mystische Logos der Naassener“216
Phallus des Osiris (Osiris=Wasser)
Hermes ist Logos, der Ausleger und Erschaffer (demiourgos) der entstandenen und zugleich der entstehenden und zukünftigen Dinge“ Darum als Phallus verehrt, weil er (wie dieser)... einen Drang von unten nach oben habe. 216
Mercurius ( der unbewußte nous) ein Schalksnarr. 217
Die Spaltung des Urmenschen in Mann und Weib drückt einen Bewußtwerdungsakt aus; es wird ein Gegensatz erzeugt, womit Bewußtseinsmöglichkeit entsteht.
Spaltung in Jesus und die Frau aus seiner Seite drückt eine Kompensation eines Einheitszustandes im Bewußtsein aus, nämlich die „damals im Vordergrund des Interesses stehende Gestalt des Mensch gewordenen Gottes und Anthropos (Origines: „vir unus“)“ 219
Zeiten haben sich gewandelt
„die zeugende Kraft scheint nicht mehr vom Gotte auszugehen; dieser wird vielmehr in der Seele geboren. „220
„ der Hierosgamos auf dem Berge ist ein beliebtes Motiv... ein inzestruöser Akt, aber nicht mehr ausgeführt von Vater und Tochter, sondern in Übereinstimmung mit den geänderten Zeiten, von Bruder und Schwester oder Mutter und Sohn...der Gedanke der Selbstbegattung kehrt in der Schilderung der Weltschöpfer häufig wieder.“221
auf dem Berge...
„Die ursprüngliche Weltschöpfung macht hier einer geistigen Neuerung Platz. Daher entsteht aus der assumptio seminis keine sichtbare Kreatur, sondern sie bedeutet eine Ernährung des Lebens, hina zesomen, „daß wir leben mögen.““
Der innere Mensch
...ist ein Felsen oder Stein..., der „ohne Hände vom Berge abgeschnitten“ sei
der heruntergebracht wurde in die Gestalt der Vergessenheit 223
ohne menschlichen Samen erzeugt, „ein kleiner Stein“, der „zum großen Berge wird“ ebd.
Ist der Logos, dem die Seelen folgen
Naassenische Triade
1. selige Natur des seligen oberen Menschen
2. sterbliche Natur des unteren Menschen
3. königlose Geschlecht... „von oben erzeugt“
wozu „Mariam, die Gesuchte, Jothor, der große Weise, Sepphora, die Seherin und Moses, dessen Nachkommenschaft nicht in Ägypten ist“ (Ägypten = Körper) Heiratsquaternio
Obere Quaternität... in Anlehnung an Johannes 1.3 (definiert) als kosmogonischen (weltschaffenden) Logos und das Leben, das in ihm ist als ein Geschlecht von teleioi anthropoi (vollständigen Menschen). 225
Korybas, der vom Scheitel des Kopfes und vom ungestalteten (acharakteristikon) Gehirn heruntersteigt...226
Anm.: Teleios ist der Mensch, welcher den nous empfngen hat. Er hat gnosis (Erkenntnis) 227
„Der Urmensch in seiner Latenz (acharakteristos)... wird Aipolos genannt... weil eraeipolos, nämlich der den Kosmos drehende Pol sei“... auch Proteus genannt...231
Proteus („ein fehllos redender Meergreis“, Odyssee IV, 384) ist eine offenkundige Personifikation des Unbewußten (...“welcher des Meeres / Tiefen gesamt durchschauet, ein Unterthan des Poseidon“)...Er lebt zwar im Meere, kommt aber zur heiligen Mittagstunde amphibisch an den einsamen Strand, wo er unter den Seehunden schläft. Diese sind aufzufassen als warmblütige das heißt bewußtseinsfähige Inhalte des Unbewußten, welche spontan zu gewissen Zeiten im Luft- und Lichtreiche des Bewußtseins erscheinen. 231
Punkt – Monas – Menschensohn
„man sieht..., wie Christus durch Symbole assimiliert wurde, welche auch für das Reich Gottes gelten, zum Beispiel das Senfkorn, der verborgene Schatz und die kostbare Perle. Er und sein Reich sind gleichbedeutend. Man hat natürlicherweise diese Auflösung der Christuspersönlichkeit immer schon beanstandet, aber dabei außer acht gelassen, daß sie zugleich die Assimilation und Intergration Christi in die menschliche Seele darstellt. Das Resultat erscheint im Hervortreten der menschlichen Persönlichkeit und in der Entwicklung des Bewußtseins. Diese spezifischen Errungenschaften sind darum jetzt, im antichristlichen Zeitalter, am schwersten bedroht, nicht nur durch sozialpolitische Wahnbildungen, sondern vor allem und in erster Linie durch die rationalistische Hybris, welche das Bewußtsein von seinen transzendenten Wurzeln losreißt und ihm immanente Ziele vorhält.“
Ranke-Zitate
Das wahre Wunder ist, daß der römische Imperator von den Götterdiensten, auf welche bisher das Römische Reich beruhte, zu dem Glauben an den Einen Gott überging. Die Haruspices, in denen sich der Dienst der alten Götter, die mit der Idee vo Rom identisch waren, repräsentierte, setzten sich dem Vorhaben des Constantin mit dringenden Warnungen entgegen. Constantin aber glaubte nicht mehr an die besonderen Götter, sondern, wie sein Vater, an den Gott des Alls, dessen Symbol das Zeichen des Kreuzes war...219
Überaus merkwürdig ist das Gebet, durch welches sich die Licianischen Truppen zu ihrem großen Kampfe vorbereiteten; es ist an den höchsten Gott gerichtet, den heiligen Gott, von dem alles Leben ausgehe. Diesen flehten sie an, ihre gerechte Sache und das Imperium, dem sie angehörten, zu beschützen; durch ihn denken sie Sieger zu bleiben; nach ihm strecken sie ihre Hand aus: „erhöre uns, höchster Gott“. Weder von dem Kreuz noch von Jesus Christus ist da die Rede. Das Gebet ist gleichsam eine monotheistische Konfession, ausgesprochen im Moment des Kampfes gegen die alten Götter.
Die Tribunen und die Kriegsobersten sagten dieses Gebet ihren Truppen vor, die es nach abgenommenem Helm dreimal wiederholten. Hierauf setzten sie ihren Helm wieder aufs Haupt und griffen zu Schild und Speer. 223
Der junge Constantin „spricht mit Indignation über das Verfahren, das man gegen die Christen einschlug, und mit Bewunderung von der Standhaftigkeit, mit welcher diese jede Gewaltsamkeit, von der sie bedrängt wurden, ertrugen. 231
Darin liegt die Größe seiner Position. Er strebte nach dem Imperium; es ist kein Zweifel daran – aber zugleich nach einer Veränderung desselben, die dem Christentum entsprach. Streng genommen darf man nicht sagen, daß er sich der Christen habe bedienen wollen, um seinen Zweck zu erreichen, ebensowenig als man sagen dürfte, daß die Christen ihn an ihre Spitze gestellt hätten, um den ihren durchzusetzen; es war eine Koinzidenz zweier Intentionen. Der Cäsar wollte die ihm überlegenen Gewalten stürzen; die Christen mußten auch ihrerseits wünschen, derselben entledigt zu werden. Sie vereinigten sich zu dem Zwecke, das Imperium zu erobern, aber ihm zugleich einen anderen Charakter zu geben.231
Man dürfte behaupten, daß diese Veränderung nicht dahin ging, das Reich zu stürzen, sondern vielmehr es auf eine Weise umzugestalten, daß ihm selbst noch eine weitere Ausdehnung seiner Macht ermöglicht wurde. Die patriotischen, aber beschränkten Anschauungen, welche Diocletian verkündet hatte, konnten beseitigt und das Reich, noch in etwas freierem Sinne, der Mittelpunkt der Weltgeschichte weren. 231
Ein schreiben an die Provinzialen im Orient liegt vor, in welchem Constantin seinen Standpunkt ausführlich entwickelt. Er geht davon aus, daß sein Vater mit wunderbarer einsicht Gott den Höchsten allein angebetet; dessen Mitgenossen im Reich, ohne gesundes Verständnis und von gewaltsamer Natur, dagegen seien beflissen gewesen die Wahrheit zu unterdrücken... Um den nicht zu beschreibenden Qualen zu entgehen, welche man den Christen angetan habe, seien viele zu dem entschluß gekommen, zu den Barbaren zu fliehen und hätten sich bei diesen einer menschenfreundlichen Aufnahme erfreut. Welch ein Schimpf für die Römer liege darin! Aber die Urheber dieser Greuel seien in bürgerliche Kriege verwickelt worden und sämtlich zugrunde gegangen. Constantin bittet Gott, durch ihn, seinem Diener, den Orientalen Rettung und Heil angedeihen zu lassen. Unter göttlicher Leitung habe er sein Heer daher geführt und seine Siege erfochten; seine Absicht sei, das von den Tyrannen verwüstete Haus Gottes wieder aufzurichten: „Durch Deine Macht bin ich groß geworden; ich fürchte Deine Macht.“ 232
Aus Brief an Schapur II.
Eben in dessen Gebiet war der größte Teil der ausgetretenen Christen geflüchtet; und Constantin gewann es über sich, dem Oberhaupt des Feuerdienstes den Schutz der Gläubigen zu empfehlen. Er erklärte dem Schapur, er freue sich, daß das Reich desselben in Blüte sei; denn das werde auch den Christen in den dortigen Gebieten zugute kommen. Von seinen Siegen spricht er dann in demselben sinne, wie in dem eben erwähnten Erlaß. Er sei dem Lichte der Wahrheit gefolgt, und zwar im Kampf mit den früheren großen Machthabern, deren Sinn dahin gegangen sei, die Wahrheit, für die es ihnen an allem Verständnis gefehlt habe, zu verdunkeln oder vielmehr zu ersticken.. Die höchst Gottheit habe ihren Unwillen über dies Verfahren dadurch zu erkennen gegeben, daß sie die Urheber desselben zugrunde gerichtet habe. Zu den Beweisen dieser göttlichen Ungnade rechnet Constantin nun selbst die Vorteile, welche die Perser über die Römer zuzeiten errungen hatten, selbst die Gefangennahme des Kaisers Valerian durch den ersten Schapur. Historisch unrichtig ist die Verbindung dieser Momente keineswegs. Denn wenn Valerian im Kampfe gegen die Perser obsiegt hätte, so würden die von ihm erlassenen Edikte gegen die Christen zur Ausführung gelangt und das Christentum unterdrückt worden sein. Für die Umwandlung der weltbeherrschenden Ideen ist es von größter Bedeutung, daß ein römischer Kaiser die Niederlage eines seiner Vorgänger durch eine von der Gottheit, die er anbetet, verhängte Fügung erklärt. Dadurch wurde die ideale Scheidewand zwischen dem römischen Imperium und dem Sassanidenreiche gleichsam niedergerissen; eine höhere Idee wurde anerkannt, welche über den beiden Reichen schwebte und ihre Entzweiung eigentlich als ein untergeordnetes Moment erscheinen ließ. Es war die Idee des Christentums, das bei den Persern eine Zuflucht gefunden und nun im Römischen Reich die Oberhand erhalten hatte. Das war ja eben die charakteristische Eigentümlichkeit der neuen Religion: sie fiel nicht mit der obersten politischen Gewalt zusammen. Ein Moment trat ein, in welchem die christliche Idee zur Trägerin des Friedens zwischen den Nationen zu werden den Anlauf nahm. Das römische Imperium konnte mit den Nationen, die es bekämpfte, im Frieden bleiben, ohne daß diese sich unterworfen hätten. Die Kulturwelt vermochte auf fremde Nationen noch auf eine andere Weise Einfluß gewinnen, als durch die Religion der Waffen. 233
Die Entzweiungen unter den Christen waren bereits von so hoher Bedeutung, daß sie die Dazwischenkunft des Imperators erforderlich machten.
311, Kathago, Wahl eines Bischofs, offener Konflikt.
Konzile
313, Oktober, Lateran, Konzil
314, Arles, Untersuchung und Entscheidung geplant
Arianische Entzweiung
Arius: ...die Wesenseinheit, so sagte dieser, würde doch die Unterscheidung der Personen aufheben; der Sohn sei nicht anfangslos wie der Vater, sei von demselben erzeugt und erschaffen.
Diese Lehre, die den gewöhnlichen Vorstellungen der Menschen einen Schritt näher steht als die andere, fand im Orient so viele Anhänger, daß man in Alexandrien für notwendig hielt, ihr durch die authentische Erklärung einer Kirchenversammlung entgegenzutreten.
321 Arius durch ein feierliches Konzil von Alexandrien von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen.238
325, im Juni dritthalbhundert Bischöfe, mit wenigen Ausnahmen alles Orientalen, auch aus Persien und Arabien in Nicäa.
Constantin verschmähte es diie Eingaben auch nur zu lesen; er soll gesagt haben, den Christen gezieme gegenseitige Verzeihung.239
Eben dazu folgen die Generationen des Menschengeschlechtes aufeinander, um, zusammenhängend und doch verschieden, den inneren Kräften des menschlichen Geists und seiner Entwicklungsfähigkeit Raum zu schaffen. 243
Das eben ist das Geheimnis der Geschichte, daß nicht jedes Zeitalter zu allem fähig ist; daß das Menschengeschlecht stets sich aus allen Epochen zusammen, in keiner einzigen tritt es ganz hervor. VI, S 112
Ich erinnere noch einmal an den Begriff, den ich mit den universalhistorischen Studien überhaupt verbinde. Neben und über der Geschichte der Geschichte der Völker vindiziere ich der allgemeinen Geschichte ihr eigenes Prinzip: es ist das Prinzip des gemeinschaftlichen Lebens des menschlichen Geschlechts, welches die Nationen zusammenfaßt und sie beherrscht, ohne doch in denselben aufzugehen. Man könnte es bezeichnen als die Bildung, Erhaltung, Ausbreitung der Kulturwelt, nicht der Kultur, wie man sie gewöhnlich versteht, was einen auf Wissenschaften, und Künste beschränkten Horizont ergeben würde. Die Kulturwelt umfaßt zugleich Religion und Staat, die freie dem Ideal zugewandte Entwicklung aller Kräfte; sie bildet den vornehmsten Erwerb und Besitz des menschlichen Geschlechts, der sich von Generation zu Generation fortpflanzt und vermehrt. Sie begreift alle die Kenntnisse, die , einmal erworben, nicht wieder untergehen, die Fertigkeiten, die ein Jahrhundert vom anderen überkommt und herübernimmt, die allgemeinen Begriffe von Moralität und Recht, die zwar dem Menschen angeboren sind, jedoch entwickelt und zu klarem Bewußtsein erhoben sein wollen, überhaupt ein Mitgefühl dessen, was dem Menschen als solchem Ehre und geziemt. Nur das, was sich auf diesem Boden bewegt, gehört der Kulturwelt an. Es ist aber kein abgesondertes Bestreben, sondern es ist mit Politik und Krieg, mit allen Ereignissen, welche die Tatsachen der Geschichte ausmachen, untrennbar verbunden. Das welthistorische Moment tritt nicht in allgemeingültigen Formen, sondern in den verschiedensten Gestalten hervor, je nachdem es das besondere Leben der Nationen so mit sich bringt, und zwar keineswegs in friedlicher und ungestörter Entwicklung, sondern in steten Konflikten und Kämpfen; denn zu streiten ist die Natur des Menschen. Die Universalhistorie besteht aus der Geschichte unablässigen ringens um die höchsten Güter der Menschheit...VI, S. 113/114
Jung-Pauli
Nur eine chtonische, instinktive Weisheit kann m.E. die Menschheit vor den Gefahren der atombombe retten und deshalb bekommt gerade das vom Christentum als ungeistig geächtete Materiell-Chtonische mehr und mehr ein positives Vorzeichen. Dies äußert sich insbesondere darin, daß nur die dunkle chtonische anima nun als superior erscheint und ihre Beziehung zur lichten(geistigen) Seite des „Meisters“ als hoffnungsvoll. Licht und Dunkel koinzidieren bei mir also nicht mehr mit gut und böse. Unten im Dunkeln der Erde wird eine „assumptio“ der Frau verlangt, nicht fern vom Menschen im Himmel.*
*) Hinweis von Dr. Hurwitz: gewisse Analogie zur Vertreibung der Schechina von Gottes Thron in der jüdischen Tradition.
Pauli
„... das Unbewußte (ebenso wie die Eigenschaften des Elektrons und der Atome) als „der Möglichkeit nach seiend“ aufzufassen: Es ist eine legitime Bezeichnung des Menschen für Möglichkeiten des Geschehens im Bewußtsein und gehört als solche der echten symbolischen Wirklichkeit der „Dinge an sich“ an. Wie alle Ideen ist das Unbewußte zugleich im Menschen und in der Natur; die Ideen haben keinenOrt, auch keinen himmlischen...“ Briefwechsel , 96
Schopenhauer
Denn die Empfindung jeder Art ist und bleibt ein Vorgang im Organismus selbst, als solcher aber auf das Gebiet unterhalb der Haut beschränkt, kann daher an sich selbst nie etwas enthalten, das jenseits der Haut, also außer uns läge. 141
Der Intellekt des Menschen ist doppelt: er hat zur anschaulichen auch noch die abstrakte Erkenntnis, welche nicht an die Gegenwart gebunden ist: d.h. er hat Vernunft. 140
Ihre Idee, daß das Wahrscheinlichkeitskonzept in der Mathematik mit dem Archetyp korrespondiert, war höchst erhellend [oder einleuchtend]. In der Tat repräsentiert der Archetyp nichts anderes, als die Wahrscheinlichkeit psychischen Geschehens. In einem gewissen Ausmaß ist er das symbolisch vorweggenommene Resultat einer psychischen Statistik. Das kann wahrscheinlich am besten in der Tendenz des Archetyps gesehen werden, sich weiterhin hervorzubringen und zu bestätigen. ( a+a 69/70)
Die Idee vom Kampf zwischen Licht und Dunkel ist persisch-manichäischen Ursprungs. Das Unbewußte kann nicht ohne Rücksicht auf die zeitgenössischen Weltanschauungen beurteilt werden. Das Unbewußte wirkt immer in einer bestimmten Atmosphäre. Die vorhandene allgemeine Psychologie muß als gegebene Tatsache andenommen werden. Unsere geistige Welt wurzelt im Geist des Mittelalters. Alles, was wir lesen und denken, ist von diesem Geist durchtränkt. Die Scholastik war der große Lehrmeister unserer Zeit, insbesondere der Naturwissenschaft. Die Römer beispielsweise kannten alle physikalischen Gesetze, um eine Dampfmaschine zu bauen, aber erst die Scholastik brachte es zu genügend scharfem Denken, das dann im 18. Jahrhundert zur praktischen Anwendung dieser Gesetze in der Technik führte. Die Strenge der Erziehung des Geistes ist mittelalterlich. Insofern ist der heilige Thomas der Vater der Naturwissenschaften. (Kinderträume, S. 616).
Zuckmayer über die Brüder Grimm
„Mir widersteht die hoffärtige Ansicht“, schreibt JACOB GRIMM in seiner Vorrede zur >Deutschen Mythologie< (1835), „ das Leben ganzer Jahrhunderte sei durch- drungen gewesen von dumpfer, unerfeulicher Barbarei. Schon der liebreichen Güte Gottes wäre das entgegen, der allen Zeiten seine Sonne leuchten ließ, und den Menschen, wie er sie ausgerüstet hat mit Gaben des Leibes und der Seele, Bewußtsein einer höheren Lenkung eingoß. In alle, auch die verschrieensten Weltalter wird ein Segen von Glück und Heil gefallen sein, der edelgearteten Völkern ihre Sitte und ihr Recht bewahrte.“ ( Zuckmayer, Aufruf, S. 261).
„Gerecht gestimmt „ zu sein gegenüber Zeitaltern und Völkern, Denkmälern und Erscheinungen, Dingen und Menschen, ist der Brüder Grimm immerwährendes Bestreben. Hier liegt ihr unvergänglicher Beitrag zu einer Humanität , die nicht nur das Humanitäre als ethisches Ideal, sondern das Gesamt-Menschliche in seiner wechselseitigen Beziehung zu Welt-Ganzen, das hei´ßt: zum Göttlichen, umschließt, den kreatürlichen Zusammenhang wieder herstellend, die liebende Ehrfurcht vor jedem einzelnen Leben als Leitstern und Grundlage allen Handelns anerkennend, und in deren Thronerhebung unsere einzige Hoffnung, Friedenshoffnung, Zukunftshoffnung versammelt ist. (Zuckmayer, Aufruf, S. 261)
Die Seele sehnt sich vom Nachbarhaus nach dem Ort ihrer Liebe. Nach dem beseelten Ort. Und nur die Beseelung des Allernächsten, des eigensten, sinnlichen Umkreises, gebiert Sprache. (Zuckmayer, Aufruf, S. 253).
So ist eine Viertelstunde täglich über der Macht des Zaubers, wo die menschliche Gestalt frei hervortritt, als könne uns keine Gewalt ganz einhüllen, und es gewähre jeder Tag Minuten, wo der Mensch alles Falsche abschüttelt und aus sich selber herausblicke. (Zuckmayer, Aufruf, S. 274).
Wandlung, Verwandlung, Gestalt-Vertauschung, Umformung, auch die Wünscheldinge, Wunschmittel, die Wünschelruot des Gral, sie alle künden von jener tief geahnten Metamorphose, der Kommunikation von Stoff und Geist. Denn auch der Menschengeist ist jener >Energie< verwandt, die sich in Materie verwandelt, und alles Stoffliche, körperliche Dasein wiederum verbildlicht seinen geistigen Ursprung und strebt nach ihm zurück. (Zuckmayer, Aufruf, S. 275).
Das Menschliche, das Wilhelm Grimm hier meint, bahnt sich seinen Weg wie ein Bächlein durch Gestein und Gestrüpp, aber es braucht immer die Hilfe der höheren, der geistigen Welt, um die unteren Mächte zu überwinden und nicht von ihnen getrübt oder verschlungen zu werden. (Zuckmayer, Aufruf, S. 276).
... das Wesen von Talent und Begnadung, das Geniale, das durch keine Dialektik auseinanderzulegen und zusammenzusetzen ist, sondern nur in seiner Ganzheit als Gabe, Schöpfergabe, ausgeschüttet und empfangen wird, damit immer wieder ein Bild, Vorbild, Sinnbild entstehe, um den Menschen in ihrer chtonischen Finsternis, planetarischen Einsamkeit, die das Auge nicht durchdringen kann, ein Leuchtzeichen, eine Lichtspur zu hinterlassen.
Das Menschliche aber erfährt seine wunderbare Transfiguration in dem Motiv, das Wilhelm Grimm als eines der vornehmsten und bedeutsamsten aller Märchendichtungen erkennt: der Erlösung durch Liebe. (Zuckmayer, Aufruf, S. 276).
Der Dummklare, der dritte Sohn, der einfältige, faule, arg-lose[4] – den schon Ehrgeiz und Streben werden hier zum >Argen< -, der aber die Gnade hat, die Demut, die Geduld der Natur, ihre zarte Kraft, auch ihre unschuldige Schlauheit. Er, und nicht der Tüchtige, der Streber, der Praktische oder der Heroische, er, der Dummling, bekommt die Hand der Prinzessin. Die Gerechtigkeit wird überrational, metaphysisch – göttlich. Die göttliche Gerechtigkeit aber wägt mit unbekanntem Gewicht, und ihr endlicher Ausdruck, ihre sichtbare Gestalt, ist die Proportion.
Die Grimmsche Märchensammlung, und Wilhelm Grimms Deutung, gibt uns gleichsam den Goldenen Schnitt, der die geheime Ausgewichtung, das unveränderliche Verhältnis zwischen Gott, Natur und Mensch in kindlicher Bildkraft aufleuchten läßt. (Zuckmayer, Aufruf, S. 280).
Familienroman
Meistens ist es das Steckenbleiben in familiären Ressentiments, in den emotionalen Langweilereien des sog. „Familienromans“, was zur Aufstauung der Lebensenergie führt, und es ist diese Aufstauung, die sich unvermeidlicherweise in der Form der sog. Infantilen Sexualität bemerkbar macht. Es handelt sich dabei um eine uneigentliche Sexualität, um einen unnatürlichen Abflußß von Spannungrn, die eigentlich in einem anderen Lebensgebiet zuhause sind. Was nützt es denn in letzter Linie, in diesem Überschwemmungsgebiet herum zu navigieren? Es ist doch viel wesentlicher – so wenigstens will es einem gradlinigen Verstand erscheinen – Abflußkanäle zu öffnen, d.h. diejenigen Möglichkeiten oder diejenige Einstellung zu finden, welche der Energie das ihr zusagende Gefälle anbieten, sonst entsteht nichts als ein circulus vitiosus, als welcher mir die Freud’sche Psychologie erscheint. Ihr fehlt jede Möglichkeit, der unerbittlichen Klammer des biologischen Geschehens zu entgehen.
JUNG, Seelenprobleme, S. 82.
Verzweifelt muß man mit Paulus ausrufen: „Ich elender Mensch, wer erlöst mich vom Leibe dieses Todes?“ Und unser geistiger Mensch tritt kopfschüttelnd herzu und sagt mit Faust:“Du bist Dir nur des einen Triebs bewußt“ – nämlich des fleischlichen Bandes, das zurück zu Vater und Mutter leitet, oder vorwärts zu den Kindern, die unserem Fleische entsprungen sind -, ein „Inzest“ mit der Vergangenheit und ein „Inzest“ mit der Zukunft, die Erbsünde der Perpetuierung des „Familienromans“. Nichts erlöst daraus als der Geist, jener andere Pol des Weltgeschehensn nicht die kinder des Fleisches, sonder die „Kinder Gottes“ erleben die Freiheit. In Ernst Barlachs „Totem Tag“ sagt der Mutterdämon zum tragischen Abschluß des Familienromans: „Sonderbar ist nur, daß der Mensch nicht lernen will, daß sein Vater Gott ist.“
JUNG, Seelenprobleme, S. 83
Das ist es, was FREUD nie lernen wollte und wogegen sich alle ähnlich Gesinnten wehren oder wozu sie wenigstens den Schlüssel nicht finden. Die Theologie kommt den Suchenden nicht entgegen, denn sie fordert den Glauben, der aber ein echtes und rechtes Charisma ist, das niemand machen kann. Wir Modernen sind darauf angewiesen, den Geist wieder zu erleben, d.h. Urerfahrung zu machen. Dies ist die einzige Möglichkeit, den Zauberkereis des biologischen Geschehens zu durchbrechen.
JUNG, Seelenprobleme, S. 83.
Freud scheitert an der Nicodemusfrage: „Kann er denn denn in den Leib seiner Mutter ein zweites Mal eingehen und geboren werden? Die Geschichte wiederholt sich – si parvacomponere magnis licet – als Hausstreit der modernen Psychologie. Seit ungezählten Jahrtausenden lehren die Initiationen die Geburt aus dem Geiste, und sonderbarerweise vergißt der Mensch immer wieder, die göttliche Zeugung zu verstehen. Das beweist keine besondere Stärke des Geistes, aber die Folgen des Mißverstehens äußern sich als neurotische Verkümmerung, Verbitterung, Verengung und Verödung. Leicht ist es, den Geist auszutreiben, aber in der Suppe fehlt das Salz, das „Salz der Erde“. Doch der Geist beweist immer wieder seine Stärke darin, daß die wesentliche Lehre der alten Einweihungen von Generation zu Generation weitergetragen wird. Immer wieder gibt es auch Menschen, die es verstanden haben, was es heißt, daß Gott ihr Vater sei, Das Gleichgewicht von Fleisch und Geist bleibt in dieser Sphäre erhalten.
JUNG, Seelenprobleme, S. 85.
Sinnhaftigkeit
„Sinnhaftigkeit scheint immer zunächst unbewußt zu sein und kann deshalb nur post hoc entdeckt werden; darum besteht auch immer die Gefahr, daß Sinn dort hineiengelegt wird, wo nichts dergleichen vorhanden ist. Wir brauchen die synchronistischen erfahrungen, um die Hypothese eines latenten Sinnes, der vom Bewußtsein unabhängig ist, begründen zu können.“
JUNG, E.T.G. S. 377
Anonymus
Ich bitte dich, sachu mit den Augen des Geistes das Bäumchen des Weizenkorns an in Hinsicht aller seiner Umstände, damit du den Baum des Ophilosophen pflanzen kannst... XII,S. 296.
Das Werk muß >mit der wahren Imagination, und nicht mit der phantastischen> getan werden. XII, S. 299
Stein wird gefunden, .
Aus anderen wirst du niemals das eine machen, wenn nicht zuerst aus dir selber Eins wird. XII, S. 296.
...ohne Weiteres zu erkennen, bis zu welchem Grad die chemisch materiellen Vorgänge mit geistigen respektive psychischen Faktoren für diese Denker in eines Zusammenfielen. XII, S. 309.
Übergang von metaphysisch zu physisch. Dorn:
„daß man den Pübergang von der Metaphysik auf die Physik machen müsse, indem man philosophisch verfährt. XII, S. 311.
Liber platonis quartorum:
Die „anima rationalisals höchstes von Gott dem Menschen verliehenen Vermögen“ XII, S. 306.
... die „anima rationalis“ hat über sich nur noch die „Sache“, welche das Resultat aller vorausgehenden Wirkungen ist. Der erläutert diese Sache als , durch dessen Willen die Intelligenz begründet ist...XII. S. 306
über den Künstler (artifex) Geber:
„Er müsse von subtilsten Geist sein und über genügend Kentnisse der Metalle und Mineralien verfügen. Er dürfe aber keinen groben und harten Geist haben, noch dürfe er gierig und habsüchtig, noch unentschieden und wankelmütigen Geistes sein. Auch dürfe er es nicht eilig haben, noch eingebildet sein. Dagegen müsse er festen Vorsatzes, ausdauernd, geduldig, milde, langmütig und mäßig sein. XII,S. 314.
Verfasser des Rosariums:
„...nicht arrogant, sondern fromm, rechtschaffen, von tiefem Verstande, menschenfreundlich, von heiterer Miene und fröhlichem Gemüt sein...“
„Mein Sohn, vor allem ermahne ich Dich, Gott zu fürchten, der Deine Art kennt, und in dem Hilfe ist für jeden einsamen, wer er auch sein“ XII, S. 314.
Seele und Erde
... „Himmelsbedingtheit “ der Seele, etwa wie die chinesische Seelenlehre eine Schen- und eine Gui-Seele unterscheidet, jene dem Himmel, diese der Erde zugehörig. JUNG X, S. 43
Anstatt von einer himmlischen Seele zu handeln, kann man die Seele als ein ursachelos schöpferisches Wesen betrachten, und anstatt eine Gui-Seele zu postulieren, kann man die Seele als ein aus Ursachen gewordenes und aus Wirkungen aufgebautes Wesen auffassen. In Beziehung auf unsere Fragestellung wäre letztere Betrachtungsweise wohl die Passende, das heißt die Seele wäre ein aus den irdischen Umweltbedingungen hervorgehendes Anpassungssystem zu verstehen.
JUNG, X, S. 43
Archetypen , sind gewissermaßen die in der Tiefe verborgenen Fundamente der bewußten Seele... ihre Wurzeln, die sie nicht nur in die Erde in engerem Sinne, sondern in die Welt überhaupt gesenkt hat. Die Archetypen sind Bereitschaftssysteme, die zugleich Bild und Emotion sind. Sie vererben sich mit der Hirnstruktur, ja, sie sind deren psychischer Aspekt. Sie formen einerseits ein stärkstes, instinktiver Vorurteil, und anderseits sind sie die denkbar wichtigste Hilfe für instinktive Anpassungen. Sie sind so recht eigentlich der chtonische Anteil der Seele, durch den sie an die Natur verhaftet ist oder in dem wenigstens ihre Verbundenheit mit Erde und Welt am faßbarsten erscheint. In diesen Urbildern tritt uns die seelische Wirkung der Erde und ihrer Gesetze wohl am deutlichsten entgegen.
Jung, X, S. 45.
Paulinischer Standpunkt, „daß durch das Denken uns der Weg zur Gottheit aufgetan sei. , wie Paulus sagt, [5]Briefe I, S. 259
Ein freundlicher Hinweis auf die höchst natürliche Tatsache, daß ein Mann begreifen will, während die Frau begriffen werden möchte. Zu diesem Zweck sucht sie ihr leben sich selbst begreifbar zu machen. Briefe I, S. 197
Ich finde es daher durchaus richtig, wenn der Mensch seiner Beschränktheit bewußt, sich nur in bescheidenem Maße als Auto fühlt, in höherem Maße dagegen als Geschöpf oder Objekt eines (wissenschaftlich unbekannten) Faktors, der offenbar die Tendenz hat, im menschlichen Leben sich zu verwirklichen. Man sollte sich mit dieser Bestimmung nie verwechseln, sonst entsteht immer eine Inflation. Briefe I., S. 158
Ihre Träume: Zwillingskinder, Zwillingsmänner, Zwillings-Jungs – diese Serie weist auf die Projektion eines dualismus in Ihnen, der jedochvor allem in mir sichtbar wird. Vermutklich ist es so, daß er deutlicher in mir als in Ihnen gesehen werden soll.; mit anderen Worten: er sollte als ein objektives nicht als ein subjektives Problem gesehen werden. Es handelt sich dabei um einen Dualismus in der unbewußten (daher projizierten) Persönlichkeit, die wir als das Selbst oder als die unerkennbare Ganzheit des Menschen bezeichnen; in Ihrem bin ich das Paradigma. Man kann den Gedanken im wohlbekannten Hindu-Stil folgendermaßen formulieren: ich bin das Opfer und der Opferer, die Nahrung und der Esser, ich bin Ja und Nein! Meine Aufforderung bedeutet, daß Sie die Stufe eines solchen auf Liebe und nicht auf dem Verstand (mind) gründenden Verständnisses erreichen sollten. Diese Liebe ist nicht Übertragung und ist keine Freundschaft im üblichen sinne noch sympathie. Sie ist primitiver, ursprünglicher und spiritueller als irgend etwas, das wir zu beschreiben imstande sind. Das obere Stockwerk iist nicht mehr Sie oder ich, es bedeutet die vielen, zu denen Sie selbst gehören, und jeder gehört dazu, dessen Herz Sie berühren. Dort herrscht keine Unterschiedenheit, sondern unmittelbare Präsenz. Es ist ein ewiges Geheimnis, wie könnte ich es je erklären? Briefe I, S. 373
Sie vertrauen Ihrem Unbewußten wie einem liebenden Vater. Aber es ist Natur, und man kann nicht auf es bauen, wie auf ein verläßliches menschliches Wesen. Das Unbewußte ist inhuman und bedarf des menschlichen Geistes, um menschlichen Zwecken zu dienen. Die Natur ist eine unvergleichliche Führerin, wennman weiß, wie man ihr zu folgen hat. Sie ist wie eine Kompaßnadel. Die nach Norden zeigt, was überaus nützlich ist, wenn man ein gut gebautes Schiff hat und es zu steuern versteht. So ungefähr ist die Lage. Wenn Sie dem Fluß folgen, müssen Sie schließlich ans Meer kommen. Nehmen Sie aber das Unbewußte wörtlich, dann bleiben Sie nach kurzer Zeit in einem Engpaß stecken und klagen, Sie seien in die Irre geführt worden.
Ohne den menschliche Geist ist das Unbewußte sinnlos. Es verfolgt stets seine kollektiven Ziele und dient nie dem prsönlichen Schicksal. Ihr Schicksal ist das ergebnis des Zusammenwirkens von Bewußtsein und dem Unbewußten. Briefe I, S. 355.
Man hat ja eigentlich immer alles schon gewußt; denn alle diese Dinge sind ja immer vorhanden, nur wir sind nicht für diese Dinge vorhanden. Jede tiefste Einsichtsmöglichkeit war zu allen Zeiten vorhanden, nur waren wir immer zu weit davon entfernt. Was wir Entwicklung oder Fortschritt nennen, geschieht, wenn wir uns um einen Punkt herum bewegen, um diesem allmählich näherzukommen. In Wirklichkeit bleiben wir immer an der gleichen Stelle, nur ein bißchen weiter oder näher beim Mittelpunkt....Ursprünglich sind wir ja geboren aus einer Welt der Ganzheit und sind in den ersten Lebensjahren noch ganz in dieser befangen. Wir haben dort das ganze Wissen, ohne es zu wissen. Später verlieren wir es und nennen es dann Fortschritt, wenn wir uns wieder erinnern. Der Animus hat nun die Eigentümlichkeit, daß er alles falsch rationalisiert. Wenn er nun die Tatsache merkt, daß wir eigentlich gar keinen Weg zurücklegen, so deutet er das als ein Nicht – Vorwärtskommen. Das wahre Verständnis aber würde sagen, daß es überhaupt gar keinen Weg gibt und darum auch keine Fortpflanzung durch den Raum, sondern ein Innewerden, das man mit räumlichen Kategorien überhaupt nicht ausdrücken kann. Briefe I, S. 345 f.
Das Unbewußte ist weitgehend identisch mit Sypathicus und Parasympathicus, welche die physiologische Entsprechung der Gegensatzstruktur unbewußter Inhalte sind. Briefe I, S. 350
Die psychologische Maschine, welche Energie verwandelt, ist das Symbol. VIII, S. 56.
„Unter allen meinen Patienten jenseits der Lebensmitte, das heißt jenseits 35, ist nicht ein einziger, dessen endgültiges Problem nicht das der religiösen Einstellung wäre,[...] und keiner ist wirklich geheilt, der seine religiöse Einstellung nicht wieder erreicht.“ Briefe III, S. 375
Ich weiß, daß viele meiner Schüler dem Aberglauben unseres sogenannten huldigen; sie übersehen, daß die Archetypen in der Regel autonome Größen sind und keine unserer Wahl unterstellten Elemente. Im Grunde genommen handelt es sich bei ihnen sozusagen um Dominanten. Man kann einen Archetypus durch Bewußtmachung nicht auflösen, aus diesem Grund ist man mit ihm konfrontiert. Er muß berücksichtigt werden – die Hauptaufgabe einer längeren Analyse.
Die Abweichung von den Dominanten (Archetypen) verursacht eine gewisse Dissoziation, d.h. einen Verlust an Lebenskraft; die Primitiven sprechen von und haben eine sehr genaue Vorstellung davon.
Die Sechsheit ist ein Ganzheitssymbol: vier als die natürliche Teilung des Kreises, zwei als die vertikale Achse (Zenith und Nadir), also eine räumliche Ganzheitsvorstellung [...]
Das chinesische Symbol des Einen Wesens, des Tao, besteht aus Yang (Feuer, Hitze, trocken, Südseite des Berges, männlich usw.) und Yin (dunkel,feucht, kühl, Nordseite des Berges, weiblich) [...]GW, X, S. 444.
Die Vierheit erscheint symbolgeschichtlich als die entfaltung des Einen. Das eine Allwesen ist unerkennbar, da es sich von nichts unterscheidet und mit nichts verglichen werden kann. Mit der Entfaltung in die vier gewinnt es ein Minimum unterscheidbarer Eigenschaften und kann daher erkannt werden. Diese Überlegung bedeutet keine Metaphysik, sondern bloß eine psychologische Formel, welche den Prozeß der Bewußtwerdung eines unbewußten Inhalts beschreibt. Solange nämlich etwas im Unbewußten verweilt, hat es noch keine erkennbaren Eigenschaften und nimmt daher teil am allgemeinen Unbekannten, am unbewußten Überall und Nirgenda, gewissermaßen am einen, „nicht seienden“ Allwesen, um mich eines gnostischen Ausdrucks zu bedienen. Wenn aber der unbewußte Inhalt erscheint, das heißt in den Bereich des Bewußtseins tritt, so ist er auch schon in die „vier“ zerfallen. Er kann nur vermöge der vier Grundfunktionen des Bewußtseins Gegenstand der Erfahrung werden: er wird als etwas Vorhandenes wahrgenommen; er wird als dieser erkannt und von jenem unterschieden, er erweist sich als annnehmbar, „angenehm“ oder das Gegenteil, und schließlich wird geahnt, woher er kommt und wohin er geht. Dies nämlich kann gegebenenfalls weder mit den Sinnen wahrgenommen noch mit dem Intellekt gedacht werden. Darum ist namentlich seine Erstreckung in der Zeit und was darin mit ihm geschieht, Gegenstand der Intuition.
Die Aufspaltung in die vier bedeutet demnach soviel, wie die Einteilung des Horizonts in die vier Himmelsrichtungen oder des Jahreszyklus in die vier Jahreszeiten. Das heißt im Akt der Bewußtwerdung werden die vier Grundaspekte des Ganzheitsurteils sichtbar. GW X, S. 445.
Der fünfte Gegensatz betrifft den Unterschied von rätselhafter Überwelt und menschlicher Alltagswelt. [...] Der Horizontalen des Weltbewußtseins, das, abgesehen von psychischen Inhalten, sich nur bewegter Körper gewahr ist, tritt eine andere Ordnung des Seins gegenüber, eine Dimension des „Seelischen“; denn alles, was man darüber mit einiger Sicherheit auszusagen weiß, betrifft Psychisches, mathemathisch Abstraktes einerseits, Fabelhaftes und Mythologisches andererseits. Wenn man die Zahl als Entdecktes und nicht als Instrument des Zählens, also als Ersonnenes auffaßt, so gehört sie in ihrer mythologischen Aussage entsprechend mit in den Bereich „göttlicher“ Menschen- und Tierfiguren und ist ebenso archetypisch. Unähnlich diesen ist sie „real“, indem sie als Anzahl im Bereich der Erfahrung angetroffen wird und damit eine Brücke schlägt zwischen dem als real und physisch Erfaßbaren und dem Imaginären. Letzteres ist zwar unreal, aber wirklich, insofern es wirkt. An seiner Wirklichkeit ist nicht zu zweifeln, besonders nicht in heutiger Zeit. Es ist nicht das Verhalten, der Mangel oder der Überfluß der physischen Dinge, welche die Menschheit unmittelbar angehen, sonder die Auffassung, die wir davon haben, oder die Imagination, von der wir besessen sind. GW. X, S. 446.
Die Kindwerdung der bewußten Einstellung ist nicht eo ipso als regressiv zu verstehen, sonder ist oft nötig, um eine unpräjudizierte, naive, hinnehmende Bewußtseinslage herzustellen. Letztere ist nötig zum Verständnis der geistigen Seite der Animafigur. (22.3.1935, Brief an Dr. S.).
Psyche – Geist
9.11.
Das Bewusstsein ist in erster Linie ein Orientierungsorgan in einer Welt äußerer und innerer Gegebenheiten. Zuerst vor allem stellt das Bewusstsein fest, dass etwas vorhanden
ist. Ich bezeichne diese Fähigkeit als Empfindung. Damit ist nicht irgendeine spezifische Sinnestätigkeit gemeint, sondern die Wahrnehmung überhaupt. Eine weitere Fähigkeit gibt die Deutung des Wahrgenommenen. Ich nenne sie das Denken. Durch diese Funktion wird das Wahrgenommene assimiliert und damit das Objekt der Wahrnehmung in höherem Maße in Psychisches verwandelt als durch die bloße Empfindung. Eine dritte Fähigkeit stellt den Wert des Objektes fest. Ich nenne die Wertfunktion das Fühlen. Die Lust- und Unlustreaktion des Gefühls entspricht dem höchsten Grade der Subjektivierung des Objektes. Es wird durch das Gefühl in so nahe Beziehung zum Subjekt gebracht, dass letzteres über das Annehmen oder Verwerfen entscheiden muß.
Diese drei Funktionen wären zur Orientierung in irgendeiner Gegebenheit völlig genügend, wenn es sich um ein gegen Zeit und Raum isolierbares Objekt handelte. Im Raum aber ist das Objekt in unendlichem Zusammenhang mit der Vielheit der Objekte, und in der Zeit stellt es immer nur einen Übergang dar aus dem, was es war, zu dem was es sein wird. Der größte Teil der räumlichen Zusammenhänge und ebenso der zeitlichen Wandlungen ist unvermeidlicherweise im Moment der Orientierung unbewusst, und doch gehören raumzeitliche Zusammenhänge unbedingt zur Feststrellung einer Objektbedeututng. Die vierte Fähigkeit des Bewusstseins, nämlich diejenige, welche die Feststellung der raumzeitlichen Zusammenhänge wenigstens annähernd ermöglicht, ist die Intuition. Diese ist eine Wahrnehmungsfunktion, welche das Subliminale erfasst, nämlich die mögliche Beziehung zu Objekten, die nicht im Blickfeld erscheinen, und die möglichen Wandlungen in Vergangenheit und Zukunft, über welche das Objekt keine Aussage macht. Intuition ist ein unmittelbares Innewerden von Zusammenhängen, welche von den drei anderen Funktionen im Moment der Orientierung nicht festgestellt werden können. C.G.Jung, G.W. IIX, S. 256f.
Nur als ein Strukturelement, als ein anordnender Faktor im Unbewussten, vererbt sich der Archetypus, während das von ihm „angeordnete“ und vom Bewusstsein wahrgenommene Bild als subjektive Variante in jegem Leben immer wieder neu entsteht. C.G.Jung, G.W. S. 155
…indem die Archetypen nichts sind, als die Manifestationsformen der Instinkte. Aus der Lebensquelle des Instinktes aber fließt auch alles Schöpferische, so dass das Unbewusste nicht nur historische Bedinktheit ist, sonder zugleich den schöpferischen Impuls hervorbringt – ähnlich wie die Natur, die ungeheuer konservativ ist und in ihren Schöpfungsakten ihre eigene historische Bedingtheit wieder aufhebt. Kein Wunder daher, wenn es für die Menschen aller Zeiten und Regionen eine brennende Frage war, wie man sich zu dieser unsichtbaren Bedingung am besten zu verhalten hätte. Wenn sich das Bewusstsein nie vom Unbewussten abgespalten hätte – ein als engelssturz und als Ungehorsam der ersten eltern symbolisiertes und ewig widerholtes Ereignis - , so wäre dieses Problem nicht entstanden, sowenig wie die Frage der Anpassung an die Umweltbedingungen.IIX, S 339.
Das kollektive Unbewusste ist die gewaltige geistigeErbmasse der Menschheitsentwicklung, wiedergeboren in jeder individuellen Hirnstruktur. IIX/342.
Archetypen sind typische Verhaltensformen, die, wenn sie bewusst werden, als Vorstellungen erscheinen, wie alles, was Bewusstseinsinhalt wird.IIX/435.
Archetypen erscheinen erst in der Beobachtung und Erfahrung, nämlich dadurch, dass sie Vorstellungen anordnen,was jeweils unbewusst geschieht und darum immer erst nachträglich erkannt wird. IIX/44o.
Die Frau wird, wie der Mann, durch ihren unheimlichen familiarius eingesponnen und als die ihren Vater einzig verstehende (das heißt ewig rechthabende) Tochter ins Schlafland versetzt, wo sie sich von ihrem Seelenhirten, dem Animus, weiden lässt.IX/2/32.
So sprach der Heilige, gelobt sei er: Schaffe ich die welt mit Erbarmen, so werden die Sünden überhand nehmen; wenn mit Recht, wie wird die Welt bestehen? So schaffe ich sie denn mit Recht und barmherzigkeit. O möge sie bestehen können.“ (Bereschit Rabba XII, 14)
Das Selbst ist als Individualität einmalig und einzigartig, als archetypisches symbol dagegen ist es ein Gottesbild. also allgemein und „ewig“. IX/2/113
Der „Magnet der Weisen“ nämlich, der den wundersamen Fisch heraufziehen soll, kann, wie der Text andeutet, gelehrt werden. Der inhalt dieser geheimen Lehre ist das eigentliche arcanum der Alchemie, welches die Auffindung oder Herstellung der prima materia betrifft…IX/2/240.
Projektion
(Dorneus)“Er möge erkennen, dass der größte Schatz des Menschen im Menschen existiert und nicht außerhalb desselben. Von diesem geht innerlich aus, …, durch welches er außen das bewirkt, was er mit Augen sehen wird. Wenn er also geistig nicht blind ist, so wird er sehen, d.h. verstehen, wer und wie beschaffen er innerlich ist und wird durch das Äußere mit dem Lichte der Natur sich selber erkennen“
Das Arkanum findet sich in erster Linie im Menschen; es ist sein eigenes Selbst, das er nicht schon weiß, sondern durch Erfahrung am Äußeren kennenlernt.
„Lerne aus dir selbst alles, was sowohl im Himmel als auch auf der Erde ist, kennen, damit du in allem weise wirst. Weißt du nicht, dass der Himmel und die Elemente, welche durch einen göttlichen Schöpfungsakt voneinander getrennt worden sind, früher eins waren, damit sie sowohl dich als alles hervorbringen konnten?“IX/2/250.
Die Verdrängung bedeutet aber ein illegitimes Loswerden eines Konfliktes; das heißt, man täuscht sich über dessen existenz hinweg. Was aber wird aus dem verdrängten Konflikt? Es ist ja klar, dass er weiter besteht, obschon er dem Subjekt unbewusst ist. Wie wir bereits gesehen haben, führt die Verdrängung regressiv zur Widerbelebung einer früheren Beziehung oder Art von Bezogenheit…“konstllierte“ (aktivierte) unbewusste Inhalte sind, soviel wir wissen, immer zugleich auch projiziert, das heißt sie werden entweder an äußeren Objekten entdeckt, oder man behauptet wenigstens, dass sie außerhalb der eigenen Psychevorhanden seien…V/92
Alles was aus dem Unbewussten wirkt erscheint projiziert am anderen.IIX/99.
Kein Unbewusstes kann von anderen unterschieden werden. Folge:
Gruppenidentitäten im Faszinosum. XII§431
Das Unbewusste erscheint in der Regel zuerst in der Projektion. Wo es anscheinend unmittelbar einbricht, wie bei Visionen, Träumen, Erleuchtungen, Psychosen usw. sind vorausgehende seelische Bedingungen nachzuweisen, bei denen dann die Projektion deutlch zutage tritt.XVI/§383
denn, wo immer der forschende Geist sich von der genauesten Beobachtung des tatsächlich Vorhandenen entfernt und eigenen Wege einschlägt, da nimmt der unbewusste spiritus rector die Zügel in die Hand und führt ihn zu den ihm unveränderlich zugrunde liegenden Archetypen zurück, die durch diese Regression zur Projektion veranlasst werden.XVI/§405
Das ist der nicht wegzudenkende Kern des Übertragungsphänomens, denn die Beziehung zum selbst ist zugleich die Beziehung zum Mitmenschen, und keiner hast einen Zusammenhang mit diesem, er habe ihn denn zuvor mit sich selbst. XVI/§445
Alle mythisierten Naturvorgänge […] sind nichts weniger als Allegorien eben dieser objektiven Erfahrungen, sondern vielmehr symbolische Ausdrücke für das innere und unbewusste drama der Seele, welches auf dem Wege der Projektion, das heißt gespiegelt in den Naturereignissen, dem menschlichen Bewusstsein fassbar wird.IX/1/7
Wenn alle Stützen und Krücken gebrochen sind, und auch nicht die leiseste Rückversicherung irgendwo noch Deckung verspricht, dann erst ist die Möglichkeit gegeben, zum Erlebnis eines Archetypus, der sich bisher in der bedeutungsschweren Sinnlosigkeit der Anima verborgen gehalten hatte, Es ist der Archetypus de SINNES wie die Anima den Archetypus des LEBENS schlechthin darstellt. IX/1/66
Unsere praktischen Erfahrungen am Menschen zeigen immer wieder, dass jede längere Beschäftigung mit einem unbekannten Gegenstand eine fast unwiderstehliche Anlockung des Unbewussten bewirkt, sich in die Unbekanntheit des Gegenstandes zu projizieren und die daraus resultierende (präjudizierte) Wahrnehmung und abgeleitete Deutung für objektiv zu halten.XIII/§253
Psyche ist für mich, wie Sie wissen, ein genereller Begriff, der die „Substanz“ aller Erscheinungen der inneren Welt bezeichnet. Geist aber bezeichnet einen speziellen Bereich dieser Substanz –nämlich all jene Inhalte, die nicht entweder vom Körper noch von der äußeren Welt hergeleitet werden können
Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 126
Psyche könnte parallel zum physischen Begriff der Materie (Teilchen + Welle) angeordnet werden. Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 126
Wie Materie ist auch Psyche eine Matrix auf der Grundlage des Mutterarchetyps. Geist dagegen ist männlich und beruht auf dem Vaterarchetypus...
A+a 126
Psyche und Materie als Matrix sind beide ein X – d.h. transzendental unbekannte Größen und daher in Verstandesbegriffen ununterscheidbar, das macht sie virtuell identisch; nur auf einer sekundären Ebene sind sie unterschieden, als verschiedene Aspekte des Seins. A+a 126
Unter den Dingen, die Bestandteile der Substanz des Psychischen sind, sind die psychoiden Archetypen. A+a 126
Das Charakteristische, das den Archetypen eigentümlich ist, besteht darin, daß es sich nicht nur psychisch-subjektiv sondern auch physisch-objektiv manifestiert; mit anderen Worten, es kann in beiden, in psychischen inneren und ebenso in äußeren physischen Vorgängen nachgewiesen werden. Ich betrachte dieses Phänomen als einen Hinweis auf die Tatsache, daß die physiche und die psychische Matrix identisch sind. A+a 126
In der Konsequenz der Unverzichtbarkeit des psychischen Prozesses, kann es nicht nur ein Weg des Zuganges zum Geheimnis des Seins geben; es müssen schließlich zwei sein, nämlich das materielle Geschehen zum einen und seine psychische Spiegelung zum anderen (wenn es auch schwer sein wird zu bestimmen, was was reflektiert. A+a 127.
Sind diese Umstände gegeben, ist die Aufgabe, diesen zwei Disziplinen zu begegnen diejenige, die Regionen zu lokalisierenund zu Beschreiben, die unstreitig beiden gemeinsam ist. Beide, meine Träume und meine Intuition haben mich auf die natürlichen Zahlen verwiesen. Diese scheinen die einfachsten und elementarsten aller Archetypen zu sein. Daß sie Archetypen sind, geht aus der psychologischen Tatsache hervor, daß die einfachen ganzen Zahlen, wenn sie die Möglichkeit bekommen, sich unverzüglich und von selbst um mythologische Erklärungen erweitern; z.B. 1= das Eine, Absolute, Unteilbare (advaita = Zweitlose) und daher das Unbewußte, der Anfang, Gott usw. , 2 = die Teilung des Einen, das Paar, die Verbindung, der Unterschied (aktiv-passiv, männlich-weiblich usw.) zählen usw. 3 = die Wiedergeburt der Eins aus der zwei, der Sohn, die erste männlich Zahl, usw. Außerdem besitzen ganze Zahlen das Merkmal der psychoiden Archetypen in klassischer Form, sie sind nämlich sowohl außen wie innen. Folglich kann man niemals entscheiden, ob sie er-funden oder ge-funden worden sind; als Zahlen sind sie innen und als Quantität (Menge) sind sie außen. Entsprechend kann die Möglichkeit vorhergesagt werden, daß Gleichungen aufgestellt werden aus reinen mathematischen Voraussetzungen, und daß es sich später herausstellt, daß es Formulierungen physikalischer Prozesse sind.a+a 127
Ich glaube daher, daß vom psychologischen Standpunkt letztlich das gesuchte Grenzland zwischen Physik und Psychologie im Geheimnis der Zahl liegt. Von daher der Spruch, passend genug, daß der Mensch die Mathematik geschaffen hat, Gott aber die ganzen Zahlen. [6]A+a 127
Eben wie in der psychologischen Sphärere präsentiert die Zahl einen elementaren Archetyp, und der spontane Symbolismus des Selbst geht unzweifelhaft darauf zurück (besonders 1-4), er ist ebenso der Schlüssel zur Erkenntnis in der Physik. A+a 127
21.11.2003
Pauli: Die spezifische Gefahr meines Lebens war die, dass ich von einem Extrem ins andere falle (enantiodromie). – Ich war in der ersten Lebenshälfte zu anderen Menschen ein zynischer kalter Teufel und ein fanatischer Atheist und intellektueller „Aufklärer“.
Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 31.
Jung: In der Ehe kann nur ein Ausgleich auf mittlerer Linie, das Tao gefunden werden…Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.40.
„Auftreten synchronistischer Phänomene an bestimmte Bewusstseinslagen gebunden.“Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.40.
Pauli: Bereitschaft zur Annahme der Ihrer Arbeit zu Grunde liegenden Idee des „Sinnes als anordnenden Faktor“ dürfte daher heute unter den Physikern beträchtlich größer sein als zur Zeit Schopenhauers („Über die scheinbare Absichtlichkeit im Schicksale des Einzelnen“) („letztere Einheit der Notwendigkeiten und Zufälligkeit“) Ahnlich, wie in der Mikrophysik ist das Charakteristische der Situation die Unmöglichkeit, das Prinzip der Kausalität und die Einordnung der Phänomene in Raum und Zeit zugleich anzuwenden. Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.42.
Gleichzeitigkeit = Einheit…“psychoid. (42)
Jung: …liegt die Auffassung nahe, dass der Sinn-Zusammenhang als primäres agens die Zeit als sekundär hervorbringt… dass der anordnende, „aus Sinn bestehende“ Faktor, der die Zeit (den chronos) als Spezialfall enthällt, als männliches Prinzip dem Weiblich – Unzerstörbaren (Kausalität im engeren Sinne, Energie, Kollektiv-Psyche) gegenübersteht, wie es analog auch in der Mikrophysik der Fall zu sein scheint.“ Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.42.
Archetypus der unteren chtonischen Trinität
Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 50.
„der Fremde“ = Archetypus der Mana-Persönlichkeit.
Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 53.
Emma Jung: „dass das Krankmachende oder ungünstig Wirkende Moment in dem Nichtübernommenwerden von bewußtseinsreifen Inhalten besteht“
Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 54.
Es scheint auch in diesem Zusammenhang bedeutungsvoll, dass gemäß der Quantenphysik die Unzerstörbarkeit der Energie, welche ihre zeitlose Existenz zum Ausdruck bringt, auf der einen Seite und das Erscheinen in Raum und Zeit auf der anderen Seite zwei gegensätzliche (Komplementäre Aspekte) der Wirklichkeit sind. In Wahrheit sind beide stets vorhanden, doch kann im Einzelfall entweder der eine oder der andere stärker hervortreten […] Der Gegensatz, der hier in Erscheinung tritt, ist nicht mehr derjenige zwischen Materie („mater“) und Dynamic („Mana“) sondern zwischen der Unzerstörbarkeit (Energie) und der Zeit. Ersterer scheint einer zeitlosen Existenzform anzugehören, dem die Zeit wie ein weibliches Prinzip gegenübergestellt wird, ähnlich wie bereits auf archaischer Stufe die materielle Substanz und das Psychische dem Geist und dem Psychischen gegenübersteht.
An die Stelle der alten Idee der polaren Gegensätze, wie z.B. des chinesischen Yang und Yin, tritt daher beim Modernen die Idee der komplementären (einander ausschließenden) Aspekte der Phänomene. Wegen der Analogie zur Mikrophysik scheint es mir eine der wichtigsten Aufgaben des abendländischen Geistes, auch in der Psychologie die alte Idee in die neue Form zu übersetzen.“ Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 182.
„Hintergrundsphysik“ = Gedanklen, die mich denken. Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S. 176.
Materie – Mutterarchetyp – prima maeria = „Inceatum“ (Alchemie)
Icreatum = Gott (christliche Orthodoxie)
C.G. psycholologische Grundlage vom Materialismus der Neuzeit.
„Neuere Physik in ihren Zerstrahlungs- und Paarerzeugungsprozessen“.
anstelle von „Substanz“ der „Erhaltundssatz der Energie, mit welcher die Masse als proportional und daher als äquivalent erkannt wurde (Trägheit der Energie)
„Unzerstörbarkeit der Energie, welche ihre zeitlose Existenz zum Ausdruck bringt“ Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.181.
„Geistleib“, „corpus subtile“… „Idee eines ‚oberen Persönlichkeitsteiles’, der beständiger ist, als das Ich, dieses überleben kann und sich auch in Spuk- und Geistererscheinungen äußern kann“
der polfreie Zustand Wu Gi
Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.183.
gestreift: (Tiger) = Folge komplementär – gegensätzlicher Zustände… von denen der eine geistig - zeitlos (aion) der andere materiell – zeitlich (chronos) vorgestellt wird. C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.184.
erschrecken – das Gefürchtete ist das „Zerreißen“… befürchtete liegt in einer zu starken Intensität der Schwingung. Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.184.
Archetypischer Hintergrund der physikalischen Begriffe. Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.185.
„ den Standpunkt konsequent fest […]halten, dass sich psychische Inhalte, also auch Archetypen nur dadurch ändern, dass sie beobachtet werden, d.h. durch einen Eingriff des menschlichen Bewusstseins“. … spontane Veränderungen … entbehrlich“ „die säkulare Verschiebung des unbewussten Weltbildes“ Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.191.
Die Universalität des Objektiv – Psychischen und die Einmaligkeit des Gegenwartsbewusstseins sind stets beide vorhanden. Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.182.
„dass die Entwicklung des menschlichen Bewusstseins, insbesondere durch Annäherung der Mikrophysik an andere archetypische Vorstellungen eine Situation herbeigeführt hat, wo Physis und Psyche untrennbar „archetypisch“ verbunden sind.“ Wolfgang Pauli – C.G.Jung, Ein Briefwechsel 1932 – 1958, S.191.
Pauli: Eiertraum: Resultat:
„ich sage, das Ganze gibt ja : eid und das ist der Kreis. Die Formel verschwindet und ein Kreis erscheint.“
Basilides:
gut
geistig materiell
chtonisch
böse
Bezeichnet nun die Theologie Christus als schlechthin gut und geistig, so muß auf der anderen Seite ein „böse“ und „chtonisch“ oder „naturhaft“ entstehen, welches eben den Antichrist darstellt. Daraus gehet ein Gegensatzquaternio hervor, welcher auf psychologischer Ebene dadurch vereinigt wird, dass das Selbst nicht als schlechthin „gut“ und „geistig“ gilt; infolgedessen fällt auch dessen Schatten viel weniger schwarz aus. Überdies muß der Gegensatz von „gut“ und „geistig“ nicht mehr getrennt sein.
Dieser Quaternio charakterisiert das psychologische Selbst, denn als Totalität muß er per Definition die hellen und dunkeln Aspekte einschließen, wie das Selbst ja auch Männliches und Weibliches umfasst, weshalb es durch den Heiratsquaternio symbolisiert wird. C.G. JUNG, G.W. IX/2, S. 73
HIPPOLYTUS berichtet über BASILIDES: Er sage: „Jesus ist nun das Erstlingsopfer der Unterscheidung in Gattungen (phylokrínesis) geworden, und die Passion hat zu keinem anderen Zwecke stattgefunden als zur Unterscheidung der zusammengemischten Dinge in Gattungen. Auf diese Weise, sagte er, habe die ganze Sohnschaft, die in der Formlosigkeit (amorphía) zurückgelassen worden war … der Unterscheidung in Gattungen bedurft (dein phylokrínethenai), in der selben Weise, wie auch Jesus einer Unterscheidung unterworfen worden sei (pephylokrinethai).“ Nach der etwas komplizierten Basilidanischen Lehre hat der „nichtseiende“ Gott eine dreifache Sohnschaft (hyiotes) erzeugt: Der erste „Sohn“ bleibt, als von feinster Beschaffenheit oben beim Vater, der zweite steigt, wegen seiner gröberen (pachymeréstera) Natur, etwas tiefer hinunter, erhält aber „Flügel, wie Platon sie der Seele im Phädrus gegeben habe“. Der dritte Sohn aber fällt, da seine Natur der Reinigung (apokathársis) bedarf, zutiefst in die „Formlosigkeit“. Diese „Sohnschaft“ ist also offenbar wegen ihrer Unreinheit die gröbste und schwerste. In diesen drei Emanationen oder Offenbarungen der nichtseienden Gottes erkennt man unschwer die Trichotomie Geist-Seele-Körper, nämlich das pneumatikón-psychikón-sarkokón. C.G. JUNG, G.W. IX/2, S. 74.
In der Sphäre des dunkeln, schweren Körpers ist die amorphía, die Gestaltlosigkeit zu suchen, in welcher sich die dritte Sohnschaft befindet. Wie schon angedeutet, scheint sie praktisch gleichbedeutend mit „Unbewusstheit“ zu sein… Amorphía bezieht sich wie agnosía und anóeton auf den Anfangszustand der Dinge, das heißt auf die Potentialität der unbewussten Inhalte, welche BASILIDES treffend formuliert als […] (der nichtseiende, vielgestaltige und zugleich vielvermögende Keim der Welt).
Dieses Bild der dritten Sohnschaft hat eine gewisse Analogie mit dem mittelalterlichen filius philosophorum und dem filius macrocosmi, der ebenfalls die im Stoffe schlafende Weltseele darstellt. Schon bei BASILIDES erhält der Körper insofern eine besondere und unerwartete Bedeutung, als in ihm und seiner Stofflichkeit ein Drittel der geoffenbarten Gottheit ruht. Das heißt nichts anderes, als dass vom Stoffe eine beträchtliche Numinosität ausgesagt wird, worin ich eine Vorausnahme jener „mystischen“ Bedeutung der Materie erblicke, welche dann in der Alchemie und – last not least – in der Naturwissenschaft erscheint. . C.G. JUNG, G.W. IX/2, S. 76.
Wenn man dazu neigt, den Archetypus des Selbst als das eigentliche Agens und damit Christus als Symbol des Selbst aufzufassen, muß man bedenken, dass zwischen Vollkommenheit und Vollständigkeit ein wesentlicher Unterschied besteht: das Christusbild ist annähernd vollkommen (wenigstens ist es so gedacht), der Archetypus aber (soweit als bekannt) meint Vollständigkeit, ist aber weit davon entfernt, vollkommen zu sein. C.G. JUNG, G.W. IX/2, S. 78.
Wenn nun der Archetypus des Selbst vorherrscht, so entsteht als psychologische Folge unvermeidlich jener konflikthafte Zustand, der durch das christliche Symbol der cruzifixio anschaulich ausgedrückt ist, nämlich jener akute Zustand von Unerlöstheit, welcher erst mit dem „consummatum est“ sein Ende findet. Die Anerkennung des Archetypus umgeht also keineswegs das christliche Mysterium, sondern schafft mit Notwendigkeit eben gerade die psychologische Vorbedingung, ohne welche „Erlösung“ sinnlos erschiene. „Erlösung“ bedeutet nämlich nicht, dass einem eine Last abgenommen wird, die man zu tragen nie vermeint hat. Wie unerträglich sich der Mensch ist, erlebt nur der Vollständige. Man könnte daher vom christlichen Standpunkt aus, meines Erachtens wenigstens, nichts Wesentliches dagegen einwenden, wenn jemand die von der Natur uns auferlegte Aufgabe der Individuation und der Anerkennung der Ganzheit beziehungsweise der Vollständigkeit für sich verbindlich erachtet. Tut er es bewusst und absichtlich, so vermeidet es alle die üblen Folgeerscheinungen einer verdrängten Individuation, das heißt, wenn er die Vollständigkeit freiwillig auf sich nimmt, so muß er es nicht erleben, dass sie ihm wider seinen Willen und dann in negativer Form zustößt. Damit will gesagt sein, dass einer, der die Bestimmung hat, in einen tiefen Schacht hinunter zu steigen, besser daran tut, mit allen Vorsichtsmaßnahmen an dieses Unterfangen heranzugehen, als dass er es darauf ankommen lässt, rücklings in das Loch hinunterzufallen. C.G. JUNG, G.W. IX/2, S. 79f..
Anm 93.: Zu QUISPELS Auffassung der Projektion ist kritisch zu bemerken, dass letztere die Wirklichkeit eines seelischen Inhaltes keineswegs aufhebt, noch dass ein Tatbestand darum unwirklich ist, weil er nicht wohl anders denn als psychisch qualifiziert werden kann. Psyche ist Wirklichkeit par excellence. C.G. JUNG, G.W. IX/2, S. 76.
Die Unverträglichkeit der Gegensätze in der christlichen Psychologie beruht auf der moralischen Zuspitzung derselben. Dies erscheint uns als natürlich, obschon sie, historisch gesehen, der alttestamentarischen Erbschaft, nämlich der Gesetzesgerechtigkeit entspringt. Dieser spezielle Einfluß fehlt im Osten, in den philosophischen Religionen Indiens und Chinas, in auffallender Weise. Ich möchte aber die Frage, ob die leidenerhöhende Verschärfung der Gegensätze nicht doch einem höheren Grad von Wahrheit entspricht, hier lieber nicht erörtern, sondern bloß den Wunsch aussprechen, man möge das gegenwärtige Weltgeschehen, welches die ganze Menschheit, wie nie je zuvor, in zwei anscheinend unvereinbare Hälften zerreißt, im Lichte unserer oben angedeuteten psychologischen Regel betrachten: wenn ein innerer Tatbestand nicht bewußtgemacht wird, dann ereignet er sich als Schicksal außen, das heißt, wenn der Einzelne einheitlich bleibt und sich seines inneren Gegensatzes nicht bewusst wird, so muß wohl die Welt den Konflikt darstellen und in zwei Hälften zerteilt werden. C.G. JUNG, G.W. IX/2, S. 80.
filius
filius macrocosmi
Merkurius
s
… im Gegensatz zum Wege des christlichen Erlösers, der von oben nach unten kommt und von da wieder nach oben zurückkehrt, beginnt der filius macrocosmi seine Laufbahn unten, steigt nach oben, und kehrt wieder mit den Kräften des Oberen und des Unteren vereint, zur Erde zurück. Er macht also die umgekehrte Bewegung und offenbart damit seine Gegennatur zu Christus und den gnostischen Erlösern, hingegen besteht eine gewisse Verwandschaft mit den Basilidanischen Vorstellungen von der dritten Sohnschaft. Mercurius hat die Kreisnatur des Ouroboros und wird daher durch einen einfachen Kreis symbolisiert dessen Mittelpunkt er zugleich ist.
Daher kann er von sich sagen:
Unum ego sum, et multi in me
Der selbe Traktat versetzt das centrum circuli als die Erde in den Menschen und nennt es das <> , auf das Christus hingewiesen habe
<>. C.G. JUNG, G.W.XIII, S. 252.
25.11.2003
FROMM – JUNG
FROMM:“Bevor ich Jungs Analyse der Religion darstelle, scheint mir eine kritische Untersuchung dieser methodologischen Prämissen geboten zu sein. Jungs Verwendung des Wahrheitsbegriffes ist unhaltbar. Er behauptet, dass
eine Tatsache und kein Urteil sei>, dass . Doch er vergisst dabei, dass die wahrheit sich immer und zwangsläufig auf ein Urteil bezieht und nicht auf die Beschreibung eines Phänomens, das wir mit unseren sinnen wahrnehmen und mit einem Wortsymbol bezeichnen. Jung behauptetr sodann, dass eine Idee . Doch eine Idee unabhängig davon, ob sie eine Täuschung ist oder ob sie den Tatsachen entspricht. Die Existenz einer Idee macht sie in keiner Weise . Selbst der praktizierende Psychiater könnte nicht arbeiten, ginge es ihm nicht um die Wahrheit einer Idee, das heißt, um ihren Bezug auf die Erscheinungen, die sie gewöhnlich darstellt. Andernfalls könnte er nicht von einer Wahnvorstellung oder einem paranoiden System reden. Doch Jungs Betrachtungsweise ist nicht nur vom psychiatrischen Standpunkt aus unhaltbar; er tritt für einen Standpunkt des Relativismus ein, der, obwohl er oberflächlich gesehen religionsfreundlicher ist als der Freuds, seiner geistigen Einstellung nach jedoch Religionen wie den Judaismus, dem Christentum und dem Buddhismus grundsätzlich feindlich gegenübersteht. Diese betrachten nämlich das Streben nach Wahrheit als eine der Kardinaltugenden und Verpflichtungen des Menschen und bestehen darauf, dass ihre Doktrinen, ob sie nun durch Offenbarung oder bloß durch logisches Denkvermögen zustande kamen, dem Wahrheitskriterium unterworfen sind. FROMM, Psychoanalyse und Religion, Zürich, 1966, S. 23.
JUNG: „Wenn ERICH FROMM mich wegen meiner falschen Vorstellungen kritisiert und sich dabei auf das Judentum, das Christentum und den Buddhismus beruft, so zeigt er nur, wie unlogisch sein Standpunkt ist, genau wie die Anschauungen jener Religionen selber, deren Wahrheiten einander widersprechen. Das Judentum hat einen moralisch ambivalenten Gott; das Christentum eine Trinität und ein Summum Bonum; der Buddhismus hat keinen Gott, hat aber innere Götter. Ihre Wahrheit ist relativ und keine absolute Wahrheit – wenn man sie, wie FROMM, auf die gleiche Ebene stellt. Ich gebe natürlich zu und bin sogar fest davon überzeugt, dass es von der größten Bedeutung ist, <> zu konstatieren. Ich wäre bereit, transzendentale Aussagen zu machen, unter einer Bedingung: dass ich gleichzeitig die Möglichkeit feststelle, dass sie uneahr sein könnten. Zum Beispiel <>, das heißt ist, wie ich ihn mir denke. Aber da ich weiß, dass ich mir unmöglich eine angemessene Vorstellung von einem allumfassenden ewigen Wesen machen kann, ist meine Vorstellung von ihm jämmerlich unvollkommen; daher ist die Aussage <> gleichermaßen wahr und notwendig. Absolute Behauptungen aufzustellen, liegt außerhalb der Reichweite des Menschen, obwohl es ethisch unerlässlich ist, dass er für seine subjektive Wahrheit voll einsteht, was bedeutet, dass er sich dazu bekennt, durch seine Überzeugung verpflichtet zu sein, sie als Prinzip auf seine Handlungen anzuwenden. Jedes menschliche Urteil, wie groß auch immer die subjektive Überzeugung sein mag, ist dem Irrtum unterworfen, insbesondere Urteile, die transzendentale Themen betreffen. FROMMS Philosophie hat, fürchte ich, das Niveau des 20. Jahrhunderts noch nicht überwunden; aber der Machttrieb des Menschen und seine Hybris sind so groß, dass er an ein absolut gültige Urteil glaubt. Kein wissenschaftlich denkender Mensch mit intellektuellem Verantwortungsgefühl kann sich solche Arroganz leisten. Das sind die Gründe, warum ich auf dem Kriterium der Existenz bestehe, im Bereich der Wissenschaft sowohl wie im Bereich der Religion, und auf unmittelbarer und ursprünglicher Erfahrung. Tatsachen sind Tatsachen und enthalten keine Falschheit. Es ist unser Urteil, was das Element der Täuschung hineinbringt. Meiner Meinung nach ist es wichtiger, dass eine Idee existiert, als dass sie wahr ist. Und das trotz der Tatsache, dass es subjektiv sehr viel ausmacht, ob eine Idee mir als wahr erscheint oder nicht, obgleich dies eine sekundäre Erwägung ist, da sich die Wahrheit oder Unwahrheit einer transzendentalen Aussage auf keine andere Weise feststellen lässt als durch den subjektiven Glauben. C.G. JUNG, G.W.XVIII/2, S. 755f.
Ein Archetypus – soweit er sich empirisch feststellen lässt – ist eine Imago. Eine Imago ist, wie aus dem Begriff selber hervorgeht, ein Bild von etwas. Ein archetypisches Bild ist wie das Portrait eines Unbekanten in einer Gelerie. Sein Name, seine Biographie, seine Existenz im allgemeinen sind unbekannt, doch wir nehmen trotzdem an, dass das Gemälde eine einstmal lebende Person, einen Mann, der Realität besaß, abbildet. Man findet zahllose Bilder Gottes, das Original aber ist unauffindbar. es steht für mich außer Zweifel, dass hinter unseren Abbildern sich das Original verbirgt, doch es ist uns nicht zugänglich. . C.G. JUNG, G.W.XVIII/2, S. 758.
Es gibt auch nicht wenige Fälle, wo die Struktur sich umkehrt: 1+3 (1= gut, 3 ist böse). In diesem Falle würde die 3 die sogenannte „untere Triade“ bilden. Da die Quaternität in dr Regel als eine Einheit erscheint, heben die Gegensätze einander auf, was einfach bedeutet, dass unser anthropomorphes Urteil nicht mehr anwendbar ist, das heißt die Gottheit ist jenseits von gut und böse, oder die metaphysische Behauptung ist ungültig. Insofern als der menschliche Geist und seine Bedürfnisse aus den Händen des Schöpfers hervorgehen, müssen wir annehmen, dass das moralische Urteilsvermögen auis der gleichen Quelle entsprang. . C.G. JUNG, G.W.XVIII/2, S. 766.
Auch stehen die Kirchen der Anschauung, dass das Alpha und Omega der Religion die subjektive individuelle Erfahrung sei, nicht gerade positiv gegenüber. Für sie kommt die Gemeinschaft an erster Stelle, wobei sie die Tatsache ganz außer acht lassen, dass, je mehr Menschen zusammen sind, desto weniger Individualität esistiert. . C.G. JUNG, G.W.XVIII/2, S. 779.
… nicht in dem Sinne, wie wir heute den Glauben auffassen, sondern als scientia fidei, als Wissenschaft des Glaubens. Was ich meine ist Gnosis. Das ist ein Erkennen irrationaler Natur, das sich vom arbiträren (arbitror lat. = beobachten, erwägen, erachten dafürhalten) Denkakt unterscheidet.Es ist ein geschehen, ein Sich-Offenbaren, eine Geistestätigkeit, die aus einer ganz eigentümlichen Lage hervorgeht… Gnostiker verkünden Schlangenweisheit, nämlich jenes Erkennen, das aus der Natur selber hervorgeht. Es gibt aber aucheine spezifisch christliche Gnosis … Das ist Gnosis, nämlich ein Erkennen, das aus innerem Erleben hervorquillt. C.G. JUNG, Kinderträume, S. 272.
… eine andere Art des Erkennens, die zugleich ein Lebensvorgang ist… ein Denken aus den Eingeweiden heraus, aus den Tiefen… denn heutzutage wird auch die Philosophie intellektuell betrieben im Gegensatz zum Altertum, wo sie noch ein Lebensvorgang war. Damals war sie Gnosis, ein Trieb, eine Naturtatsache, ein inneres Bedürfnis. Sie war wie das Wasser, das in den trockenen Boden sickert. Die Gnosis ist ein Erkennen, das aus dem Blut hervorgeht. Darum sagten die Alchemisten vom Stein: „Invenitur in vena, sanguine plena“, das heißt, der Stein oder lapis wird in den blutgefüllten Adern gefunden.Er heißt deshalb auch sanguineus oder Karfunkel oder Rubin…
Augenschlange … vielen Augen sind gewissermaßen ebenso viele Bewusstseinsmöglichkeiten…
Die Gegenstände der Gnosis sind gleichsam selber leuchtend und offenbaren sich in ihrem eigenen Licht… es ist immer ein Vorgang, der in sich selber ruht… C.G. JUNG, Kinderträume, S. 273.
… das Unbewusste, von dem wir immer umgeben und weitgehend, vielleicht ausschlaggebend geführt sind; im Unbewussten liegt unser Lebenszentrum. Aus dem Unbewussten stammen gewisse strukturelle Bilder, die anscheinend nicht nur dem Menschen eigentümlich sind, sondern vielleicht und wahrscheinlich auch der Tierseele. Aber nur dem Menschen ist es möglich, sich dieser Inhalte bewusst zu werden. Zu diesen Inhalten gehört das Selbst, beziehungsweise dessen Symbole. Diese Symbole gehören seit jeher zu den Gottesvorstellungen oder wenigstens zu den Gottesattributen. Ihr Bewusstwerden bedeutet seit altersher „Gnosis“, das heißt Gotteserkenntnis, indem das den Menschen erahnbare Zentrum seines seelischen Lebens bereits mit der Gottesvorstellung koinzidiert, und überdies die Erfahrung solcher Inhalte in der Regel als Gotteserlebnisse gewertet werden. C.G. JUNG, Kinderträume, S. 390.
Es gibt eine gnostische Auffassung, wonach der Teufel Hunger und Sehnsucht nach dem Licht hat. Er meint, er bekomme das Licht, wenn er den Menschen frisst. C.G. JUNG, Kinderträume, S. 417.
PARACELSUS’ vollkommen gnostische Weltanschaung
Für Paulus hatte Christus gar keine Biographie. Er war ein göttlicher Hirt. Deshalb ging auch die ganze paulinische Richtung dann so stark in Gnostizismus über. Das ist ein archetypisches Erlebnis. C.G. JUNG, Kinderträume, S. 518.
Träume
Die Träume sind nicht in einem, sondern um einen. Ich kenne einen Arzt, der hat ein einsames Haus irgendwo in Süddeutschland. Er nimmt gelegentlich Patienten bei sich auf und führt täglich Buch über die Träume seiner Frau, seiner Kinder, Dienstboten und Patienten, die zu ihm kommen. Er sagte: Vom ersten Moment an erscheinen Traumfragmente in den Träumen der Hausgemeinschaft, die aus dem Unbewussten dieser Patienten stammen; … Das halte ich nicht nur für wahrscheinlich, sondern für eine Forderung; es wäre mein Postulat, dass das so sein müsste. C.G. JUNG, Kinderträume, S. 567.
The term individuation ought to be reserved for the legitimate evolution of the individual entelechy. C.G. JUNG, Briefe II, S. 221
verstehen, daß der therapeutische Vorgang ein Lebensprozeß ist, den ich als “Individuationsprozeß” bezeichne ? Wes ist ein objektiver Geschehen, und gerade diese Erfahrung hilft dem Patienten und nicht die mehr oder weniger kompetente oder törichte Deutung des Analytikers. Das Beste, was der Analytiker tun kann, ist, die natürliche Entwicklung dieses Prozesses nicht zu stören. Meine sogenannten Auffassungen darüber sind nur armselige Versuche, den sehr geheimnisvollen Wandlungsprozeß in Worten auszudrücken; sie bezwecken lediglich eine Beschreibung seines Verlaufs. Der Prozeß bedeutet Ganzwerdung oder Vervollständigung; er vollzieht sich nie auf Grund von Worten oder Deutungen, sonderneinzig und allein mit Hilfe der psychischen Natur. C.G. JUNG, Briefe III. S. 330f.
(mein/)Ihr Unbewusstes, das sich auf alles Dunkle und Unverstandene projiziert. C.G. JUNG, Briefe III. S. 325.
Vermutlich haben Labyrinthe die Grundbedeutung von Mandalas, d.h. von Zufluchtsorten, heiligen Bezirken, von Wiedergeburt, Erneuerung, Intuition etc. wie die neolithischen Steinkreise. C.G. JUNG, Briefe III. S. 325.
Revelation =Offenbarung
Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. (Schiller)
Wir Psychologen haben in langwieriger und schmerzlicher Erfahrung gelernt, dass man einen Menschen seiner wertvollsten Hilfsquelle beraubt, wenn man ihm hilft, von seinen Komplexen freizuwerden. Man kann ihm nur helfen, ihrer genügend gewahr zu werden und in sich selbst einen bewussten Konflikt entstehehen zu lassen. Auf diese Weise wird der Komplex zu einem Brennpunkt des Lebens. C.G. JUNG, G.W. X, S. 253.
Unsere westliche Entwicklung von einem primitiven Stand aus wurde plötzlich unterbrochen durch das Eindringen einer Psychologie und Geistigkeit, die einer viel höheren Kulturstufe zugehörten. Unser Fall war nicht so arg wie derjenige der Neger oder Polynesier, die sich mit einemmal der unvergleichlich höheren Zivilisation de weißen Mannes gegenübersahen, aber dem Wesen nach war es das Gleiche. Wir wurden mitten in einem noch barbarischen Polytheismus gestoppt, der ausgerottet oder unterdrückt wurde. Jahrhunderte hindurch und vor nicht allzu langer Zeit. Ich nehme an, dass dieser Umstand dem westlichen Geist eine sonderbare Knickung verliehen h+at. Unsere geistige Existenz wurde in etwas verwandelt, was sie noch nicht erreicht hatte und im Grunde genommen noch nicht sein konnte. Und dies ließ sich nur bewerkstelligen durch eine Dissoziation zwischen dem bewussten Teil der Psyche und dem unbewussten. Es war eine Befreiung des Bewusstseins von der Last der Irrationalität und Triebhaftigkeit, auf Kosten der Ganzheit des Individuums. Der Mensch wurde in eine bewusste und eine unbewusste Persönlichkeit aufgespalten. Die bewusste Persönlichkeit konnte domestiziert werden, weil sie vom naturhaften und primitiven Menschen getrennt war. So wurden wir einerseits höchst diszipliniert, organisiert und rational, die andere Seite aber blieb ein unterdrückter Primitiver, abgeschnitten von Erziehung und Kultur. C.G. JUNG, G.W. X, S. 577f.
Ein unkanonisches Herrenwort: „ Wer mir nahe ist, ist nahe dem Feuer“ [Anm.: Der Erlöser selbst aber sagt: Wer mir nahe ist, ist dem Feuer nahe, wer fern von mir ist, ist fern vom Reich.] (ORIGINES, Homiliae in Jeremiam, XX, 3, zitiert in PREUSCHEN, Antilegonena, p. 44) C.G. JUNG, G.W. XII, S 231.
Zosimos: Mensch, Deuter alles Seienden und der Namengeber aller körperlichen Dinge…“ „Die Chaldäer, Parther, Meder und Hebräer hingegen nennen ihn ADAM, wovon die Deutung lautet: jungfräuliche Erde, blutrote Erde, feurige Erde und fleischliche Erde. Die findet sich in den Bibliotheken der Ptolemäer […] So heißt ihnen der fleischliche adam nach seiner ringsum sichtbaren Bildung Thyoth; der in ihm befindliche geistige Mensch aber hat sowohl einen eigentlichen Namen als auch einen Rufnahmen […] sein Rufname […] heißt Licht jwV [...]
Als nun der Lichtmensch im Paradies weilte, durchweht vom Hauch der Schicksalsmacht, überredeten sie (die Elemente) ihn, der ganz ohne Schlechtigkeit und ohne Wirksamkeit war, dazu, den bei ihm befindlichen Adam , nämlich den aus der Schicksalsmacht, aus den vier Elementen bestehenden Adam anzuziehen. Er kehrte sich aber in seiner Unschuld nicht davon ab. Sie aber rühmten, dass er geknechtet sei. Den äußeren Menschen nannte daher HESIOD das Band, mit dem Zeus den Prometheus fesselte. Nach dieser Fessel schickte er ihm aber noch eine weitere Fessel: die Pandora, welche die Hebräer Eva nennen… C.G. JUNG, G.W. XII, 414ff.
Die Unterscheidung einer natürlichen und einer übernatürlichen Quelle der Erkenntnis ist noch subtiler ausgeführt im 7. Sermon der Turba von LOCUSTOR(...)Darnach gibt es zwei Schöpfungen, von denen die eine nur durch den Glauben gesehen und nicht beschrieben werden kann. Dieser Glaube heißt <>, ist somit das oben erwähnte Offenbarungswissen. Die unsichtbare Schöpfung sind die Himmel. Was darunterliegt, bilde eine zweite Schöpfung, und diese kann nur durch die ratio(natürliche Vernunft) und mit Hilfe der fünf Sinne erkannt werden. Diese untere Schöpfung empfängt ihr Licht von der Sonne. (Die Sonne ist in der Stoa und im Corpus Hermeticum gemäß verbreiteter antiker Anschauung ein Bild des <>, der Quelle menschlicher Intelligenz.)Das Licht der Sonne ist von besonders feiner Natur. Die obere Schöpfung hingegen bedarf des Sonnenlichtes nicht, da sie selber noch feiner und subtiler als dieses ist und ihr eigenes Licht von Gott empfängt. Die Erkennbarkeit alles Seienden ist somit von zwei Lichtern abhängig: das sinnlich Wahrnehmbare vom Sonnenlicht, d.h. der natürlichen Erkenntnis, das Übersinnliche vom Lichte Gottes. Soweit die Turba.- Man vgl. das Myst.Con.I.p 312ff. von JUNG über den <> Gesagte. Die unsichtbare Schöpfung entspricht dem <> bei G. Dorn. In ihm herrscht die diffuse Luminosität des <> vor.(GW.XIV/III, p. 177f.)
8.12.2003
Die Helligkeitsvergrößerung des Bewusstseins bringt es notwendigerweise mit sich, dass das weniger Helle und weniger Bewusstseinsfähige der Seele in einem solchen Maß verdunkelt wird, dass früher oder später ein riß im psychischen System eintritt, der zunächst als solcher nicht erkannt und darum projiziert wird, das heißt in einer weltanschaulichen Projektion erscheint: nämlich in der Form einer spaltung zwischen den Mächten des Lichtes und denen der Finsternis. C.G. JUNG, G.W. XIII, S. 261.
„Die Nixe ist eine noch instinktive Stufe, Vorstufe eines zauberischen, weiblichen Wesens, welches wir als Anima bezeichnen.“
Diese Nixe-Elfin-Anima stellt die Seele in ihrer Ganzheit dar, Gutes und Böses vereinigend, bewegt, buntschillernd wie ein Schmetterling. Die Seele ist ein lebenspendender Dämon, der sein elfisches Spiel unterhalb und oberhalb der menschlichen Existenz spielt. C.G. JUNG, Kinderträume, (Referat Frau Leuzinger), S. 334.
Der Nous ist der göttliche Geist, der von oben kommt und hinunter blickt in den Spiegel der Physis. Er sieht sein wunderbares Bild darin; da umschlingt ihn die Physis und lässt ihn nicht mehr gehen, er ist gefangen in ihr. Die Physis ist wie der Spiegel des Wassers, in den er blickt. Sie ist das tausendarmige Gewässer, die Gefahr des Unbewussten […] er hat einen Muttekomplex, erhängt noch zu sehr am Bild der „Mutter“. Es ist ein typischer Traum für einen Knaben mit einem Mutterkomplex. Daraus kann sich die heftigste Anima-Besessenheit entwickeln. Je mehr einer an der „Mutter“ hängt, je abhängiger er von den Vorgängen in seinem Unbewussten ist, desto stärker wird ihre archetypische Gewalt, ihre dämonische Macht. Bei den Mädchen ist es analog. Hier ist es aber der Vater, der zu dieser dämonischen Macht werden kann, während die Mutter für sie eine andere, wenn auch nicht unwichtige Rolle spielt. Sie ist nicht die Anima – die Anima ist immer ein Objekt sehnsüchtiger Lust – sondern für die Frau bedeutet die Mutter eigentlich das Geschlecht, den Uterus. Bei einem negativen Mutterkomplex der Frau gibt es oft allerhand Beschwerden der Geschlechtsfunktion, beispielsweise Menstruationsstörungen und dergleichen Dinge. […]Eine Anima – Beziehung ist nie eine normale Beziehung, sondern immer etwas Phantastisches. Der Mann erblickt in der Anima sein weibliches Antlitz, und das ist gefährlich; die Anima verwandelt alles, was sie berührt. Überall, wo sie wirkt, lässt sie das eigene Bild erscheinen, das dem Mann eigene Bild, und das ist sein weiblicher Mensch, den er als eine unsichtbare Minorität in sich trägt. C.G. JUNG, Kinderträume,, S. 341, 344f.
Wer den Geist der Phantasie durch ein naturgemäßes Leben rein erhält, dem steht er jederzeit zur Verfügung. Dieser Geist hört nämlich auf die seelischen Regungen und Willensäußerungen und steht ihnen nicht teilnahmslos gegenüber, wie die irdische Hülle, die sogar im Gegensatz zu den beseren Regungen der Seele steht. Der Geist der Phantasie ist das best und eigentlichste Werkzeug der Seele. Wenn diese gut wird, so verfeinert und vergeistigt er sich; wird sie schlechter, so stumpft er sich gleichsam ab und wird irdisch. Dieser Geist liegt (ich zitiere die Übersetzung)“wie ein strittiges Grenzland zwischen Vernunft und Unvernunft, zwischen dem Körperlichen und dem Unkörperlichen und berührt beides. Und das Göttliche trifft sich bei ihm mit dem Gegenteil. Darum ist auch seine Natur philosophisch schwer zu erfassen. Er entlehnt undmacht sich von beiden Extremen etwas zu eigen und in einer Natur erscheint nun, was sonst weit auseinanderliegt“. C.G. JUNG, Kinderträume, S. 610
12.12.03
(mit Selbst) … ist eine Größe gemeint, die nicht an Stelle derjenigen tritt, die bisher mit dem Begriff des Ich bezeichnet wurde, sondern vielmehr als Oberbegriff dieses umfasst. Unter „Ich“ ist jener komplexe Faktor[7], auf den sich alle Bewusstseinsinhalte beziehen, zu verstehen. Er bildet gewissermaßen das Zentrum des Bewusstseinsfeldes, und insofern dieses die empirische Persönlichkeit umfasst, ist das Ich das Subjekt aller persönlichen Bewusstseinsakte. Die Beziehung eines psychischen Inhaltes zum Ich stellt das Kriterium des Bewusstseins desselben dar, denn kein Inhalt ist bewusst, der nicht dem Subjekt vorgestellt wäre. C.G. JUNG, G.W. 9/II, S. 12.
Wenn ich oben sagte, das Ich beruhe auf dem gesamten Bewusstseinsfeld, so meine ich damit nicht, dass es daraus bestehe. Wäre das letztere der Fall, so könnte es von dem Bewusstseinsfeld überhaupt nicht unterschieden werden. Es ist nur der Bezugspunkt desselben, begründet und begrenzt durch den […] somatischen Faktor. C.G. JUNG, G.W. 9/II, S. 13.
Es geht, wie es scheint, zunächst hervor aus dem Zusammenstoß des somatischen Faktors mit der Umwelt, und, wenn einmal als Subjekt vorhanden, entwickelt es sich aus weiteren Zusammenstößen mit der Umwelt sowohl wie mit der Innenwelt. C.G. JUNG, G.W. 9/II, S. 14.
Trotz der unabsehbaren Reichweite seiner Grundlagen ist das Ich nie mehr und nie weniger als das Bewusstsein überhaupt. Als Bewusstseinsfaktor könnte das Ich, theorotisch[8] wenigstens, vollständig beschrieben weren. Dies würde aber nie mehr als ein Bild der bewussten Persönlichkeit liefern, in welchem alle das Subjekt unbekannten respektive unbewussten Züge fehlen. Das Gesamtbild der Persönlichkeit müsste diese aber einschließen. Eine totale Beschreibung der Persönlichkeit ist nun schlechterdings, auch theoretisch, unmöglich, weil der unbewusste Anteil nicht erfasst werden kann.[9] Dieser ist, wie die Erfahrung zur Genüge dartut, keineswegs unbedeutend; im Gegenteil sind oft geradezu entscheidende Qualitäten unbewusst und können nur von der Umgebung beobachtet beziehungsweise müssen sogar oft mit Kunsthilfe mühsam eruiert werden. JUNG, G.W. 9/II, S. 14.
Ich habe daher vorgeschlagen, die vorhandene, jedoch nicht völlig erfassbare Gesamtpersönlichkeit als das Selbst zu bezeichnen. Das Ich ist definitionsgemäß dem Selbst untergeordnet und verhält sich zu ihmwie ein Teil zum Ganzen. Es hat in der Reichweite des Bewusstseinsfeldes – wie man sagt – Willensfreiheit. JUNG, G.W. 9/II, S. 14.
Es liegt in der Natur der Sache, dass man vom Ich keine andere Beschreibung zu geben vermag als eine formale. Jede andere Betrachtungsweise müsste der Individualität, welche als eine hauptsächliche Eigenschaft dem Ich anhaftet, Rechnung tragen. Obschon die zahlreichen Elemente, die diesen komplexen Faktor zusammensetzen, an sich überall die gleichen sind, so variieren sie doch ins Endlose, was ihre Klarheit, ihre emotionale Tönung und ihren Umfang betrifft. Das Resultat ihrer Zusammensetzung, eben das Ich, ist daher, soweit sich das überhaupt feststellen lässt, eine individuelle Einmaligkeit, die in einem bestimmten Maße sich selber identisch bleibt. JUNG, G.W. 9/II, S. 15.
Die Emotion nämlich ist keine Tätigkeit, sondern ein Geschehnis, das einem zustößt.Affekte ereignen sich in der Regel an den Sellen geringster Anpassung und offenbaren zugleich den Grund der verminderten Anpassung, nämlich eine gewisse Minderwertigkeit und das Vorhandensein eines gewissen niederen Niveaus der Persönlichkeit. Auf dieser tieferen Ebene mit ihren kaum oder gar nicht kontrollierten Emotionen verhält man sich mehr oder weniger wie ein Primitiver, der nicht nur willenloses Opfer seiner Affekte ist, sondern dazu noch eine bemerkenswerte Unfähigkeit des moralischen Urteils besitzt. JUNG, G.W. 9/II, S. 18.
Das Projizierende ist bekantlich nicht das bewusste Subjekt, sondern das Unbewusste. Man findet daher die Projektion vor und macht sie nicht. JUNG, G.W. 9/II, S. 18.
…dass vom Archetypus eine starke suggestive Wirkung ausgeht. Er fasziniert das Bewusstsein und nimmt es hypnotisch gefangen. Nicht selten hat dabei das Ich ein leises Gefühl der moralischen Niederlage und gebärdet sich dann umso abweisender, trotziger und rechthaberischer, womit es auf dem Weg des circulus vitiosus sein Minderwertigkeitsgefühl noch erhöht. JUNG, G.W. 9/II, S. 25f.
denn sie sind Archetypen und somit Grundsteine der psychischen Ganzheit, welche die Grenzen des Bewusstseins überschreitet und daher nie Gegenstand unmittelbarer Bewusstheit sein kann. JUNG, G.W. 9/II, S. 29.
Das Unbewusste lässt sich bekanntlich nicht ein für allemal „erledigen“. Es ist sogar eine der wichtigsten Aufgaben der seelischen Hygiene, den Symptomen unbewusster Inhalte und Vorgänge eine gewisse stetige Aufmerksamkeit zu schenken, und zwar darum, weil das Bewusstsein immer wieder Gefahr läuft, einseitig zu werden, eingefahrene Gleise zu benützen und sich in Sackgassen festzurennen. Die kompletierende beziehungsgsweise kompensierende Funktion des Unbewussten aber sorgt in einem gewissen Grade dafür, dass diese Gefahren, die bei der Neurose besonders groß sind, vermieden werden können. Aber nur unter idealen Verhältnissen, das heißt wo das Leben noch einfach und unbewusst genug ist, um dem Schlangenweg des Instinktes ohne Zögern und Bedenken folgen zu können, wirkt die Kompensation mit vollem Erfolg. Je zivilisierter, das heißt je bewusster und komplizierter der Mensch aber ist, desto weniger vermag er dem Instinkte zu folgen. Seine komplizierten Lebensumstände und der Einfluß der Umgebung sind so laut, dass sie die leise Stimme der Natur übertönen. Dann treten Meinungen und Überzeugungen, Theorien und Kollektivtendenzen an deren Stelle und unterstützen alle Abwegigkeiten des Bewusstseins. In solchen Fällen muß dem Unbewussten absichtlich Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit die Kompensation wirken kann. Es ist daher von besonderer Wichtigkeit, dass man sich die Archetypen des Unbewussten nicht als flüchtig vorüberhuschende Phantasiebilder, sondern als konstante, autonome Faktoren vorstellt, was sie in Wirklichkeit auch sind. JUNG, G.W. 9/II, S. 29.
Beide Archetypen haben, wie die praktische Erfahrung zeigt, eine gegebenenfalls in tragischem Ausmaß wirkende Fatalität. Sie sind recht eigentlich Vater und Mutter aller heillosen Schicksalsverknäuelungen und als solche schon längst aller Welt bekannt: es ist ein Götterpaar, von dem der eine vermöge seiner „Logos“-Natur durch Pneuma und Nous etwa wie der vielfach schillernde Hermes charakterisiert ist, und die andere vermöge ihrer „Eros“-Natur die Merkmale von Aphrodite, Helena (Selene), Persephone und Hekate trägt. JUNG, G.W. 9/II, S. 30.
Kaleidoskop 20.12.2003
Der Geschichtsverlauf, wie er sich unter dem Begriffe der Katastrophe darstellt, kann dem Denkenden eigentlich nicht mehr in Anspruch nehmen, als das Kaleidoskop in der Kinderhand, dem bei jeder Drehung alles Geordnete zu neuer Ordnung zusammenstürzt.
Das Bild hat sein gründliches gutes Recht. Die Begriffe der Herrschenden sind allemal die Spiegel gewesen dank deren das Bild einer „Ordnung“ zustandekam. – Das Kaleidoskop muß zerschlagen werden.
WALTER BENJAMIN, Gesammelte Schriften, I/2, S. 660.
Der Begriff des Fortschritts ist in der Idee der Katastrophe zu fundieren. Daß es „so weiter“ geht, ist die Katastrophe. Sie ist nicht das jeweils Bevorstehende sondern das jeweils Gegebene. Strindbergs Gedanke: die Hölle ist nichts, was uns bevorstünde – sondern dieses Leben hier. WALTER BENJAMIN, Gesammelte Schriften, I/2, S. 683.
Christus erweist sich in doppelter Hinsicht als Mittler: er hilft dem Menschen gegenüber Gott und beschwichtigt die Angst, die man vor diesem Wesen empfindet. Er nimmt eine wichtige Mittelstellung ein zwischen der zwei schwer zu vereinbaren Extremen Gott und Mensch ein. Sichtlich verschiebt sich der Focus des göttlichen Dramas auf den vermittelnden Gottmenschen. Ihm fehlt weder das Menschliche noch das Göttliche, deshalb ist er auch schon früh durch ganzheitliche Symbole gekennzeichnet worden, weil er als alles umfassend und als die Gegensätze einend verstanden wird. Ebenso ist ihm die, ein differenziertes Bewusstsein andeutende, Quaternität des Menschensohnes zugedacht worden… JUNG, G.W. 11, S. 432
Es ist die Beziehung vom Selbst zum Ich, die sich in der Relation Christus – Mensch wiederspiegelt. JUNG, G.W. 11, S. 444.
Ich kann zum Traum nur beifügen, daß er offenbar auf eine Veränderung der Animafigur hinweist.Das dürfte auchder Grund seinwarum sie Ihnen anscheinend entschwindet. Sie verschwindet in ihrer früheren Fassung und wird deutlicher in einer anderen, was im Verlauf des Prozesses sehr häufig der Fall ist. Sie kann wechseln von Kind bis Greisin und von Tier bis Göttin. Ist sie alt, so weist es darauf hin, daß das Bewußtsein erheblich kindlicher geworden ist. Ist sie jung, so ist man in der bewußten Einstellung zu alt. Die Kindwerdung ist nicht eo ipso als regressiv zu verstehen, sondern ist oft nötig, um eine unpräjudizierte, naive, hinnehmende Bewußtseinslage herzustellen. Letztere ist oft nötig zum Verständnis der geistigen Seite der Animafigur.
JUNG, Briefe I, S. 244.
Das Böse ist relativ, teils vermeidbar, teils Verhängnis; das gilt auch für die Tugend, und oft weiß man nicht, was schlimmer ist. Man denke zum Beispiel an das Schicksal einer Frau, die mit einem anerkannten Heiligen verheiratet ist! Welche Sünden müssen die Kinder begehen, um neben dem überwältigenden Einfluß eines solchen Vaters überhaupt ihr Leben als eigenes empfinden zu können! JUNG, G.W. 11, S. 211.
Die „Offenbarung“ wurde von einem frühen Christen erlebt, der vermutlich als Autorität ein vorbildliches Leben führen und einer Gemeinde die christlichen Tugenden des richtigen Glaubens, der Demut, Geduld, Hingebung, der selbstlosen Liebe und der Entsagung aller Weltlüste demonstrieren mußte. Das kann auf die Dauer auch dem Besten zuviel werden. Reizbarkeit, üble Launen und Affektausbrüche stellen die klassischen Symptome der chronischen Tugendhaftigkeit dar.[10] JUNG, G.W. 11, S.451.
Präfigurierend sagt Christus: „So ihr nicht werdet wie die Kinder…“, in denen die Gegensätze nahe beisammen liegen; nämlich der Knabe, der aus der Reife des Mannesalters geboren wird, nicht das unbewusste Kind, das man bleiben möchte. JUNG, G.W. 11, S.459.
Es ist nicht unmöglich, dass Constantin in seinem ursprünglich an die Sonne und an Mithras angelehnten Deismus eine allgemeinere und deshalb vermeintlich höhere Grundgestalt aller Religionen zu besitzen glaubte. Zeitweise hat er wirklich neutrale Lebensformen für religiöse Dinge aufgesucht, welche sich Christen und Heiden fügen sollten. Dieser Srt ist der gemeinsame Sonntag und das gemeinsame Vaterunser“.
Burckhard, Die Zeit Constantins des Großen, S 255.
„Bei den Synoden setzte er sich mitten unter sie“ (Burckhard, S. 256)
Das Präsidium der Synoden konnte ein kluger und kraftvoller Herrscher vollends nicht aus der Hand geben, weil es eine neue Macht im öffentlichen Leben war…(ebd.)
„Predigten, welche Constantin zuzeiten in Gegenwart des Hofes und „vieler tausend Zuhörer“ hielt“ (ebd)
„ Durch Ansprachen mit Erziehungszweck … die Regierung zu einer redenden (logikhn) machen“ (ebd)
nicht vergessen, dass Constantin unter anderem auch“eine Menge seiner Freunde tötete“, wie der ganz unverdächtige Eutropius sagt (ebd. 258)
Tempelbauten in Konstantinopel. Tyche, der vergöttlichten Personifikation der Stadt (ebd)
Constantin zeigte hier wie später, bei der viel umfassenderen arianischen Spaltung, in der Regel großen Takt; er erklärte sich zwar für eine Partei, gestattete derselben aber keinerlei strafende Machtübung gegen die andere. (263)
Die Geistlichen als Korporationen oder Stand erhielten zunächst von Constantin die Befreiung von allen öffentlichen Verpflichtungen […], welche teils in lästigen Ämtern, teils in Abgaben bestanden […]
(Dem sofortigen Zudrang der befreiungslustigen Reichen zum geistlichen Stande musste schon im nächsten Jahre durch ein 320 [ganz] rohes allgemeines Verbot begegnet werden, welches dann nicht slten umgangen wurde.)
Das zweite bedeutende Zeichen korporativer Anerkennung erhielt die Kirche durch die Erlaubnis, Erbschaften anzunehmen (321), welche ihr dann auch nicht fehlten(263)
„das Leben der höheren Geistlichen wurde (wenigstens in den großen Städten) ein fürstliches“ (265)
Reichskirchensystem beginnt 12/ 954
Arnstadt begeht im Mai 2004 die dreizehnhundertste
Wiederkehr seiner ersten urkundlichen
Erwähnung. Keine Stadt in Mittel- und Ostdeutschland,
auch nicht in Ost- und Nordeuropa,
hat eine vergleichbar lange historische Vergangenheit.
Die im Jahr 704 n. Chr. von Herzog Heden an
Bischof Willibrord geschenkte „curtis arnestati“
hat im Jahre 954 einem der bedeutendsten Reichstage
Raum und Rahmen gegeben. Otto der Große
versöhnte sich hier wenige Tage vor Weihnachten
mit seinem zuvor gegen ihn aufbegehrenden Sohn
Liudolf und ließ hier in Arnstadt seinen Sohn Wilhelm
von Volk und Geistlichkeit zum Erzbischof
von Mainz wählen.
Beides waren die Voraussetzung dafür, daß die
Ungarn im darauf folgenden Jahr auf dem Lechfeld
vernichtend geschlagen werden konnten. Damit
wurde die Grundlage für die heutige
Europäische Union geschaffen, der Ungarn als
Mitglied angehören wird. WWW. Arnstadt
Erlöser
Die Natur des erlösenden Symbols ist die eines Kindes, d.h. die kindlichkeit oder Voraussetzungslosigkeit der Einstellung gehört zum Symbol und dessen Funktion. Diese „kindliche“ Einstellung bringt es eo ipso mit sich, dass an Stelle der eigenwilligkeit und rationalen Absichtlichkeit ein anderes Führungsprinzip tritt, dessen „Göttlichkeit“ gleichbedeutend ist mit „Übermacht“. Dieses Führungsprinzip ist irrationaler Natur, weshalb es in der Hülle des Wunderbaren erscheint…Jesaia (9,5) „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewig-Vater, Friedefürst.“ C.G. JUNG, G.W. 6, S. 280 f.
Der erotische Eindruck hat sich offenbar im kollekt. Unbewussten mit jenen archaischen Residuen vereinigt, welche die Spuren mächtiger Eindrücke vom Wesen des Weibes seit Urzeiten aufbewaren, Eindrücke vom Weibe als Mutter und vom Weibe als begehrenswerter Jungfrau. Diese Eindrücke waren darum mächtig, weil sie Gewalten sowohl im Kinde wie im reifen Manne auslösten, welche das attribut der Göttlichkeit, nämlich des Unwiderstehlichen, des unbedingt Zwingenden, ohne weiteres verdienen. Die Erkenntnis dieser Gewalten als dämonischer Mächte verdankt ihren Ursprung wohl kaum einer moralischen Verdrängung, sondern eher einer DSelbstregulierung des psychischen Organismus, der sich durch diese Wendung vor Gleichgewichtsverlust zu schützen sucht. Denn wenn es der Psyche gelingt, gegen die gänzlich hinreißende Gewalt der Leidenschaft, welche den Menschen auf Gnade und Ungnade in die Bahn eines anderen wirft, eine Gegenposition aufzurichten, indem sie auf der Höhe der Leidenschaft dem grenzenlos begehrten Objekt das Idol entreißt und den Menschen vor dem Götterbilde auf die Knie zwingt, so hat sie ihn von der Verfluchung an das Objekt erlöst. Er ist sich selber wiedergegeben und findet sich auf sich selbst gezwungen, wieder zwischen _Göttern und Menschen, in seiner eigenen Bahn, seinem eigenen Gesetze unterworfen. C.G. JUNG, G.W. 6, § 433.
Damit, dass Hermas sich den erotischen Wunsch bewusst ableugnet, beweist er nur, dass es ihm angenehmer wäre, wenn der erotische Wunsch in ihm nicht existierte, es beweist aber keineswegs, dass er nicht wirklich erotische Absichten und Phantasien hat. Darum deckt die Herrin-Frau, die Seele, schonungslos die Existenz seiner Sünde auf und befreit ihn damit auch von der heimlichen Bindung an das Objekt. Damit übernimmt sie als „ein Gefäß der Andacht“ jene Leidenschaft, die vorher im Begriffe war, sich nutzlos an das Objekt zu verschwenden. Davon musst auch der letzte Rest ausgetilgt werden, um nämlich die zeitgeschichtliche Aufgabe zu erfüllen, welche in einer Abschneidung des Menschen von der sinnlichen Gebundenheit, der primitiven „participation mystique“ bestand. Für den damaligen Menschen war diese Gebundenheit unerträglich geworden. Es musste deshalb eine Differenzierung des Geistigen eintreten, um das psychische Gleichgewicht wieder herzustellen.“
Der Mensch muß in der Regel zu seinen einen Zustand auch den Gegensatz haben, um sich gezwungenerweise in der Mitte zu finden. Aus bloßer Vernunft kann er doch wohl nie das Lebensvolle und Sinnenfällige des unmittelbaren Zustandes aufgeben. So muß ihm gegen die Macht und Lust des Zeitlichen die Freude des Ewigen stehen und gegen die Leidenschaft des Sinnlichen die Entzückung des Übersinnlichen. So unleugbar wirklich ihm dieses ist, so zwingend wirksam muß ihm jenes sein. . C.G. JUNG, G.W. 6, § 435.
Das chtonische Begehren, die Sinnlichkeit in all ihren manigfaltigen Formen, mit ihrer Verhaftung an die Reize der Umwelt und ihrem Zwange zur Zerstreuung der psychischen Energie in das grenzenlos Vielfältige der Welt ist ein Haupthindernis für die Vollendung einer einheitlich gerichteten Einstellung. C.G. JUNG, G.W. 6, § 440.
Das Symbol lebt durch Zurückhaltung gewisser Libidoformen und bewirkt seinerseits wieder Zurückhaltung dieser Libidoformen. Die Auflösung des Symbols ist gleichbedeutend mit einem Abströmen der Libido auf direktem Wege oder mindestens mit einem fast unüberwindlichen Zwang zur direkten Anwendung. Das lebendige Symbol aber beschwört diese Gefahr. Ein Symbol verliert seine sozusagen magische oder , wenn man so will, erlösende Kraft, sobald seine Auflösbarkeit erkannt ist. C.G. JUNG, G.W. 6, § 446.
Der Rückgriff auf Primitives ist insofern nicht erstaunlich, als jede wirklich lebendige Religionsform die eine oder andere primitive Tendenz kultisch oder ethisch organisiert, woraus ihr eben die geheimnisvollen Triebkräfte zufließen, welche jene Vollendung des menschlichen Wesens im religiösen Prozeß erzeugen. Dieser Rückgriff auf das Primitive oder, wie im Indischen, der ununterbrochene Zusammenhang mit diesem ist eine Berührung der mütterlichen Erde, des Ursprungs aller Kraft. Im Sinne jeder zu rationaler oder ethischer Höhe differenzierten Anschauung sind die Triebkräfte „unreiner“ Natur. Das Leben selber aber fließt zugleich aus klaren und trüben Quellen. Daher es auch jeder zu großen „Reinlichkeit“ an Leben mangelt. Jede Erneuerung des Lebens geht durch das Trübe und schreitet fort zur Klarheit. Je größer aber die Klärung und Differenzierung, desto geringer wird die Lebensintensität, eben wegen des Ausschlusses der trübenden Substanzen. Der Entwicklungsprozeß bedarf sowohl der Klärung als der Trübung. . C.G. JUNG, G.W. 6, § 457.
Das Kriterium der „göttlichen“ Wirkung ist die unwiderstehliche Kraft des unbewussten Impulses. Der Held ist immer die mit magischer Kraft ausgerüstete Figur, die das unmögliche möglich macht. Das Symbol ist der mittlere Weg, auf dem sich die Gegensätze einen zu neuer Bewegung, ein Wasserlauf, der nach langer Dürre Fruchtbarkeit ergießt „ Die Spannung vor der Lösung wird einer Schwangerschaft verglichen.“ C.G. JUNG, G.W. 6, § 492.
Im Akte der Erlösung belebt sich das, was unbelebt, tot war; d.h. psychologisch: diejenigen Fuinktionen, die brach lagen und steril, unbeschäftigt, verdrängt, verachtet, unterschätzt usw. waren, brechen plötzlich hervor und fangen an zu leben. Es ist eben gerade die minderwertige Funktion, welche das Leben, das in der differenzierten Funktion, welche das Leben, das in der differenzierten Funktion zu erlöschen drohte, fortsetzt…apokatastasis panton… Allausschlüpfen“. C.G. JUNG, G.W. 6, § 496
Das erlösende Symbol ist eine Bahn, ein Weg, auf dem sich das Leben vorwärts bewegen kann, ohne Qual und Zwang. C.G. JUNG, G.W. 6, § 502.
Die Geburt des Erlösers ist gleichbedeutend mit einer großen Katastrophe, indem nämlich ein neues mächtiges Leben da hervorbricht, wo man gar kein Leben und keine Kraft und keine Entwicklungsmöglichkeit vermutete. Es strömt hervor aus dem Unbewussten, d.h. aus demjenigen Teil der Psyche, der gewollt und ungewollt nicht gewusst und deshalb von allen Rationalisten als Nichts behandelt wird. Aus diesem Nichtgeglaubten und Verworfenen kommt der neue Kraftzuschuß, die Erneuerung des Lebens. Was heißt aber das Nichtgeglaubt und Verworfene? Es sind alle diejenigen psychischen Inhalte, die wegen ihrer Unverträglichkeit mit den bewussten Werten verdrängt wurden, also das Hässliche, Unmoralische, Unrichtige, Unzweckmäßige, Untaugliche u.s.w., d.h. alles, was dem betreffenden Individuum einmal so erschienen ist. Die Gefahr besteht nun darin, dass der Mensch, wegen der Gewalt, mit der diese Dinge wiedererscheinen, wegen ihres neuen wunderbaren Glanzes dermaßen davon weggerissen wird, dass er alle früheren Werte darüber verwirft oder vergisst. Was man früher verachtete, wird jetzt oberstes Prinzip, und was früher Wahrheit war, heißt jetzt Irrtum. Diese Umkehrung der Werte kommt einer Zerstörung der bisherigen Lebenswerte gleich, ist also gleich, wie eine Verwüstung des Landes durch Überschwemmung!“ C.G. JUNG, G.W. 6, § 511.
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Große Gefahr […] bei diesem Übergang darin, daß statt des Symbols die dadurch erregten archaischen Triebe rationalistisch aufgenommen werden und in den hergebrachten Anschauungsformen untergebracht werden. C.G. JUNG, G.W. 6, § 525.
Der Messias ist der Mittler, das Symbol einer neuen, die Gegensätze vereinigenden Einstellung. Er ist ein Kind, ein Knabe, nach dem alten Vorbild des „puer aeternum“ durch seine Jugend die Wiedergeburt und die Wiedererbringung des Verlorenen (Apokatastasis) andeutend. Was Pandora als Bild zur Erde brachte, was von den Menschen verworfen wurde und ihnen zum Unheil gereichte, erfüllt sich im Messias. Dieser Symbolzusammenhang entspricht einer häufigen Erfahrung in der Praxis der analytischen Psychologie: Wenn in den Träumen ein Symbol auftritt, so wird es aus all den oben … Gründen verworfen, und es bewirkt sogar eine Gegenreaktion, welche der Invasion Behemoths entspricht. Aus diesem Konflikt ergibt sich eine Vereinfachung der Persönlichkeit auf die seit Anfang des Lebens vorhandenen individuellen Grundzüge, welche den Zusammenhang der gereiften Persönlichkeit mit den Energiequellen der Kindheit gewährleisten. C.G. JUNG, G.W. 6, § 525.
Religion ist, wie das lateinische Wort religere meint, eine sorgfältige und gewissenhafte Beobachtung dessen, was RUDOLF OTTO treffend das „Numinosum“ genannt hat, nämlich eine dynamische Existenz oder Wirkung, die nicht von einem Willkürakt verursacht wird. Im Gegenteil, die Wirkung ergreift und beherrscht das menschliche Subjekt, welches immer viel eher ihr Opfer denn ihr Schöpfer ist. Das Numinosum – was immer auch seine Ursache sein mag - ist eine Bedingung des Subjekts , die unabhängig ist von dessen Willen. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 22.
Religion scheint mir eine besondere Einstellung des menschlichen Geistes zu sein, welche man in Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Gebrauch des Begriffes „religio“ formulieren könnte, als sorgfältige Berücksichtigung unf Beobachtung gewisser dynamischer Faktoren, die aufgefasst werden als „Mächte“: Geister, Dämonen, Götter, Gesetze, Ideen, Ideale, oder wie immer der Mensch solche Faktoren genannt hat, die er in seiner Welt als mächtig, gefährlich oder hilfreich genug erfahren hat, um ihnen sorgfältige Berücksichtigung angedeihen zu lassen, oder als groß, schön und sinnvoll genug, um sie andächtig anzubeten und zu lieben. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 23.
1918
Der Anblick dieser Katastrophe wirft den Menschen im Gefühle gänzlicher Ohnmacht auf ihn selbst zurück; es wendet ihn nach innen, und, da alles wankt, so sucht er nach etwas, das ihm Halt gewährt. Zu viele noch suchen außen; die einen glauben an den Trug des Sieges und der siegreichen Macht, andere an Verträge und Gesetze und wiederum andere an die Zerstörung der bestehenden Ordnung. Zu wenige noch aber suchen nach innen, im eigenen Selbst, und noch zu wenige legen sich die Frage vor, ob nicht der menschlichen Gesellschaft am Ende dadurch am Besten gedient sei, daß jeder bei sich selbt anfange und jene Aufhebung der bisherigen Ordnung, jene Gesetze, jene Siege, die er auf allen Gassen predigt, zuerst und einzig und allein an seiner eigenen Person und in seinem eigenen inneren Staat erprobte, anstatt sie seinen Mitmenschen zuzumuten. Jedem einzelnen tut Umsturz, innere Entzweiung, Auflösung des Bestehenden und Erneuerung not, nicht aber, daß er sie seinen Mitmenschen aufzwinge unter dem heuchlerischen Deckmantel christlicher Nächstenliebe oder oder sozialen Verantwortungsgefühls – und was es sonst noch an schönen Worten für unbewusste persönliche Machtbedürfnisse gibt. Selbstbesinnung des Einzelnen, Rückkehr des Einzelnen zum Grunde des menschlichen Wesens, zu seinem eigenen Wesen und dessen individueller und sozialer Bestimmtheit ist der Anfang zur Heilung der Blindheit, welche die gegenwärtige Stunde regiert. C.G. JUNG, G.W. 7, S. 15.
Paulus: Schwachheit
Korinther 12,
7. Damitich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. 8. Dreimal habe ich den Herrn angefleht, dass dieser Bote Satans von mir ablasse. 9. Er aber antwortete mir: Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit. Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt. 10. Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.
Obschon man meine Ehrlichkeit bezweifelt (ich habe leider nie herausgefunden warum), so hielte ich es doch für äußerst unehrlich, ja mehr noch, für voreingenommen und dumm, wenn ein Psychologe behaupten sollte, dass das psychische Gottesbild nicht mächtigste Wirkungen in der Seele hätte. Das hat für die Naturwissenschaft nichts zu tun mit der theologischen Frage der Gottesexistenz, sondern einzig und allein mit der Phänomenologie der sog. psychischen Dominanten, ob diese nun Gott, Allah, Buddha, Purusha, Zeus, Planeten, Zodia oder Sexualität heißen. C.G.JUNG, Briefe 1, S. 446.
Die älteste bekannte Literaturstelle, welche das ursprünglich griechische Wort „archetypos“ erwähnt, findet sich bei Cicero (106- 43 v. Chr.). In seinen Briefen an Pomponius Atticus übersetzte er das Wort ins Lateinische, wodurch es in der Sprachgebrauch der Antike einging. Es findet sich auch in der Schrift des Philo Judaeus (1. Jhdt. v. Chr.) De Opificio Mundi, 69, mit Bezug auf die Imago Dei im Menschen. […] ebenso in der Schrift des griechischen Kirchenvaters Irenaeus (3. Jh.) Adversus haereses: „ Der Schöpfer der Welt erschuf die Dinge nicht direkt aus sich selbst, sonder kopierte sie (trantulit) nach außerhalb seiner selbst befindlichen Archetypen.“ Im „Poimandres“, der ersten dem Hermes Trismegistos zugeschriebenen Schrift des Corpus Hermeticum, wird Gott to archetypon eidos (archetypische Form) und an anderer Stelle to archetypon phos (archetypisches Licht) genannt. Bei Dionysius Areopagita (um 500) kommt der Ausdruch „archetypus“ mehrfach vor, z.B. in De Caelesti Hierarchia II, 4: „unkörperlicher Archetypus“ und in De Divinis Nominibus, I,6: „archetypischer Stein“. Bei Augustinus kommt der Ausdruck „archetypus“ nicht vor, wohl aber finden sich in De Diversis Quaestionibus LXXXIII die „ ideae principiales“, welche nicht geschaffen wurden, sondern im göttlichen Verständnis enthalten sind. Die Alchemisten brauchten den Begriff „archetypus“ in ähnlichem Sinn; so heißt es im „Tractatus Aureus“ des Hermes Trismegistos, Theatrum Chemicum IV, 1613: „Da Gott alle Schätze seiner Gottheit [enthält] […] verborgenin him selbst ei einen Archetypus ( in se tamquam archetypo absconditum)“, oder im „Tractatus de igne et sale“ des Vigenerus in Theatrum Chemicum VI, 1661 : „Die Welt ist ihrem Archetypus ähnlich geschaffen und wird aus diesem Grund genannt.“ C.G.JUNG, Briefe 1, S. 447f.
(Anmerkung).
Hoffentlich ist es Ihnen in der Zwischenzeit aufgefallen, dass der psychologisch feststellbare Archetypus überhaupt keinen historischen Gott beschreibt und daher auch nicht mit irgendeiner der vorkommenden Gottesvorstellungen identifiziert werden kann. Ich kann nur wiederholen: ich bin kein Theologe, der einen bestimmten Gott predigt, sondern ein Empiriker, der nur das Vorhandensein einer archetypischen Moglichkeit von irgend welchen Gottesvorstellungen feststellen kann. C.G.JUNG, Briefe 1, S. 460.
Ich habe keinerlei wirkliche Erkenntnismittel (nur arbiträre Entscheidungen), die es mir erlauben würden, das an sich unerkennbare Nicht-Ich von dem, was die Menschen seit Urzeiten als Gott (oder Götter, etc) bezeichnet haben, zu unterscheiden. So hat z.b. der, soweit ich erkennen kann, supreme Archetypus des Selbst eine mit dem traditionellen Gottesbild identische symbolik. Wie man all dies ohne Kenntnis der Psychologie des Unbewussten bzw. Selbsterkenntnis verstehen könnte, ist mir unerfindlich. Men versteht in der Psychologie überhaupt nur, was man erlebt hat.
Der Archetypus ist das letzte, das ich von der Innenwelt erkennen kann. Damit ist nichts geleugnet, da sonst noch drin sein könnte.
Ad 3. Wenn man annimmt, dass Gott den Seelengrund berühre und bewirke oder gar dieser sei, so sind die Archetypen sozusagen Organe (Werkzeuge) Gottes. Das Selbst „funktioniert“ wie das Christusbild. Das ist der theologische „Christus in nobis“. S haben nicht nur ich, sondern schon die Alten gedacht, zurück bis Paulus. C.G.JUNG, Briefe 2, S. 348.
So sind Animus und Anima Bilder, welche archetypische Figuren darstellen, welche zwischen dem Bewusstsein und Unbewusstem vermittel. Sie können als solche zwar bewußtgemacht, aber nicht in die Ich-Persönlichkeit integriert werden, da sie als Archetypen auch autonom sind. Sie verhalten sich also wiederum wie das Gottesbild, das sich zwar in der Welt objektiviert, aber dessen unbeschadet auch an sich ist im Unus Mundus. Das sind natürlich Probleme, die danz undiskutierbar werden, wenn man von der Erkenntnistheorie absieht… C.G.JUNG, Briefe 3, S. 70f.
Der Archetypus ist alterslos und immer gegenwärtig. […]
Diesseits der erkenntnistheoretischen Grenze müssen wir die Gegensätze trennen, um zu einer verständlichen Sprache zu kommen. Wir müssen feststellen, dass a nicht b ist und oben nicht unten, dass der Wohlgeruch des Spiritus Sanctus nicht der malus odor sepulchrorum sive inferni ist und dass die nuptiae spirituales keine Vereinigung der Körper im Fleisch sind. Im unvorstellbaren archetypischen Ereignis, Grundlage bewusster Apperzeption, ist jedoch a wie b, Gestank ist Wohlgeruch, Sexualität ist amor Die, und unvermeidlich ist auch die Schlussfolgerung, dass Gott die complexio oppositorum sei […] Tatsache ist, dass die Inhalt hinter dem erkenntnistheoretischen Vorhang, d.h. die Archetypen, „unmögliche“ Gegensatzvereinigungen sind, d.h. transzendente Größen, die nur durch Konfrontation mit ihren Gegensätzen wahrgenommen werden können.Gut kann nur als „nicht schlecht“ verstanden werden, Tag als „nicht Nacht“ etc. Die Alchemie versucht, das Gute, den Glanz, das Licht, das Gold, das Inkorruptible und Ewige durch die materia vilis auszudrücken, und muß daher von Tod, Putredo, Incineratio, Nigredo, Venenum, Draco, Malus Odor, Pestilentia, Leprositas etc sprechen. C.G.JUNG, Briefe 3, S 130 f.
Komplementär – Kompensatorisch
Die welthistorischen wandlung des Bewusstseins nach der „männlichen“ Seite ist kompensiert zunächst durch das Chtonisch-Weibliche des Unbewussten. Schon in gewissen vorchristlichen Religionen tritt eine Differenzierung des Männlichen ein in Gestalt der Spezifikation Vater – Sohn, welche Wandlung dann im Christentum zu höchster Bedeutung gelangt. Wäre das Unbewusste bloß komplementär, so hätte es diese Bewusstseinswandlung begleitet durch die Herausstellung von Mutter und Tochter, wozu im Demeter – Persephone – Mythus das nötige Material bereitlag. Es hat aber, wie die Alchemie zeigt, den Typus Kybele – Attis in der Gestalt der „prima materia“ und „filius macrocosmi“ vorgezogen und damit sich nicht als komplementär, sondern als kompensierend erwiesen. So zeigt es sich, dass das Unbewusste nicht einfach gegensätzlich zum Bewusstsein sich verhält, sondern ein mehr oder weniger modifizierender Gegen- oder Mitspieler ist. Der Sohntypus ruft als Ergänzungsbild aus dem „chtonischen“ Unbewussten nicht eine Tochter, sondern ebenfalls einen Sohn hervor. Diese bemerkenswerte Tatsache hängt allem Anschein nach mit der Inkarnation des rein geistigen Gottes in der irdischen Menschennatur zusammen, ermöglicht durch die Zeugung des Heiligen Geistes im Uterus das Beata Virgo. So neigt sich das Obere, Geistige, Männliche dem Unteren, Irdischen, Weiblichen zu, und dementsprechend erzeugt die der Vaterwelt vorangehende Mutter, dem männlichen entgegenkommend, durch das Instrument des menschlichen Geistes (der „Philosophie“) einen Sohn, nicht den Gegensatz zu Christus, sondern dessen chtonische Entsprechung, nicht einen Gottmenschen, sondern ein mit dem Wesen der Urmutter konformes Fabelwesen. Un wie dem oberen Sohn die Erlösung des Menschen (des Mikrokosmos) zur Aufgabe fällt, so hat der untere Sohn die Bedeutung eines „salvator macrocosmi“ C.G.JUNG, Ges. W. 12, § 26.
Der hier geschilderte Vorgang weist alle charakteristischen Züge einer psychologischen Kompensation auf. Die Maske des Unbewussten ist bekanntlich nicht starr, sondern spiegelt jenes Gesicht, das man ihm zeigt. Feindseligkeit gibt ihm drohende Gestalt, Entgegenkommen mildert seine Züge. Dabei handelt es sich nicht um eine bloß optische Spiegelung, sondern um eine autonome Antwort, welche das eigenständige Wesen des Antwortenden erkennen lässt. So ist der „filius philosophorum“ keineswegs bloßen Reflex des Gottessohnes in ungeeigneter Materie, sondern Der Sohn der Tiâmat zeigt die Züge der mütterlichen Urgestalt. Er ist zwar ein ausgesprochener Hermaphrodit, hat jedoch männlichen Namen und verrät damit die Kompromissneigung der vom Geiste verworfenen und mit dem Bösen schlechthin identifizierten, chtonischen Unterwelt: er ist unverlennbar eine Konzession an das Geistige und Männliche, obschon er die Schwere der Erde und die Fabulosität tierischer Urwesen an sich trägt.
Diese Antwort der Mutterwelt zeigt, dass die Kluft, die sie von der Vaterwelt trennt, nicht unüberbrückbar ist, weil, weil das Unbewusste einen Keim der Einheit beider in sich enthält. Das Wesen des Bewusstseins ist Unterscheidung; es muß, um der Bewusstheit willen, die Gegensätze voneinander trennen, und zwar contra naturam. In der Natur suchen sich die Gegensätze – „les extrêmes se touchent“ -, und so ist es im Unbewussten, insbesondere im Archetypus der Einheit, im Selbst. In diesem sind, wie in der Gottheit, die Gegensätze aufgehoben. Aber mit der Manifestation des Unbewussten beginnt die Spaltung derselben, wie bei der Schöpfung; denn jeder Akt der Bewusstwerdung ist ein Schöpferakt, und aus dieser psychologischen Erfahrung stammen die mannigfachen kosmogonischen Symbole. C.G.JUNG, Ges. W. 12, §§ 29,30.
Der „Mercurius“ ist zwar „quadratus“, aber auch eine tricephale Schlange oder eine Triunität schlechthin. Die Unsicherheit weist auf ein Sowohl – als – Auch hin; das heißt die Zentralvorstellungen sind sowohl quaternarisch wie ternarisch… Die am wenigsten differenzierte „minderwertige“ Funktion ist mit dem kollektiven Unbewussten dermaßen kontaminiert, dass sie beim Bewusstwerden neben anderen auch den Archetypus des Selbst mit sich bringt, to en tetarton, wie Maria sagt. Vier hat die Bedeutung des Weiblichen, Mütterlichen, Physischen. Drei die des Männlichen, Väterlichen, Geistigen. Die Unsicherheit zwischen Vier und Drei bedeutet also soviel, als ein Schwanken zwischen Geistig und Physisch: ein sprechendes Beispiel dafür, dass jede menschliche Wahrheit eine vorletzte ist. C.G.JUNG, Ges. W. 12, § 31.
So gut nämlich der Mensch einen Körper hat, der sich im Prinzip vom Tierleib nicht unterscheidet, so hat auch seine Psychologie gewissermaßen untere Stockwerke, in denen noch die Geister vergangener Menschheitsepochen hausen, so wie die Tierseelen aus der Zeit des Anthropopithecus, ferner die „Psyche“ des kaltblütigen Sauriers und zu allertiefst die transzendente Unbegreiflichkeit und Paradoxie der sypathischen und parasympathischen Vorgänge. C.G.JUNG, Ges. W. 14/1,§ 272.
„Wo immer die Seele durch ein numinoses Erlebnis in heftige Schwingung versetzt wird, besteht die Gefahr, dass der Faden, an dem man aufgehängt ist, zerrissen wird. Dadurch fällt der eine Mensch in ein absolutes „Ja“ und der andere in ein ebenso absolutes „Nein“. „Nirdvandva“ (frei von den Zweien) sagt der Osten. Das habe ich mir gemerkt. Das geistige Pendel schwingt zwischen Sinn und Unsinn und nicht zwischen richtig und unrichtig. Die Gefahr des Numinosen besteht darin, dass es zu Extremen verleitet, und dass dann eine bescheidene Wahrheit für die Wahrheit und ein kleiner Irrtum für eine fatale Verirrung gehalten wird.“ C.G.JUNG,E.T.G. S, 158.
Der Gedanke, dass es sich letzten Endes um eine transsubjektive Vereinigung archetypischer Gestalten handelt, sollte den persönlichen Aktoren des Königsspiels stets vor Augen bleiben, und sollte nie vergessen werden, dass die Beziehung symbolischer Natur ist und die Vollendung der Individuation zum Ziele hat…..Die Instinkte im Menschen sind nicht harmonisch aufeinander abgestimmt, sondern drängen sich gegenseitig gewalttätig in die Ecke. Nach der optimistischen Auffassung der Alten hat aber dieser Kampf nicht den Charakter eines chaotischen Gewühls, sondern strebt nach höherer Ordnung. C.G. JUNG, G.W. 16, S. 279.
Vermöge der Projektion reicht der an sich transzendentale Vorgang in die Wirklichkeit, indem er die bewusste und persönliche Psyche in heftigste Mitleidenschaft zieht. Daraus entsteht aber eine Inflation, bei der es dann deutlich wird, dass die coniunctio ein Hierosgamos der Götter und nicht die Liebesaffaire der Sterblichen ist. C.G. JUNG, G.W. 16, S. 310.
Pauli: drei Sprachen
a) Physikalisch symbolische Sprache meines Traums
Mein erster Physiklehrer (A. Sommerfeld) erscheint mir und sagt:“ Die Änderung in der Aufspaltung des Grundzustandes beim H-Atom ist grundsätzlich. Bronzene Töne sind in eine Metallplatte eingraviert.“ Dann fahre ich nach Göttingen.
( Die Aufspaltung bestand, wie der folgende Traum zeigte, aus einer Art Spiegelbild. In anderen Träumen wurde sie „Isotopen-Trennung“ anstatt Aufspaltung genannt und „Abwesenheit des schwereren Isotopes“ anstatt „Spiegelbild“.
b) Theologisch metaphysische Sprache.
Am Anfang war ein Gott der eine cmplexio oppositorum ( , Nikolaus von Cus). Dieser Gott leuchtet wieder einmal in die dunkle Welt, welche ein Ebenbild des Gottes (Hermes Trismegistus) ist, sogar ein zweiter Gott (Plato).
Diese Gestalt (Ähnlichkeit, Abbild) Gottes kann „in einem Spiegelbild des Menschen wahrgenommen“ werden (Fludd). Die Änderung des Grundzustandes ist die Menschwerdung Gottes, als deren Folgedie complexio oppositorum im Menschen wiedergefunden wird als Form (Idee) –Materie, und die ständig den infans solaris auf der mittleren Ebene hervorbringt.
c) Sprache der Psyche, oder analytische Psychologie
Was in dem Traum geschieht ist eine psychische Realität – der Individuationsprozess – der jedem widerfahren kann. Der Vorgang ist dem in Platons Timaeus sehr ähnlich. Die Ausgangslage ist ein dyadischer Archetyp, dessen Proton mit dem „Selbigen“ und dessen Elektron mit dem „Anderen“ korrespondiert. Durch „Spiegelung“ des Unbewussten, wird eine Quaternität hervorgebracht. Die Metallplatte, als ein Symbol des Weiblich-Unzerstörbaren und der Körperlichkeit, korrespondiert zu dem körperlich „Teilbaren“ des Timaeus, die Töne, als geistig-fließend, entsprechen dem männlichen Prinzip und dem „Unteilbaren“. Das „Selbst“, das hier in der Gestalt des Physik-Lehrers erscheint, stellt fest, das die Körperlichkeit unaufhörlich die Idee (das Bild) (eidolon) der Töne mit sich führt, so dass die substantielle Einheit (homo - usia) beider besteht. Die Reise nach Göttingen – die Stadt der Mathematiker – am Ende des Traums, weist darauf hin, dass sich an die Töne unmittelbar in Pythagoräischer Manier Zahlen und mathematischen Formeln anschließen, was durch den nächsten Traum bestätigt wird.
Die Reflektion oder Bewusstseinsentwicklung verdoppelt den urspünglichen Archetypus in einer außerzeitlichen Hinsicht, welcher für das Bewusstsein nicht assimilierbar ist, und in einem weiteren Aspekt, der, als eine Widerspiegelung des neuen Bewusstseinsinhaltes, in dichter Nachbarschaft zum Ego (und zu Zeit) liegt. Aus diesem Grund ist die Aufspaltung, ebenso wie die „Isotopen-Trennung“ (mit ihrer Abwesenheit des schwereren Elementes), ein Symbol der Fleischwerdung des Archetyps, was ebenfalls den numinosen Charakter dieses Symbols erklärt.
Atom & Archetype 107f.
Nun weist im Traum die Gravitation öfter auf den Energiegradient des Unbewussten in Richtung des Bewusstseins hin (z.B. leichte Schwingung = Ende dieses Gradienten und entsprechendes Gefühl der Erlösung vom Bewusstsein). S. 108
Jung:
Aber es sollte immer im Herzen zur Welt kommen, das das Gebiet zwischen dem Wahrgenommenen und dem was nicht hic et nunc feststellbar ist, das Gebiet der Psyche ist. […] Ich weite den Begriff des Psychischen nicht insoweit aus, daß ich das Nichtfeststellbare einschließe, denn für dieses verwende ich den spekulativen Begiff des Psychoiden, der eine Annäherung an eine neutrale Sprache darstellt und in dieser stellt er die Anwesenheit einer nichtpsychischen Wesenheit (Essenz) dar. Es steht einem frei, ob man diese „Wesenheit“ mit der Bezeichnung „Materie“ füllt. Vom Gesichtspunkt den Logik aus kann man Platos triton eidos als die neutrale Vorstellung auffassen, für die ich, wie ich schon sagte, die Bezeichnung „Psyche“ nicht verwenden würde; aber ich würde der Psyche eine vermittelnde „Dritte“ Position zuweisen, mehr oder weniger auf der Linie, auf welcher – in einem anderen Sinne – die alchemisten die anima als ligamentum corporis et spiritus ansahen. Denn die Psyche ist das Mittlere (d.h. das „Dritte“), in welchem Vorstellungen körperlichen oder intellektuellen Ursprungs sich ereignen.[…] 112.
Deshalb stimme ich Ihnen völlig zu, wenn Sie sagen, dass „diePsyche und die Materie von gemeinsamen, neutralen usw. anordnenden Prinzipien regiert werden.“ (Ich würde einfach hinzufügen auch der „Geist“.) 113.
Wir können von einem Objekt sagen, es sei psychisch, wenn es nur als Vorstellung feststellbar ist. Aber wenn es Merkmale hat, die sein nichtpsychisches selbständiges Dasein anzeigen, neigen wir natürlicherweise dazu, es als nichtpsychisch anzuerkennen. Dieses tun wir mit allen unseren sinnlichen Wahrnehmungen, sofern sie nicht „rein“ sind, zum Beispiel in der Form der Illusion. Wie Sie gezeigt haben, betrifft das Zahlen und die Archetypen allgemein. Sie sind gerade nicht psychisch, sonst wären sie Hervorbringungen. Aber tatsächlich sind sie „in sich selbst seiende“ (oder psychoide) Existenzen deren autonomes Dasein dem der materiellen Objekte entspricht. 113.
…es scheint mir, dass Sie nicht drei sondern nur zwei Ringe in ihrer Hand gehabt haben: Physik und Psychologie […]
Der dritte Ring ist der Geist, der für theologisch-metaphysische Erklärungen verantwortlich ist. Im Geist Lessings sehen Sie im vierten Ring die menschliche Beziehung, die als vierte die Einheit mit den Dreien herstellt. […]
Wonach es ruft vor allem anderen ist Individuation und mithin die Anerkennung des Schattens, die Entlassung der Anima aus der Projektion, sich damit abfinden usw. […]
Was oft ein großer Stolperstein ist, wenn in der Vorstellung der Gedanke auftaucht, dass der Gegensatz nicht besteht zwischen Physis und Psyche, sondern zwischen Physis und Geist, mit der Psyche als Mittlerem zwischen den beiden. In der jüngeren Geschichte, ist der Geist in der Psyche untergebracht und gleichgesetzt worden mit der Funktion des Intellekts. Auf diesem Weg ist der Geist im Grunde genommen aus unserem Blickfeld verschwunden und ist in die Psyche eingegangen; wir finden es schwierig, dem Geist eine Selbständigkeit (Autonomie) und Tatsächlichkeit zuzubilligen, die wir der Materie ohne einen Moment zu zögern zuerkennen. S 116.
Montaigne
Wer hingegen die zwei unser Sein begründenden Teile, Körper und Seele, trennen und voneinander absondern will, hat Unrecht. Man muß sie, gerade umgekehrt, noch enger verbinden und aneinanderschließen. Man muß der Seele gebieten, sich nicht zurückzuziehen, sich nicht bloß mit sich selber zu befassen, den Körper nicht zu verachten und im Stich zu lassen (was sie sowieso nur durch einen faulen Trick tun könnte), sondern ihn liebevoll zu umfangen, sich mit ihm zu vereinen, ihm beizustehen, über ihn zu wachen, ihn zu beraten und, sollte er einmal in die Irre gehen, wieder auf den rechten Weg zu führen – kurz, sich ihm zu vermählen und als Gemahl zu dienen, auf dass beider Tun und Lassen nicht unterschiedlich und gegensätzlich erscheine, sondern im Einklang und wie aus einem Guß.
Die Christen haben eine besonders tiefe Kenntnis von diesem Band, denn sie wissen, dass die himmlische Gerechtigkeit Körper und Seele als ebensolch unverbrüchliche Gemeinschaft umfasst und daher selbst den Körper zum Empfang der ewigen Verheißungen tauglich macht – dass Gott also das Tun des ganzen Menschen ansieht und dem ganzen Menschen Lohn oder Strafe je nach Verdienst zukommen lassen will.
Die Schule der Peripathetiker – die kultivierteste von allen – überträgt der Weisheit als einzige Aufgabe, das gemeinsame Wohl dieser zwei zum Ganzen gefügten Hälften zu fördern und zu pflegen; und sie zeigt, dass die andren Schulen, weil sie deren Verbundenheit nicht gründlich genug bedachten, dem Irrtum der Perteinahme sei es für den Körper, sei es für die Seele verfielen und dadurch sowohl ihren Forschungsgegenstand, also den Menschen, aus den Augen verloren, als auch ihre Führerin, die ja, wie sie gemeinhin beteuern, die Natur ist.
Montaigne, Essays, FFM 1998, S. 318.
Unbewusstheit gilt vor dem Richterstuhl der Natur und des Schicksals nie als Entschuldigung. im Gegenteil stehen hohe Strafen auf ihr, darum sehnt sich alle unbewusste Natur nach dem Lichte des Bewusstseins, dem sie doch so sehr widerstrebt. C.G.JUNG, Ges. W. 11, S. 461.
Das Auge des Johannes dringt in die ferne Zukunft des christlichen Äons und in die dunkle Tiefe jener Mächte, denen sein Christentum die Waage hält. Was in ihm aufbricht, ist der Sturm der Zeiten, die Ahnung einer ungeheuerlichen Enantiodromie, die er nicht anders verstehen kann, denn als eine endgültige Vernichtung jener Finsternis, die das Licht, das in Christus erschienen war, nicht begriffen hatte. Er sah aber nicht, daß die Macht der Zerstörung und Rache eben gerade jene Finsternis ist, von welcher sich der menschgewordene Gott abgespalten hatte. Er konnte darum auch nicht verstehen, was jenes Sonne-Mond-Kind bedeutete, welches er nur als eine weitere Rachefigur zu begreifen vermochte. Die Leidenschaft, die in seiner Offenbarung durchbricht, lässt nichts ahnen von der Mattigkeit und Abgeklärtheit des hohen Alters, denn sie ist unendlich viel mehr als persönliches Ressentiment; sie ist der Geist Gottes selber, der durch die schwache sterbliche Hülle dringt und wiederum die Furcht der Menschen vor der unabsehbaren Gottheit fordert. C.G.JUNG, Ges. W. 11, S. 446.
Unser Christentum mit seiner Konzeption des Summum Bonum hat vollständig vergessen, daß Furcht einer der wichtigsten Aspekte wahrer Religion ist. Keine Wohlfahrt in der ganzen Welt, kann die Furcht vor Gott beseitigen. C.G.JUNG, Briefe 3, S. 94.
…beginnt die unheilvolle Geschichte der Welt aufs neue mit der angstvollen Frage nach der unerlösten Dunkelheit, die nicht begriff. C.G.JUNG, Briefe 3, S. 359.
„Vocatus atque von vocatus deus aderit“ … ist aber ein delphisches Orakel und besagt: ja, Gott wird zur Stelle sein, aber in welcher Gestalt und in welcher Absicht? Ich setzte die Inschrift (über die Eingangstür seines Hauses in Küsnacht), um meine Patienten und mich daran zu erinnern: „Timor dei initium sapientiae.“ Hier beginnt ein anderer und nicht weniger bedeutender Weg, nicht der Zugang zum „Christentum“, sondern zu Gott selbst, und das scheint die letzte Frage zu sein. C.G.JUNG, Briefe 3, S. 359 f.
„…denn wie der Mensch an Gott, so muß Gott am Menschen leiden. Anders kann es keine <> zwischen den beiden Geben.“ C.G. JUNG, G.W. 11, S. 417.
Gott aber, vermöge seiner seiner Allwissenheit, könnte sich nie irren, wenn er diese befragte. Er hat allerdings seine menschlichen Geschöpfe mit einem gewissen Bewusstsein und daher mit einem entsprechenden Grade von Willensfreiheit ausgestattet. Aber er kann auch wissen, , daß er dadurch den Menschenin Versuchung führt, einer gefährlichen Selbständigkeit zu verfallen. Das wäre insoweit kein zu großes Risiko, wenn der Mensch es mit einem nur gütigen Schöpfer zu tun hätte. Aber Jahwe übersieht seinen Sohn Satan, dessen List sogar er selber gelegentlich erliegt. Wie sollte er da erwarten können, daß der Mensch mit seinem beschränkten Bewusstsein und seinem so unvollkommenen Wissen es besser mache? Zudem übersieht er, daß, je mehr Bewusstsein ein Mensch besitzt, desto mehr von seinen Instinkten, die ihm wenigstens noch eine gewisse Witterung von der verborgenen Weisheit Gottes geben, abgetrennt und jeder Irrtumsmöglichkeit preisgegeben ist. Satans List ist er schon gar nicht gewachsen, wenn nicht einmal sein Schöpfer diesem mächtigen Geist Einhalt gebieten kann oder will. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 418.
Die Tatsache, daß christliche Ethik in Pflichtenkollisionen hineinführt, spricht zu ihren Gunsten. Indem sie unlösbare Konflikt und damit eine „afflictio animae“ erzeugt, bringt sie den Menschen der Gotteserkenntnis näher: aller Gegensatz ist Gottes, darum muß sich der Mensch damit belasten, und indem er es tut, hat Gott mit seiner Gegensätzlichkeit von ihm Besitz ergriffen, das heißt sich inkarniert. Der Mensch wird erfüllt vom göttlichen Konflikt. Wir verbinden mit Recht die Idee des Leidens mit einem Zustand, in welchem Gegensätze schmerzlich aufeinander prallen, und wir scheuen uns, eine solche Erfahrung als Erlöstheit zu bezeichnen. Jedoch ist nicht zu leugnen, daß das große Symbol des christlichen Glaubens, das Kreuz, an dem die Leidensgestalt des Erlösers hängt, seit beinahe zweitausend Jahren den Christen eindrücklich vor Augen geführt wird…Ergänzt wird dieses Bild durch die beiden Schächer, von denen der eine in die Hölle fährt, der andere ins Paradies eingeht. Man könnte die Gegensätzlichkeit des christlichen Zentralsymbols wohl nicht besser darstellen. Wieso dieses unvermeidliche Ergebnis der christlichen Psychologie Erlösung bedeuten soll, ist schwierig einzusehen, wenn nicht gerade das Bewusstwerden des Gegensatzes, so schmerzhaft diese Erkenntnis im Moment auch sein mag, die unmittelbare Empfindung der Erlöstheit mit sich führte. Es ist einerseits die Erlösung aus dem qualvollen Zustand dumpfer und hilfloser Unbewusstheit, andererseits das Innewerden der göttlichen Gegensätzlichkeit, deren der Mensch teilhaft werden kann, sofern er sich der Verwundung durch das trennende Schwert, welches Christuds ist, nicht entzieht. Eben gerade im äußersten und bedrohlichsten Konflikt erfährt der Christ die Erlösung zur Göttlichkeit, sofern er daran nicht zerbricht, sondern die Last, ein Gezeichneter zu sein, auf sich nimmt. So und einzig auf diese Weise verwirklicht sich in ihm die Imago Dei, die Menschwerdung Gottes. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 420.
Die siebente Bitte des Vaterunsers: „Und erlöse uns von dem Bösen“ ist dabei in dem Sinne zu verstehen, welcher der Bitte Chrisi in Gethsemane: „Wenn es möglich ist, so laß diesen Kelch an mir vorübergehen“ (Matth.26,39.) zugrunde liegt. Im Prinzip scheint es nämlich nicht der Absicht Gottes zu entsprechen, den Menschen mit dem Konflikt und so mit dem Bösen zu verschonen. Es ist daher menschlich, einen derartigen Wunsch auszusprechen, aber er darf nicht zum Prinzip erhoben werden, weil er sich gegen den göttlichen Willen richtet und nur auf menschlicher Schwäche und Furcht beruht. Letztere ist allerdings in gewissem Sinne berechtigt, denn, um den Konflikt zu vervollständigen, muß der Zweifel und die Unsicherheit bestehen, ob nicht der Mensch am Ende überfordert werde. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 420.
So kann das Geschöpf zwar den Schöpfer enttäuschen, aber es ist kaum glaublich, daß es ihm ein qualvolles Unrecht anzutun vermöchte. Letzteres liegt nur in der Macht des Schöpfers dem machtlosen Geschöpf gegenüber. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 421.
Zieht er (der Mensch) es vor, den 89. Psalm nicht zu lesen, das heißt mit anderen Worten, sich zu drücken, so wird es damit nicht sein Bewenden haben. Wer einmal unterschlägt, wir es wieder tun, und zwar bei der Selbsterkenntnis…es waren sehr fromme Leute, welche behaupteten, daß Selbsterkenntnis den Weg zur Gotteserkenntnis bereite. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 421.
Der Glaube an Gott als das Summum Bonum ist einem reflektierenden Bewusstsein unmöglich. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 421.
… wie seltsam sich die Rettungsaktion Gottes ausnimmt. Er tut ja in der Tat nichts anderes, als daß er selber in der Gestalt seines Sohnes die Menschheit vor sich selber errettet. Dieser Gedanke ist so skurril wie die alte rabbinische Anschauung von Jahwe, dr die Gerechten vor seinem Zorn unter seinem Thron verbirgt, wo er sie nämlich nicht sieht. Es ist geradezu so, als ob Gottvater ein anderer Gott wäre, als der Sohn, was aber keineswegs die Meinung ist. Es besteht auch keine psychologische Notwendigkeit, zu einer derartigen Annahme, denn die unzweifelhafte Unreflektiertheit des göttlichen Bewusstseins genügt zur Erklärung seines merkwürdigen Verhaltens. Mit Recht gilt darum die Gottesfurcht als der Anfang aller Weisheit. Auf der anderen Seite darf man auf die hochgepriesene Güte, Liebe und Gerechtigkeit Gottes nicht als bloße Propitiirung auffassen, sondern man muß sie als genuine Erfahrung anerkennen, denn Gott ist eine coincidentia oppositorum. Beides ist berechtig: die Furcht vor und die Liebe zu Gott. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 422.
So hat auch die moralische Niederlage Jahwes Hiob gegenüber ihre geheimen Folgen gehabt: einerseits die unbeabsichtigte erhöhung des Menschen, andererseits eine Beunruhigung des Unbewussten. erstere Wirkung bleibt zunächst eine bewusst nicht realisierte, bloße Tatsache, welche aber vom Unbewussten registriert wurde. Das ist mit ein Grund für die Beunruhigung des Unbewussten, denn es erhält dadurch eine gegenüber dem Bewusstsein erhöhte Potentialität: im Unbewussten ist der Mensch dann mehr als im Bewusstsein Unter diesen Umständen entwickelt sich ein Gefälle vom Unbewussten zum Bewussten hin, und das Unbewusste bricht in Gestalt von Träumen, Visionen und Offenbarungen in das Bewusstsein ein. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 422.
Niemand, nur Gott kann in nennenswerter Weise Gerechtigkeit austeilen, und gerade in bezug auf ihn besteht berechtigterweise die Furcht, er möchte seine Gerechtigkeit vergessen. In diesem Falle würde dann sein gerechter Sohn bei ihm für die Menschen eintreten…Dieser Sohn muß […] unbedingt gerecht sein, und dies vor allen anderen Tugenden. Gott und Mensch wollen der blinden Ungerechtigkeit entgehen. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 429.
Bei Henoch ist ein besonderer Erzengel, Phanuel, damit betraut, die satanischen Einflüsterungen von Jahwe fernzuhalten, und erst in der Endzeit soll Satan als Stern[11] gefesselt in den Abgrund geworfen und vernichtet werden ( nicht so in der Apokalypse des Johannes, wo er ewig in seinem Element erhalten bleibt.) C.G. JUNG, G.W. 11, S. 433.
Die Sendung des Parakleter (Anwalt, Rechtsbeistand), hat noch einen anderen Aspekt. Dieser Geist der Wahrheit und Erkenntnis ist der Heilige Geist, von dem Christus gezeugt worden ist. er ist der Geist der physischen und geistigen Zeugung, der von nun an in den kreatürlichen Menschen seine Wohnung aufschlagen soll. Da er die dritte Person der Gottheit darstellt, so heißt das soviel, als daß Gott im kreatürlichen Menschen gezeugt werde. Das bedeutet eine gewaltige Veränderung im Status des Menschen, indem er dadurch in gewissem Sinne zur Sohnschaft und Gottmenschlichkeit erhoben wird. Damit erfüllt sich die Präfiguration bei Ezechiel und Henoch, wo, wie wir sahen, der Titel <> bereits dem kreatürlichen Menschen verliehen wird. Damit gerät aber der mensch, trotz seiner ihm anhaftenden Sünde, in die Stellung des Mittlers, des einigers von Gott und Kreatur. Christus hat diese unabsehbare Möglichkeit wohl im Auge gehabt, als er sagte: „Wer an mich glaubt, der wird die Werke, die ich tut, auch tun und wird größere als diese tun“ (Joh. 14,12.) und als er an die Psamstelle (82,6.) erinnerte: „Wohl habe ich gesprochen: Götter seid ihr, ihr alle seid Söhne des Höchsten“, da fügte er bei: „Die Schrift kann nicht aufgelöst werden“. (Joh. 10,35.)
Die zukünftige Einwohnung des Heiligen Geistes im Menschen bedeutet soviel als eine fortschreitende Inkarnation Gottes. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 433f.
Der gute Gotteswille hat einen guten und hilfreichen Sohn gezeugt und das Bild des guten Vaters von sich geprägt…Wo ist denn seine Dunkelheit hingekommen, vermöge welcher Satan stets der verdienten Strafe entgeht?... Selbst sein lichter Sohn hat ihm in dieser Hinsicht nicht ganz getraut. Nun sendet er gar den „Geist der Wahrheit“ zu den Menschen, und diese werden mit ihm bald genug entdecken, was man erwarten muß, wenn Gott sich bloß in seinem lichten Aspekt inkarniert und glaubt, das Gute selber zu sein oder wenigstens dafür gehalten zu werden wünscht. Man muß sich auf eine Enantiodromie großen Stils gefasst machen. Das ist wohl der Sinn der Antichristuserwartung, welche wir vielleicht eben gerade der wirksamkeit des „Geistes der Wahrheit“ verdanken. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 435.
Der Paraklet ist zwar metaphysich von größter Bedeutung, aber für die Organisation einer Kirche höchst unerwünscht, denn er entzieht sich, sogar unter Berufung auf die Schriftautorität, jeglicher Kontrolle. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 435.
So gibt es auch schon in den Äußerungen Christi Anzeichen von Ideen, die über das traditionell „Christliche“ hinausgehen, zum Beispiel das Gleichnis vom untetreuen Hauhalter…Das moralische Kriterium bildet hier die Bewusstheit, und nicht Gesetz und Konvention. Man könnte hier auch anführen, daß Christus gerade Petrus, der wenig Selbstbeherrschung und einen wankelmütigen Charakter besitzt, zum Felsen und Fundament seiner Kirche machen will. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 436.
… Gestalt der Mutter (in der Offenbarung) … „ein Weib“, eine Frau schlechthin, keine Göttin und keine Jungfrau, die unbefleckt empfangen wurde. Es sind keinerlei Maßnahmen bemerkbar, welche sie ihrer vollständigen Weiblichkewit entheben würden, allerdings mit Ausnahme der ihr beigegebenen kosmisch-naturhaften Attribute, die sie zu einer anima mundi, dem kosmischen Urmenschen erbenbürtig, stempeln. Sie ist der weibliche Urmensch, das Gegenstück zum Urmännlichen, wozu sich das Motiv der heidnischen Leto vorzüglich eignet, denn in der griechischen Mythologie mischt sich noch gleichwertig matriarchalisches mit Patriarchalem. Oben die Sterne, unten der Mond, in der Mitte die Sonne, der horus des Aufganges, der Osiris des Unterganges, rings umgeben von der mütterlichen Nacht …- dieses Symbol enthüllt das ganze Geheimnis des „Weibes“ sie enhält in ihrem Dunkel die Sonne des „männlichen“ Bewusstseins, die als Kind dem Nachtmeer des Unbewussten entsteigt und als Greis darein versinkt. Sie fügt zum Hellen das Dunkle; sie bedeutet den Hierosgamos der Gegensätze und versöhnt die Natur mit dem Geiste. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 441.
Schon die groteske Paradoxie des „zornigen“ Lammes hätte uns auf den Verdacht bringen können. Man kann es drehen und wenden, wie man will, im Lichte des Evangeliums der Liebe gesehen ist und bleibt der Rächer und Richter eine finstere Gestalt. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 445.
Als Ganzheit ist das Selbst per definitionem immer eine complexio oppositorum… C.G. JUNG, G.W. 11, S. 445.
Das Auge des Johannes dringt in die ferne Zukunft des christlichen Äons und in die dunkle Tiefe jener Mächte, denen sein Christentum die Waage hält. Was in ihm aufbricht, ist der Sturm der Zeiten, die Ahnung einer ungeheuerlichen Enantiodromie, die er nicht anders verstehen kann, denn als eine endgültige Vernichtung jener Finsternis, die das Licht, das in Christus erschienen war nicht begriffen hatte. Er sah aber nicht, daß die Macht der Zerstörung und rache eben gerade jene Finsternis ist, von welcher sich der menschgewordenen Gott abgespalten hatte. Er konnt darum auch nicht verstehen, was jenes Sonne-Mond-Kind bedeutete, welches er nur als eine weitere Rachefigur zu begreifen vermochte. Die Leidenschaft, die in seiner Offenbarung durchbricht, lässt nichts ahnen von der Mattigkeit oder Abgeklärtheit des hohen Alters, denn sie ist unenedlich viel mehr als persönliches Ressentiment; sie ist der Geist Gottes selber, der durch die schwache sterbliche hülle dringt und wiederum die Furcht der Menschen vor der unabsehbaren Gottheit fordert. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 446.
Von der Liebe Gottes ist nicht mehr die Rede. Gefürchtet wird nur das Furchtbare. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 447.
Die Apokalypse ist einerseits so persönlich und andererseits so archetypisch und kollektiv, daß man wohl beide Aspekte in Betracht ziehen muß…
Reizbarkeit, üble Launen und Affektausbrüche stellen die klasssischen Symptome der chronischen Tugendhaftigkeit dar. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 451.
Er (Johannes) muß aber ein intensives Verhältnis zu Gott haben, das ihn für einen alles Persönliche weit überschreitenden einbruch offen legt. Der wirklich religiöse Mensch, dem zugleich die Möglichkeit einer ungewöhnlichen Bewusstseinsausweitung in die Wiege gelegt ist, muß solche Gefahren gegenwärtigen…
Man kann sagen, eben weil Johannes Gott liebte und sein Möglichstes tat, auch seine Mitmenschen zu lieben, sei ihm die „Gnosis“, die Gotteserkenntnis, zugestoßen, und er hat, wie Hiob, die wilde Fruchtbarkeit Jahwes geschaut, darum sein Evangelium der Liebe als einseitig erlebt und durch das der Furcht ergänzt: Gott kann geliebt und muß gefürchtet werden. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 452.
Gott hat einen furchtbaren Doppelaspekt: ein Meer der Gnade stößt an einen glühenden Feuersee, und das Licht der Liebe überstrahlt eine dunkle Glut, von der es heißt: „Ardet non lucet“ (sie brennt, aber sie leuchtet nicht). Das ist das ewige Evangelium (im Gegensatz zum zeitlichen): man kann Gott lieben und muß ihn fürchten. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 452.
Man wird die Gesamtheit aller religiösen Aussagen zu berücksichtigen haben. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 454.
Die Paradoxie Gottes zerreist auch den Menschen in Gegensätze und liefert ihn einem anscheinend unlösbaren Konflikt aus. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 455.
Der furchtbare Zerstörungswille, der in der Ekstrase des Johannes aufbricht, gibt eine Idee davon, was es bedeutet, wenn man den Menschen zu dem Gott des Guten in Gegensatz stellt: man belastet ihn mit der dunklen Gottesseite, die bei Hiob noch an der richtigen Stelle ist. In beiden Fällen aber wird der Mensch mit dem Bösen identifiziert, das eine Mal mit der Wirkung, daß er sich gegen das Gute stellt, das andere Mal, daß er sich so vollkommen zu sein bestrebt wie sein Vater im Himmel. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 457.
Der Entschluß Jahwes, Mensch zu werden, ist ein Symbol für jene Entwicklung, die einsetzen muß, wenn es dem Menschen bewusst wird, mit was für einem Gottesbild er konfrontiert ist. Gott wirkt aus dem Unbewussten des Menschen und zwingt diesen dazu, die beständigen gegensätzlichen Einflüsse, denen sein Bewusstsein von Seiten des Unbewussten ausgesetzt ist, zu harmonisieren und zu vereinen. Das Unbewusste will ja beides, trennen und vereinigen. Bei seinen Einigungsversuchen darf der Mensch daher immer mit der Hilfe eines metaphysischen Anwalts rechnen, wie schon Hiob dies klar erkannt hat. Das Unbewusste will ins Bewusstsein einfließen, um zum Lichte zu gelangen, und zugleich hindert es sich selber daran, da es lieber unbewusst bleiben möchte, das heißt Gott will Mensch werden, aber nicht ganz. Der Konflikt in seiner Natur ist so groß, daß die Menschwerdung nur durch das sühnende Selbstopfer gegenüber dem Zorn der dunklen Gottesseite erkauft werden kann. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 458.
Unsere relative Schwärze nützt uns natürlich nichts. Sie mildert zwar den Anprall böser Mächte, macht uns aber andererseits dafür anfällig und relativ widerstandsunfähig. Wir brauchen darum doch mehr Licht, Güte und moralische Kraft und müssen die unhygienische Schwärze, so gut es geht und so viel es möglich ist, abwaschen, sonst gelingt es nicht, den dunkeln Gott, der auch Mensch werden will, aufzunehmen und zugleich auszuhalten ohne zugrunde zu gehen. Dazu bedarf es aller christlichen Tugenden, und nicht nur dieser – denn das Problem ist nicht nur moralisch – sondern auch eins der Weisheit die schon Hiob suchte. Sie war damals noch bei Jahwe verborgen beziehungsweise von ihm noch nicht wieder erinnert. Vom „unbekannten“ Vater gezeugt und von der Sapientia geboren ist jener höhere und vollständige (teleios) Mensch, der unsere bewusstseinstranszendente Ganzheit in der Gestalt des puer aeternus – „vultu mutabilis altus et ater“ (Von wandelbaremAussehen, sowohl weiß als schwarz.) C.G. JUNG, G.W. 11, S. 459.
Präfigurierend sagt Christus: „So ihr nicht werdet wie die Kinder…“, in denen die Gegensätze nahe beisammen liegen; nämlich der Knabe, der aus der Reife des Mannesalters geboren wird, nicht das unbewusste Kind, das man bleiben möchte. Vorausschauend hat Christus auch, wie oben erwähnt, das Prinzip einer Moral des Bösen angedeutet. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 459.
Das in einen dämonischen Widder verwandelte Lamm eröffnet ein neues Evangelium, das Evangelioum aeternum, welches über die Liebe zu Gott hinaus, die Gottesfurcht zum Inhalt hat.Aus diesem Grunde schließt die Apokalypse, wie der klassische Individuationsprozess, mit dem Symbol des Hierosgamos, der Hochzeit des Sohnes mit der Mutter-Braut. Die Hochzeit aber findet im Himmel statt, wo „nichts Unreines“ eindringt, jenseits der verwüsteten Welt. Licht gesellt sich zu Licht. Das ist das Programm des christlichen Äons, das erfüllt werden muß, bevor Gott im kratürlichen Menschen sich inkarnieren kann. Erst in der Endzeit wird sich die Vision vom Sonnenweibe erfüllen. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 460.
Auf den Menschen kommt es nun an: ungeheure Macht der Zerstörung ist in seine Hand gegeben, und die Frage ist, ob er dem Willen, sie zu gebrauchen widerstehen und ihn mit dem Geiste der Liebe und Weisheit bändigen kann. Aus eigenenr Kraft allein wird er dazu kaum fähig sein. Er bedarf dazu eines „Anwaltes“ im Himmel, eben des zu Gott entrückten Knaben, welcher die „Heilung“ und Ganzmachung des bisher fragmentarischen Menschen bewirkt. Was immer das Ganze des Menschen, das Selbst, an sich bedeuten mag, so ist es empirisch ein vom Unbewussten spontan hervorgebrachtes Bild des Lebenszieles, jenseits der Wünsche und Befürchtungen des Bewusstseins. Es stellt das Ziel des ganzen Menschen dar, nämlich das Wirklichwerden seiner Ganzheit und Individalität mit seinem oder gegen seinen Willen. Die Dynamis dieses Prozesses ist der Instinkt, der dafür sorgt, daß alles, was in ein individuelles Leben hineingehört, auch hineinkommt, ob das Subjekt dazu ja sagt oder nicht, ob es ihm bewusst wird , was geschieht, oder nicht. es macht natürlich subjektiv einen großen Unterschied, ob man weiß, was man lebt, ob man versteht, was man tut und ob man sich für das, was man beabsichtigt oder getan hat, verantwortlich erklärt oder nicht…. Unbewusstheit gilt vor dem Richterstuhl der Natur und des Schicksals nie als entschuldigung; im Gegenteil stehen hohe Strafen auf ihr, darum sehnt sich alle unbewusste Natur nach dem Licht des Bewusstseins, dem sie doch so sehr widerstrebt.
Gewiß konfrontiert uns die Bewusstmachung des Verborgenen und Geheimgehaltenen mit einem unlösbaren Konflikt; so wenigstens erscheint es dem Bewusstsein. Aber die aus dem Unbewussten in Träumen hervortretenden Symbole weisen auf die Konfrontation der Gegensätze hin, und die Bilder des Zieles stellen deren geglückte Vereinigung dar. Hier kommt uns eine empirisch feststellbare Hilfe von seiten unserer unbewussten Natur entgegen. Es ist die aufgabe des Bewusstseins, diese Andeutungen zu verstehen. . C.G. JUNG, G.W. 11, S. 461.
Da ihm (dem Menschen) sozusagen göttliche Macht geworden, kann er nichtmehr blind und unbewusst bleiben. Er muß um die Natur Gottes und um das, was in der Metaphysik vorgeht, wissen, damit er sich selbst verstehe und dadurch Gott erkenne. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 462.
Wenn also ein Sehnen nach der Erhöhung der Gottesmutter durch das Volk geht, so bedeutet diese Tendenz, wenn zu Ende gedacht, den Wunsch, es möge ein Heilsbringer, ein Friedensstifter, ein „mediator pacem faciens inter inimicos“ geboren werden. Obschon er im Pleroma immer schon geboren ist, kann seine Geburt in der Zeit nur dadurch zustande kommen, daß sie vom Menschen wahrgenommen, erkannt und erklärt wird. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 463.
Die Auseinandersetzung zwischen Bewusstsein und Unbewusstem hat dafür zu sorgen, daß das Licht, das in der Finsternis scheint, nicht nur von der Finsternis begriffen wird, sonder diese auch begreift. Der filius solis et lunae ist ebenso wohl Symbol wie Möglichkeit der Gegensatzvereinigung. Er ist das A und W des Prozesses, der mediator und intermedius. „Habet mille nomina“ sagen die Alchemisten und deuten damit an, daß das, woraus der Individuationsprozeß kausal hervorgeht und worauf er hinzielt, einnamenloses ineffabile ist.
Daß die Gottheit auf uns wirkt,können wir nur mittels der Psyche feststellen, wobei wir aber nicht zu unterscheiden vermögen, ob diese Wirkungen von Gott oder vom Unbewussten kommen, das heißt es kann nicht ausgemacht werden, ob die Gottheit und das Unbewusste zwei verschiedene Größen seien. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 469.
Da wir es aber bei den Archetypen, wie eingangs gezeigt, nicht mit bloßen Objekten der Vorstellung, sondern auch mit autonomen Faktoren, das heißt mit lebendigen Subjekten zu tun haben, so lässt sich die Bewußtseinsdifferenzierung als die Wirkung der Intervention seitens transzendental bedingter Dynamismen verstehen. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 470.
…wenn man dem Archetypus ein bestimmtes Maß an Selbständigkeit und dem Bewusstsein eine dessen Grad entsprechende schöpferische Freiheit zugesteht. Daraus entsteht dann allerdings jene Wechselwirkung zwischen zwei relativ autonomen Faktoren, welche uns zwingt, in der Beschreibung und Erklärung der Vorgänge bald den einen, bald den anderen Faktor als handelndes Subjekt auftreten zu lassen, und zwar selbst dann, wenn Gott Mensch wird. Dieser Schwierigkeit ist die bisherige Lösung dadurch entgangen, daß sie nur den einen Gottmenschen, Christus, anerkannte. Durch die Einwohnung der dritten göttlichen Person im Menschen, nämlich des Heiligen Geistes, entsteht eine Christifikation vieler, und dann erhebt sich das Problem, ob diese vielen lauter totale Gottmenschen seien. Eine derartige Wandlung würde aber zu unleidlichen Kollisionen führen, ganz abgesehen von der unvermeidlichen Inflation, welcher die gewöhnlichen, von der Erbsünde nicht befreiten Sterblichen sofort erliegen würden. In diesem Falle tut man wohl gut daran, sich an Paulus und dessen Bewusstseinsspaltung zu erinnern: einerseits fühlt er sich als von Gott unmittelbar berufenen und erleuchteten Apostel, andererseits als sündigen Menschen, der den „Pfahl im Fleisch“ und den ihn plagenden Satansengel nicht loszuwerden vermag. Das heißt, selbst der erleutete Mensch bleibt der, der er ist, und ist nie mehr als sein beschränktes Ich gegenüber dem, der ihm einwohnt, und dessen Gestalt keine erkennbaren Grenzen hat, der ihn allseits umfasst, tief wie die Erde und weiträumig wie der Himmel. C.G. JUNG, G.W. 11, S. 471.
Man wird die Gesamtheit aller religiösen Aussagen zu berücksichtigen haben. C.G. JUNG
Das Gigantische ist für den sterblichen Menschen nicht nur eine Bedrohung, es ist auch eine Versuchung über das Maß hinaus. Es ist ein Pochen auf riedenhafte Kräfte, ein Streben ins Kolossale, ein Bündnis mit dem Ungeschlachten. Immer wieder erliegt der Mensch dieser Versuchung; er wendet seine Kräfte auf Unternehmungen, denen er nicht gewachsen ist. Der Gigantenkampf beschäftigt das griechische Denken wie eine Trennungslinie; immer ist der griechische Geist von dieser Seite her bedroht…G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S. 75.
Titanisch ist diese(prometheische) Intelligenz insofern, als sie ganz dem Werden zugewandt ist und sich im Widerspruch setzt zu dem ruhenden Sein des Zeus. Sie ist rastlos, tätig, kunstfertig, auf Veränderung bedacht und, im Unterschied zu dem Kronos, in die Zukunft weisend. In dem Prometheus ist etwas Prophetisches, Ihm gelingt viel, und er genießt ein hohes Glück. Das prometheische Glück ist vor allem ein Glück der Anfänge, des unbekümmerten Beginnens und Schaffens. Es ist ein Glück der Wagnisse. Es ist das Glück der auf sich gestellten Kraft, die keinen Zweifel an sich hegt und allen Unternehmungen gewachsen zu sein glaubt. G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S. 79.
Von Anfang an zieht titanisches Wesen in den Menschen hinein und vermischt sich mit ihm. Der Mensch ist kein Titan, aber er ähnelt den Titanen in manchem mehr als den Göttern, als Werdender und der Wiederkehr des Werdens Verhafteter, durch die Rastlosigkeit seines Wollens und Strebens, in den nie endenden Plänen, die er schmiedet, aber auch in seiner Verkettung an schwere Arbeit, Notstände und Armut. G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S. 58.
Die Titanen nähern sich dem Menschen in dem Verhältnis, in dem die Götter sich von ihm entfremden. In eine entgötterte Welt muß das Titanische in seiner alten Kraft wieder einziehen. Das ist der Kern der Drohung, die Prometheus für den Zeus bereithält. G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S. 59.
Der Mensch aber, der sich dem Titanischen wieder zuneigt, ist bedroht, denn offenbar ist, daß die Götter das Titanische am Menschen nicht lieben. An solchen Menschen tritt die Ananke deutlicher hervor und Nemesis und Dike, Moiren und Keren folgen ihnen wachsamer. Neigt der Mensch dem Titanischen zu, dann wendet er sich von Zeus und Apollon ab und auch Dionysos und Pan, die den Titanen nicht freundlich gesinnt sind.Er tritt in ein Reich anderer Gesetzlichkeit ein. Er wird in den Kampf des Titanischen verpflochten, und nun ist er überall, von allen Seiten mit Untergang bedroht. Wenn er stürzt, wiederholt sich jener Sturz, durch den die Macht der Titanen vernichtet wurde. G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S. 59.
Aus dem Werden, das keinen Ruhepunkt außer sich hat, das wie die Gezeitenin unstillbarer Unruhe hin- und herpendelt, löst sich nichts Reifes, nichts Vollendetes ab. G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S.61.
Das Werdende hat wenig Bewußtsein über sich selbst oder doch nur dieses Bewusstsein des Werdens, das nichts Abschließendes und deshalb nichts Unterscheidendes hat. Viel dumpes Wachstum drängt sich empor, metallisch und steinig, den Raum mit demLärm seiner Bewegungen erfüllend. es ist ein geschichtsloses Mühen, aus dem sich nichts absetzt, das der Darstellung fähig wäre. Hier gibt es nichts Tragisches und Komisches, sondern nur das Katastrophale; denn Katastrophen sind es, die das titanische Gegeneinander der Kräfte stiftet. Konflikte, die mit der Notwendigkeit eines Naturgesetzes sich vollziehen, haben nichts Tragisches, denn der tragische Konflikt gründet nicht auf dieser Notwendigkeit des Naturgesetzes. Sowenig das Leben und der Tod an sich tragisch sind, sowenig es Überschwemmungen, Feuersbrünste, Felsstürze sind, die den Menschen vernichten, sowenig kommt in der Unablässigkeit des elementaren Werdens ein tragisches Moment zum Vorschein. Wir finden deshalb hier das Lachen nicht, das die Welt der Götter durchdringt. G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S.62.
Im anfang ist das ende mitgesetzt und das Ende setzt den Anfang wieder aus sich heraus. Es mag sein, daß wir mythische Situationen wiederholen, ohne daß uns diese Wiederholung zum Bewusstsein kommt. Inmitten einer Zeit des Titanismus haben wir vergessen, wie oft er schon überwunden wurde. G.F.JÜNGER, Griechische Mythen, S. 9.
Aus „ Pauli-Jung-Letters“…
Sweden, like all the North-England, northern Germany, and Skandinavia – is the region of intuition. These are areas that (with the exception of England in the narrower sense) are historically charakterized by the fact, that below the Protestant surface they have clearly perceptible heathenness; this, moreover, is the hallmark of the essence of intuition, for intuition perceives the potential of not only the external World but also the inner World. The The PAULI –JUNG-Letters, S. 153f.
“Familie”
The isolated radioactive isotope probably relates to an essential element of the contents of the unconcious, which is almost certainly the Self. The fact, that the Self is depicted as an isotope shows that it is still a variant of a familiar element – i.e., has not yet attained an absolutely central and dominant position. Nevertheless, the fact that it is isolated is such a numinous event, that it brings about an eclipse of conciousness (= Sun). The association “Children in Sweden” probably indicates, that Sweden is somehow connected with the land of children, where all those contents are housed that in later life lose their relevance.
For me, the term “radioactive” is the equivalent of “numinous,” which in a secondary form can also be “synchronistic”. Radioactivity as a temporary charakteristic would correspond to a “constellated archetype.” This, so it would seem, produces synchronistic effect, which latent archetypes do not.
The PAULI –JUNG-Letters, S. 154.
(Übers.:) Das isolierte radioaktive Isotop hat wahrscheinlich Beziehung zu einem wesentlichen Element der Inhalte des Unbewussten, welches, das ist fast sicher, das Selbst ist. Die Tatsache, daß das Selbst als ein Isotop gezeichnet ist, zeigt, daß es nach wie vor eine Variante eines Familien – Elementes – d.h. eines, das noch keine absolut zentrale und dominante Position erlangt hat. Doch die Tatsache, daß es isoliert ist, ist ein solch numinoses Ereignis, daß es eine Art Sonnenfinsternis des Bewusstseins(= Sonne) mit sich bringt… Für mich ist der Ausdruck „radioaktiv“ das Äquivalent zu „numinos“ was in zweiter Form auch „gleichzeitig angeordnet“ („synchrostistisch“) sein kann. Radioaktivität als ein zeitweises Charakteristikum würde korrespondieren mit „konstellierter Archetypus“. Dieser, hieße das, ruft synchronistische Resonanz („effect“ =Wirkung) hervor, was latente Archetypen nicht tun.
I Ging
Sogar der gelbe Japaner ist vom Teufel geholt worden. Er hat offenbar so viel von der Entwurzelung und entsprechenden Verrücktheit des weißen Mannes gelernt, daß er vor und im letzten Weltkrieg den I Ging nicht mehr konsultiert hat. Im Ersten Weltkrieg nämlich haben die japanischen Staatsmänner immer noch den I Ging in wichtigen Staatsangelegnheiten befragt, wie ich von Richard Wilhelm weiß. C. G. JUNG, Briefe II, S. 40.
Hillman: Ich glaube wir sind zum Teil so erbärmlich, weil wir nur einen Gott haben und der ist die Wirtschaft. Die Wirtschaft ist ein Sklaven-Treiber. Niemand hat freie Zeit; niemand hat irgendeine Muße. Die gesamte Kultur ist unter schrecklichem Druck und mit Sorgen beladen. Aus der Kiste herauszukommen ist schwierig. Das ist die beherrschende Situation überall auf der Welt. (You have found the December 13, 1996 interview with writer, statesman, world-thinker: James Hillman, aired on the Futurist Radio Hour in the San Francisco Bay Area.)
Paulus
„Der Geist ergründet nämlich alles, auch die Tiefen der Gottheit“ 1 Korinther, 2.10.
Gruppenseele
Wir finden sie etwa in der mittelalterlichen Vorstellung der anima mundi. Von ihr heißt es, daß sie in ihrem Leib das Weltall trägt und erhält. Sie ist gewissermaßen darum herum gelagert und durchdringt es gleichzeitig. Kinderträume 387.
1933
Je mehr ich mich im Laufe der Jahre in diese Probleme vertieft habe, desto mehr wurde in mir der Eindruck verstärkt, wie krankhaft einseitig unsere moderne Menschenerziehung ist. Gewiss ist es richtig, wenn wir der Jugend Augen und Ohren für die Weite öffnen, aber dass wir meinen, die jungen Leute seien damit fürs Leben wirklich erzogen, ist ein unerhörter Wahn. Diese Erzogenheit reicht gerade so weit, um jungen Menschen eine äussere Anpassung an die Weltwirklichkeit zu ermöglichen; aber an die Anpassung an das Selbst, an die Mächte der Seele, die doch alles, was es an Großmächten in der Welt gibt, um ein vielfaches übersteigen, denkt kein Mensch. Wohl gibt es noch ein Erziehungssystem, aber es entstammt zum Teil der Antike, zum Teil dem frühen Mittelalter. Es nennt sich christliche Kirche. Aber die Tatsache lässt sich nicht leugnen, dass das Christentum im Laufe der zwei letzten Jahrhunderte, so gut wie der Konfuzianismus und der Buddhismus in China, einen großen Teil seiner erzieherischen Wirksamkeit eingebüßt hat. Daran ist nicht die Schlechtigkeit der Menschen schuld, sondern die allmähliche und allgemeine geistige Veränderung, deren erstes Symptom bei uns wohl die Reformation war. Damit war die erzieherische Autorität erschüttert und der Abbröckelungsprozess des Autoritätsprinzips überhaupt eingeleitet. Die unausweichliche Folge davon war die Steigerung der Wichtigkeit des Individuums, die sich in den modernen Idealen der Humanität, der sozialen Wohlfahrt und der demokratischen Gleichberechtigung am stärksten ausdrückt. Die ausgesprochen individualistische Tendenz unserer letzten Entwicklung hat zur Folge, dass nunmehr ein kompensatorischer Rückschlag zum Kollektivmenschen eintritt, dessen Autorität vorderhand noch das Schwergewicht der Masse ist. Kein Wunder daher, dass heutzutage eine Art von Katastrophenstimmung vorherrscht, wie wenn eine Lawine losgetreten wäre, die niemand aufzuhalten vermag. Der Kollektivmensch droht das Individuum zu ersticken, jenen Einzelnen, auf dessen Verantwortlichkeit schließlich alles Menschenwerk ruht. Masse als solche ist stets anonym und unverantwortlich. Sogenannte Führer sind unvermeidliche Symptome einer Massenbewegung. Die wahren Führer der Menschheit sind stets die, welche sich auf sich selbst besinnen und das Schwergewicht der Masse wenigstens um ihr eigenes Gewicht erleichtern, indem sie sich von der blinden Naturgesetzlichkeit der bewegten Masse bewusst ferngehalten haben. „Die Bedeutung der Psychologie für die Gegenwart“, GW. 10, S. 177f.
… könnte man den Einwand erheben, dass es dann nicht einzusehen wäre, warum es überhaupt ein Bewußtsein gibt. Ich muß aber daran erinnern, dasss, wie wir bereits festgestellt haben, alles unbewusste Funktionieren den automatischen Instinktcharakter hat und dass Triebe mehr oder weniger kollidieren oder infolge ihrer Zwanghaftigkeit unbeeinflussbar ablaufen, auch unter Bedingungen, welche für das Individuum unter Umständen lebensgefährlich sind. Demgegenüber ermöglicht das Bewußtsein geordnete Anpassungsleistungen, das heißt Triebhemmungen, und kann darum nicht vermisst werden. Dass der Mensch Bewusstseinsfähigkeit besitzt, macht ihn überhaupt erst zu Menschen.
C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 237.
Realitätsbegriff […], welcher grundsätzlich unvermeidliche Wirkungen des Beobachters auf das zu beobachtende System in Betracht zieht, wodurch die Realität ihren objektiven Charakter zum Teil einbüßt und dem physikalischen Weltbild ein subjektives Moment anhaftet.“ C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 256
… Grundlagen des Bewusstseins erforscht, das heißt die bewussten Vorgänge bis dahin verfolgt, wo sie sich bis zur Unvorstellbarkeit verdunkeln und nur noch Wirkungen, die einen anordnenden Einfluß auf bewußtseinsinhalte haben … (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 256) Die Untersuchung dieser Wirkungen ergibt die seltsame Tatsache, daß sie von einer unbewussten, das heißt objektiven Realität ausgehen, welche sich aber zugleich auch wie eine subjektive, also, wie eine Bewusstheit verhält. Die den Wirkungen des Unbewussten zugrunde liegende Realität schließt also ebenfalls das beobachtende Subjekt ein und ist daher von unvorstellbarer Beschaffenheit. Sie ist in der Tat das allerintimst Subjektive und zugleich allgemein wahr, das heißt im Prinzip überall als vorhanden nachweisbar, was von den Bewusstseinsinhalten personalistischer Natur keineswegs gilt…
Die nicht quantitativ, sondern nur qualitativ zu bestimmenden Wirkungseinheiten des Unbewussten, nämlich die sogenannten Archetypen, haben daher eine Natur, die man nicht mit Sicherheit als psychisch bezeichnen kann. (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 257)
… sieht sich die aber auch durch die Ergebnisse der Physik dazu gezwungen, ihre bloß psychischen Voraussetzungen zu revidieren. Die Physik hat ihr nämlich den Schluß vordemonstriert, daß auf der Stufe atomarer Größenordnung der Beobachter in der objektiven Realität vorausgesetzt und nur unter dieser Bedingung ein befriedigendes Erklärungsschema möglich ist. (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 257)
Das bedeutet einerseits ein dem physikalischen Weltbild anhaftendes subjektives Moment, andererseits eine für die Erklärung der Psyche unerlässliche Verbindung derselben mit dem objektiven Raum-Zeit-Kontinuum. Sowenig das physikalische Kontinuum vorgestellt werden kann, so unanschaulich ist auch der notwendige psychische Aspekt derselben. Von größtem theoretischen Belange ist aber die relative oder partielle Identität von Psyche und physikalischem Kontinuum, denn sie bedeutet insofern eine gewaltige Vereinfachung, als sie die scheinbare Inkommensurabilität zwischen der physikalischen Welt und der psychischen überbrückt; dies allerdings nicht in anschaulicher Weise, sondern auf der physikalischen Seite durch mathematische Gleichungen, auf der psychologischen durch aus der empirie abgeleitete Postulate, nämlich Archetypen, deren Inhalte, wenn überhaupt solche vorhanden sind, nicht vorgestellt werden können. Archetypen erscheinen erst in der Beobachtung und Erfahrung, nämlich dadurch, daß sie Vorstellungen anordnen, was jeweils unbewusst geschieht und darum immer erst nachträglich erkannt wird. Sie assimilieren Vorstellungsmaterial, dessen Herkunft aus der erscheinungswelt nicht bestritten werden kann, und werden dadurch sichtbar und psychisch. Sie werden darum zunächst nur als psychische Größen erkannt und als solche aufgefasst, mit demselben Rechte, mit dem wir unseren unmittelbar wahrgenommenen physikalischen Erscheinungen den Euklidischen Raum zugrunde legen. (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 257)
Erst die Erklärung psychischer Erscheinungen von minimaler Helligkeit nötigt zu der annahme, dass Archetypen einen nicht-psychischen Aspekt besitzen müssen. Anlaß zu diesem Schluß geben die Synchronizitätsphänomene, die mit der tätigkeit unbewusster Faktoren verknüpft sind und die man bis jetzt als „Telepathie“ usw. aufgefasst respektive verworfen hat. (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 258)
Die sehr verschiedenen und verwirrenden Aspekte solcher Phänomene („Hellsichtigkeit“) klären sich, soweit ich dies bis jetzt festzustellen vermochte, so gut wie restlos auf durch die Annahme eines psychisch relativen Raum-Zeit-Kontinuums. Insofern ein psychischer Inhalt die Bewusstseinsschwelle überschreitet, verschwinden dessen synchronistische Randphänomene. Raum und Zeit nehmen wieder ihren gewohnten absoluten Charakter an, und das Bewußtsein ist wieder in seiner Subjektivität isoliert. (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 258)
Das gleiche Komplemantaritätsverhältnis lässt sich übrigens ebenso gut beobachten in allen jenen häufigen und der ärztlichen Erfahrung geläufigen Fällen, in denen gewisse klinische Symptome verschwinden, wenn die ihne entsprechenden unbewussten Inhalte bewußtwerden … PAULI formuliert das Komplementaritätsverhältnis, das hierin zum Ausdruck kommt, von der physikalischen Seite her folgendermaßen: „Es ist der freien Wahl des Experimentators (respektive Beobachters) überlassen …, welche Kenntnisse er gewinnen und welche er einbüßen will; oder, populär ausgedrückt, ob er A messen und B ruinieren oder ob er A ruinieren und B messen will. Es ist ihm aber nicht anheimgestellt, nur Kenntnisse zu gewinnen, ohne auch welche zu verlieren.“ Dies gilt in besonderem Maße vom Verhältnis des physikalischen Standpunktes zum psychologischen. Die Physik bestimmt Quantitäten und deren Verhältnis zueinander, die Psychologie aber Qualitäten, ohne irgendwelche Mengen messen zu können. (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 259)
An die Stelle der exakten Messung von Quantitäten tritt in der Psychologie eine schätzungsweise Bestimmung von Intensitäten, wozu die Gefühlsfunktion (Wertung) benützt wird. (C.G.JUNG, Ges. W. 8, S. 260)
Seele, Ges. Werke 12
Wenn wir aber diese Erscheinung von innen, das heißt vom seeleischen Standpunkt aus, zu verstehen suchen, so gehen wir von einer Zentralstelle aus, wo äußerlich fernste Dinge in nächster Nachbarschaft zusammenlaufen. Wir begegnen dort jener menschlichen Seele, die, unähnlich dem Bewusstsein, sich auch in vielen Jahrhunderten kaum merklich ändert, und wo eine zweitausend Jahre alte Wahrheit noch die Wahrheit von heute, das heißt noch lebendig und wirksam ist. Dort auch finden wir jene seelischen Grundtatsachen, welche für Jahrtausende dieselben sein werden. Neuzeit und Gegenwart erscheinen, von dort gesehen, als Episoden eines in grauer Vorzeit begonnenen Dramas, das sich durch alle Jahrhunderte in eine ferne Zukunft erstreckt. Dieses Drama ist eine „aurora consurgens“: die Bewusstwerdung der Menschheit. (542)
Da der psychologische Zustand eines unbewußten Inhaltes eine potentielle Wirklichkeit ist (welche durch das Gegensatzpaar Sein-Nichtsein charakterisiert erscheint), so spielt die Vereinigung der Gegensätze im alchemischen Prozeß eine ausschlaggebende Rolle. Dem Resultat kommt daher die Bedeutung eines vereinigenden Symbols zu. Ein solches hat in der Regel numinosen Charakter.
Was war aber die Seele seit den Zeiten der Aufklärung und in den Zeiten des wissenschaftlichen Rationalismus? Sie war identisch mit dem Bewusstsein geworden. Seele wurde das, was ich weiß. Seele war nirgends außerhalb des Ich. Dadurch wurde die Identifikation mit den aus der Projektion zurückgezogenen Inhalten unvermeidlich. Jene Zeiten, wo die Seele noch zum größeren Teil „außerhalb des Körpers“ war und die „maiora“ imaginierte, welche der Körper nicht zu fassen vermochte, waren gründlich vergangen. So mußten die vordem projizierten Inhalte nunmehr als Besitztümer, das heißt als schemenhafte Phantasiebilder eines Ichbewusstseins erscheinen. Das Feuer erkaltete zu Luft, und die Luft wurde zum Winde des Zarathustra und verursachte eine Inflation des Bewusstseins, welche offenbar nur durch die furchtbarsten Kulturkatastrophen, eben jene Sintflut, welche die Götter der ungastlichen Erde sandten, gedämpft werden konnte. (546 f.)
Inflation ist paradoxerweise ein Unbewusstwerden des Bewusstseins. Dieser Fall tritt ein, wenn letzteres sich an Inhalten des Unbewussten übernimmt und die Unterscheidungsfähigkeit, diese conditio sine qua non aller Bewusstheit verliert. (547)
Dieser besessene und unbewusste Zustand geht unentwegt weiter, bis es dem Europäer einmal „vor seiner Gottähnlichkeit bange“ wird. Diese Wandlung kann nur beim Einzelnen anfangen; denn Massen sind blinde Tiere, was man zur Genüge weiß. Deshalb scheint es mir von einiger Wichtigkeit zu sein, wenn wenigstens Einzelne oder die Einzelnen einzusehen beginnen, dass es Inhalte gibt, die der Ichpersönlichkeit mindestens nicht zugehören, sondern einem psychischen Non-Ego zuzuschreiben sind. Diese Operation muß immer vollzogen werden, wenn man eine bedrohliche Inflation vermeiden will. (547)
Was wir aus unseren Vorbildern lernen können, ist vor allem die Tatsache, daß die Seele Inhalte birgt, oder unter Einflüssen steht, deren Assimilation mit größten Gefahren verknüpft ist. Wenn also die alten Alchemisten ihr Geheimnis dem Stoff zuschrieben und uns Faust sowohl wie Zarathustra keineswegs ermuntern, dieses uns selber einzuverleiben, so bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als den arroganten Bewusstseinsanspruch, selber Seele zu sein, zurückzuweisen und der Seele eine Wirklichkeit zuzuerkennen, die wir mit unsern derzeitigen Verstandesmitteln nicht zu erfassen vermögen. Ich halte nicht den für einen Dunkelmann, der sein Nichtwissen eingesteht, sondern jenen, dessen Bewusstheit noch nicht einmal so weit entwickelt ist, dass er um sein Nichtwissen weiß. (548)
Der wissenschaftliche Terminus „Individuation“ will nun keineswegs bedeuten, dass es sich dabei um einen restlos bekannten und aufgeklärten Tatbestand handle. Er bezeichnet bloß das noch sehr dunkle und erforschungsbedürftige Gebiet der persönlichkeitsbildenden Zentrierungsvorgänge im Unbewussten. (549)
But the spirit of the depths said: "No one can or should halt sacrifice. Sacrifice is not destruction; sacrifice is the foundation stone of what is to come. Have you not had monasteries? Have not countless thousands gone into the desert? You should carry the monastery in yourself. The desert is within you. ~Carl Jung, The Red Book, Page 230.
For the parental imago is possessed of a quite extraordinary power; it influences the psychic life of the child so enormously that we must ask ourselves whether we may attribute such magical power to an ordinary human being at all.
Obviously he possesses it, but we are bound to ask whether it is really his property.
Man “possesses” many things which he has never acquired but has inherited from his ancestors.
He is not born as a tabula rasa [blank slate], he is merely born unconscious.
But he brings with him systems that are organized and ready to function in a specifically human way, and these he owes to millions of years
of human development.
Just as the migratory and nest-building instincts of birds were never learnt or acquired individually, man brings with him at birth the
ground-plan of his nature, and not only of his individual nature but of his collective nature.
These inherited systems correspond to the human situations that have existed since primeval times: youth and old age, birth and
death, sons and daughters, fathers and mothers, mating, and so on.
Only the individual consciousness experiences these things for the first time, but not the bodily system and the unconscious.
For them they are only the habitual functioning of instincts that were preformed long ago. ~Carl Jung, CW 4, Para 728
Obviously he possesses it, but we are bound to ask whether it is really his property.
Man “possesses” many things which he has never acquired but has inherited from his ancestors.
He is not born as a tabula rasa [blank slate], he is merely born unconscious.
But he brings with him systems that are organized and ready to function in a specifically human way, and these he owes to millions of years
of human development.
Just as the migratory and nest-building instincts of birds were never learnt or acquired individually, man brings with him at birth the
ground-plan of his nature, and not only of his individual nature but of his collective nature.
These inherited systems correspond to the human situations that have existed since primeval times: youth and old age, birth and
death, sons and daughters, fathers and mothers, mating, and so on.
Only the individual consciousness experiences these things for the first time, but not the bodily system and the unconscious.
For them they are only the habitual functioning of instincts that were preformed long ago. ~Carl Jung, CW 4, Para 728
Saturday, May 7, 2016
Carl Jung: For you should leave some trace in this world which notifies that you have been here, that something has happened.
It is utterly important that one should be in this world, that one really fulfills one’s entelechia, the germ of life which one is.
Otherwise you can never start Kundalini; you can never detach.
You simply are thrown back, and nothing has happened; it is an absolutely valueless experience.
You must believe in this world, make roots, do the best you can, even if you have to believe in the most absurd things—to believe,
for instance, that this world is very definite, that it matters absolutely whether such-and-such a treaty is made or not.
It may be completely futile, but you have to believe in it, have to make it almost a religious conviction, merely for the purpose of putting
your signature under the treaty, so that trace is left of you.
For you should leave some trace in this world which notifies that you have been here, that something has happened.
If nothing happens of this kind you have not realized yourself; the germ of life has fallen, say, into a thick layer of air that kept it suspended.
It never touched the ground, and so never could produce the plant.
But if you touch the reality in which you live, and stay for several decades if you leave your trace, then the impersonal process can begin.
You see, the shoot must come out of the ground, and if the personal spark has never gotten into the ground, nothing will come out of it; no linga [creative core] or Kundalini will be there, because you are still staying in the infinity that was before. ~Carl Jung, Kundalini Seminar, Page 29
Myth is the revelation of divine life in man. It is not we who invent myth; rather it speaks to us as a Word of God. ~Carl Jung; Memories, Dreams and Reflections; Page 340.
No science Myth will ever replace myth, and a myth cannot be made out of any science. For it is not that “God” is a myth, but that myth is the revelation of a divine life in man. ~Carl Jung; Memories, Dreams and Reflections; Page 340.
Nothing is possible without love, not even the processes of alchemy, for love puts one in the mood to risk everything and not to withhold important elements. ~Carl Jung, Jung and Hesse: A Diary of Two Friendships, Page 75
Satan
Es ist nun eine psychologische Regel, dass ein Archetypus, der seine metaphysische Hypostase verloren hat, mit dem individuellen Bewusstsein identisch wird und in diesem Sinne beeinflusst und umgestaltet. Und da ein Archetypus immer eine tgewisse Numinosität besitzt, so bewirkt diese Integration letzterer in der Regel eine Inflkation des Subjekts. Es entspricht5 daher oohne weiteres der psychologischen Erwarteung, wenn Goethe seinen Faust als „Übermenschen“ bezeichnet. Dieser Typus ertsreckt sich in neuester Zeit über NIETZSCHE weit in die politische Psychologie hineien, und beweist damit seine inkarnation im Menschen mit all den Folgen, die man von einer derartigen Machtergreifung erwaten kann. GW 11§ 472
Opposites:
Psychologically, the ego and the unconscious. (See also compensation, conflict, progression and transcendent function.)
There is no consciousness without discrimination of opposites.[“Psychological Aspects of the Mother Archetype,” CW 9i, par. 178.]
There is no form of human tragedy that does not in some measure proceed from [the] conflict between the ego and the unconscious.[“Analytical Psychology and Weltanschauung,” CW 8, par. 706.]
Whatever attitude exists in the conscious mind, and whichever psychological function is dominant, the opposite is in the unconscious. This situation seldom precipitates a crisis in the first half of life. But for older people who reach an impasse, characterized by a one-sided conscious attitude and the blockage of energy, it is necessary to bring to light psychic contents that have been repressed.
The repressed content must be made conscious so as to produce a tension of opposites, without which no forward movement is possible. The conscious mind is on top, the shadow underneath, and just as high always longs for low and hot for cold, so all consciousness, perhaps without being aware of it, seeks its unconscious opposite, lacking which it is doomed to stagnation, congestion, and ossification. Life is born only of the spark of opposites.[“The Problem of the Attitude-Type,” CW 7, par. 78.]
Out of [the] collision of opposites the unconscious psyche always creates a third thing of an irrational nature, which the conscious mind neither expects nor understands. It presents itself in a form that is neither a straight “yes” nor a straight “no.”[“The Psychology of the Child Archetype,” CW 9i, par. 285.”The Psychology of the Child Archetype,” CW 9i, par. 285.]
Jung explained the potential renewal of the personality in terms of the principle of entropy in physics, according to which transformations of energy in a relatively closed system take place, and are only possible, as a result of differences in intensity.
Psychologically, we can see this process at work in the development of a lasting and relatively unchanging attitude. After violent oscillations at the beginning the opposites equalize one another, and gradually a new attitude develops, the final stability of which is the greater in proportion to the magnitude of the initial differences. The greater the tension between the pairs of opposites, the greater will be the energy that comes from them . . . [and] the less chance is there of subsequent disturbances which might arise from friction with material not previously constellated.[“On Psychic Energy,” CW 8, par. 49.]
Jung further believed that anyone who attempts to deal with the problem of the opposites on a personal level is making a significant contribution toward world peace.
The psychological rule says that when an inner situation is not made conscious, it happens outside, as fate. That is to say, when the individual remains undivided and does not become conscious of his inner opposite, the world must perforce act out the conflict and be torn into opposing halves.[“Christ, A Symbol of the Self,” CW 9ii, par. 126.]
Vater – Sohn
„… hat die Vater-Imago eine ganz allgemeine Bedeutung als Logos resp. Geist mit dem ganz besonderen Charakteristikum des Väterlichen. Der Logos ist bekanntlich an- und für sich nicht notwendigerweise väterlich. Er kann auch, wie wir wissen, sohnhaft sein. In diesem letzteren Fall fehlt ihm die väterliche Qualität. Der sohnhafte Logos ist der erzeugte Logos, der väterliche dagegen ein zeugender, väterlich hegender und betreuender. Der sohnhafte Logos hat im allgemeinen den Charakter eines heldenhaft schroffen Bekenntnisses, das dem Empfänger zu gleichermaßen selbständiger Entscheidung herausfordert. Das Erzeugende, Väterliche hingegen ist Einführung, Führung, Begleitung, Erziehung. Es explodiert nicht wie eine Bombe oder wie ein Feuerwerk, sondern es nimmt den Unwissenden oder Unwilligen an der Hand und führt ihn sozusagen auf sicherem Wege durch die unwirtliche Dunkelheit.“
Briefe 1, S. 126
„… das Väterliche fühlt sich für das Begreifen verantwortlich, es ebnet die Wege zum Verständnis und sucht den bösen Folgen des Mißverstehens vorzubeugen. Daher bedient es sich immer einer differenzierten Gefühlsfunktion, dessen höchste Tugend menschliche Einfühlung ist.“
ebd-
[1] Spr. 25,21„ Hat dein Feind Hunger, gib ihm zu essen, / hat er Durst, gib ihm zu trinken; 22 so sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt/ und der Herr wird es dir vergelten.“
[2] Hier Wendet Jung zum erstenmal den Ausdruck „Archtypus“ an. In früheren Publikationen bezeichnet er den gleichen Tatbestand mit dem Begriff „Urbild“, den er von JAKOB BURCKHARDT („urtümliches Bild“) übernommen hatte....führte zu der irrtümlichen Annahme, daß Jung die Vererbung von Vorstellungen (Ideen oder Bildern) voraussetzte, was er wiederholt richtigstellte. Doch legt der Begriff „Urbild“ bereits etwas inhaltlich bestimmtes näher als der Begriff „Archetypus“, der- wie Jung anderenorts erklärt – einen dem Wesen nach unbewußten und darum unerkennbaren Inhalt, einen formativen Faktor oder ein Strukturelement darstellt. Nur als ein Strukturelement, als ein anordnender Faktor im Unbewußten, vererbt sich der Archetypus, während das von ihm „angeordnete“ und vom Bewußtsein wahrgenommene Bild als subjektive Variante in jedem Leben immer wieder neu entsteht.]
[3] meine „hellere Schwärze“
das Motiv erinnert an Matth. 11.25: „ In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du asll das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.“
[5] 1 Korinther 2.10:<>. (Luther)
[6] Leopold Kronecker (1823-1891), speaking at the Mathematics Conference in Berlin in 1886 said: „Whole Numbers have been made by God; everything else is the Work of man“. This was an extreme philosophical point of view, and his remark is directed polemically against Dedekind and above all against Cantor. The latter, to whom his ideas on infinite propositions came as revelations, was deeply upset by Kronecker’s attacks.
I wonder whether there is any way of knowing exactly what has been made bv God and what by man?
[Cf. E.g. Dirk J. Struik, A Concise History of Mathematics, p. 159]
[7] von lat. facio=machen.
[9] In gewisser Weise widerspricht das Horoskop dieser Aussage. Es zeigt auch die unbewussten archetypischen Faktoren.
[10] Anm. JUNG: Christus gab dem Apostel Johannes nicht mit Unrecht den Zunahmen:“Sohn des Donners“.
[11] Vermutlich als <>. (Vgl. dazu Off. 2,28 und 22,16.) Das ist der Planet Venus mit seinen psychologischen Implikationen, und nicht etwa einer der beiden malefici, Saturn oder Mars.
das wäre an dieser Stelle meine Sammlung
die den jüdischen Vätern von vor 3.000 (+) Jahren nicht zur Verfügung stand, deren Erben wir sind, gleich welchen Bluts als derer, die wie Hafenstädte den Fluß ganzer Länder vereinen, und zum hin Meer entlassen und empfangen ...
diese Sammlung erschließt den inoffiziellen Geist von Jahrhunderten, die in den Symbolen Gottes im Geist die Ordnung
Murnau, 2020, 8, 9. UTC: 13:53.